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Gewaltthätigkeit gewesen. Der entsprechende Gebrauch von hie ist sattsam bekannt; vgl. hi mores S. 45.

3. Sehr wichtig für den lat. Charakter des Stiles ist, daß die Rede nicht selten besonders nach Pronominen von dem Deut schen abweichend eine demonstrative Wendung nimmt. Wir sagen: auf diesem großen, unermeßlichen Gebiet; Cie. Or. 3, 31, 124: in hoc igitur tanto tam immensoque campo.*) Verr. 2, 1, 3: neque enim tam facile opes Carthaginis tantae concidissent, nisi; Cat. 3, 11, 26: quibus pro tantis rebus, Quirites, nullum ego a vobis praemium virtutis postulo; Att. 1, 14, 1: sed tamen ita distinebar, ut huic vix tantulae epistulae tempus habuerim, daß ich kaum Zeit fand für diesen ganz kleinen Brief; Cluent. 5, 13: filia ceteros sui tanti mali ignaros esse cupiebat. Senec. Ep. 83, 5: ille tantus psychrolutes (id) großer Freund von kalten Bådern), qui Kal. Ian. in Euripum saltabam. Dergleichen liegt freilich auch dem Deutschen nicht fern, wiewohl der Schüler häufig genug schreibt ad hoc magnum opus, wo er tantum schreiben sollte, wenn auf eine vorausge gangene Schilderung oder auf etwas Bekanntes hingewiesen wird. Auffallender aber ist für uns das Demonstrativum nach Fragewörtern; Phil. 11, 15, 38: quod eorum tantum fastidium est, quae tanta arrogantia —; besonders in der indirecten Frage; Deiot. 5, 15: ut enim omittam, cuius tanti sceleris fuerit -, cuius tantae importunitatis -, cuius tantae ferocitatis -, cuius tam inhumani et ingrati animi, a quo rex appellatus esset, in eo tyrannum inveniri, ut haec omittam, cuius tanti furoris fuit omnes reges contra se unum excitare? vgl. hierüber jezt C. F. W. Müller bei Seyffert Lael. S. 145. Merkwürdig wird auch hinter Zahladverbien der an diesen nicht darstellbare Ablativ des Maßes durch ein eingeschaltetes tanto ersetzt; Verr. 3, 97, 225: reperietis quinquies tanto, iudices,

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*) Aufmerksam gemacht wird auch auf folgende Verbindungen: Cat. 4, 3, 6: tantam tam exitiosam coniurationem; Verr. Act. 1, 3, 7: tot tam graves ab amicissimis civitatibus legationes; Mil. 23, 61: cum res ipsa tot tam claris argumentis signisque luceat; s. Bursian's Jahresb. 10 (1877) S. 239. Auffallend ist das Asyndeton Phil. 2, 29, 71: quibus rebus tantis talibus gestis; Pis. 2, 7 jagt Cicero: meum ius iurandum tale atque tantum; s. Klußmann Zisch. f. d. GW. 34, 326.

amplius istum quam quantum in cellam sumere ei licitum sit, civitatibus imperasse, fünfmal mehr als —; vgl. Auct. bell. Afric. 19, 6: Petreiano auxilio adhibito equitibus MDC, peditum ac levis armaturae quartum tanto*). Mit demon-. strativer Wendung steht auch totiens für oft genug; Or. 2, 3, 13: (dixit) te, quem ego totiens omni ratione temptans ad disputandum elicere non potuissem, permulta de eloquentia cum Antonio disseruisse **). Über die deutschen Wendungen nicht groß, schnell u. s. w. genug um, non tantus, tam celer, qui, ut f. C. F. W. Müller 1. 1.

Fünftes Kapitel.

Das Verhältniß der deutschen und lateinischen Verba.
S. 94. Sachverhältniß.

Indem wir die bisher gebrauchten Kategorieen auch in der stilistischen Lehre vom Verbum anzuwenden versuchen, begegnet uns gleich bei der ersten, der Kategorie des Ersaßes, eine Einstimmigkeit beider Sprachen statt einer Verschiedenheit. An Verben nämlich ist die lateinische der deutschen gegenüber so wenig

