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auch trotz sẽmen etc.? Soll denn zwischen iuvenis und iuventa ein intimerer Rapport gewesen sein als z. B. zwischen unguinis und unguen unguentum? Auch iuvencus ist nicht lautgesetzlich: nach quinque aus quenque, attingo aus *attengō u. a. wäre *iuvincus zu erwarten. iuven- verdankt also sein e dem Stamm sen-, und dem Zusammenwirken von iuven- und iuventa iuventās iuventus wird iuvencus zuzuschreiben sein.

Der andere Fall ist der Komparativ zu iuvenis. Die Form iūnior blieb in der Zeit der Republik alleinherrschend. Alsdann stellte sich die Neubildung iuvenior daneben (Belege bei NeueWagener 23 S. 242). Wenn nun jemand allein die Form des Positivs iuvenis Anlaß zu dieser Neubildung gewesen sein läßt, so ist er nicht zu widerlegen. Durch die neueren sprachpsychologischen Untersuchungen haben wir jedoch gelernt, daß man sich das Spiel der psychischen Assoziationen bei Neubildungen kaum zu kompliziert vorstellen kann, und mich dünkt, daß iuvenior nicht bloß durch den Positiv iuvenis erzeugt worden ist, sondern zugleich und vielleicht in demselben Maß wie durch iuvenis durch das Oppositum senior, mit dem iunior sich oft in éinem Gedanken zusammenfand: vgl. z. B. Seneca ep. 66, 34 sed habent differentias aetatis: alius senior est, alius iuvenior.

In diesen beiden Fällen der Einwirkung von sen- auf iuvenwäre also die Lautung einer Anfangssilbe vorbildlich gewesen für die Lautung einer zweiten Wortsilbe. Diese Wirkungsart darf getrost zugestanden werden. Die Herstellung des e von iuven- nach dem e von sen- gehörte dem Zeitalter der urlatein. Anfangsbetonung an, die von dem Dreisilbengesetz noch unabhängig war. Damals wurde auch z. B. supremus nach der Analogie von dēmus (dēmum) oder quadrimus nach der Analogie von bīmus trīmus (= *bi-himos *tri-himos) geschaffen (vgl. IF. 12, 150 ff. und 14, 14 f., wo ähnliches auch aus andern Sprachzweigen zusammengestellt ist). Niemand wird diese Art von Neubildungen auffallend finden, der sich klar gemacht hat, daß sich alle Neuerungen an den Formen im Satzzusammenhang vollziehen. In diesem Zusammenhang ist auch bei prinzipiell durchgeführter Haupttonigkeit der ersten Wortsilbe diese Silbe doch keineswegs immer akzentuell dominierend, wie ja überhaupt im Satzganzen der Gegensatz von Anfangs- und Binnensilbe des Einzelwortes eines guten Teiles derjenigen Bedeutung entbehrt, die er bei der Betrachtung der isolierten Wörter zu haben scheint. Was aber

anderseits die Neuerung iuvenior für iunior betrifft, die erst im Anfang der Kaiserzeit unter der Herrschaft der auf dem Dreisilbengesetz beruhenden Betonung aufgekommen ist, und für die wir das Oppositum senior mit verantwortlich gemacht haben, SO kann verwiesen werden auf die ebenfalls erst in der Periode der Dreisilbengesetz-Betonung ins Leben getretenen Bildungen quadriangulus, multiangulus, aequiangulus u. a., für welche tri-angulus das Modell gewesen ist (IF. 9, 354 f.), und auf spätlat. senexter nach dexter. Bei dieser Neuschöpfung iuvenior ist in den meisten Kasus der Tonsitz unverändert derselbe geblieben und war auch von vornherein Übereinstimmung mit dem Tonsitz der Musterform senior vorhanden, z. B. iuveniórem wie iuniorem und wie seniórem.

Ich kann nicht wissen, ob von dieser Darstellung in der lat. Sprache vollzogener formaler Verschmelzung der Gegensätze Alt und Jugendlich Sie, verehrter Herr Jubilar, und wer sonst sie lesen wird, den Eindruck bekommen werden, sie sei im großen ganzen oder gar in allem zutreffend, und es sei das Paar senex iuvenis ein gutes Beispiel für die im Sprachleben so oft zu beobachtende Angleichung durch Kontrast der Begriffe. Nur wünschen kann ich's mir und erhoffen. Um so gewisser aber bin ich dessen, daß für reale Vereinigung und Durchdringung von senecta mit iuventa und für sieghafte Behauptung der letzteren in der ersteren wir in Ihnen ein unanfechtbares Beispiel besitzen. Ich wünsche Ihnen zu Ihrem Ehrentage von Herzen, daß dem so noch auf lange hinaus sein möge.

