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Zu CARM. EPIGR. n. 2.

Für dies Gedicht, die bekannte Weihung faliskischer Köche in Sardinien an die Götter ihrer Heimatstadt, waren wir bisher auf Garruccis Lesung und Facsimile angewiesen (danach zuletzt C. I. L. XI 3078); die Kollation eines Anonymus in der civiltà Cattolica ser. XV vol. XI 1894, p. 221 ist, soweit ich sehe, nirgends beachtet worden. Den Bemühungen W. Amelungs ist es jetzt gelungen, das Original aufzufinden, zu photographieren und genau zu vergleichen. Bei der Wichtigkeit des Denkmals werden einige Bemerkungen über das Resultat willkommen sein.

Die Bronzetafel ist fast vollständig erhalten, aus vier Stücken zusammengesetzt; eine Ecke, den Rest des Wortes age(n)d[ai enthaltend, ist abgebrochen; ferner fehlt ein Stück in der Mitte, wodurch die mittleren Buchstaben von Z. 4-6 des Gedichtes, wenige Buchstaben der Dedikation verloren gegangen sind. Die Schrift ist vorzüglich, beide Seiten anscheinend von derselben Hand eingegraben, so daß an der Zusammengehörigkeit von Widmung (a) und Gedicht (b) nicht zu zweifeln ist. a ist bereits von Garrucci richtig gelesen. In b bereiten Z. 2. 3 Schwierigkeit, da hier die Bronze abgescheuert ist. Doch ist Z. 2 ad veitam deutlich zu erkennen. Z. 3 gab Garrucci: A VTIEIS und ergänzte a[st]uticis; Bücheler a[rg]utieis, Leo (Der Saturnische Vers p. 42) Jautieis. Prüfung des Originals und der Photographie beweist die Richtigkeit der Lesung Garruccis, ja noch mehr: es steht deutlich AASTVTIEIS da (so auch der Anonym.): also a durch aa wiedergegeben, wie in der faliskischen Inschrift (XI 3081) vootum geschrieben wird; jenes jetzt das älteste Beispiel für die lateinische Sprache (das nächste erst auf dem miliarium Popilianum). Denn die Inschrift wird man wegen gewisser Schwankungen der Schreibung (dederunt, sunt, donum, Latrius, aber coiraveront; aciptum, aber summeis) etwa um 180 setzen müssen. Von den astutiae der Köche gibt uns ja Plautus genug Beispiele. Zeile 4 ist nur sai[pi]sume möglich: die Hasta des P ist noch kenntlich, dann nur noch Platz für einen Buchstaben. Z. 5 endlich ist deutlich inperat.oribus interpungiert. In den vier Ecken befanden sich Löcher, die Tafel an einem Gegenstand zu befestigen; sie sind so angebracht, daß sie nirgends mit der Schrift kollidieren. Auffällig ist, daß demnach éine Seite der Bronze unsichtbar war; ob jedoch a oder b, läßt sich nicht ausmachen. Mir ist ein zweites Beispiel einer solchen zweiseitig beschriebenen Tafel nicht bekannt; denn die Zweiseitigkeit der Tiburtiner Inschrift XIV n. 3563 ist anders zu erklären.

München.

E. Lommatzsch.

Simpuvium - simpulum.

Als Bezeichnungen eines im römischen Kultus üblichen Gefäßes von der Gestalt des xúαdos werden bekanntlich zwei Wörter genannt: simpuvium und simpulum. Beide sind gerade in jüngster Zeit wiederholt Gegenstand sprachwissenschaftlicher Untersuchung gewesen. Freilich, wer unbefangen die von Solmsen (K. Z. 34, 11), Brugmann (Ber. d. sächs. Ges. d. W. 1897, 23 ff.), v. Planta (Gramm. d. osk.-umbr. Dial. 2, 194) u. a. (s. Walde, Lat. etym. Wörterbuch S. 573) aufgestellten Erklärungen prüft, wird sich des Eindrucks nicht erwehren können, daß die Rechnung bei keiner ohne Rest aufgeht, und leicht inne werden, daß der hauptsächliche Grund, warum es nicht gelungen ist, zu einem in jeder Hinsicht befriedigenden Ergebnisse zu gelangen, eben darin zu suchen ist, daß die beiden Wörter nebeneinander stehen. Dies Nebeneinander ist allerdings in mehrfacher Beziehung höchst verwunderlich.

