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erweitert. Beide Überlieferungen kontaminiert unser Zusatz; wie Trebellius spricht er von einer fraus' seines Oberbefehlshabers, dann aber berichtet er im Gegensatz zu ihm wie die Christen von der Entehrung des Kaisers, beides in, wie mir scheint, beabsichtigter Unbestimmtheit.

Als den Verräter hat Patzig den Oberfeldherrn Macrianus bezeichnet, dem Valerianus, wie Trebellius ihn in einem Brief an den Senat (tyr. 12, 16) schreiben läßt, die gesamte Kriegsführung gegen die Perser anvertraut hatte, und macht für die Zuverlässigkeit dieser Angabe geltend (S. 46), daß durch Eusebius (hist. eccl. VII 23) sein Verrat bestätigt werde. Indes ist dies nicht mit Recht von Bernhardt (Gesch. Roms I S. 282) geschlossen worden, da nur von der bekannten Empörung des Macrianus gegen Gallienus die Rede ist. Der Interpolator hat geglaubt, die fraus' irgendwie genauer bestimmen zu müssen und dazu jene Stelle des Trebellius herangezogen, den Namen aber nicht hinzugefügt, weil Macrianus in der Biographie der Triginta tyranni in einem sehr günstigen Licht erscheint. Die Trennung des superatum und captum esse ist ihm mit den meisten Autoren gemeinsam, wie auch dem Egnatius, der in der Praefatio zu der Historia Augusta in den oben zitierten Satz (trig. tyr. 12, 1) noch siue dolo suorum siue imprudentia id acciderit (nam utrumque traditur) eingeschoben hat.

Schwierigkeit macht noch das Zitat, das auch in diesem Zusatz nicht fehlt; es soll die nun folgenden Briefe einleiten, tut dies aber mit einer bei Trebellius sonst ganz ungewöhnlichen Kürze, der die Erzeugnisse seiner rhetorischen Kunst breit und oft bombastisch anzukündigen pflegt. Und wer ist dieser Iulius? Man möchte an Iulius Capitolinus denken, dem nach der Überschrift wie die vorausgehenden Viten, so auch die des Valerianus zugerechnet wurden (Die Script. h. A. S. 25), und damit würde. sich dieser Zusatz als das Werk eines mittelalterlichen Abschreibers, der die Lücke überbrücken wollte, kennzeichnen. Er würde damit nicht allein stehn; in jüngeren Handschriften ist die ganze Lücke zwischen dem dritten Gordianus und Valerianus in ähnlicher Weise durch ein Konglomerat aus Orosius und Eutrop und eigene Zutaten ausgefüllt worden, hier offen in der Form einer Inhaltsangabe eines ausgefallenen Abschnittes: Hic ab historiographis obmittuntur duo Decii et q. s. hic etiam obmittuntur ab eisdem duo alii Gallus cum filio suo Volusiano

(abgedruckt in meiner zweiten Ausgabe p. XXII sq.), und ebenso, nur in breiterer Fassung ist der Vita des Valerian ein Anfang vorgeschoben worden (1. s. p. XXI), nachdem die Kapitel umgestellt waren. Auch jene Inhaltsangabe ist uns nicht aus erster Hand überliefert; dies beweisen Korruptelen, wie für unsere Zusätze die in der dritten. So könnte also der Interpolator von V von dem Verdacht der Irreführung, d. h. einer Fälschung freizusprechen und auf dieselbe Stufe mit dem Verfasser jener Inhaltsangabe in anderen jüngeren Handschriften zu stellen sein; in ihnen ist der gesamte Text wie ein eigener mit großer Willkür behandelt worden. Indes, obgleich es nicht ohne Beispiel ist, daß ein Schreiber, in diesem Fall der der Handschrift, die bei der Herausgabe der Venediger Ausgabe benutzt worden ist*), (für VI der Herausgeber Egnatius) in seine Vorlage Einfälle eigener Weisheit hineingetragen und sie mit erdichteten Zitaten versehen hat, so müssen die Zitate der ersten zwei Zusätze der Venediger Ausgabe auch die des fünften stempeln; jene sind unzweifelhaft aus der Luft gegriffen und gefälscht und machen es unmöglich, den Verfasser des Anfangs der V. Valer. in der Venediger Ausgabe mit dem in jüngeren Handschriften gleich zu beurteilen. Er hat seine Autoren für alle drei in der nächsten Nähe gefunden und kann diesen Iulius aus trig. tyr. 6, 5 entnommen haben, wo ein Iulius Atherianus zitiert wird. Jedenfalls ist die Hoffnung hier eine von P. unabhängige Quelle der Überlieferung entdeckt zu haben fehlgeschlagen, und das Suchen nach einer solchen wird fortgesetzt werden müssen.