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*) Madvig Adv. crit. 2, 286: in codicibus scribitur partim quartum tanto (Par. 2, Leid.), partim quater tanto; nihil est, cur non Latine positum a scriptore putemus quarto tanto. Sic quoque enim loquuntur Latini, alterum tantum, altero tanto, aut, ut apud Plautum est, tria tanta, sexcenta tanta. **) Totiens bedarf nämlich keineswegs der Beziehung auf vorher ge= nannte Fälle; z. B. Iuven. 7, 214: Rufum, quem totiens Ciceronem Allobroga dixit; 1, 2: vexatus totiens rauci Theseide Cordi. Natürlich past totiens nicht für jedes oft genug; eine denkbare demonstrative Beziehung muß immer vorhanden sein. Sonst heißt oft genug nicht saepissime, sondern entweder, wie bei Sall. Iug. 62, 1 und öfter, ganz wörtlich satis saepe, oder non parum saepe; Cic. Fin. 2, 4, 12: est autem dictum non parum saepe; vgl. Verr. 4, 12, 29: non enim parum res erat clara, denn der Vorfall war ruchbar genug.

arm, daß wir Fundstätten zum Ersaße von Grundverben, wie wir wohl sagen dürfen, nach unsern bisherigen Beobachtungen wenigstens nicht aufzuzeigen wissen; es werden sich in der That .nicht viele Grundverba im Deutschen namhaft machen lassen, denen nicht ein lat. Proprium entspräche. Dafür leidet aber der Lateiner Mangel an einigen im Griechischen vorhandenen Verbalformen, an einem Passiv der Deponentia, einem Particip des Präsens Passivi und des Präsens von esse, endlich an einem Particip des activen Perfects, welcher Mangel gewisse dem Lateiner eigenthümliche Redewendungen erzeugt. Statt mit einer Lehre vom Ersage mangelnder Grundverba beginnen wir mit dem Ersaße der fehlenden Verbalformen. Ausgiebig in der Lehre vom Verbum ist aber auch unsere zweite und dritte Kategorie, die des Wegfalls und der Benußung. Denn eine Hauptverschiedenheit der antiken und modernen Rede, kraft welcher jene dynamisch ausrichtet, was diese mechanisch, hat eine für die Verba höchst wichtige Differenz der beiden Sprachen zur Folge. Die Kraft der lat. Verba sowohl als Verbalformen reicht viel weiter als die der deutschen. Nicht nur kann der Lateiner mit vielen einzelnen derselben erstaunlich viel anfangen, so daß seine Dar stellung von einer Anzahl bedeutungskräftiger, in vielfacher Wendung wiederkehrender Verba gleichsam beherrscht wird, sondern er braucht sich auch nicht mit einer Masse von Hülfsverben und andern phraseologischen Zuthaten zu schleppen, mit denen der Deutsche die näheren Bestimmungen des Verbalbegriffs äußer lich und mechanisch modificirt, welche der Lateiner dynamisch ins Grundverbum selber verlegt. Dieser Differenz gegenüber, deren möglichst allseitige Entwicklung uns in diesem Kapitel hauptsächlich beschäftigen wird, ist die Verschiedenheit des grammatischen Verbal-Gebrauchs, wenn auch der Rede werth, doch viel minder bedeutend.

A. Ersatz fehlender Verbalformen.

S. 95. Das Passivum des Deponens.

Erfahrungsgemäß macht sich der Mangel desselben dem Anfänger am ersten bemerklich. Einige Ersazmittel werden daher schon im Elementarunterrichte mitgetheilt, wie odio esse, gehaßt werden, admirationi esse, admiratione affici, ferner oblivione obrui, oblitterari, in oblivionem adduci, wohl auch imitatione

exprimi, simulari (Cic. Or. 2, 45, 189) und Aehnliches. Aber gemäß der schon oben gemachten Bemerkung, daß der Mangel eines Propriums eine Menge von Auskunftsmitteln zur Folge hat, gibt es auch für das fehlende Passivum des Deponens der Acquivalente weit mehr.

