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hinzukommt, was dieser Schrift für unsere Kunde der Chronologie des Alterthums eine gewisse Bedeutung gibt*), zumal der Verfasser aus guten, älteren Quellen, wie z. B. Varro, geschöpft hat und sich auch bemüht, durch eine, wiewohl öfters etwas gesuchte Eleganz des Stils 5) den trockenen Gegenstand etwas anziehender zu machen. Vollständig hat die Schrift sich nicht mehr erhalten, wie der Schluss erkennen lässt denn was in den beiden ältesten Handschriften, welche die Grundlage unseres Textes jetzt bilden 6), nach cap. 24 damit unmittelbar, und ohne allen Uebergang, verbunden ist und auch in den gedruckten Ausgaben bis Carrio damit vereinigt, als Fortsetzung erscheint, ist durch diesen Gelehrten zuerst davon getrennt worden 7), als ein Fragment einer besondern Schrift mit der Aufschrift De naturali institutione, da es in seinem Inhalt mit der vorausgehenden Schrift des Censorinus gar nicht zusammenhängt, sondern theils kosmographischen und mathematischen Inhalts ist, meist nach Euclides, theils über Musik und Metrik sich verbreitet ), und hier ebenfalls älteren Quellen, muthmasslich dem Cäsius Bassus, folgt. Von Censorinus wird noch eine Schrift De accentibus angeführt 9), die aber sonst nicht bekannt ist, in einer Berner Handschrift auch ein Fragment Ex libro Censorini de geometria 10).

Aus einer weit späteren Zeit kann hier noch Macrobius genannt werden (§. 435), insofern in seinem Commentar über den Traum Scipio's (am Schluss von Cicero De republica, s. §. 359) Manches enthalten ist, was dem Gebiete der neuplatonischen Philosophie, deren Anhänger Macrobius war, angehört; ja selbst die in seinen Saturnalien redend eingeführten Nicomachus Flavianus 11), Eustathius 12) und Horus 13), der als Cyniker bezeichnet wird, und vielleicht auch Vettius Praetextatus können hier noch genannt werden, dagegen wird der angeblich in das Zeitalter des Trajanus fallende Caecilius Balbus, welcher von Johann von Salisbury angeführt 14) und in mittelalterlichen Quellen als Verfasser einer aus mehreren Büchern bestehenden Schrift De nugis philosophorum, d. h. einer Sammlung von Anecdoten, Sinnsprüchen, Einfällen der Philosophen, bezeichnet wird, mehr als problematisch bleiben. Nicht näher lässt sich auch das Zeitalter des uns über

haupt nicht näher bekannten Chalcidius 15) bestimmen, welcher in einer Handschrift als Grammaticus bezeichnet wird. Ob er derselbe Chalcidius Presbyter ist, an welchen Fulgentius seine beiden Schriften richtete, scheint mehr als zweifelhaft; schon in Bezug auf die Zeit des sechsten Jahrhunderts, in welches dann auch Chalcidius zu verlegen wäre. Eher würde sich diese Zeit bestimmen lassen, wenn Osius, an welchen die vorhandene Schrift gerichtet ist, wirklich der bekannte Bischof von Corduba wäre, welcher 325 p. Chr. dem Concil zu Nicäa beiwohnte 16): aber auch zu dieser Annahme bietet das an Osius gerichtete Vorwort keine Anhaltspunkte. Jedoch erscheint es nach so manchen Stellen, in welchen auf die Lehren der Juden oder christliche Anschauungen Bezug genommen wird, nicht zweifelhaft, dass Chalcidius in der That ein Christ war 17). Derselbe hat eine lateinische Uebersetzung des platonischen Timäus hinterlassen, welche jedoch nicht den ganzen Timäus, sondern nur den vorderen Theil befasst (bis p. 53 Steph., p. 66 Bekk. P. III. Vol. II.) und von einem Commentar begleitet ist, welcher weitere Ausführungen über den Inhalt des Timäus im Sinn und Geist der späteren, neuplatonischen Philosophie enthält, als deren Anhänger und Vertreter Chalcidius zu betrachten ist, dessen Sprache, namentlich in der Uebersetzung selbst, noch ziemlich gut und fliessend zu nennen ist, während sie in dem Commentar schon vielfach die Reinheit der früheren Zeit vermissen lässt, und Ausdrücke, wie essentia, substantia u. dgl. anwendet. Im Mittelalter scheint dieses Werk viel verbreitet gewesen zu sein, da selbst Abälard seine Kentniss der platonischen Philosophie daraus geschöpft hat 18).