Simpuvium und simpulum treten in genau der gleichen Bedeutung auf. Sie können auch der Form nach nur als verschiedene Abwandlungen desselben Wortstammes angesehen werden, obwohl für den Wechsel der Suffixe, wie er in diesem Falle anzunehmen wäre, irgend ein Beispiel nicht zu Gebote steht. Beide Wörter sind ferner in ihrer graphischen Gestalt einander so ähnlich, daß eine Vertauschung ungemein nahe liegt. So wechseln sie in der Tat nicht nur in der Überlieferung derselben Autoren wie des Varro und Cicero, sondern oft auch einer und derselben Stelle: bald bevorzugt ein Teil der Handschriften diese, der andere jene Form wie bei Cicero de harusp. resp. 11, 23, Plinius n. h. 35, 158, Juvenal 6, 343, bald bietet dieselbe Handschrift beide zur Auswahl, wie der Florentinus in Apuleius apol. 18 in hodiernum diis immortalibus simpulo (am Rande at simpuuio) et catino fictili sacrificat, oder es ist die andere Form von zweiter Hand nachgetragen, wie im Parisinus der Ciceronischen Rede, und im Pithoeanus des Juvenal. Und weiter, wie kommt es, daß in der gesamten gram

matischen Literatur immer nur die eine der beiden Wortformen angeführt und erklärt wird, ohne daß der Existenz einer Nebenform jemals auch nur die leiseste Erwähnung geschähe? So interpretiert das Glossar des sog. Philoxenus C. Gl. L. II 184, 17 simpulum xúados, aber Martyrius und nach ihm Cassiodorius de orth. S. 181, 6 K. simpurium sidos oxɛvovs iɛoatizov. Bei Varro de 1. 1. V 124 heißt es qui vinum dabant ut minutatim funderent a guttis guttam appellabant, qui sumebant minutatim a sumendo simpulum nominarunt. in huiusce locum in conviviis e Graecis successit epiclysis et cyathus, in sacrificiis mansit guttus et simpulum, und damit stimmt Paulius' Auszug aus Festus simpulum vas parvulum non dissimile cyatho quo vinum in sacrificiis libabatur unde et mulieres rebus divinis deditae simpulatrices (S. 337 M. vgl. Festus u. piatrix S. 213), aber genau dasselbe wird von simpuvium ausgesagt im Scholion zu Juvenal 6, 343 simpuvium vas parvulum sacrificiis aptum, in quo pontifices libare solebant... inde simpuviatrix illa dicitur, quae porrigit poculum ipsum, u. z. ist die Übereinstimmung des Scholions mit der Glosse des Paullus eine so vollkommene, daß beide unzweifelhaft aus derselben Quelle abzuleiten sind, mithin für den Text des Festus selbst beide Formen konkurrieren. Und endlich, soll man im Ernste glauben, daß der römische Kultus sowohl simpulatrices als simpuviatrices gekannt habe?

Das alles muß stutzig machen und Bedenken erregen, der Verdacht läßt sich nicht länger von der Hand weisen, ob wirklich beide Formen gleiche Daseinsberechtigung besitzen, und nicht vielmehr die eine nur handschriftlicher Verderbnis der anderen ihren Ursprung verdankt. Ist diese Frage aber einmal aufgeworfen, so fällt von vornherein zu gunsten von simpuvium der Umstand ins Gewicht, daß je älter und reiner die Überlieferung eines Schriftwerks, desto sicherer eben diese Form bezeugt ist. Vorab sind wie billig zwei Aktenstücke auszuscheiden: der Traktat de dubiis nominibus, wo G. L. K. V 590, 25 simpulum auf Konjektur M. Haupts beruht, und das überlieferte simbulum (oder simbolum) generis neutri ut Varro ad Neronem ohne jeden Tadel ist, sowie Tertullians apol. 13 quo differt ab epulo Iovis silicernium, a simpulo (simpuvio Gelenius' Ausgabe) obba, da ein urkundlicher Text dieser Schrift nicht vorliegt. Von diesen beiden Stellen abgesehen, kommt folgender Tatbestand in Betracht. Bei Cicero liest man in den Gesetzen, deren Handschriften nicht über das 12. Jahrh.

hinaufreichen, III 16, 36 excitabat enim fluctus in simpulo ut dicitur, in der Rede de harusp. resp. 11, 23 dagegen hat der aus dem 9. Jahrhundert stammende Parisinus von erster Hand si aedilis verbo aut simpuio aberravit, zudem erhält diese Lesart eine weitere Stütze durch die Benutzung der Stelle bei dem in gleichaltriger Überlieferung vorliegenden Arnobius 4, 31 si ... quispiam simpuuio deerraverit, und dieselbe Form bietet der Text des streitbaren Apologeten auch 7, 29 date quaeso immortalibus diis ut bibant scyphos brias pateras, simpubiaque depromite. Für simpuvium bei Cicero liegt überdies noch ein anderes, nicht minder wertvolles Zeugnis vor: die alten Handschriften (saec. IX/X) des Nonius lesen in einem Zitat aus de republica (6, 2) S. 398 M. quam simpuia pontificum dis immortalibus grata sint Samiaeque

capudines. Dieselbe alte Nonius-Überlieferung bietet auch für Varro die Form simpuium, indem sie unter diesem Stichwort den Satz aus der Menippea 'est modus matulae' (bei Bücheler fr. 115) anführt S. 544 non vides ipsos deos, siquando volunt gustare vinum, derepere ad hominum fana et tamen tum ipsi illi Libero simpuio vinum dari (vinitari die Hss.), sie hebt damit das Gewicht auf, das der Laurentianus (s. XI) der Bücher de lingua Latina etwa zu gunsten von simpulum in die Wagschale werfen könnte.

