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Von Haupt unberührt, aber wohl ein Senar: nocere nescit qui se velle prodidit; der zweite Infin. Glossem, wie oben Par. 35 imperare. Ribbeck Publ. 787 trochäisch: Nescit is nocere qui nocere velle perdidit. (Zäsur?) Die in cod. Par. vorangehenden Sprüche 27 und 28 sprechen denselben Gedanken mit anderen Worten aus: Ex inimico vindictam, si te inimicum senserit, perdidisti. Gravius adversarium securitate decipies.

Ist das Paraphrase oder Interpolation?

Epit. Mon. 1, 31 oculos et aures vulgi malos testes esse. Haupt: saepe oculi et aures vulgi sunt testes mali. Hier ist aber saepe ein schlimmes Flickwort und der Vers unwahrscheinlich, da der Spruch dem Heraklit gehört. Vgl. Bernays Rhein. Mus. 9, 262. Auch Plautus Truc. 2, 6, 8 kennt saepe nicht: pluris est oculatus testis unus quam auriti decem.

Epit. Monac. 48, 12 possis vincere audire oportet wahrscheinlich: si (ut?) possis vincere, audere oportet, aber eine plausible Versform kenne ich nicht.

Nachdem wir hiermit unser Scherflein zur Kritik der Spruchverse beigetragen, die Caeciliusfrage aber absichtlich nicht erschöpft haben, müssen wir doch noch eine kurze Mitteilung anschließen.

Die Epitoma Parisina trägt die Überschrift 'Incipiunt sententiae philosophorum', was der von mir später verglichene Paris. lat. 8818 saec. XI fol. 45 verso dahin erweitert: sententiae philosophorum, quae sunt dicendae, cum sermocinatur ad aliquem aliquis de omnibus rebus. Vgl. Hermes I 393 über den Codex Parisinus lat. 5001 saec. X. Die Codd. Paris. 4887 und 5718 saec. XIII geben, wie ich schon in meiner Ausgabe mitgeteilt: Incipiunt diffinitiones philosophorum de omnibus rebus contra querulos sermocinandi. Dies erinnert nicht nur an das, was Gellius über die Sittensprüche des Publilius sagt (ad communem sermonum usum commendatissimae), sondern zeigt damit auch, daß dem Excerptor das philosophisch-gnomische Element wichtiger ist als die Witze und Anekdoten (nugae).

Die drei Sätze aus den Verrinen (Paris. 1. 2. 3) unter dem Titel Definitio Ciceronis hat wohl erst der Excerptor an die Spitze gestellt, da ja Cicero auch ein Philosoph war, also unter den Titel Sententiae philosophorum fiel und der Epitomator die Römer zu Ehren bringen wollte. Als ähnliche Interpolation

574 Ed. Wölfflin: Zu den lateinischen Spruch versen.

müssen wir die beiden Schlußsätze 84. 85 Seneca dixit betrachten, welche in der ältesten Handschrift fehlen. Ich habe sie lange vergeblich bei dem Philosophen gesucht, dessen Zusatz ich mir wie den Ciceros erklärte. Endlich fand ich sie in der Vorrede. des ersten Buches der Kontroversien, nehme aber an, daß der Excerptor oder Abschreiber diesen Seneca für identisch mit dem Philosophen hielt. Der Zweck der Interpolation war der nämliche, dem römischen Elemente, welches auch in dem Sokrateskapitel durchklingt, etwas mehr Festigkeit zu geben.

Ed. Wölfflin.

Basel.

Epikerfragment bei Seneca?

So oft ich Senecas Dialog de tranquillitate animi lese, bleibe ich an der Stelle in cap. 4, 5 praecisis quoque manibus ille in proelio invenit, quod partibus conferat, qui stat tamen et clamore iuvat' haften. Wenn nicht alles täuscht, sind die letzten fünf Worte, auf die Seneca im unmittelbar Folgenden zweimal mit größtem Nachdruck zurückgreift (vgl. § 6 'si a prima te reipublicae parte fortuna summoverit, stes tamen et clamore iuves et, siquis fauces oppresserit, stes tamen et silentio iuves'), als ein episches Zitat abzugrenzen. Stat tamen et clamore iuvať ist der erste Teil eines Hexameters mit Hephthemimeres. Die Länge der zweiten Silbe von 'iuvat' macht keinerlei Bedenken (vgl. L. Müller, De re metr. p. 4052), 'stat tamen' als Hexametereingang findet sich bei Statius Theb. X 935 'stat tamen extremumque in sidera versus anhelat' (von Kapaneus; vgl. auch den im Puteanus fehlenden Vers II 31 'stant tamen et nota puppim de rupe salutant'), zu ‘clamore iuvat' vgl. Val. Flacc. VI 750 f. 'forte ubi serus Hiber Issedoniaeque phalanges marte carent solisque iuvant clamoribus agmen'. Zur Schilderung einer Heldentat à la Kynaigeiros (man kann übrigens auch an eine Situation von der Art der Ilias XVIII 202 ff. gezeichneten denken; vgl. besonders v. 217 Evda oràs vo' scil. Achilleus) konnte z. B. der von Seneca de benef. VI 3, 1 zitierte Dichter Rabirius, mit dem man bekanntlich auch die (zuletzt von J. Ferrara, Pavia und Leipzig 1908 behandelten) Bruchstücke des carmen de bello Actiaco in Zusammenhang gebracht hat, in seinem Epos über den Untergang des Antonius Gelegenheit finden, und wie sehr derartige meist an grausem Detail reiche Expoάoɛis den Epikern der Kaiserzeit zusagten, ersieht man aus der Beschreibung der Seeschlacht bei Massilia im dritten Buche des Lucan (vgl. besonders die Episode v. 603 ff.)

