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630 Und auch das hier eingefügte credo ist nicht müfsig: dadurch ermässigt der Erzählende das Wunderbare, stellt das Ganze eben nur als seine individuelle Wahrnehmung dar, wie wohl sonst crederes oder gains ùv gebraucht wird.

XIII.

Die Verse aus dem Chorliede in der Iphigenia, die uns Gellius XIX. 10, 11 erhalten hat [252 V.], lauten in den Handschriften: otio qui nescit uti plus negoti habet, quam cum est negotium in negotio: nam cui quod agat institutum est, nullo negotio (die Handschriften: in illo negotio, in illo negotium, in illis negotium) id agit (agitat cod. Voss.), studet u. s. w. Ich glaube, dafs diese Verse, die ich schon früher [im Marb. Sommerkatalog v. 1844 p. XIV. Opusc. I. 229] behandelt habe, am einfachsten sich so herstellen lassen:

Otio qui nescit uti, plus negoti habet,
Quamde cui est negotium in negotio.

Nam cui quod agat institutum'st, ningulo negotio

Id agit, id studet, ibi mentem atque animum delectat suum.

Der erste Vers besteht aus einer trochäischen Tetrapodie und Tripodie, nach der Theorie der alten Metriker ist er ein hyperkatalektischer Trimeter 76), wie gleich wieder in unserem Canticum v. 5 [256 V.]: Otioso in otio animus nescit quid velit. Der zweite Vers ist eine katalektische Hexapodie oder nach der Theorie der Alten ein katalektischer Trimeter 77). id v. 4 hat Ribbeck [186] hinzugefügt, cui v. 2 habe ich schon früher 631 [Opusc. I. 229] statt cum verbessert, und Vahlen [Trag. 253] ist mir gefolgt. Die Formen quamde statt quam und ningulo statt nullo

fortiter hat eine Handschrift, adversus mehrere. Dafür scheint mir besonders das Folgende zu sprechen: Ea libertas est, qui pectus purum et firmum gestitat. Also in dem Bewulstsein, dafs man selbst dem Widersacher gegenüber frei sei von Schuld, ist die wahre Freiheit des Mannes begründet. Schlief'slich bemerke ich noch, dafs auch die Schreibart rocuus durch Varianten bei Lucrez, z. B. VI. 1014 innocuum statt in vacuum, unterstützt wird.

76) Servius S. 368 Gaisf. [Gr. Lat. IV. 459 K.]: Sapphicum constat trimetro hypercatalecto, ut est hoc: Splendet aurum, gemma fulget, forma sed placet.

77) Wie z. B. der Vers des Archilochus [Fr. 99]: Zɛv лátɛo, jáμov μèv ovz ¿Saιoάuny, s. Hephästion S. 34, daher als metrum Archilochium bezeichnet, Endlicher Anal. Gr. S. 517. Servius S. 368. Vgl. auch Atilius Fort. S. 344 [Bd. VI. 287 K.] (der dasselbe Beispiel anführt wie der Grammatiker bei Endlicher, was beide aus Iuba abgeschrieben haben) und Marius Vict. II. 5, 13 Gaisf. [VI. 83 K.] in einer lückenhaften Stelle, daher man nicht sicher weifs, ob andere Grammatiker den Vers Euripidium nannten.

gebraucht Ennius auch sonst 78). Man wird mir vielleicht einwenden, jene Formen fänden sich nur in den Annalen und man dürfe nicht ohne weiteres dieselben auch in den Tragödien herstellen. Ich weifs sehr wohl, dafs eine gewisse Verschiedenheit des Tones zwischen diesen beiden Gattungen stattfindet: Ennius, der seine Annalen in der Hoffnung schrieb, ein Epos in der römischen Literatur zu schaffen, das den Homerischen Gedichten ebenbürtig wäre, wählt absichtlich eine gewisse alterthümliche Färbung der Rede: daher finden sich vorzugsweise hier gewisse Archaismen, die dies bereits zum guten Theil für die Zeitgenossen des Dichters waren, während in den übrigen Poesien des Ennius ein anderer Ton herrscht. Uebrigens verhielt sich auch die Odyssee des Livius ähnlich zu seinen dramatischen Stücken. Dagegen dürfte nicht das Gleiche von dem Bellum Punicum des Nävius gelten 79): behandelt doch hier der Dichter einen unmittelbar der Zeitgeschichte entlehnten Stoff, was von Ennius' Annalen nur zum Theil gilt. Aber in den Dramen müssen wir wieder die Cantica vom Dialog unterscheiden während der Dichter sich hier von der Sprache des Lebens nicht allzuweit entfernt, stimmt er dort unter Umständen einen höhern Ton an: hier finden daher auch jene alterthümlichen Worte und Wortformen ihre Stelle, so gut wie in den lyrischen Partien des griechischen Drama: und auch bei Plautus ist der Unterschied zwischen dem Dialog und den Cantica nicht zu verkennen.

