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vorgezogen hatten, vorher in ein Bündnis mit Rom einzutreten. Cremona und Placentia wurden im Jahre 218 v. Chr. als die ersten römischen Kolonien mitten in dem eben unterworfenen Gebiete angelegt und sollten fortan zur Festigung der römischen Herrschaft und zur Ausbreitung römischer Sitte und Ordnung dienen. Aber noch in demselben Jahre, in dem diese Kolonien gegründet wurden, erschien Hannibal in Italien, und es wurde nicht nur der Fortgang der Kolonisation in Nord-Italien auf viele Jahre unterbrochen, sondern die bisherigen Erfolge mussten auch zum grossen Teil aufgegeben werden. Denn ausser den Venetern und Cenomanen schlug sich alles, was Ligurer und Gallier hiess, auf die Seite Hannibals.

Nach dem Siege Roms über Karthago war es selbstverständlich, dass man mit derselben Politik gegen Ligurer und Gallier fortfahren würde, wie man sie vor dem 2ten punischen Kriege bereits eingeschlagen hatte, dass man also die Unterwerfung Oberitaliens von neuem in Angriff nehmen würde. Zunächst hatte Rom alle Ursache, die Gallier und Ligurer für die offene Unterstützung Hannibals zu strafen. Ausserdem war aber ein neuer wichtiger Gesichtspunkt hinzugekommen, der die Unterwerfung der ligurischen Küste bis nach Gallien hinein notwendig machte: Die Eroberung und der Besitz Spaniens erforderte einen Landweg, auf dem man auch während des Winters, wo die Schiffahrt ruhte, Truppen dorthin senden konnte.

Es hätte nun im Interesse Roms gelegen, diese kriegerische Aufgabe, Oberitalien und Süd-Gallien in Besitz zu nehmen, schnell durchzuführen. Einem solchen Unternehmen standen aber unüberwindliche Schwierigkeiten im Wege. Zunächst war Rom für eine kriegerische Operation grösseren Stils, die vielleicht binnen wenigen Jahren die Unterwerfung jener Gebiete hätte herbeiführen können, nach dem zweiten punischen Kriege zu schwach. Ferner waren seine Kräfte damals sehr oft durch gleichzeitige grosse Kriege im Osten und Westen in Anspruch genommen, und schliesslich setzten jene Völker den römischen Angriffen einen nachhaltigen,

kräftigen Widerstand entgegen. Besonders verstanden es die Ligurer, offenen Feldschlachten auszuweichen und sich in Bergen und Tälern, ihren natürlichen Festungen, zu verteidigen. Und so kam es, dass das mächtige Rom zu derselben Zeit, wo es oft in wenigen, schnell aufeinander folgenden Schlägen, grosse Reiche zertrümmerte, in seiner unmittelbaren Nachbarschaft mit einem an Zahl unbedeutenden Gegner durch Jahrzehnte hindurch unentschieden ringen musste.

Den Verlauf dieser Kämpfe, welche zur Unterwerfung Ober-Italiens führten, vom Ende des zweiten punischen Krieges an festzustellen, soll die Aufgabe der vorliegenden Untersuchung sein. Wegen des unzulänglichen, zum Teil sehr wertlosen Quellenmaterials, ist es unmöglich, überall eine gleichmässige Darstellung zu geben. Einzelne Partieen werden ausführlicher behandelt werden können, bei anderen werden wir zufrieden sein müssen, wenn sich überhaupt einige sichere Tatsachen feststellen lassen.

Die Quellen.

Unter dem überlieferten Quellenmaterial nehmen die Triumphalfasten, als direkte urkundliche Ueberlieferung, die erste Stelle ein. Alles, was sich für unsere Zeit auf sie zurückführen lässt, ist historisch sicher beglaubigt. Zwei Mängel haften aber auch ihnen an. Einmal sind sie nicht vollständig erhalten, und dann kann man aus ihnen nur die römischen Siege, nie die in diesen Kämpfen so zahlreichen Niederlagen feststellen. Immerhin liefern sie uns die besten Zeugnisse für die Gallier- und Ligurer-Kriege, und da der Triumph eine Auszeichnung war, die nur bei bedeutenden Leistungen verliehen werden durfte, so ist damit gleichzeitig ein gewisser Massstab für die Grösse und Bedeutung eines Krieges gegeben. Andere inschriftliche Zeugnisse sind nur in geringer Zahl vorhanden.

