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aus der höhern technischen Bildung der Etrusker von selbst erklärt, und den die Etrusker sicherlich nicht blos auf die Römer, sondern auf ihre Nachbarvölker überhaupt ausgeübt haben. Endlich sollen die Römer die Insignien der Magistrate 24)

namentlich die zwölf Lictoren 25), die Adparitoren 26), die Toga Präterta 27), die Sella Curulis 28), so wie den Pomp der Triumphe 29) namentlich das goldene Diadem, die Tunika Palmata und Loga Picta 30) von den Etruskern entlehnt haben. Es sind dieß Aeußerlichkeiten, deren Herübernahme aus Etrurien sich zum Theil daraus erklärt, daß die Verfertigung solcher Schmucksachen ein Hauptgegenstand etruskischer Kunstfertigkeit war.

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Man darf sich hiernach von dem Einfluß, den die Etrusker auf Rom ausgeübt haben, keinen übertriebenen Begriff machen, und es darf wiederholt werden, daß alles Ursprüngliche und Fundamentale in den Sitten, den Gebräuchen, den bürgerlichen und gottesdienstlichen Einrichtungen der Römer nicht specifisch etruskisch, also auch nicht von den Etruskern entlehnt ist 31). Diese Wahrnehmung berechtigt zugleich zu dem Schluß, der sich auch noch von anderer Seite her bestättigt, daß die Etrusker keinen ursprünglichen und wesentlichen Theil der römischen Nation ausgemacht haben. Was sich im ältesten Rom Etruskisches findet, fand sich damals wohl nicht blos in Rom, sondern bei allen Völkern Mittel-Italiens, und erklärt sich hinreichend theils aus dem Einfluß, den ein höher

ex Etruria acciti, Liv. I, 35. Zu den scenischen Darstellungen, die man während der Pest des Jahrs 390 veranstaltete, wurden ludiones ex Etruria acciti, Liv. VII, 2.

24) Sall. Cat. 51. Strab. V, 2, 2. p. 220. Flor. I, 5, 6. Symmach. Epp. III, 11. Joh. Lyd. de Mag. Procem. p. 119, 10. 25) Liv. I, 8. Dionys. III, 61. p. 195, 45 ff. Diod. V, 40. Sil. Ital. VIII, 484. Flor. I, 5, 6.

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Strab. V, 2, 2. p. 220. Macrob. I, 6, 7. p. 228.

Diod. V, 40. Sil. Ital. VIII, 487. Plin. H. N. VIII, 74 (§. 136). Flor. I, 5, 6. Fest. p. 322 Sardi. Macrob. I,

28) Liv. I, 8. Diod. V, 40. Sil. Ital. VIII, 486. Flor. I, 5, 6. Macrob. I, 6, 7. p. 228.

29) Strab. V, 2, 2. p. 220. Flor. I, 5, 6.

30) Die Belegstellen bei O. Müller Etr. I, 371 f.

31) Vgl. hierüber auch Buch 8 g. G.

gebildetes Volk jederzeit auf seine Nachbarvölker ausübt 32), theils daraus, daß sich die Herrschaft der Etrusker wirklich einmal, in vorhistorischer Zeit, über ganz Mittel-Italien und namentlich über Latium erstreckt hat 33).

Fünftes Buch.

Aeneas und die troische Colonie in Latium.

1. Die Sage von Aeneas' Ansiedelung in Latium ist schon im siebzehnten Jahrhundert Gegenstand kritischer Controverse geworden. Der Erfte, der ihre Geschichtlichkeit bestritt, war Philipp Cluver. Cluver erklärte die ganze Urgeschichte der Römer, die troische Colonie, die albanische Königsreihe, die Geschichte des Romulus und Remus, ja die Geschichte der römischen Könige überhaupt für unhistorisch und erdichtet1). Jenen Stammsagen liegt nach ihm nur Ein historisches Factum zu Grund, die Einwanderung der verbündeten Pelasger und Avoriginer in Latium 2). Aeneas 3), Euander 4) und Romulus 5) sind ihm nur verschiedene Namen für eine und dieselbe Person, für den Anführer jener Pelasger, die mit den Aboriginern verbündet in die Tiberebene vordrangen, die Siculer vertrieben und Rom gründeten. Nach ihm war die angebliche Mischung der Trojaner und Aboriginer, aus welcher die latinische Nationalität hervorgegangen seyn soll, in Wahrheit vielmehr eine Vermischung der eingewanderten Pelasger und Aboriginer 6). Die übrige Sage von Aeneas hält Cluver für eine Copie der homerischen. Ulyssesfabel 7). Man sieht, Cluver's kritisches Verfahren war noch

32) Dahin gehört Liv. IX, 36: habeo auctores, vulgo tum romanos pueros sicut nunc graecis, ita etruscis litteris erudiri solitos.

33) S. darüber Buch 5.

