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anderer Völker (vgl. Samter a. a. O. S. 120 f.) zu tun zu haben braucht. Hätten wir nicht von gewissen anderen Arten der Verehrung der Laren Kunde, so müßten wir Wissowa zustimmen, wenn er den Lar familiaris, der im Hause waltet, für denselben Lar erklärt, der ursprünglich mit den Lares der benachbarten Güter zusammen am compitum verehrt worden sei. Allein es gab nicht bloß Lares compitales, sondern auch Lares viales, semitales, viatorii (vgl. Wissowa, Rel. u. Kultus S. 150). Die Lares waren also Gottheiten der Wege überhaupt. Charinus, der in die Fremde zieht, bittet die Lares viales um ihren Schutz auf die Reise (Plaut. Merc. 865). Daraus muß der Schluß gezogen werden, daß das compitum als der Kreuzpunkt mehrerer Wege die hauptsächlichste Kultstätte der Laren in der Öffentlichkeit war, und nicht als die gemeinsame Grenze mehrerer Grundstücke. Ja sogar der Seeweg stand unter dem Schutze von Lares permarini (Wissowa a. a. O.). Unter diesen Umständen fällt es schwer, den Gedanken an einen Vergleich mit Unterwelts- und Totengottheiten, wie Hekate und Hermes, den Gottheiten der Wege, fernzuhalten.

Als Fruchtbarkeitsgottheiten wird man sich ja doch die Lares am liebsten denken, wenn man sie in dem uralten Liede der Arvalbruderschaft an erster Stelle anrufen hört. Als Erzeuger begegnet uns der Lar familiaris in der berühmten Geburtslegende des Servius Tullius (darüber Wissowa in Roschers Lexikon II S. 1887). Ein Phallos richtet sich aus der Herdasche auf und befruchtet die bräutlich geschmückte Mutter des Servius Tullius. Der Grieche Promathion erzählte des Romulus Erzeugung ganz ähnlich (Plut. Rom. 2). Das gibt uns aber noch kein Recht, die Sage für griechische Erfindung zu halten. In beiden Fällen spielt der Vorgang in einer nahezu gleichnamigen etruskischen Familie: in Rom im Hause des Tarquinius, in Alba in dem des Tarchetius. Die bräutlich geschmückte Geliebte der Herdgottheit erinnert an einen echt römischen Brauch, mit dem jene Legende im Zusammenhang zu stehen scheint. Im cubiculum war ein göttlicher Phallos, Mutunus Tutunus genannt, auf den die Braut sich setzen mußte, ehe sie sich dem Manne ergab (Preller-Jordan, Röm. Myth. II S. 218; Agahd, Fleckeisens Jahrbb. Suppl. 24 S. 175; Wissowa, Relig. u. Kultus S. 195). Mutunus Tutunus besaß zwar ein eigenes Heiligtum auf der Velia (Wissowa a. a. O.); es muß aber gefragt werden, ob es sich in unserem Falle nicht vielleicht um eine Form des Lar familiaris handelt. Man darf nicht vergessen, daß

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ein göttlicher Phallos zusammen mit der Herdgöttin Vesta verehrt wurde (Plin. nat. hist. 28, 39 fascinus deus inter sacra Romana Vestalibus colitur). Der Lar familiaris dürfte also doch seine Stätte im Hause, am Herde schon in sehr alter Zeit eingenommen haben, und nicht erst nachträglich vom Compitum dorthin gewandert sein. Samter bemerkt treffend (a. a. O. S. 120), daß auch Hekate sowohl am Kreuzweg, wie in der Tiefe des Herdes hause. Andere Züge des Larenkultes, deren Erklärung eine verschiedenartige sein kann, beiseite lassend, will ich schließlich noch einen Blick auf die künstlerische Darstellungsform der Laren werfen. Ihre charakteristische Haltung ist der Tanz. So malte man sie schon zurzeit des Naevius (frg. com. 3 99 ff. Ribbeck Wissowa in Roschers Lexikon II S. 1891 ff.). Ein dionysischer Typus wurde zu ihrer Darstellung von den Griechen entlehnt. Haben Tanzschritt, Trinkhorn und Schale (beim ruhig stehenden Lar auch Füllhorn; s. die Abbildungen bei Wissowa a. a. 0.) mit dem eigentlichen Wesen der Laren wirklich so garnichts zu tun, daß nur die Lustigkeit der Kompitalienfeier (uncta Compitalia, Verg. catal. 13, 27) die Veranlassung gegeben haben könnte, sie so darzustellen (Wissowa, Gesammelte Abhandlungen S. 289 f.)? Sind die Laren Dämonen der Fruchtbarkeit gewesen, woran ich nicht zweifle, so ist nichts natürlicher, als ihr Tanz. So tanzen die Nymphen, so die Chariten mit Hermes (Harrison, Proleg. to the Study of Greek Religion 286 ff.). Über den Tanz der Fruchtbarkeitsgottheiten von Griechenland bis Mexiko hat uns kürzlich Th. Preuß reiche Belehrung zuteil werden lassen (Archiv f. Anthropologie 1904 S. 164 ff., Globus 86 S. 377 ff.). Vielleicht wird man doch wieder auf Jordans Vermutung (s. Wissowa in Roschers Lexikon II S. 1869) zurückkommen, daß der Name der Lases mit lascivus verwandt ist. Der neuerdings wieder von Walde, Latein. etymolog. Wörterbuch S. 325 empfohlene Vergleich mit dem althochdeutschen lari (,,Wohnung") in Gōz-lāri faßt den Begriff der Laren nicht in seinem ganzen Umfang.