Bei Ennius allein und zwar nur in den Annalen findet sich das demonstrative Pronomen sus für is, aufser dafs Pacuvius einmal das formelhafte sapsa res gebraucht. Ebenso kommt nur in den Hexametern des Ennius und einmal bei Lucrez das einsylbige sus statt suus vor: doch dies kann eigentlich nur als orthographische Besonderheit gelten. Nur in den Annalen finden sich die archaischen Formen olli und ollis: denn auf diese hat sich Ennius beschränkt: es war das Bestreben, den Vocal i, der in der lateinischen Sprache sich immer mehr vordrängte, zu beschränken und den Versen volleren Klang zu verleihen sonst gebraucht Ennius auch hier die gewöhnlichen Formen ille, illa, illos u. s. w., und auch in diesem Punkte sind dem Ennius

78) quamde findet sich bekanntlich auch noch bei Lucrez [I. 640]; ningulus führt Festus [Paulus p. 176 M.] aus den carmina Marciana an; es ist aber nach den Spuren der Handschriften auch bei Cicero de Leg. II. 8, 19 herzustellen: carumque laudum delubra sunto, ningula (nincula) vitiorum.

79) Insofern hat Cicero Recht, wenn er im Brutus 15, 60 bemerkt: illius aetatis qui sermo fuerit, ex Naerianis scriptis intelligi potest: obwohl Cicero vielleicht dabei vor allem an die dramatischen Arbeiten des Nävius dachte.

die späteren Epiker wie Lucrez und Virgil gefolgt 80), nur dafs diese 632 neben olli und | ollis auch illi und illis zulassen, was jetzt wenigstens bei Ennius nicht nachweisbar ist. In den Tragödien ist davon keine Spur wahrzunehmen. In den Annalen gebraucht Ennius neben in, was sehr häufig vorkommt, zuweilen indu (was auch in Compositis wie induvolans [397] und regelmäfsig induperator vorkommt), einmal [563] das noch alterthümlichere endo 81), was zu jenem sich wie semol zu simul verhält, endlich einmal [73] in einer Zusammensetzung indotuetur, wo der Dichter wohl mit Rücksicht auf den Wohllaut das alte o beibehielt 82). In den Tragödien ist keine dieser Formen nachweisbar, obwohl indu für daktylische und anapästische Verse ganz geeignet war: und ich glaube, dafs selbst Plautus einmal diese Form in einem anapästischen Verse gebraucht hat, im Rudens I. 4, 19 (v. 198 bei Fleckeisen, der diese Stelle nicht richtig behandelt hat, indem er iambische Tetrameter herstellen will):

Sed erile scelus me sollicitat:

Eius me inpietas male habet: is navem
Atque omnia perdidit in mari,

wo wohl indu mari zu schreiben ist: die überlieferte Lesart liefse sich nur schützen, wenn man diesen Vers als einen sogenannten

80) Es ist daher auch nicht gerechtfertigt, wenn man bei Catull 68, 142 schreibt: Ingratum tremulist olla parentis onus. Ein solcher Archaismus, der noch über Ennius hinausgeht, ist dem Hauptvertreter der verɛgizoì nicht zuzutrauen. Plautus mag immerhin einmal noch ollas gebraucht haben, wenn den Spuren der Handschriften im Miles Glor. 669 [III. 1, 75] zu trauen ist, und ebenso sind solche Formen bei Cicero de legibus gerechtfertigt, wo er die Ausdrucksweise der alten Gesetze nachbildet.