Unter den antiken Autoren ist die Hauptquelle Titus Livius. Ausser ihm sind es nur ein paar kurze Notizen

bei Dio, bezw. Zonaras und bei den Geographen Strabo und Plinius, die mit herangezogen werden können. Für den Feldzug des Jahres 154 v. Chr. ist ein umfangreicheres Fragment des Polybius vorhanden. Leider aber ist Livius nur bis zum Jahre 167 v. Chr. erhalten, und wir sind von diesem Zeitpunkte an auf die spärlichen Nachrichten der Periochae, des Orosius und seiner übrigen Ausschreiber angewiesen. Trotzdem ist er wegen seiner ausführlichen Darstellung zunächst für unsere Untersuchung die Hauptgrundlage, und es ist deshalb notwendig, sich über den Wert seiner Ueberlieferung ein Urteil zu bilden.

Ueber Livius als Geschichtsschreiber sind die Aeusserungen hervorragender Forscher und Gelehrter bekannt 1).

Bei dem besten Willen, die Geschichte seines Volkes und Vaterlandes treu darzustellen, das Wahre vom Falschen zu trennen, den historischen Kern aus den überwuchernden Sagen- und Mythenbildungen herauszuschälen, fehlt ihm vor allem ein scharfer, kritischer Blick und jegliche politische und militärische Erfahrung. Er ist oft überzeugt, der besten Quelle zu folgen und schreibt doch nur den Schriftsteller aus, der ihm das meiste und das Interessanteste bot. Er wehrt sich gegen die übertriebenen und erlogenen Siegesberichte eines Antias und Claudius, um ihnen an einer anderen Stelle um so unbefangener zu folgen. Es steht ihm ein bedeutendes und umfangreiches Material zur Verfügung, er kennt die meisten Quellen und liest sie auch, und trotzIdem ist bei ihm und das ist der schlimmste Vorwurf, der ihn treffen muss - die Ausnutzung und Verwendung seines Quellenmaterials eine völlig ungenügende und oft sehr ungeschickte. Gewöhnlich folgt er nur einer Quelle und sieht höchstens am Schluss seines Berichtes andere Quellen

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1) Ich verweise auf folgende Werke: Nissen: Krit. Untersuchungen z. 4. u. 5. Dekade des Livius. Weissenborn: Einleit. zu seiner Livius-Ausg. Wachsmuth: Einl. i. d. Stud. der alten Geschichte. K. W. Nitzsch: Die röm. Annalistik bis auf Valerius Antias. Karl Peter: Zur Kritik d. Quellen d. ält. röm. Geschichte. Soltau: Das Geschichtswerk des Livius.

ein, um wenigstens abweichende Versionen festzustellen. Oder er erzählt ein Ereignis, um es später nach einer anderen Quelle zum zweiten Male als etwas Neues zu berichten. Er merkt nicht das Bestreben der Annalisten, die Verhältnisse ihrer eigenen Zeit in ältere, unbekannte Zeiten zurückzuspiegeln; ebenso übersieht er, dass bei diesen fast alle

Schlachten nach einem bestimmten Schema erzählt werden. Beweise für solche Behauptungen sind schon in Menge erbracht worden, und wir werden auch bei unseren Kriegsberichten eine solche ungenaue, ungenügende Arbeitsweise des Livius feststellen können. Allerdings muss man immer nachdrücklich darauf hinweisen, dass Livius einerseits gar nicht dazu befähigt gewesen ist, kritisch und methodisch die römische Geschichte zu schreiben, dass es andererseits auch nicht in seiner Absicht gelegen hat, als Geschichtsforscher an sein Werk heranzutreten. Er war von Hause aus Rhetor und als solcher hatte er sich die Aufgabe gestellt, in glänzender Darstellung die Ruhmestaten des ersten Volkes der Welt" zu berichten. Das erklärt viel und entschuldigt viel.