Unsere Überlieferung ist zu dürftig, um weitergehende Vermutungen über die ursprüngliche Vorstellung von den Laren zu rechtfertigen. Doch wird sich nach den vorangegangenen Ausführungen schwerlich bestreiten lassen, daß eine Verbindung zwischen den Laren und den Gottheiten der Erde und der Toten bestanden hat, daß sie als seelische Wesen gelten müssen. Ahnenseelen der Familien, in denen sie als Lares familiares, als Beschützer

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Walter F. Otto: Mania und Lares.

der bäuerlichen Familie samt dem Gesinde, verehrt werden, sind sie jedoch nicht, denn kein Zug der Überlieferung deutet dies an. Sie haften am Boden, oder schweifen auf den Wegen.

Zum Schluß noch eine Einzelheit. Die Lares hostilii erklärt Wissowa, Rel. u. Kult. S. 150 für die Beschützer in Feindesland, und glaubt an sie denken zu müssen, wenn in der Devotion des P. Decius Mus auch die Lares angerufen werden. Die einzige Stelle, der wir die Kunde von ihnen verdanken (Paul. p. 101), behauptet allerdings diesen Zusammenhang mit den hostes; allein das ist nichts als eine schlechte Konjektur eines Mannes, der ebenso wenig wirkliches Wissen besaß, wie wir heute. Der Beiname hostilii ist gewiß identisch mit dem Gentilnamen Hostilius, und die Lares Hostilii sind die Lares der Hostilier*), genau wie Janus Curiatus der Janus der Curiatier. Das Verständnis dieser und ähnlicher Benennungen verdanken wir Wilhelm Schulze (Zur Geschichte latein. Eigennamen S. 200 und 355). Auf demselben Wege finden noch eine ganze Reihe römischer Götternamen eine befriedigende Erklärung, wie ich an anderem Orte zu zeigen hoffe.

*) Den Zusammenhang der Lares hostilii mit der gens Hostilia hat auch E. Pais, Storia di Roma 1, 1 S. 300 geahnt, aber durch Vermutungen begründet, die schwerlich einleuchten dürften.

München.

Walter F. Otto.

Zum Thesaurus Glossarum emendatarum von

G. Goetz.

Corp. V 560, 8: a[c]cucula vel cicicula qua utuntur mulieres ad ornatum capitis. Ich lese acicula.

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Corp. II 237, 7: άлoxévwotę exinanitas. Zahlreiche Belege für diese Bildung s. bei Paucker, Suppl. Lexic. Lat. s. v.

Corp. V 649, 33: concorporare interficere (cf. Non. 20, 17, ubi corporare). Concor- ist wohl als eine Art Dittographie für einfaches cor- zu betrachten.

Corp. V 567, 32: disserasset disserenasset (cf. Liv. XXXIX 46, 4). Diese Unform ist wohl am besten als compendium scripturae (etwa *disserasset) anstatt des richtigen, im Interpretamentum gegebenen disserenasset aufzufassen. Vgl. einen ähnlichen Fall Corp. V 496, 53: dicius dilicius. Hruschka, Untersuchungen auf dem Gebiete der latein. Wortbildungslehre (russisch, Moskau 1900, S. 190) leitet disseras set unmittelbar von einem prähistorischen adjektivischen Stamm *sero- ab, der serēnus und seres co zugrunde liegt; mir scheint eine derartige Herleitung übereilt zu sein.