*) Den Namen des Herausgebers kennen wir nicht; erschienen ist die Ausgabe bei Bernardinus Nouariensis, d. i. Bern. Rizus (oder Ricius), der in den Jahren 1485—1492 (Panzer III 244. 1009) als Buchdrucker in Venedig wirkte, es aber nach einer gütigen Mitteilung des Herrn Professor Dr. Haebler in Dresden rein geschäftsmäßig betrieb; um eine Ausgabe lesbar zu machen, hat er auch die bis in jüngere Handschriften hinein lückenhafte Überlieferung des Anfangs der V. Gallienorum verschleiert.

Meißen.

Dr. Hermann Peter, Zuhörer im ersten Bonner Kolleg Sommersemester 1858.

Lexikalisches aus Horaz.

Wieviel lexikalisches Material sich noch aus den Hss. längst bekannter und vielgelesener Texte gewinnen läßt, hat wohl niemand deutlicher und erfolgreicher gezeigt als der Meister, dem dieses Heft gewidmet ist. Ich erinnere nicht an Plautus, nur an die kleinen Gedichte des Vergil, aus deren Hss. er vocabula singularia wie rhosum und putus, Formen wie fatebitur (passiv) und attodisse für das - ist es zu glauben? noch immer nicht

geschriebene Vergillexikon gerettet hat.

So hat denn auch die erneute Durchforschung der Textgeschichte des Horaz eine ganze Reihe von Textvarianten als überliefert und echt ergeben, die im Zangemeisterschen Index und darum in den gebräuchlichen Handwörterbüchern fehlen. Sie alle hier aufzuzählen, hat kein Interesse, aber es sind einige wenige darunter mit ganz seltenen Wörtern: solche finden gut in dieser Zeitschrift einen Platz, auch bevor sie in den Thesaurus übergehen. Natürlich ist nicht eine einzige ganz unbeachtet und unbesprochen geblieben, aber eine sichere Entscheidung ist eben erst jetzt möglich nach Darlegung der Haupttatsachen aus der Textgeschichte (Philologus, Suppl. X 261-322).

So hatte schon Bentley nicht übel Lust carm. 4, 4, 36 indecorant bene nata culpae statt dedecorant für Horaz in Anspruch zu nehmen, und daher ist die Belegstelle wenigstens als Variante auch bei Zangemeister und in den Lexika angegeben. Auch Keller hat es in den Epilegomena verteidigt. Wir können heute beweisen, daß nur indecorant als Überlieferung zu gelten hat. Erstlich stand Indecorant im zweiten Apographon unseres Archetypon (R), während das erste Dedecorant hatte (ABC). Ferner aber erklärt 'Porphyrio' Indecorant autem indecora faciunt' ac per hoc dedecorant' significat. Diese Erklärung braucht nun aber noch nicht echter Porphyrio zu sein, sie könnte von einem Karolinger stammen und zu der fehlerhaften Lesart einer älteren Hs. der

zweiten Klasse gehören. Zum Glück aber beweist der Scholiast des ersten Apographon (AV) mit seinem Indecorant: indecora faciunt, daß wir in der Tat es mit einer echt Porphyrioneischen Erklärung zu tun haben: wir treffen hier den Fall (vgl. Philol. 1. 1. p. 314), daß A im Texte die Glosse dedecorant, im Scholion noch die alte echte Lesung indecorant führte. Damit ist dedecorant endgültig gerichtet*): es stand nicht im Texte der PorphyrioAusgabe, sondern nur in der Erklärung, und im Mavortiusexemplar als Glosse über Indecorant: von hier, also aus dem Archetypon, übernahm Apographon I die Glosse, Apographon II die richtige Lesung. Das richtig gebildete Verbum findet sich sonst nur bei Acc. trag. 459 quis erit qui non me spernens, incilans probris, scrmone indecorans turpi fama differet. Nur die Horazstelle macht. die Kürze des o vollkommen unbezweifelbar.