Leipzig.

Karl Brugmann.

Die Sprache des Claudius Quadrigarius.

Als Gellius mit Freunden an zwei aufeinanderfolgenden Tagen das erste Buch des Claudius Quadrigarius gelesen hatte, gab er sich die Mühe hinterher aufzuzeichnen, was ihm als sprachlich bemerkenswert, nach der Seite des Lobes wie des Tadels, erschienen war, und so lautet denn die Überschrift von 17, 2: verba quaedam ex Q. Claudi annalium primo cursim in legendo notata. Wenn er nun auch in andern Büchern und Kapiteln Stellen aus den übrigen Teilen der Annalen zitiert, so ist doch dieses Probestudium des ersten Buches lehrreich für die Arbeits-, beziehungsweise Exzerptionsmethode der alten Grammatiker, weiß man doch, daß aus dem ersten Buche der Historien Sallusts viel mehr Fragmente zitiert worden sind als aus dem fünften. Ja wenn man erwägt, wie viele griechische wie lateinische Dichter und Prosaiker ein angehender Redner nach Quintilian lib. 10, 1 gelesen haben mußte, so wird man von selbst auf die Vermutung geführt, es könne sich in den meisten Fällen (§ 58 et elegiam vacabit in manus sumere) nur um eine Auswahl gehandelt haben. So hat auch Gellius in dem ersten Buche Beispiele für alles gefunden, von Vulgarismen, Graecismen und Archaismen, von Neubildungen oder neuen Bedeutungen und von poetischen Anklängen. Freilich entziehen uns solche diffuse Beobachtungen die Möglichkeit von einem einheitlichen Gepräge der Latinität zu sprechen, und wir werden uns eine genaue Nachprüfung nicht ersparen können, um herauszufinden, was die Hauptsache sei und was die Nebensache. Vielleicht werden wir auch auf wichtige sprachliche Erscheinungen stoßen, welche Gellius gar nicht beobachtet hat.

1. Am wenigsten überzeugend scheint mir, was Gellius über vermeintliche Graecismen gesagt hat; denn daß Q. überhaupt ein Kenner des Griechischen gewesen sei, hat er uns durch keine Fremdwörter verraten. Wohl lesen wir frg. 10b) 'pugnae facta

*) Wir zitieren nach der Ausgabe von Herm. Peter 1870.

pausa est'; allein so hatte nicht nur Plautus geschrieben, sondern, was für den Historiker näher läge, Ennius annal. 586 V. pausam facere fremendi. Die Konstruktion aber in medium relinquemus mit sis μéбov deivaι zu erklären liegt wenigstens keine Notwendigkeit vor, so wenig als magnum viaticum (bildlich pro magna facultate et paratu magno) mit pódiov; denn da das Wort in der eigentlichen Bedeutung bei Plautus so häufig ist, bedurfte es zu einer Übertragung keines Impulses von Hellas. Was wir hinzufügen frg. 12 Pet. (1870) cognomen habuit Corvinus oxεv, bekam, beweist wenig, da schon Georges habere

erhalten mit Plautus und Nepos belegt hat. Die Zusammenstellung von grandia ingrediens mit uaxoà Bißás (vgl. unten S. 20) gehört jedenfalls nicht hierher, da Q. nicht direkt aus Homer geschöpft hat. So halten wir uns denn für berechtigt, diesen Gesichtspunkt der Betrachtung ganz fallen zu lassen.

