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[Aus den früheren Auflagen wiederholt.]

Indem ich Ihnen, theuere Männer, dieses Buch widme, traze ich nur den kleinsten Theil einer längst verfallenen Schuld ab. Was ich Ihnen beiden verdanke, kann ich weder aussprechen noch scheiden. Sie, geliebtester Held, haben sammt Gabler'n dem Knaben und Jüngling die Erlernung der Sprachen zur Lust gemacht; Ihr Auftreten als Lehrer an unserem Bayreuther Gymnasium, welchem Sie jezt mit Meisterschaft vorstehen, war für die Richtung meines Lebens wie für den Flor der Anstalt entscheidend; Ihre Freundschaft und Empfehlung begleitete mich auf die Universität zu Heller und Döderlein. Unter Ihrem kräftigen Regimente, theuerster Roth, habe ich an dem uns beiden unvergeßlichen Nürnberger Gymnasium lehren gelernt. Sie haben mir gezeigt, was ein Lehrer sein muß, der kein Miethling ist, und was ein Rektor sein kann, der sein Amt als einen Gottesdienst betrachtet und mit der Macht seines sittlichen und wissenschaftlichen Einflusses

die Lehrer seiner Anstalt heranzubilden versteht, indem er ihnen vor allen Dingen das Gewissen schärft. Unter unendlich vielem Anderen verdanke ich Ihnen auch diejenige Richtung meiner lateinischen Studien, aus welcher dieses Buch entstanden ist. Sie hielten mich an, die Themata für die Schulaufgaben aus ursprünglich deutschen Texten selbst lateinisch zu bearbeiten; Sie giengen mit freundlicher Nachsicht jene unvollkommenen Versuche mit mir durch. Die Fertigkeit und Kraft, mit welcher Sie den lateinischen Ausdruck beherrschten, zeigte mir, was eine lebendige Sprachkenntniß heißen wolle, und machte mir die Möglichkeit begreiflich, auch ein schwierigeres Deutsch im Lateinischen wiederzugeben. Wenn ich in diesem Buche etwas Ersprießliches geleistet habe, so geht meine Leistung großentheils auf den Einfluß Ihrer segensreichen Amtsführung zurück.

Aber daß ich Ihre Namen, theuere Lehrer und Freunde, dieser Arbeit vorseße, ist nicht bloß ein Zeug

niß schuldiger Dankbarkeit. Ihr beiderseitiges Urtheil, auf welches ich mich zuversichtlich berufen darf, soll auch meine Ueberzeugung vertreten, daß unseren Schulen in wissenschaftlicher Hinsicht kein empfindlicherer Schlag versezt werden könnte, als wenn das Lateinschreiben lässig und in geringer Ausdehnung betrieben würde. Eine Herabseßung des Maßes dessen, was der Schüler leisten soll, verringert unmittelbar auch die Anforderungen an den Lehrer. Aber um gerade so viel, als diese gemindert werden, gewinnt der Dilettantismus an Raum; eine Virtuosität linguistischer Kenntnisse wird dann nicht einmal mehr angestrebt; es ist mit dem Sprachstudium kein rechter, energischer Ernst mehr. Die Folge davon ist unausbleiblich, daß lebendige Kenntniß und Handhabung der Sprachen und mit ihr die edelste Gymnastik des Geistes untergeht, daß der Sprachunterricht, indem er alle Gründlichkeit verliert, auch nicht mehr für ein tiefer gehendes Verständniß der Schrift

steller ausreicht und alsbald zu einem elenden Scheinwesen verkümmert, das sittlich nicht minder verderblich wirkt als wissenschaftlich.

Dieses Scheinwesen haben Sie beide durch Wort und Beispiel mich hassen gelehrt. Auch diese Arbeit ist ein Versuch, demselben entgegenzutreten. Sollte er Ihren Beifall finden, so würde sich im Manne das beglückende Gefühl erneuern, das vor vielen Jahren der Jüngling empfand, wenn einige seiner Bestrebungen Ihnen nicht mißfielen. Denn es ist mein Glück und mein Stolz, mich jetzt wie vormals in unveränderlicher Verehrung und Liebe zu nennen

Ihren

dankbaren Schüler

Nägelsbach.

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