München.

Carl Weyman.

Miscellen.

Congustus.

In der zuletzt von Sinko in diesem Archiv XIII, 544 herausgegebenen 'Descriptio orbis terrae' erscheint ein Adjektivum congustus, das unsere Lexika nicht kennen, Z. 52 iacientes retias in congusta loca fluvii suscipiunt ventura. In einer Anmerkung verweist S. auf Lumbroso, der in seiner (mir leider nicht zugänglichen) Ausgabe eine christliche Inschrift des 9. Jahrh. zitiere, sowie auf Commod. instr. I, 37, 16 mit Dombarts. Bemerkung. An letzterer Stelle ist überliefert

aut quia concludor agere congustus aratri,

wofür D. unnötig coangustus schreibt unter Hinweis auf Paucker, Addenda lex. lat. subrel. p. 24 Suppl. lex. lat. p. 84), wo coangustus aus Cassiod. in ps. 118, 45 (Deum mens coangusta id est polluta, non recipit) belegt wird. Da der Artikel 'coangustus', auf den wir im Thesaurus s. v. congustus vertröstet werden, noch lange ausstehen wird, andererseits dergleichen Bildungen in Gefahr sind, verkannt und für Schreibversehen (hier für angustus) angesehen zu werden, so werden einige weitere Zeugnisse nicht unwillkommen sein. In dem Gedicht der Salmasischen Anthologie, das überschrieben ist 'De balneis cuiusdam pauperis', heißt es nach der Überl. des cod. Salm.

Vita opibus tenuis, sed parvo in cespite sollers
fundavit gemino munere delicias.

nam nova congusto erexit balnea campo etc.

Der Schreiber der Schedae' hat dafür in angusto, wie ein klassischer Dichter allerdings schreiben würde, eingesetzt, was Riese (Anth. 178) gebilligt hat, während Bährens (P. L. M. IV n. 358) L. Müllers unverständliche Konjektur congesto in den Text setzt. Der Sinn erfordert eine Bezeichnung des Engen wie in v. 1 parvo in cespite und das Metrum schützt congusto wenigstens davor, für verschriebenes angusto gehalten zu werden. Ähnlich liegt der Fall bei Ven. Fort. c. I, 11, 21

nec angusta prius subtraxit fana sacerdos,

haec nisi perficeret quae modo culta placent.

So liest Leo nach einer Anzahl Handschriften, wobei die metrische Dehnung von nec, obwohl sie nach dem metrischen Index nur an dieser Stelle erscheint, bei jenem Dichter nicht viel verschlagen würde, wenn nicht sehr gute Hss. auf nec congusta führten; so gibt die beste, der Col

576 W. Heraeus

Michael Pokrowskij -C. Weyman:

bertinus (c) ne congusta von 1. Hd., M von 1. Hd. nec congusta, in beiden Hs. von 2. Hd. in nec angusta geändert. Ferner ist auch Jord. Get. 33 per traiectum congustiarum einstimmig bezeugt (nur der stark interpolierte cod. A hat angustiarum), während die Kontraktion im Verbum congusto Dig. XLIII, 12, 1, 15 der Flor. m. 1 und C. Gl. L. III, 79, 40 OTEVOXOOй congusto sich findet (vgl. Arch. XIII, 51, ebd. über conquino coinquino). Weitere Beispiele wird uns wohl der Thesaurus bringen, bzw. die Musterung der kritischen Apparate spätlateinischer Texte, denn auf spätere Zeit führen allerdings alle dafür angeführten Schriftsteller, da auch Commodian doch bisher zu früh angesetzt worden ist (Maaß, Tagesgötter 23: nicht vor der 2. Hälfte des 4. Jahrh., Brewer, Comm. v. Gaza, Paderborn 1906: Mitte 5. Jahrh.). Schließlich noch eine Frage: das Katalonische, Neuspan. und Portug. congoxa, bzw. congoja (Enge, Angst) wird man doch nun wohl auf congustia (= coangustia) zurückführen statt, wie Körting im Lat.-Rom. Wörterbuch tut, Präfixvertauschung anzunehmen.

Offenbach a. M.

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W. Heraeus.

Spätlateinisches.

