Immagini della pagina
PDF
ePub

1. Teil.

Die Unterwerfung der Gallier in Oberitalien').

Schon oben habe ich es als die Aufgabe des römischen Volkes nach der glücklichen Beendigung des 2. punischen Krieges bezeichnet, die abgefallenen Völker von neuem zu unterwerfen. Am meisten traf dies für die Gallier in Oberitalien zu. Durch deren Abfall waren die Früchte schwerer Kämpfe und grosser Opfer verloren gegangen. Zwar hatten sich die beiden am weitesten vorgeschobenen Bollwerke, Cremona und Placentia, mit bewunderungswürdiger Ausdauer während des langen Krieges gehalten, dennoch war die Gefahr nach der Niederlage Hannibals keineswegs beseitigt. Es kochte und gährte da oben 2), und für die dort kommandierenden römischen Feldherrn war die grösste Aufmerksamkeit geboten. Ein Glück für Rom war es, dass die Veneter und Cenomanen dem allgemeinen Abfall nicht ge

1) Die Kriege in Oberitalien sind entsprechend ihrer geringen Bedeutung gegenüber den gleichzeitigen grösseren Ereignissen in den Darstellungen der römischen Geschichte nur in ganz engem Rahmen behandelt. Ich verweise deshalb nur auf die betreffenden Abschnitte in Ihnes römischer Geschichte, der am ausführlichsten darüber spricht und auf die Ausführungen Mommsens in seinem Werke, der neben den wichtigsten Tatsachen eine allgemeine Würdigung dieser Kämpfe gibt.

2) Liv. XXXI. 8. 11.: consules duas urbanas legiones scribere iussi, quae, si quo res posceret, multis in Italia contactis gentibus Punici belli societate inde tumentibus, mitterentur.

folgt waren. Dadurch waren wenigstens noch nicht alle Beziehungen abgeschnitten. Eine Garantie für die Zukunft boten aber auch sie nicht, solange die Boier und Insubrer, sicher die beiden mächtigsten Völker unter den Galliern diesseits der Alpen, wider Rom unter Waffen waren. Von diesen war nie zu hoffen, dass sie die harten Strafen, mit denen Rom die abgefallenen Völker zu züchtigen pflegte, gutwillig auf sich nehmen würden.

Vor der Hand konnte aber Rom an einen Rachekrieg gegen die Gallier nicht denken. Das Volk war zu erschöpft, und jeder Krieg war unpopulär. Es ist bekannt, mit welchen Schwierigkeiten der Senat den Krieg gegen Philipp von Macedonien durchsetzte. Schliesslich gelang es, und diese neue Aufgabe war dann wichtiger. In Gallien kam es deshalb zunächst nur darauf an, jeden Krieg hinzuhalten und auf der Hut zu sein. In den letzten Jahren des 2. punischen Krieges waren regelmässig in Ariminum und in Pisae Heere aufgestellt worden 1). Aber Taten werden diese kaum ausgeführt haben; dazu waren sie zu schwach. Livius nennt zwar stets zwei Legionen, doch muss man solchen Angaben gegenüber vorsichtig sein 2). Jedenfalls hören wir nichts von Erfolgen. Es bestand nun sicher die Absicht, diese Aufstellung der Heere als eine Art Grenzwache im Norden. in den nächsten Jahren noch beizubehalten, wenigstens so lange, bis die macedonische Frage erledigt sein würde. So wurde für das Jahr 201 dem Konsul des vorhergehenden Jahres Cn. Lentulus der Oberbefehl in Etrurien verlängert 3), während P. Aelius Paetus, Konsul von 201, Italien gegen Gallien zu schützen hatte 4). Ebenso werden für das Jahr 200, wo der Krieg gegen Philipp schon eine beschlossene Sache war, ein Konsul und ein Praetor in Italien zurückgelassen, der Praetor mit der besonderen Aufgabe, mit einem

1) Liv. XXX. 1. 7 9; 27. 6.-7.; 40. 16; 41. 13.

2) Über die Schlacht gegen Mago im Jahre 203 s. Ihne, röm. Gesch. II. p. 362 ff.

8) Liv. XXX. 41. 3.

4) Liv. XXXI. 2. 5.

Kontingent Bundestruppen in Ariminum seinen Posten zu nehmen. Da begann plötzlich der grosse Gallieraufstand, und Rom wurde zu einem Kriege gezwungen, den es vorläufig noch gern vermieden hätte.

Ehe ich mich aber zur Untersuchung dieser Kämpfe wende, muss ich noch vorher ein Ereignis des Jahres 201 erwähnen, das sich in Gallien abspielte und das mit den späteren Kriegen in keinem unmittelbaren Zusammenhange steht.

Livius berichtet XXXI. 2. 5.1), dass vor der Ankunft des Konsuls P. Aelius in Gallien von den Boiern Einfälle in das Gebiet der Bundesgenossen 2) gemacht wurden. Wahrscheinlich ist das Heer, welches während des Jahres 202 unter dem Praetor M. Sextius in Gallien stand, abgezogen, und die Grenze ohne jeglichen Schutz von Truppen gewesen. Es wird nun schnell ein neues Heer von zwei Legionen gebildet, durch vier Kohorten von dem Heere des Konsuls noch verstärkt, und ein Präfekt C. Ampius erhält den Befehl, damit in das Gebiet der Boier einzudringen, während der Konsul über das Gebirge mit einem anderen Heere nachfolgen will3). C. Ampius verwüstet nun zunächst das

1) Livius, der uns allein dieses Ereignis überliefert, hat wahrscheinlich an dieser Stelle den Claudius benutzt. Es wird nämlich hier der Gau Sapinia und ein Kastell Mutilum erwähnt. Diese beiden Namen kommen nur noch ein einziges Mal in der Literatur vor und zwar auch bei Livius XXXIII. 37. 1. Aus dieser anffallenden Tatsacho können wir schliesseu, dass in beiden Fällen dieselbe Quelle benutzt ist. Dass nun an der zweiten Stelle Claudius die Quelle ist, werden wir später nachzuweisen versuchen. Antias, dem Livius weiterhin folgt, scheint dieses Ereignis nicht in seine Darstellung aufgenommen zu haben, wie aus dem Anfange von Kap. 10 deutlich hervorgeht, sonst hätte er nicht schreiben können: repente, nihil minus eo tempore timentibus, Gallici tumultus fama exorta.

