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an Natursinnigkeit und Naturverständniss des Dichters finden

können.

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Wie verhielt sich nun Vergil mit seiner Naturliebhaberei zu dem herrschenden Geschmack? Wie vertrug sich die durch die bucolischen Gedichte von ihm angestimmte Richtung mit der verfeinerten Hofsitte seiner Zeit? Wir glauben Ursache zu haben, Vergil in dieser Hinsicht als den Repräsentanten einer bahnbrechenden Richtung zu bezeichnen. Dafür spricht der grosse Beifall, mit dem seine Gedichte von dem Publikum aufgenommen wurden und die Raschheit, mit welcher seine Bucolika Popularität erlangten. Ward ja doch Augustus lediglich durch die Eclogen, welche Vergil, als er sich noch im Besitze seines Gutes befand, gedichtet hatte, veranlasst, auf den Dichter derselben ein Augenmerk zu richten. Nich mindern Eindruck hatten selbst seine kleineren Jugendgedichte, die sich wesentlich auf das Landleben und dessen Annehmlichkeiten bezogen, auf den einflussreichen C. Asinius Pollio ausgeübt, der nicht nur mit der griechischen und römischen Literatur innigst vertraut, sondern auch selbst als Geschichtschreiber und Dichter bekannt war. An Ermuthigung von dessen Seite, den Originalpfad der Naturdichtung muthig fortzusetzen, fehlte es dabei nicht, wie in dieser Geschmacksrichtung Vergil denn auch später von Mäcenas entschieden bestärkt wurde.2 Freilich fehlte es nicht an Feinden, welche Vergil sowohl wegen seiner Hofgunst beneideten, als auch, als Anhänger der alten Dichterschule, überall der neuen Richtung, welche Vergil vertrat, entgegenzuwirken suchten, wie Bavius und Mävius (Ecl. III, 90)3. Es ist vielleicht nicht genug hervorgehoben worden, dass Vergil nicht sowohl als Kunstdichter wirkte, als vielmehr als Besinger des Landlebens und der Natur. Er selbst vindiciert sich in ausgesprochener Weise diesen letzteren Beruf und verspricht

1) Wir könnten hier die unter Vergil's Namen hinterlassenen Gedichtchen Culex, Ciris, Moretum, Priapea u. d. a. erwähnen. Freilich kann die Aechtheit dieser vorliegenden Gedichte beanstandet werden. 2) Georg. III, 40 ff. 3) Bernhardy R. Litt. p. 272, Anm. 189 (IV. Ausg.) Ueber einen andern Dichter, der V. anfeindete, siehe Unger: de Ansere poëta im Friedländ. Gymn. Pr.

sich von dieser Richtung in der Poesie grösseren und bleibenderen Ruhm, als von dem Epos. Auch wendet er sich der epischen Dichtung erst zu, nachdem er die besten und productionskräftigsten Jahre seines Lebens dem Berufe als bucolischer Dichter gewidmet hatte. Diese seine innerste Neigung spricht er selbst deutlich aus in der sechsten Ecloge. Varus, dem dies Gedicht dediciert ist, scheint Vergil zu einem Epos aufgefordert zu haben, da bucolische Lieder ein für sein Talent unwürdiger Gegenstand seien. Dieser Zumuthung entzieht Vergil sich nun auf feine Weise, indem er sagt, Apollo habe ihn, als er wirklich Hand an ein episches Gedicht legen wollte, zurückgezogen und ihn auf die Bucolik, die Naturdichtung, als sein eigentliches Element, hingewiesen.

IV. Studie.

Die bedeutenderen Pflanzen der Eclogen und ihre

wissenschaftliche Bestimmung.

Wie gerne und innig Vergils Dichten in der Pflanzenwelt lebte und webte, und wie ihm das Gewächsreich grade oft die frischesten Gedanken und Dichterbilder spendet, lässt sich gleichsam statistisch nachweisen. So begegnen wir allein in der I. Ecloge 10 Pflanzen, in der II. Ecl. 12, in der III. Ecl. 7, in der IV. 5, in der V. 5, in der VII. wieder 10, in der VIII. 3, in der IX. 2 und in der X. Ecl. 2 Gewächsen. Dabei muss bemerkt werden, dass bei diesen Aufzählungen von in die Gedichte verwobenen Pflanzen höchstens nur fünf bis sechs Wiederholungen ein und derselben Species stattfinden, so dass also immer fort vorher nicht dagewesene Gewächse uns vorgeführt werden. Es können nun und dürfen die besagten Pflanzen nicht etwa nur als absichtsvolle, künstlerische Zuthaten, als entbehrliche Arabesken betrachtet werden, sondern wir müssen alsbald anerkennen, dass dieselben mit dem Thun und Treiben der Hirten und mit der Idee des Ganzen unzertrennlich verbunden sind. Es hat wohl einigen Werth, in Folgendem eine Uebersicht der von Vergil in den Eclogen verwendeten Flora zu geben und ihre wissenschaftliche Bestimmung möglichst festzustellen. Ich stütze mich dabei wesentlich auf die Schriften von Fraas, Lenz, Hehn, Dierbach, Sprengel u. Billerbeck.

Ecl. I, 1, fagi. Nach Lenz1 die fagus sylvatica (Linné), Rothbuche, in Griechenland u. Nord-Italien (faggio) heimisch.