Den vorliegenden Artikel möchte ich einigen Fragen widmen, die im Zusammenhange mit dem Thesaurus Glossarum emendatarum von Goetz stehen.

Die große Bedeutung dieser hervorragenden Arbeit ist schon längst von verschiedenen Fachleuten anerkannt, die dieselbe zu mannigfaltigen Zwecken benutzten.

Man kann z. B. ebenso aus den Materialien, die Goetz zusammengestellt hat, wie aus seiner Analyse derselben indirekt und zum Teil direkt ein detailliertes Bild der mittelalterlichen gelehrten Studien in verschiedenen Orten Europas erschließen.

Unter anderem kann der Thesaurus als ein nicht bloß für die Latinisten, sondern auch für die Medioaevisten wichtiges Hilfsmittel gelten bei einem rationellen Studium mittelalterlicher Handschriften und mittelalterlichen Lateins.

Z. B. werfen die Glossen Licht auf einige mehr oder weniger schwierige Stellen der Lex Salica.

VII, Add. 4: si quis grugem (a. L. gruem, grui, grivo) aut ciceno (a. L. cignum, cygnum, cicenum) furaverit si quis ansare aut anedam (a. L. aneda, anedam, anetam) furaverit ... Fast ebenso sind die betreffenden Wörter auch in Glossarien überliefert vgl. ansar (Thes. s. anser); aneta vñóóα III 500, 69 und V 338, 50; grus greus vel grugis IV 599, 19. Was ciceno betrifft, so schwanken die Kommentatoren meines Wissens zwischen cygnus und ciconia. Die Glossen sprechen nur für das erstere: olor cygnus id est cicinus V 471, 10, cicinum xúxvov III 203, 30; vgl. noch im Thesaur. cycinus vel cicinus.

XXX, § 1 si quis alterum cinitum vocaverit, wo Waitz cinaedum vermutet, findet ein schönes Gegenstück im Amplon. sec. V 247, 6: cinidi quosapos molles vocitavit, d. h. cinaedi quos apostolus (I. Corinth. 6, 10) molles vocitavit (Goetz, Thesaur.).

Andererseits können solche Texte, wie die Lex Salica, von großem Nutzen sein bei der Interpretation schwieriger glossographischer Unica. Z. B. bietet lex Salica 58 § 1 limitare (mit Varianten liminare, luminare) im Sinne von „,Schwelle" (vgl. prov. lindars aus limitares u. a.),

was auf eine Kontamination von limen und limes hinweist.

Weitere Spuren einer derartigen Kontamination liegen auch in Glossen vor, z. B. díuitov limes II 387, 19 u. 391, 7 ebensowie 361, 9, wo ein Einfluß von limen angenommen werden darf; interessant ist auch die Glosse limes ovdós (s. Thes. s. v.), die mit der Reichenauer Glosse (ed. Stalzer, Wien 1906, Glossarium alphabeticum 899) limitem limptarem zusammenzustellen ist, ebenso wie das letztere mit der angeführten Stelle aus der lex Salica.

Zum Schluß eine Bemerkung kritischen Charakters. Arch. f. lat. Lex. XV 121 habe ich ein paar merkwürdige Glossen notiert, wo das Interpretamentum eine richtigere Form oder Schreibung gibt, als das Lemma, und zwar dicius dilicius V 469, 53 und disserasset disserenasset V 567, 32.

In der Überzeugung, daß eine möglichst reiche Sammlung von derartigen Beispielen der glossographischen Kritik einen gewissen Dienst leisten kann, erlaube ich mir noch ein paar ähnliche Glossen anzuführen: V 403, 45: bolitat volitat; V 492, 13: auctilio publica venditio id est auctio (vgl. IV 209, 45; 312, 43, V 342, 13: auctio publica venditio); V 544, 46: negiosus negotiosus laboriosus; mit der letzten Glosse darf vielleicht V 457, 10 formidosus formidolosus timidus pavidus verglichen werden, womit folglich das formidosus jeden lexikographischen Wert verliert. Interessant ist auch die Glosse der Glossae nominum II 582, 43: impendimentum impedimentum: sie wirft Licht auf eine merkwürdige Glosse desselben Glossars 594, 12 subdolens subdolus astutus; Goetz konjiziert (schwankend) subdolosus; man kann aber, nach solchen Parallelen wie impendimentum, in subdolens eine unrichtige Schreibung von subdolus vermuten.

Moskau.

Michael Pokrowskij.

Evalere.

Bei Georges finde ich nur 'evalescere', nicht 'evalere' belegt. Das letztere steht aber und zwar im Sinne eines verstärkten 'valere' 'posse' bei Vincentius von Lerinum commonit. cap.5 (p. 6,25 d. Ausg. vọn Jülicher, Freib. i. B. u. Leipz. 1895; p. 16, 13 d. Ausg. von Rauschen, Bonn 1906; Florileg. patr. fasc. V) 'quis ille tam demens est, qui eos (scil. martyres et confessores) etsi adsequi non evaleat, non

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