Thesaur. I 437: fascinat gravat, fascinant gravant (Goetz: farcinat?), I 435: fascinatus oneratus, carrecatus (Goetz: sarcinatus?). Ich lese ohne Bedenken farcinare, farcinatus. Vgl. Rönsch, Coll. 237.

Corp. V 358, 9: ebilantur mutilantur. Goetz: evirantur? hebetantur? Ich lese evirantur angesichts der Glosse des verwandten*),,Abavus" IV 337, 35: evirantur evacuantur mutilantur. Die Korruptel kann etwa durch die Orthographie *ebi

*) Überhaupt ist die Verwandtschaft der Glossaria Amploniana mit dem Glossarium,,Affatim" und den beiden,,Abavus" nicht außer Acht zu lassen. Vgl. z. T. meine Materialien zur historischen Grammatik der lateinischen Sprache" (russisch, Moskau 1898), 200 ff.

rantur entstanden sein; nachher bekam wohl dies etymologisch undeutlich gewordene Wort sein von dem Interpretamentum mutilantur. Ich beachte diese Glosse deswegen, weil sie schon zwei Gelehrte verführt hat, dieses ebilantur mit debilis (freilich mit Bedenken) zusammenzustellen. (Hruschka, o. c. 265, Walde, Latein. etym. Wörterb. unter ebilantur).

Corp. V 569, 52: gluttus id est gulosus, a gula. Vielleicht gluttosus, das in den Scholien der Codices P1 und P5 der Rätsel von Aldhelm direkt belegt ist (LXIX 7: lurcones glutosi.*)

*) Diese Scholien sind zum ersten Male in der (russischen) Philologischen Rundschau XXI von A. Malein herausgegeben und z. T. erörtert. Vgl. jetzt von demselben Verfasser „Die handschriftliche Überlieferung der Rätsel Aldhelms" (Petersburg 1905). Bei dieser Gelegenheit gestatte ich mir aus dieser Schrift ein paar Details zu zitieren, die in lexikographischer Hinsicht interessant sein können. Corp. Gl. IV 21, 36 arsis evatio liest Bücheler elatio, Goetz elevatio (zumal da elatus selbst durch elevatus glossiert wird). Richtiger ist das letztere: vgl. bei Malein 129 aus epist. ad Acirc. 274: arsis interpretatur elevatio Schol. P2 u. a. zu LVII 5 (s. 129, 211). Fast in allen Handschriften Aldhelms findet sich crepacula (XXXI 3), das von seinen Scholiasten durch tremulos sonos oder sonitus übersetzt wird; nur der Codex Br. I hat crepicula (aber wie Malein zeigt, gibt derselbe Codex XXXIV 1 laudibilis für laudabilis). Für crepacula zitiert der Verf. noch Euseb. aenig. LVI 2 und die angelsächsischen (freilich von Goetz angezweifelten) Glossen aus den Glossaria Amploniana Corp. 282, 28 und 351, 52.

Die besten Handschriften Aldhelms (LXVII) geben die sonst nicht belegte Form cribellus (Malein 131). Das scheint eine volkstümliche Form zu sein vgl. Placidus Corp. Gl. V 10, 6 59, 25 cribrum non ciribrum (cribrus Deuerling cum Maio) neutro genere magis dicimus quam masculino.

tur

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Interessant ist die Lesart des Cod. P2 LXXVII 5 feritur für ferwohl eine volkstümliche Konjugation; vgl. Rönsch Itala 294, Neue-Wagener III3 617 (hinzuzufügen wären Belege aus Glossarien, z. B. IV 146, 36; 147, 30 u. a. s. Thesaurus s procrastinat differ[e]t oder differ[i]t II 20, 45 anteferit, IV 329, 26 u. 503, 5 pro

ferit u. a.).

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In der Glosse Ampl. sec. V 311, 33: momentum stilus in quo (mo>mentana ex<a>equatur; nam ideo momentana vocabulum sumpsit, quia cito et admodicum inclinatur, si aequaliter non pensetur schlug Landgraf Arch. IX 396 anstatt ad modicum ad momentum vor. Die Scholien S und P2 zu XXIII (Malein 121) geben gerade folgende Glosse: trutina] libra (omiss. P2), quae mom(en)tana d(icitur eo q(uo)d ad mom(en)tu(m) inclinata vergit.

Im Cod. Royal 15 A. XVI (L) hat Verf. (S. 196) eine sehr interessante angelsächsische Glosse gefunden (zu C. 66), die als Ergänzung zu den ähn

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