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nischen lebenskräftig gewesen und der wohl für die übrigen ursprünglich vorbildlichen Bildungen von Verben mit a-Stämmen sind genug, wie bellax crepax furax minax morax nugax pugnax sonax vigilax vorax.*) Man wende nicht ein, vagax sei neben vagus überflüssige Bildung: Ovid schreibt auch vigilacibus excita curis obwohl er daneben vigiles curae und vigili cura verwendet. So wird man die Möglichkeit der Ableitung vagax durchaus zugeben müssen; daß die verstärkte Bedeutung auf Spartacus zutreffe, zeigt am besten Flor. epit. 2, 8 (= 3, 20). Wie steht es nun um die Bezeugung der konkurrierenden Vulgata vagantem? Nicht zum besten; natürlich hat sie, da alle unsere Hss. sie bringen, im Archetypon, im codex Mavorti gestanden; daß sie aber schon der Ausgabe des Porphyrio angehört habe, läßt sich nicht erweisen: weder ist das einzige Scholion AV vagantem: hostiliter bacchantem sicher von Porphyrio, noch beweist für höheres Alter das Zitat im Schol. IV serm. 1, 4, 93 zu siquae. Es steht also in Wirklichkeit nur ein Zeuge, der codex Mavorti, gegen Charisius, d. h. eine Hs. des VI. Jahrh. gegen eine des VII/VIII. Nun ist ja die Möglichkeit, daß ragacem durch Schreibfehler aus vagantem entstanden sei, nicht ganz unbedingt abzuweisen **), aber unendlich viel probabler ist die Annahme, vagacem sei das ursprüngliche, und durch vagantem glossiert worden. So wird also der Thesaurus das Wort vagax, das bei Zangemeister, bei Forcellini, Georges, Lewis and Short fehlt, mindestens als ebenbürtige Variante zu buchen haben.

*) Die vielen bei Hor. üblichen Adjektiva auf -ax von verschiedenen Stämmen stellt zusammen Paldamus, Rhein. Mus. VI 633, der schon für vagax eingetreten ist, ohne die Herausgeber zu rühren.

**) Anzunehmen, daß ein Verlesen oder Verschreiben von -antem in -acem in der irischen Schrift der alten Charisiushs, von der mir Traube freundlichst einige Photographien zeigte, leichter hätte stattfinden können als in Unciale oder anderer Minuskel, wäre ein Irrtum. Keil scheint auch seiner Lesung ganz sicher gewesen zu sein, wenigstens weist er im Apparate die Lesart des Fabricius vagantem ab.

München.

Friedr. Vollmer.

Archiv für lat. Lexikogr. XV. Heft 1.

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Zur lateinischen Syntax.*)

Während man sich in der lateinischen Lautlehre und Morphologie aus langer Sammelarbeit endlich zu einem wirklichen historischen und psychologischen Verständnis der Tatsachen aufzuraffen begonnen hat, sind wir in der lateinischen Syntax noch weit davon. Der Grund liegt zweifellos darin, daß zwar jene Felder sich der befruchtenden Arbeit von zugleich linguistisch und philologisch geschulten Forschern erfreut haben, die Syntax dagegen bis heute nur von Philologen ohne linguistische Schulung und daher ohne jeden Zusammenhang mit Lautlehre und Morphologie betrieben worden ist. Daß sie aber von diesen völlig unzertrennlich ist, daß die syntaktischen Vorgänge zum guten Teil durch die lautlich-formellen Eigentümlichkeiten und Veränderungen der Worte bestimmt sind, ist eines der einfachsten und zugleich wichtigsten sprachlichen Prinzipien. Die folgenden Einzelheiten sollen an Beispielen aus der Lehre vom Nomen zeigen, wie so manches sich in der Syntax aufs allereinfachste begreift, wenn man die unzeitgemäße Schranke zwischen ihr und und der übrigen lateinischen Grammatik niederreißt. Zugleich wird sich ergeben, daß auf dieselbe Weise auch für bekannte, in unseren Handbüchern bereits im ganzen richtig behandelte syntaktische Erscheinungen besonders alte und wichtige Belege neu zu gewinnen sind.