1) Ital. antiq. 1624. p. 832 ff.

2) a. a. D. p. 843, wo Cluver u. A. sagt: ex antiquissimis istis ac veris Pelasgorum Aboriginumque rebus gestis conficta est omnis de Aenea fabula, 3) a. a. D. p. 843.

4) a. a. . p. 838. 853.

5) a. a. D. p. 843. 853.

6) a. a. D. p. 843.

7) a. a. D. p. 834.

sehr summarisch. Mit besonnenerer Kritik hat nach ihm der geiftreiche französische Philologe Samuel Bochart in einer viel Treffendes enthaltenden Abhandlung die Ungeschichtlichkeit der latinischen Aeneassage nachgewiesen 8). Gegen beide schrieb Theodor Ryck), mit ausgebreiteter Gelehrsamkeit, nicht ohne einen gewissen Scharfsinn, aber ohne allen Begriff von historischer Kritik. Ryck hält Alles, was sich bei den verschiedenen Historikern von uritalischen Einwanderungen erzählt findet, für historisch, nicht blos die Niederlassung des Aeneas, auch die Anwesenheit des Janus und die Durchreise des Herkules. Giambattista Vico hinwiederum schenkte der Kritik Bocharts seinen ganzen Beifall; erklärte die Sage von Aeneas Niederlassung in Latium für eine Fabel, welche die Griechen erfunden und in Umlauf gesezt, die Römer sich angeeignet hätten; machte auch überzeugt, daß alle solche Ueberlieferungen große öffentliche Motive der Wahrheit zur Grundlage hätten" — einen freilich ungenügenden Versuch, die Ausbreitung und Festsegung jener Sage genetisch zu erklären 19). Auch Abbé Vatry ") verwarf die troische Colonie in Latium; die traditionelle Aeneassage sey von den Griechen erfunden, von den Römern adoptirt worden; die Anknüpfung der Julier an Aeneas Sohn Julus sey ein Werk römischer Familien-Eitelkeit.

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Niebuhr richtete seine Untersuchung vorzüglich darauf, ob die latinische Sage von der troischen Colonie einheimischen Ursprungs, oder ob sie aus der griechischen Litteratur nach Latium gekommen sey. Er suchte das Erstere nachzuweisen, nahm jedoch keinen An

8) Die Abhandlung erschien zuerst französisch (unter dem Titel: Lettre à Mr. de Segrais, ou diss. sur la question, si Enée a jamais été en Italie) als Anhang zu Segrais franz. Uebers. der Aeneis, dann lateinisch unter dem Titel Sam. Bocharti de quaestione, num Aeneas unquam fuerit in Italia, epistola ad V. Cl. de Segrais, ex gallico in latinum sermonem versa a Joanne Scheffero Hamb. 1672, abgedruckt in Bocharti Opp. I, p. 1063 ff.

9) Ryckius, dissert. de primis Italiae colonis et Aeneae adventu 1684, gedruckt als Anhang zu Luc. Holstenii not. in Steph, Byz.

10) Vico Opere ed. Ferrari Tom. V, 447 (= Weber, Uebers. v. Vico's Grundzügen S. 617): „della venuta d'Enea in Italia." Dazu V, 132. 443 ff. (= Weber S. 165. 612 ff.)

11) Vatry, discours sur l'origine de la famille Julia, dans lequel on traite la question, si Énée est jamais venu en Italie, Mém. de l'acad. des Inscr. Tom. XVI, Paris 1751, p. 412 ff.

stand, das Ungeschichtliche der ganzen Tradition einzuräumen 12. A. W. Schlegel verwarf sie mit Entschiedenheit und unbedingt, als eine von den Griechen ausgegangene Fiction 13). Im Widerspruch gegen beide entschied sich Wachsmuth für ihre Geschichtlichkeit 14). Eine physikalische Erklärung des Aeneasmythus versuchte Sickler 15). Erst O. Müller war es, der tiefer in die historischen Motive der ganzen Sage und in die Ursachen ihrer Verbreitung eindrang. Das Medium ihrer Verbreitung fand er in den Sibyllenorakeln, die, wie er nachweist, im troischen Gergis, wo die Nachkommen des Aeneas über die Reste des troischen Volks herrschten, entstanden, von da ins äolische Kyme, von Kyme ins campanische Cumä, von Cumă in der Epoche der Tarquinierherrschaft nach Rom gekommen sind, überall aber, wo sie Aufnahme fanden, der Aeneassage und dem Apollocult Eingang verschafft, und namentlich in Rom selbst die Entstehung der dortigen Sage vom äneadischen Ursprung des Römervolks veranlaßt haben 16). Eigene Vermuthungen über die Verbreitung der Aeneassage äußerte Uschold 17). Nach ihm trat Bamberger mit einem viel Beach

12) R. G. I, 199. Vorträge über r. Gesch. I, 107. Seine Erklärung der Sage s. u. Abschn. 13.