An den angeführten Stellen Ciceros und Varros handelt es sich freilich immer um Flexionsformen, bei denen die Ähnlichkeit der beiden Wörter besonders groß ist: da man in republikanischer Zeit allgemein und auch später noch vielfach doppeltes u nicht zu schreiben pflegte (s. F. Solmsen, Studien zur latein. Lautgeschichte, S. 158 ff.), so besteht ja der ganze Unterschied in den meisten Kasus darin, daß wo das eine Wort I hat, das andere L aufweist, Buchstaben, die ungefähr in allen Schriftarten im gleichen Maße der Verwechslung ausgesetzt sind. Nur in zwei Fällen ist die Abweichung eine etwas größere: im Genetiv des Singulars simpui- simpuli und im Dativ und Ablativ des Plurals simpuis

simpulis. Von ihnen ist der erste Kasus nicht belegt, wohl aber der andere gebraucht von Plinius n. h. 35, 138. Und hier ist denn auch die Überlieferung besonders lehrreich. Der alte Bambergensis schreibt sed fictilibus prolibatur simpuls d. h. simpuis mit eben jener man könnte fast sagen obligaten Vertauschung des i und 1, und simpuis bietet auch die C-Klasse, nur die Handschriften des Hermolaus Barbarus sollen simpulis gehabt haben.

Hat diese Musterung der Prosaliteratur zu einem für simpulum äußerst ungünstigen Ergebnis geführt, so kann doch selbst die sicherste Überlieferung eines prosaischen Textes nicht derart zwingende Argumente liefern, wie es die gebundene Rede vermag. Wie steht es nun mit dieser? Zwei Dichterstellen kommen in Betracht. Bei Juvenal 6, 343 hat zwar der Pithoeanus von erster Hand simpulum, allein der Vers fordert gebieterisch, wie der Korrektor schreibt simpuvium ridere Numae nigrumque catinum. An der zweiten Stelle bei Prudentius peristeph. 2, 515 wäre zwar metrisch simpulum ebensogut zulässig (obwohl bei ihm der dritte Fuß des jambischen Dimeters nur selten rein ist), aber schon die charakteristische Form der handschriftlichen Lesart simpubium bürgt dafür, daß der Dichter wirklich geschrieben hat quidquid Quiritum sueverat orare simpuvium Numae.

Den Ausschlag endlich gibt die Epigraphik. Freilich auf den ersten Blick scheint es sich anders zu verhalten. Denn gerade aus einer Inschrift wird die Berufsbezeichnung simpulariarius angeführt, und diese eben von simpulum abgeleitet. In der Tat könnte man auch das Wort nicht wohl anders deuten, wenn es nur wirklich beglaubigt wäre. Allein die Inschrift, der es entnommen wird, Orelli N. 4283, ist längst als eine ligorianische Fälschung (C. I. L. VI 2399*) entlarvt. So treten denn mit dem vollen Gewicht des klassischen Zeugen für simpuvium die offiziellen Akten der Arval bruderschaft ein, indem sie das Wort im lebendigen Gebrauch eines altertümlichen Gottesdienstes vorführen: in dem Berichte des Jahres 218 n. Chr., der das Arvallied erhalten hat, steht zu lesen Z. 27 (Henzen S. CCIV C. I. L. VI S. 568) flamen et promagister scyfos argenteos cum sumpuis vino repletis ante osteum et acerras ferentes ture et vino fecerunt. Die Stelle lehrt aber noch etwas anderes. Erst durch sie wird es verständlich, wie Varro dazu kommen konnte, das Wort a sumendo abzuleiten: die ursprüngliche Form ist eben sumpuium. Und damit zerbricht auch die letzte Stütze, mit der man versuchen könnte, die auf allen Seiten erschütterte Autorität von simpulum noch aufrecht zu erhalten. Das umbrische seples der Iguvinischen Tafeln (III 17 seples ahesnes tris kazi ustintu), das als simpulis gedeutet zu werden pflegt, wird hinfort wohl oder übel aus der Diskussion über die Bezeichnung des im römischen Kultus gebräuchlichen Schöpfgefäßes auszuscheiden haben.

Wenn sich somit sumpuium sumpuvium als die allein

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