I. Adjektivierung des Substantivs.

Über diesen Gegenstand ist wohl in jeder syntaktischen Darstellung einiges zu finden, ebenso über den eng damit zusammenhängenden appositionellen Gebrauch von Substantiven. Aber über der breiten Aufzählung so gewöhnlicher Dinge wie exercitus victor,

*) Was ich hier bringe, ist im wesentlichen die Wiedergabe eines Vortrages, den ich vor der Philologischen und Indogermanischen Sektion der Hamburger Philologenversammlung gehalten habe. Mehr als dort habe ich im ganzen auch hier nicht zitieren mögen.

legio victrix übersehen unsere Philologen meist, daß sie aus den sprachvergleichenden Darstellungen der Syntax weit eigenartigere Fälle übernehmen könnten. Delbrück (Vergleichende Syntax I, 418f.) erwähnt nicht nur die allen indogermanischen Sprachen gemeinsame Adjektivierung der eigentlich rein substantivischen Bahuvrîhi- oder Possessivkomposita*), sondern auch die erst im Lateinischen zu Adjektiven gewordenen vetus griech. Fέτος "Jahr und uber reichhaltig' uber 'Euter' griech. ovvαo.

Diese Adjektivierungen hängen offenbar mit einer bekannten Art des Bedeutungswandels zusammen: vielfach wird ein Gegenstand durch ein wesentliches Merkmal bezeichnet. Curtius et Matho buccae und die cana gula 'der graue Schlemmer' bei Juvenal**) mag unter dem Einfluß der Rhetorik gewagt sein; aber auch die Tropen der Rhetorik können nur in Übereinstimmung mit den Gesetzen der Sprachpsychologie zustande kommen. So treten besonders häufig Körperteile als pars pro toto ein, und unter diesem Gesichtspunkt wird man die Ansicht wahrscheinlich finden, daß das plus, das pernix und felix am Schluß gegenüber den sonst genau identischen griech. Tέovn und dŋλń aufweisen, nicht Adjektivsuffix, sondern einfache Femininendung ist.***) Die Bedeutung hat sich, wenn es.so ist, bei felix genau so entwickelt wie bei uber: ursprünglich können beide. nur als Apposita zu solchen lebenden Wesen getreten sein, die ergiebige Nahrung spendeten, dann konnten sich leicht Wendungen wie ager über (wozu man längst das homerische ovvao άpovons verglichen hat) und arbor felix entwickeln, endlich das Wort seine ursprüngliche Beziehung vollkommen verlieren.

Aber, wie schon gesagt, nicht bloß Körperteile machen den eigentümlichen Bedeutungswandel durch, der hier geschildert ist, sondern ähnliches kann jeden Wort geschehen, das imstande ist, ein wesentliches Merkmal, eine Eigenschaft eines Gegenstandes auszudrücken. Um mich nicht weiter bei bekannten Dingen aufzuhalten, verweise ich auf Pauls Prinzipien S. 90ff. Hier muß sich die Verwendung von vetus als Adjektivum einreihen.

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Freilich erhebt gerade bei diesem Wort sich ein Bedenken, dessen Lösung die Philologen auch in linguistischen Werken nicht finden können das Bedenken, um dessentwillen ich diesen

*) 'Has gododántvlos eigentlich 'Eos Rosenfinger', senex albicapillus eigentlich 'Greis Weißhaar'. **) XI 34, XIV 10.

***) Otto, Indogerm. Forschungen XV 41.

Abschnitt schreibe. Ist denn ein Ding, dessen Eigenschaft oder wesentliches Merkmal das Jahr ist, ohne weiteres auch ein „altes“ Ding? Diese Frage, so berechtigt sie jedem erscheinen muß, hat sich weder Delbrück gestellt noch die, die er zitiert; ich finde sie überhaupt nur von Thurneysen aufgeworfen.*) Aber diesem scheint sie so unlösbar, daß er für die Deutung von vetus einen andern eigenartigen Weg einschlägt. Er nimmt nämlich an, daß es im Latein ursprünglich nur vetus, veteris als Substantiv 'Jahr' und daneben als Adjektiv nur vetustus, Gen. vetusti gegeben habe. Letzteres, vom ersteren abgeleitet wie onustus von onus und 'bejahrt' bedeutend, sei dann durch sog. syllabische Dissimilation zu vetus, Gen. *veti geworden wie etwa Restitutus zu Restutus und Restus. Dann habe es die Flexion des Substantivs übernommen, aber die Bedeutung von vetustus bewahrt. Sehr einleuchtend scheint mir diese Vermutung nicht. Man begreift insbesondere gar nicht, warum das Adjektivum vetus *veta vetum Gen. *veti usw. seine charakteristische adjektivische Flexion zugunsten einer beim Adjektivum nicht allzu gewöhnlichen aufgegeben haben sollte. Auch ist nicht wahrscheinlich, daß der maskuline Nominativus Singularis (vetustus), in dem allein die syllabische Dissimilation eintreten konnte, die Kraft gehabt haben sollte, das ganze übrige Paradigma des Adjektivs seinem Einfluß zu unterwerfen.