Wir nennen 1. die zum Ersaß verwendbaren Hülfsverba, und zuvörderst esse in mancherlei Verbindungen. Divin. 2, 30, 65: quae tandem ista auguratio est ex passeribus annorum potius quam aut mensium aut dierum, wie kommts, daß aus den Sperlingen gerade nur Jahre und nicht Monate oder Tage prophezeit werden? Off. 2, 14, 48: magna est admiratio copiose sapienterque dicentis, cine blühende, weise Beredsamkeit wird in hohem Grade bewundert. Phil. 1, 14, 33: metui vero et in odio esse (s. die Beispiele bei Nieländer, der factitive Dativus S. 14 und 15, 1); Deiot. 12, 33: in invidia esse; vgl. Tac. Dial. 25: dummodo in confesso sit, wofern nur zugestanden wird (s. unten §. 144, 1, b). Um ein Passivum von utor zu bilden, nimmt Tacitus wie andere Schriftsteller, 3. B. Liv. 31, 9, 7, usui esse, so Ann. 16, 19: fregitque anulum, ne mox usui esset ad facienda pericula, läßt aber Ann. 11, 14, da er ein Particip braucht, esse weg: quae litterae (die von Claudius erfundenen Buchstaben), usui imperitante eo, post oblitteratae (die Conjectur in usu ist unnöthig); statt dessen fagt Senec. Ep. 114, 14: in usu posita vitare. Sehr wichtig für diesen Ersatz ist aud) habere; Cic. N. D. 1, 17, 45: habet enim venerationem iustam, quidquid excellit; Orat. 3, 11: ac video hanc primam ingressionem meam aut reprehensionis aliquid aut certe admirationis habituram; Q. fr. 3, 9, 3 von Messala: odii nihil habet, gchaßt wird er nicht. Phil. 1, 3, 7: reversio, quae plus admirationis habet; Marc. 8, 26; Cic. bei Quintil. 8, 3, 6: eloquentiam, quae admirationem non habet, nullam iudico. Besonders aber ist für unsern Zweck aufmerksam zu machen auf das corresponsive Verhältniß von vocare und venire. Die mit vocare gebildeten activen Nedensarten werden passivisch, sobald man venire substituirt. Somit ergeben sich mittelst vocari und venire eine Menge Wendungen mit passiver Bedeutung zum Ersatz der Deponential - Passiva. So sagt man z. B. in odium, in invidiam, in crimen, in suspicionem (Verr. 4, 13, 30: cum in suspicionem venissent suis civibus fanum expilasse Apollinis; s. Cobet Mnem. N. S. Nägelsbach, lat. Stilistik. 7. Aufl.

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VII S. 114), in dubium vocari und venire (s. Merguet Ler. II S. 629-631); in confessum res venit (Plin. Ep. 10, 81, 8), eine Sache wird allgemein zugestanden, anerkannt; ad nihilum venit (recidit) aliquid, etwas wird zu nichte gemacht; merk würdig Cic. Att. 11, 15, 2: alii capti, alii interclusi non veniunt in dubium de voluntate, werden hinsichtlich ihrer Gesinnung nicht in Zweifel gezogen. Wir gedenken 2. der Substitution verwandter Begriffe, die des passiven Gebrauches fähig find. So wird Or. 3, 7, 25 colligi ein Passivum von frui: oculis colliguntur paene innumerabiles voluptates; noch öfter bekanntlich percipi. So heißt actus verfolgt, geheßt, als Part. Perf. Pass. von persequor, und nicht blos bei Verg. Aen. 1, 32: acti fatis (vgl. 11, 620: Troes agunt, die Troer verfolgen; Fabri zu Liv. 24, 42, 3), sondern auch, wenn anders die Lesung feststeht, bei Cic. Q. fr. 3, 2, 2: homo undique actus, cum a me maxime vulneraretur, non tulit; ebenso agitatus; Quinct. 2, 10: multis iniuriis iactatam atque agitatam aequitatem. Endlich erinnern wir 3. an diejenigen Deponentia, welche zuweilen oder wenigstens im Participium passivisch gebraucht werden; die Grammatiken geben das nöthige Verzeichniß, 3. B. Krüger S. 136. 137; Madvig §. 152. 153; Kühner I §. 208; II §. 28, 8; vgl. auch Fabri zu Sall. Cat. 7, 3; besonders Neue 1. 1. II S. 308 ff.; Kühnast 1. 1. S. 270. 271; Dräger S. 91, 8; Rumpf im Gymn. - Programm v. Frankfurt a. M. 1868 S. 33 ff., Reisig §. 151, 4, 6 (S. 363 ff. in der Bearb. v. H. Hagen), Helm 1. 1. S. 18 u. A.

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§. 96. Ersatz des Part. Prās. Passivi und des Particips

ὤν.

1. Daß statt des griechischen Part. Präs. Passivi das Gerundiv genommen wird, lehren schon die Grammatiken; vgl. Weißenborn de gerund. p. 130 und besonders Neue II S. 384 ff., welcher den hieher gehörigen Abschnitt mit den Worten beginnt: Das sogenannte Part. Fut. Pass. wurde ursprünglich gewiß als Partic. Präs. Pass. gebraucht." L. Adrian nennt im Gymn.-Programm von Groß-Glogau 1875 das Gerundiv geradezu das lat. Partic. Präs. Pass. Daß Adrian's und Neue's Ansichten einige Einschränkungen erfahren, ergibt sich aus §. 31, 3; über die Verwendung des Gerundivs als Part. Präs. Pass. besteht natürlich kein Zweifel. Die Dichter gehen im Ge

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