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Um nun bei dem Bemühen, die historische Wahrheit auf Grund einer solchen Ueberlieferung festzustellen, der Schwierigkeiten leichter Herr zu werden, würde es eine nicht zu unterschätzende Hülfe bedeuten, wenn es gelänge, die Quellen des Livius überall festzustellen.

Vor Livius haben die Kriege mit den Galliern und Ligurern die römischen Annalisten und der griechische Historiker Polybius ausführlicher erzählt ). Livius hat diese Schriftsteller gekannt und sie in seinem Werke auch verwertet. Nun hat aber schon Nissen in seiner grundlegenden Arbeit: „Kritische Untersuchungen zur 4. und 5. Dekade des Livius" nachgewiesen, das Polybius ausschliesslich für

1) Auch in Catos „origines" müssen Kriege Erwähnung gefunden haben. Für Livius kamen diese wahrscheinlich nur sehr knappen Notizen nicht in Betracht. Er benutzt den Cato nur dort, wo dieser persönlich beteiligt war und zitiert ihn dann meistens auch. Vgl. Nissen Krit. Untersuchungen p. 38 u. 39.

die griechischen und

orientalischen Angelegenheiten in Betracht kommt, dass dagegen die Ereignisse des Westens aus den römischen Annalisten geschöpft sind. Ferner hat er schon darauf aufmerksam gemacht, dass von den Annalisten in der 4. und 5. Dekade wahrscheinlich nur Antias und Claudius 1) benutzt worden sind, da Livius diese allein und sehr oft zitiert. Unsere Ueberlieferung würde demnach in der Hauptsache auf zwei Schriftsteller zurückgehen, die allgemein für die schlechtesten unter den römischen Autoren gehalten werden. Beide schrieben ungefähr zur Zeit Sullas eine Geschichte Roms bis auf ihre Zeit, Antias von der Gründung der Stadt an in mehr als 75 Büchern, Claudius vom gallischen Brande an in wenigstens 23 Büchern. Bei beiden finden sich zahlreiche Irrtümer, Ungenauigkeiten, masslose Uebertreibungen, freche Fälschungen und Erdichtungen. Besonders aber auf Antias lastet der traurige Ruhm, seinen Zeitgenossen noch bei weitem übertroffen zu haben. Er gilt als der verrufenste aller römischen Annalisten und selbst Livius führt an vielen Stellen eine heftige Polemik gegen ihn. Dennoch folgt er ihm öfter als dem Claudius, obwohl er diesen im ganzen mit weit grösserer Achtung behandelt.

Es sind nun schon Versuche gemacht worden, auch die annalistischen Partieen der 4. u. 5. Dekade auf bestimmte Autoren zurückzuführen, zunächst von Unger, (Philol. 1878 3. Suppl.-Bd.) unter der Voraussetzung, dass Claudius und Antias die einzigen Quellen des Livius für diese Periode. seien. Ungers Arbeit griff Soltau an und er versuchte eine

1) Es ist eine Streitfrage, ob wir bei Livius nur einen Historiker Claudius als Quelle annehmen dürfen, oder ob Livius durch den Zusatz: Claudius secutus Graecos Acilianos libros (Livius XXV 39. 12. und XXXV, 14. 5.) einen zweiten Claudius eingeführt habe. Nissen (Krit. Unters. p. 39), Mommsen (röm. Forsch. II 426), TeuffelSchwabe (Röm. Lit. Gesch. I. 157) Unger (Philol. suppl. III. 5 ff.) und Soltau (Philol. 56. p. 421) sind der ersten Ansicht u. alle ausser Nissen stimmen auch darin überein, dass dieser Claudius mit Claudius Quadrigarius identisch sei.

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