*

Kann man also von der unmittelbaren Gleichsetzung des Adjektivs vetus mit dem Substantiv Féros sich nichts abdingen lassen, so muß man offenbar versuchen, für die oben bezeichnete Aporie in der Bedeutungsentwicklung eine Lösung zu finden. Sie scheint sich mir mit Leichtigkeit zu ergeben, sowie man eine Frage stellt, die man längst hätte stellen sollen: welches war die älteste Verwendung des Adjektivs vetus? Ein glücklicher Zufall ermöglicht eine Antwort, die ich nicht nur für wahrscheinlich, sondern, gerade weil sie zugleich unsere Aporie restlos aufhebt, für sicher halte.

Plautus verwendet vetus so oft**) in Verbindung mit vinum, daß man umsomehr von einer festen Formel reden kann, als die beiden Worte ja alliterieren. Aber wir können diesen Gebrauch von vetus weit über die literarischen Zeugnisse hinauf verfolgen;

*) K. Z. XXX 489.

**) Aul. 571, Curc. 96, Poen. 259, Stich. 425, Truc. 903. Aber Cas. 5 ist nachplautinisch. Vgl. Cato agr. 102, 106.

Varro (de 1. 1. VI 21) und Paulus F. 123 haben die offenbar seit uralten Zeiten bei den Meditrinalien verwendete Formel erhalten: novum vetus vinum bibo, novo veteri morbo medeor.*) Hier wird ganz klar, wie Fétos Jahr' zur Bedeutung 'alt' kam: der jährige Wein, der 'Firnewein' ist allerdings 'der alte', denn er tritt in Gegensatz zum novum, dem heurigen. Für dies Ergebnis weiß ich keine schönere Bestätigung anzuführen als eine leider nicht mit völliger Sicherheit herzustellende Angabe Varros (de r. r. I 65) quod mustum conditur in dolium, ut habeamus vinum, non promendum dum fervet, neque etiam cum processit ita, ut sit vinum factum, si vetus bibere velis, quod non fit, antequam accesserunt anniculum prodit. Keils Verbesserung antequam accesserit annus: anniculum prodit trifft, wie man jetzt sieht, jedenfalls den Sinn und stützt sich mit meinen Darlegungen gegenseitig.

Aber die Stelle Varros führt auch auf eine merkwürdige Parallele für vetus und die grammatischen Vorgänge, die sich an ihm abgespielt haben. Das Wort, mit dem Varro vetus sozusagen glossiert, das Adjektiv anniculus bedarf selbst noch einer genügenden Erklärung. Eine unmittelbare Ableitung aus annus mit ursprünglich adjektivischem Sinn kann es keinesfalls sein. Denn mit dem Suffix -culo- kann man Adjektiva wohl aus Verben ableiten wie ridiculus, aber nicht aus Substantiven. Daher sieht Thurneysen im Thesaurus s. v. anniculus als Deminutiv eines verlorenen Adjektivs *annicus an. Die Erklärung, die ich vorschlagen möchte, rechnet nicht mit hypothetischen Zwischenformen und entspricht genau dem, was für vetus teils eben festgestellt ist, teils sofort festgestellt werden soll. Ich glaube, anniculus ist nichts als das Deminutiv zu annus wie lecticulus zu lectus usw., durch appositionellen Gebrauch adjektivisch geworden wie vetus. Die deminutivische. Form kann unmöglich Bedenken erregen. Wir finden nämlich gar nicht selten in der Sprache einen Vorgang, den man Enallage der Deminution oder auch infektiöse Übertragung der Deminution nennen könnte: von dem Begriff, an dem sich die Verkleinerung allein wirklich manifestieren kann, wird ihr Ausdruck auf seine Attribute und alles, was mit ihm in Beziehung steht, übertragen. Während Livius (I 39) sagt puer a parvo eductus, schreibt Terenz (Ad. 48) eduxi a parvolo, und in der Umgangs

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*) Paulus stellt beidemal vetus vor novum, vielleicht richtig. Schlecht schiebt Varros Florentinus rino vor morbo ein. Wie vinum vetus der vorjährige Wein, so ist vetus morbus die Krankheit vom vorigen Jahr.

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