81) endo suam do; dann noch einmal in dem Epigramm auf Scipio [Ep. 9 V.]: Si fas endo plagas caelestum ascendere cuiquamst. Auch Lucrez hat nur einmal endo mari VI. 890 neben indu gebraucht. Bei Lucilius (Nonius S. 348) findet sich: Omnia tum endo muco (mari) videas fervente micare [XXX. 48 M.], während er sonst indu foro, indu locis sagt. endo wird wohl auch herzustellen sein in dem Fragmente [XVII. 10 M.] bei Nonius S. 7: Si non it, capito, inquit, eum, et si calvitur, ergo Fur dominum. Man hat hier endo Ferto manum schreiben wollen, aber abgesehen von der unstatthaften Verkürzung der Endsylbe in ferto wird Lucilius auch nicht den solennen Ausdruck des Gesetzes, welches er beinahe wörtlich anführt, mit einem andern vertauscht haben. Es ist vielmehr zu lesen: endo Fure manum. Das Verbum iacito konnte Lucilius ebenso gut auslassen, wie Ennius in dem Verse [Ann. 276] Non ex iure manum consertum das nothwendig zu ergänzende vocant verschweigt.

82) Ein ganz analoges Beispiel ist indostruum bei Festus S. 106: hier mochte o durch die beiden nachfolgenden Consonanten geschützt sein, und ging erst dann in u über, als das i in die vorletzte Sylbe eindrang.

logaödischen Anapäst betrachten wollte, was hier wenig Wahrscheinlichkeit hat 83). Denn man mufs sich sehr hüten, diesen Dichtern allzu enge Schranken zu ziehen. Wenn Ennius in den Annalen [486] superescit anwendet, so pafst diese archaische Form vor allem für das epische Versmafs: aber Attius hat nichtsdestoweniger sich derselben Form in einem iambischen oder trochäischen Verse [266 R.] bedient. Und wenn Ennius im Hexameter [Ann. 141] homo homonis flectirt, so ist dies noch kein Grund diese Bildung den ältesten Komikern, wie Plautus 84), abzusprechen. Und so, denke ich, sind auch in dem 633 Chorliede der Iphigenia die Formen quamde und ningulus zulässig.

XIV.

Aus dem dritten Buche der Satiren führt Nonius S. 470, 13 die Worte an: Nam iis non bene vult tibi, qui falso criminat apud te. Vahlen [Sat. 9] hat nicht wohl daran gethan, die letzten Worte apud te zu streichen, in der Meinung, dafs sie irrthümlich aus einem nachfolgenden Fragmente des Attius (remanet gloria apud me) wiederholt

83) Solche Anapästen sind übrigens den römischen scenischen Dichtern nicht unbekannt: ich gedenke, bei einer andern Gelegenheit die verschiedenen Arten der freien Anapästen bei den Römern, die man bisher verkannt hat, zu besprechen.

84) Dal's gerade bei Plautus sich diese Form, wie ich kürzlich im Philologus XVII S. 54 ff. [Opusc. I. 147 ff.] nachzuweisen gesucht habe, findet, hat wohl noch seinen besondern Grund. Plautus stammte aus Umbrien: es ist daher begreiflich, wie derselbe solche Eigenthümlichkeiten der lateinischen Sprache, die theils an das provincielle Latein, wie es in Umbrien sich gebildet hatte (wie wir es in den alten Inschriften von Pisaurum antreffen, die man nicht mit den ächtrömischen auf ganz gleiche Stufe stellen darf), theils an den heimathlichen umbrischen Dialekt erinnerten, mit einer gewissen Vorliebe festhielt. Dafs im Umbrischen dieselbe Flexionsweise üblich war, beweist die auf den Iguvischen Tafeln (Vb 10 und 16) vorkommende Form homonus. Aber auch dem oskischen Dialekt dürfte diese Form nicht fremd gewesen sein. Dies scheint mir aus dem oskischen comonom auf der Bantinischen Tafel hervorzugehen; Klenze und Mommsen verstehen darunter den ager publicus, Kirchhoff (Stadtrecht von Bantia S. 44 und 56) erklärt es richtiger durch Volksversammlung, ohne jedoch etymologisch diese Erklärung rechtfertigen zu können: das Wort ist von com und homo gerade so gebildet, wie das lateinische curia statt coviria von con und vir: denn viros vocare ist die solenne Formel vom Berufen des Volkes, wo die Osker homones gebrauchen mochten; ist doch auch den Römern der Gebrauch dieses Wortes in politischem Sinne, wenigstens wenn von anderen Völkern die Rede ist, nicht fremd, wie z. B. bei Ankündigen des Krieges: quod populus Hermundulus hominesque populi Hermunduli adversus populum Romanum bellum fecerunt u. s. w., ebenso in der Devotionsformel: eum exercitum, eos hostes eosque homines.