13) W.W. XII, 481 ff.

14) Aeltere Gesch. d. r. Staats S. 104 f.

15) Sickler, de Aeneae in Italiam adventu, Meiningen 1819. Ich habe die Abhandlung nicht einsehen können: C. Müller bemerkt darüber (in der gleich anzuführenden Abh. S. 310. Ann.): Sickler singulari dissertatione de Aeneae adventu scripta eam physico modo de eruptionibus montium ignivomorum e vocibus hebraicis explicare tentavit.

16) O. Müller, explicantur causae fabulae de Aeneae in Italiam adventu, im Classical Journal 1822. Vol. XXVI. pro 52. p. 308-318. Vgl. Den= selben, Prolegg. zu einer wiss. Myth. S. 414 und Dorier I, 222 f. Cine genauere Darstellung der Müllerschen Hypothese s; u. Abschn. 13.

17) Uschold, über die Bedeutung des Aeneas und seiner Wanderungen, im Anhang zu dessen Geschichte des trojanischen Kriegs 1836. S. 301–352. scholds Hauptsäße sind: „Die Aeneaden, das eigentliche Herrschergeschlecht von Troja, hatten ihren Namen nicht von Aeneas, der nie gelebt hat, sondern von der Aphrodite, die auch Aineias hieß. Diese Aphrodite - Aineias, die Schußgöttin der teucrischen Herrscherfamilie, war dieß nur deßhalb, weil sie Landesgöttin der Teucrer überhaupt war; und da die Teucrer zum thracischen Volksstamme gehörten, so erkärt sich, daß diese (Aphrodite -) Aineias sich überall vorfindet, wo sich Thraker niedergelassen haben. Hieraus ist dann die Sage von den Wanderungen des Aeneas hervorgegangen. Die Sage von Aeneas ist auf diesem

tenswerthes enthaltenden Erklärungsversuche auf. Indem er gegen O. Müller richtig geltend macht, daß die Sage von der troischen Colonie nicht an Rom, sondern an Lavinium haftet, und nach allen Spuren nicht von Rom aus nach Lavinium, sondern von Lavinium aus nach Rom gekommen ist, stellt er die Vermuthung auf, der zu Lavinium bestehende Cultus des Palladiums und der Penaten, weit verbreiteter pelasgischer Heiligthümer, habe Anlaß gegeben, die Stiftung dieses Cults auf Aeneas zurückzuführen 18). Die ausführlichste und umfassendste Untersuchung über die Aeneassage ist die Monographie von Klausen 19), ein gelehrtes und sinnreiches, aber der nöthigen Klarheit der Begriffe und der wünschenswerthen Durchsichtigkeit der Darstellung in hohem Grade ermangelndes Werk. Klausen bewegt sich stets in bloßen Andeutungen, verflüchtigt die concreten Gestalten der Mythologie durch sublime Deutung in ungreifbare Allgemeinheiten, und führt eine solche Menge sinnverwirrender Sagengebilde mit solcher Schnelligkeit vor dem Blick des Lesers vorüber, daß er diesen häufig in einem Zustand geistigen Schwindels zurückläßt. Zur Aufklärung der Aeneassage und ihrer Motive hat Klausen übrigens sehr Bedeutendes geleistet: er hat namentlich, wenn gleich oft mit übertriebenem Scharfsinn, in den latinischen Religionsvorstellungen und Culten zahlreiche Anknüpfungspunkte des Aeneasbegriffs aufgefunden. Nach Klausen hat E. Rücert die Aeneassage monographisch behandelt 20). Rückert hält die troische Colonie in Latium, den troischen Ursprung der Römer, die Abstammung der Julier vom Geschlecht des Aeneas für historisch, und leitet Einrichtungen, religiöse Vorstellungen, gottesdienstliche Wege auch nach Nom gekommen, denn das palatinische Nom war eine etrusfische Colonie (?), die Etrusker aber waren, wie die Teucrer, thrakischer Abkunft (?).“

18) Bamberger, über die Entstehung des Mythus von Aeneas Ankunft in Latium, Rhein. Mus. VI. 1838. . 82-105. Daß der lavinische Penatencult der Anknüpfungspunkt der latinischen Aeneassage gewesen ist, hat Bamberger gewiß richtig erkannt: aber die „pelasgische“ Natur dieses Penatencults ist eine Fiction. Vom Palladien- und Pallas-Cult vollends findet sich in der einheimischitalischen Religion nicht die leiseste Spur.

19) R. H. Klausen, Aeneas und die Penaten, die ital. Volksreligionen unter dem Einfluß der griechischen dargestellt, 2 Bde. Hamb. 1839. 40. Der selbe (gegen Bamberger) Ztschr. f. A.W. 1839. Nr. 70 f.

20) Emil Nückert, Troja's Ursprung, Blüthe, Untergang und Wiedergeburt in Latium. Hamb. 1846.

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