Ecl. I, 2, avena. Man unterscheidet Saat-Hafer (a. sativa, L.) und Windhafer (a. fatua), aus welchem Pfeifchen

1) Lenz, Botan, der alt. Gr. u. R. Gotha, 1859.

gemacht wurden, die aus einer Reihe von Röhrchen von verschiedner Länge bestanden.

Ecl. I, 10, calamo. Es ist zu bemerken, dass calamus (zálauos) hier nicht das Schilfrohr, sondern das Pfahlrohr (arundo Donax, L.) ist, welches am Wasser, aber auch auf Hügeln wächst und zu Flöten benutzt wurde. S. Lenz p. 238. Ecl. I, 14, corylos. Die wild wachsende Art ist hier gemeint. S. Lenz, p. 394.

Ecl. I, 25, viburnum. Das beigesetzte adj. lentum (zäh) scheint darauf zu deuten, dass viburnum Lantana Linn. hier gemeint ist, da die Ruthen dieses Strauches (unsres ,,Schneeballs") wegen ihrer Zähigkeit in Italien sehr geschätzt

waren.

Ecl. I, 25, cupressi. Das Bild heischt die Annahme der hochstrebenden Pyramidal-Cypresse an unsrer Stelle. Diese Cypresse, in Italienischen Gärten gezogen, ist heute bekannt als cipresso maschio, die männliche. Die horizontale Gattung, nicht hochstrebend, wird die weibliche C. (cipresso femina) in Italien genannt, um sie von der ersteren Art zu unterscheiden. Ueber die Etymologie des Wortes vergleiche man Hehn Kulturpflanzen in ihrer geogr. Verbreitung, p. 437 u. 192 ff.

Ecl. I, 38, pinus. Die Pinus Pinea (Linn.) ist gemeint, die in Italien wild wuchs und auch cultiviert wurde. Diese Pinien tragen essbaren Samen (pinocchi u. pignoli). Der Zusammenhang erfordert, die von Tityrus cultivierte Art Pinia hier zu verstehen. S. Hehn p. 205 ff.

Ecl. I, 48, junco. Die Arten der Binsen - Gattung sind in Griechenland und Italien sehr häufig. Hier ist wohl juncus acutus (maritimus) gemeint. S. Lenz, p. 280.

Ecl. I, 58, ulmo; die Feld-Ulme (ulmus campestris, L.), in Griechenland und Italien heimisch (olmo) und wird noch jetzt, wie in alten Zeiten, gebraucht, um Weinstöcke an ihr hinaufzuleiten.

Ecl. I, 78, cytisum. Es ist zweifellos, dass hier Medicago arborea (Linn.) Kleebaum, gemeint ist, ein Strauch, dessen Laub als den Hausthieren erwünscht und heilsam

einstimmig von Dichtern und technischen Schriftstellern gepriesen wird. S. Hehn. p. 298.

Ecl. II, 11, serpyllum, Feld - Thymian oder Quendel (Thymus serpyllum L.). S. Lenz p. 520 ff.

Ecl. II, 18, ligustra. Ligustrum vulgare, wächst in Italien wild und heisst heute ligustro. S. Lenz p. 509.

Ecl. II, 18, vaccinia. Vaccinium wird von Lenz (p. 555) kurzweg an unsrer Stelle für die ,,schwarze Heidelbeere" erklärt ohne Rücksicht auf den Vers 50 derselben Ecloge, woselbst der Zusammenhang die Annahme einer Zierpflanze fordert. Die Behauptung kann nicht geltend gemacht werden, dass es gar keine schwarzen Blüten (Blumen) gebe und dass also mit Recht hier an jene Frucht der Heidelbeere gedacht werde. Denn „niger" bedeutet bei Blumen überhaupt „dunkelfarbig" und wird in dieser Bedeutung beispielsweise Ecl. X, 39 (nigrae violae) gebraucht. Desshalb glaube ich, dass Dierbach (Flora mythol.) p. 152 Recht hat, wenn er unter vacc. eine schwarzrothe Art von Levkoie annimmt. Schon Dioscorides kannte solche dunkelfarbige, daher sehr beliebte Varietäten jener Blume. Auch heissen die Levkoien noch heute im Neapolitanischen Kuhblumen (fior di vacca oder fior vaccino).

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Ecl. II, 30, hibisco. Gemeint ist der gemeine Althee (Althaea officinalis L.), der bei Dioscorides auch iẞionos genannt wird, eine Art wilder Malve. S. Dierbach p. 175.

Ecl. II, 36, cicutis. Der Stengel des gefleckten Landschierling (conium maculatum L.) diente zu Flöten und wird noch jetzt in Italien cicuta genannt.

Der Wasserschierling (cicuta virosa L.) fehlt nach Lenz (p. 574) im südlichen Europa.

Ecl. II, 45, lilia. Die Idee der ganzen Stelle fordert, dass wir unter lilia die Schwertlilie verstehen, da nur diese unter den dargebotenen Blumen des Frühlings naturgemäss rangieren kann. S. meine Anmerk. an der betr. Stelle. Ecl. X, 25 wird durch das adj. „grandia" zu lilia angedeutet, dass die schlanke, hochgewachsene weisse Lilie (lilium Martagon, L.) dort gemeint ist.

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