Nicht ganz so sicher steht die wohl älteste Belegstelle für inauspicatus bei Horaz (sonst zuerst Liv. 7, 6, 11 inauspicatam legem) carm. 3, 6, 10, die in allen unsern Lexica fehlt; aber auch hier ergibt eine unbefangene Recension den Vorrang von inauspicatos vor der konkurrierenden Lesart non auspicatos. Zunächst ist inauspicatos metrisch ohne Bedenken: die Kürze im Anlaut des alkäischen Elfsilblers widerspricht weder der metrischen Theorie noch der Praxis des Horaz: zwar findet sich kein Beispiel in den vier alkäischen Gedichten des vierten Buches (anceps nur nigrac 4, 4, 58), aber mehrere (fünf) noch im dritten Buche (3, 1, 2 favete, 26 tumultuosum, 3, 3, 34 inire, 3, 4, 78 reliquit, 3, 5, 22 retorta und so sehr dürfen wir doch die metrische Observation nicht überspannen, daß wir mit Keller (Epileg. p. 214) die Kürze zurückweisen, weil zufällig im sechsten Gedicht sonst kein kurzer Anlaut vorkommt. Die Überlieferung aber teilt sich wie an der vorhergehenden Stelle nach den Apographa: I (AB) hatte Inauspicatos, II (RØE**) Non auspicatos. Leider lassen uns nun hier die Scholien im Stich: sicher hatte Porphyrio Inauspicatos erklärt, aber im 'Porph.' ist überhaupt

*) Wenn Bentley seine Erklärung schließt mit den Worten Tamen vetus enarrator Juvenalis ad Sat. XIV v. 1 citat in hoc Nostri loco dedecorant': sed et ibi consulendae erunt membranae, so ist das bis heute noch nicht genügend geschehen. Aber der schol. Juv. zitiert auch nicht ausdrücklich wegen dedecorant; es wird hier, wenn die Lesung alt ist, wie oft in den Scholien das verständlichere Wort eingesetzt sein.

**) E ist wie oft von Klasse II her beeinflußt.

kein Scholion erhalten; die beiden Ps.-Acron-Scholien: contemnentes auspiciorum necessariam veritatem (ATV) und non comitatos diis (IV) sind wohl beide, sicher das erste, karolingisch, geben auch für die Entscheidung zwischen den Varianten nichts aus. So bleibt für das Urteil nur*) die Frage: welche Lesart ist wahrscheinlich aus der andern entstanden? Da ist nun die Entstehung von Inauspicatos in AB aus N auspicatos so unwahrscheinlich **), daß wohl jeder mit mir vorziehen wird zu glauben, Inauspicatos sei die alte Lesung und durch die denkbar einfachste Glossierung schon im codex Mavortianus das von Apographon II übernommene Non auspicatos entstanden; vgl. um nur ein paar Beispiele solcher sogar in die Scholien aufgenommener Glossen anzuführen, Porph. carm. 3, 20, 3 inaudax : id est non audax. Schol. carm. 3, 25, 8 indictum ore alio: ab alio adhuc non dictum. 3, 3, 49 <inrepertum): nondum repertum; vgl. noch zu carm. 3, 6, 27. 3, 24, 12. serm. 1, 10. 1. 2, 7, 105 ars p. 188. Wie sehr aber Horaz solche negierende Bildungen mit in- liebt, zeigt ein Blick in den Index: nach Zangemeister sind ära cionueva oder ganz selten inaudax, incastigatus, incuratus, ingustatus, inlacrimabilis, inmemoratus, inmersabilis, inmetatus, inmiserabilis, inmodulatus, inominatus, inpermissus, inresectus, inretortus, inrevocatus, inruptus, intaminatus. Nach alle dem werden wir inauspicatos als überliefert und als echt zu betrachten haben.

Durch methodische Wertung der Tradition hoffe ich ferner schon a. a. O. p. 298, 83 aequore carm. 3, 29, 34 in der Bedeutung „glattes Flußbett“ und p. 306, 94 terrenum omne carm. 3, 24, 4 „das ganze Festland" gesichert zu haben.

Leider kann ich ein sonst nirgend gelesenes Adjektivum vagax nicht ganz sicher stellen, nur wahrscheinlich machen. Die Verse carm. 3, 14, 19 f. Spartacum siqua potuit vagantem fallere testa zitiert nämlich Charis. gramm. I 66, 2 mit der Lesung vagacem, die ich sofort annehmen würde, wenn sie ausdrücklich von ihm bezeugt wäre. ***) Denn das Suffix -ax ist allezeit im Latei

*) Denn das Zitat bei Priscian gramm. II 518, 6 ist wegen contudit gebracht; Prisc. aber liebt es die Zitate verständlicher zu machen, vgl. Philol. 1. 1. p. 275, wo ich unsere Stelle noch falsch beurteilt habe.

**) Inauspicatus ist immer seltenes Wort geblieben, nur Ennodius gebraucht es öfters.

***) Denn falsch schreibt Keller, Epileg. p. 238,,Charisius p. 66 Keil führt ausdrücklich unsere Stelle als Beleg für das Wort vagax an"; vielmehr bringt Charisius die Stelle als Beleg für testa.

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