seien [Att. 447 R.]. Es ist vielmehr ein Wort ausgefallen: der Dichter wird geschrieben haben:

Nam is noenu bene volt tibi, qui falso criminat
Amicum apud te.

Lückenhaft ist auch das Fragment aus dem ersten Buche [v. 2] ebd. S. 510, 10, wo ich schreibe: Dum, quidquid das, des celere statt Dum quidquid des celere; wenn in einer Handschrift des wirklich zweimal steht, so ist dies wohl Conjectur. Nonius führt S. 66, 25 [22 V.]

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aus dem dritten Buche die Verse an:

testes sunt

Lati campi, quos gerit Africa terra politos,

während der Anfang bei Cicero de Orat. III. 42, 167 etwas anders lautet: testes sunt campi magni. In den Citaten aus Ennius finden sich nicht selten sehr bedeutende Abweichungen: zum Theil erklärt sich dies daraus, dafs man aus dem Gedächtnifs und eben daher ungenau citirte; aber anderwärts müssen vielmehr die alten Handschriften selbst nicht unbedeutend differirt haben 85). Hier nun trage 634 ich kein Bedenken der | Lesart Ciceros campi Magni den Vorzug zu geben denn Scipio will nicht ganz im allgemeinen sagen, die fruchtbaren, wohlangebauten Gefilde Africas seien Zeugen seiner Thaten, sondern er beruft sich auf die Schlacht auf den grofsen Feldern bei Utica, wo er über Hasdrubal und Syphax im Jahre 551 einen entscheidenden Sieg davon trug. Livius sagt ausdrücklich XXX. 8: postero die cum equitatu in Magnos (ita vocant) campos subiectos

85) Ich habe ein besonders deutliches Beispiel dieser Art kürzlich im Philologus XVII S. 57 [Opusc. I. 150] besprochen; in vielen Fällen ist es freilich zweifelhaft, ob schon die älteste handschriftliche Ueberlieferung differirte oder ein Gedächtnifsfehler vorliegt: z. B. die auffallende Abweichung im Prolog der Medea [283 V.], wo es bei Cicero heifst: quae nunc nominatur nomine | Argo, quia Argivi in ea dilecti viri Vecti petebant pellem inauratam arietis | Colchis, während Priscian Argo, qua vecti Argivi dilecti viri Petebant illam pellem inauratam arietis liest. Mir scheint übrigens jene Lesart bei Cicero sehr zweifelhaft: Ennius liebt zwar etymologische Deutungen, und mag auch sonst dieselben nicht immer in geschickter Weise angebracht haben; aber hier ist wohl der Dichter von jenem Vorwurf freizusprechen, er schrieb: Argo, qua vecti in Aeam dilecti viri Vecti petebant pellem inauratam arietis | Colchis. Uebrigens finden sich alte Varianten nicht blofs bei Ennius; dasselbe gilt auch von Lucilius und anderen Dichtern. Der Scholiast zu Ciceros Verrinen S. 193 führt an als vetus locutio: eminus est Vulturnus Capua tria milia passuum. Dieser Hexameter: Eminu' Volturnust Capua tria milia passum, der offenbar den Anfang einer längern Erzählung bildete, gehört in das dritte Buch der Satiren des Lucilius [17 M.], wie aus Charisius II. S. 203: Lucilius saturarum III: longe tria milia passum sich ergiebt; aber Charisius las: Volturnust Capua longe tria milia passum.

Th. Bergk Kleine Schriften. I.

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