2) Weissenborn vermutet Placentia oder Cremona. Die Niederlage erfolgt allerdings im südlichen Teile des Boierlandes.

3) C. Ampius soll also durch Umbrien seinen Marsch nehmen d. h. im Tibertal aufwärts gehen bis zu dem Pass, der jenseits in das Tal des Sapis führt. Dagegen ist nicht zu verstehen das aperto itinere per montes, welches Livius als die Marschrichtung des Konsuls bezeichnet.

Land der Boier erfolgreich, ohne selbst Schaden zu nehmen 1), und schlägt dann in der Nähe des Kastells Mutilum 2) ein Lager auf. Hier wollte er nun mitten im Feindesland die friedliche Arbeit des Getreidemähens vornehmen 3), ohne dass die nötigen Vorsichtsmassregeln getroffen wurden. Da werden die Römer in ihrer Tätigkeit plötzlich von den Boiern überrascht, und es wird fast das ganze römische Heer vernichtet. Ein kleiner Rest 7000 Tote liessen sie zurück flüchtet sich in das Lager. In der nächsten Nacht gelingt es ihnen, unter Preisgabe des Gepäcks, heimlich über unwegsame Gebirgspfade zu dem Konsul zu entkommen.

--

Es lässt sich nun nicht mit Gewissheit behaupten, ob wir in dieser Schilderung einen wirklich historischen Bericht haben, oder ob man die Schwere der Niederlage dadurch, dass man die Legionen überrascht werden lässt, etwas mildern, etwas abschwächen sollte. Der grösste Schimpf für Rom war, in offener Feldschlacht besiegt zu werden, und fast nie finden wir in einem solchen Falle bei römischen Quellen einwandstreie Berichte. Immerhin wäre es denkbar, dass auf die hier erzählte Art und Weise ein römisches Heer seinen Untergang gefunden hat.

Am Schlusse des Berichtes heisst es noch von dem Konsul: qui, nisi quod populatus est Boiorum finis et cum Ingaunis Liguribus foedus icit, nihil quod esset memorabile aliud in provincia cum gessisset, Romam rediit. Dass der Konsul nun seinerseits das Boierland verwüstet haben soll, ist wenig glaublich. Durch diese Notiz soll eben der Leser

1) Prospere ac tuto populationes fecit.

2) Die Lage von Mutilum lässt sich nicht genau bestimmen. Auch nach Liv. XXXIII. 37. 2. muss man annehmen, dass es nördlich von dem Gau Sapinia gelegen hat, welcher von dem Sapis seinen Namen hat. Nissen: Italische Landesk. II. p. 258 führt die Ansicht Cluvers an, der Mutilum mit dem heutigen Meldola identifiziert. Es könnte aber auch das heutige Modigliana sein, das im Mittelalter Mutiliana heisst und etwas weiter westlich liegt.

3) Das Ereignis fiel also in den Sommer.

durchaus von der Ueberlegenheit der römischen Waffen überzeugt werden. Dagegen enthält die zweite Nachricht über das Bündnis mit den ligurischen Ingaunern vielleicht einen historischen Kern. Es können sich darin die Bemühungen Roms aussprechen, sich mit den Ligurern in ein gutes Einvernehmen zu setzen, solange Gefahr von den Galliern drohte und durch den bevorstehenden macedonischon Krieg dem römischen Volke die Hände gebunden waren.

Mit der Rückkehr des Konsuls nach Rom bricht der Bericht etwas plötzlich ab. Man hat den Eindruck, als ob der Leser möglichst schnell über solch unangenehme Dinge hinweggeführt werden soll. Die Quelle des Livius berichtet natürlich nichts davon, dass die Niederlage in der unmittelbar darauffolgenden Senatssitzung zur Sprache gekommen ist. Sie muss aber gerade in diesem Augenblicke sehr unangenehm gewesen sein. Im Volke galt es Stimmung für einen neuen grossen Krieg zu machen, und dieses letzte Unglück war gerade sehr geeignet, den Widerwillen dagegen, die reichlich vorhandene Unlust zu neuen Opfern und Drangsalen zu vermehren.

Den nun folgenden Kämpfen mit den Galliern drückt diese Niederlage ihren Stempel auf. Die Römer erleiden oft grosse Verluste, so sehr auch die Quellen des Livius bemüht sind, Niederlagen im Siege römischer Waffen zu verwandeln, oder dort, wo garnichts zu berichten ist, Erfolge zu erdichten. Schliesslich allerdings muss es dem mächtigen Rom gelingen, dieser Feinde Herr zu werden.

A. Die Unterwerfung der Insubrer.

Wie sehr im Jahre 200 der macedonische Krieg im Vordergrund stand und alle Kräfte in Anspruch nahm, beweist die Senatsbestimmung, dass nur 5000 Bundestruppen für den Praetor L. Furius Purpurio zur Verfügung gestellt werden können, mit denen er in der Gegend von Ariminum. die Grenze gegen Gallien schützen sollte. Der Konsul C. Aurelius beabsichtigte wahrscheinlich mit seinem Heere

« IndietroContinua »