2. Bei Gellius 13, 29, 2 wird Q. als vir modesti atque puri ac prope cotidiani sermonis bezeichnet, wozu als Belege dienen mögen frg. 24 das verbum castrense copiari und frg. 6 consermonari (rusticius videtur) statt sermocinari. Auch frg. 4 verba Gallis dedit, und frg. 16 sibi per fallacias verba data ist nach Nipperdey zu Nepos Hann. 5, 2 eine entschieden vulgäre Wendung. Aber daß ein Historiker absichtlich sollte vulgär geschrieben haben wie ein Komiker, ist doch wenig glaublich, und der vereinzelte Gebrauch solcher Wörter nur Folge des tenue dicendi genus, welches, wie Herm. Peter Proleg. CCLXXXXI richtig bemerkt, als der Grundcharakter hervortritt. Wir haben meist Parataxen kurzer Hauptsätze, mehr mündliche Erzählung*) (frg. 10. 12. 81) als literarische exornatio, mit starker Ausnützung des Praesens historicum, eine gewisse Breite, welche in Wiederholungen** (supra ostendi, ante dixi, supra demonstravimus, frg. 10b in der ungewöhnlichen Form 'ut dico' = ut modo dixi, d. h. 10 Zeilen weiter oben, frg. 22 arma abiciunt atque inermi etc.) und Häufung von Synonymen**) zum Ausdrucke kommt.

Ein Beispiel dieser Art bedarf einer näheren Erläuterung, frg. 81 bei Gellius 15, 1, 7: cum Sulla conatus esset tempore magno, eduxit copias. Es ist von der Verteidigung des Piräus

*) Frg. 10°: Gallus . . . processit . . . is, ut dico, processit. ibid. subvertit. ubi eum subvertit. ibid. scuto scutum percussit . . . iterum scuto scutum percutit.

**) Frg. 39 comprehensare suos, amplexare. 10b utrisqus. . . utrisque.

durch Archelaus die Rede und dem Versuche Sullas einen Turm in Brand zu stecken, worauf als Resultat angegeben wird: satis sunt diu conati, numquam quiverunt incendere. Dies ist eine so deutliche Wiederholung des vorausgehenden Gedankens, daß es der Konjekturen opere magno (Lipsius), impete magno (Gronov) und der Zweifel des letzten Herausgebers nicht bedurft hätte. Hieße es longo tempore (franz. longtemps), so hätte kein Mensch Anstoß genommen; auch das im Spätlatein häufige multo oder plurimo tempore wäre kaum beanstandet worden, namentlich wenn man bedenkt, daß das kurze diu frühe abgestorben und durch lebenskräftigere Formen ersetzt worden ist. Vgl. meine Komparation S. 67 und Archiv VIII 595. Zu diesen gehören quanto tempore = quamdiu, z. B. epist. Gal. 4, 1 (őбov xoóvov); diutino tempore bei Apul. met. 5,4; parvo tempore bei Martial 7, 13, 4. Somit kann auch magno tempore nicht befremden, welches wir bei Hieronymus und dem Epitomator des Petron 125 (dum haec magno tempore Crotone aguntur) finden; wenigstens kann die ungewöhnliche Wortstellung bei Quadrigarius nicht als ein genügender Einwand betrachtet werden.

3. Über Neubildungen oder veränderte Wortbedeutungen hat sich Gellius sehr vorsichtig geäußert. frg. 16 neque optimum quemquam (dii) inter nos sinunt diurnare] inusitate dixit pro 'diu vivere'. Vgl. Corp. gloss. s. v. frg. 5 putabant eos qui foris atque qui in arce erant, inter se commutationes et consilia facere] id est conlationes communicationesque non usitate dixit, sed non hercle inscite. Da indessen Gellius nicht gewagt hat nove zu schreiben, können auch wir kein bestimmteres Urteil abgeben, wie wir auch über die Geschichte des Wortes habentia (frg. 61. Prol. Trucul. 21) oder über hinnibundus (frg. 78) unaufgeklärt bleiben.

4. Zutreffendere Beobachtungen wird man von Gellius über die Zusammenhänge mit der archaischen Latinität erwarten, welcher der Grammatiker seine Studien in erster Linie zugewandt hatte. Es ist bekannt, daß unter Hadrian und unter den Antoninen in Kunst und Literatur der übersättigte Geschmack mit seinen Schönheitsidealen in die Zeit vor den Bürgerkriegen zurückkehrte und, die Entwicklung der letzten zwei Jahrhunderte als Sünde und Verderbnis (corruptum im Gegensatz zum purum und simplex) betrachtend, die Unschuld des Paradieses vor Cicero zu finden glaubte, ein Modewechsel, dem in der Literatur zuerst Fronto,

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