1) S. Funcc. de veget. L. L. senect. IX. §. 16 ff. Fabric. Bibl. Lat. III. 4 §. 3 p. 73 ff. Saxe Onomast. I. p. 363. Gruber in der Eingangsnote p. 1. Jahn Prolegg. p. V–X. Einige andere, welche den Namen Censorinus führen, sind bei Funccius a. a. O. aufgeführt.

2) Inst. I. 17 p. 13 K.: „quamvis et Censorino, doctissimo artis grammaticae, idem placuit." Vergl. auch Cassiodor. De arte grammat. 1. Sidonius Carm. 14. Praefat.

3) S. cap. 21, vergl. 17, 18. Die Aufschrift, die in den beiden ältesten Handschriften (s. not. 6) fehlt, ergibt sich aus cp. 2.

4) Vergl. Daunou Cours d'étud. histor. IV. p. 219; s. aber auch Delambre Hist. de l'astronom. anc. I. p. 295 ff. Die verschiedenen Urtheile

der Gelehrten über Censorinus sind zusammengestellt in Gruber's Ausg. p. XIV ff.

5) Vergl. Funcc. a. a. O. §. 19 und Fabricius p. 80, wo eine Anzahl ungewöhnlicher Ausdrücke, die bei Censorinus vorkommen, zusammengestellt sind.

6) Es ist diess eine Darmstädter Handschrift (Nr. 166) des siebenten und eine Vaticaner (Nr. 4929) des zehnten Jahrhunderts, die auch meist übereinstimmen; s. Jahn a. a. O. p. XVI ff. nebst Du Rieu Schedae Vaticc. p. 165, Hultsch Praefat. p. V ff. und dazu Urlichs im Rhein Mus. N. F. XXII. p. 465 ff.

7) in dessen Ausgabe vergl. mit G. J. Voss. De Hist. Latt. II. 3 und Barth Adverss. LIV. 21 (der jedoch dies Fragment auch dem Censorinus zuschreibt), vergl. LI. 24. Jahn in s. Ausg. XI-XIII.

8) Daher auch abgedruckt bei Putsche Gramm. Latt. p. 2723 ff. und bei Gaisford Scriptt. Latt. rei metr. p. 404 ff. Vergl. H. Wentzel Symbb. critt. (Vratislav. 1858. 8.) p. 13 ff.

9) bei Priscian. Inst. XIV. 40 p. 45, 47 K.

10) S. Sinner Anecdd. e catalog. codd. Bernenss. in Seebode's krit. Biblioth. 1829 Nr. 61 §. 243.

11) S. Macrob. Sat. I. 5, 13, wo dessen Gelehrsamkeit gerühmt wird und vergl. v. Jan Prolegg. ad Macrob. p. XXVI. O. Jahn in d. Verhandll. d. sachs. Gesellsch. d. W. III. S. 335 ff. Auf ihn wird dann auch die Stelle in dem Policrat. des Johannes von Salisbury II. 26, vergl. VIII. 11, 12, bezogen, wo es heisst: „Flavianus in libro, qui de vestigiis philosophorum inscribitur." S. dazu Reifferscheid (not. 14) S. 22 ff. Verschieden davon ist der Grammatiker Flavianus, Lehrer des Paul Warnefrid; s. Luc. Müller im Rhein. Mus. N. F. XXIII. p. 202.

12) Er wird als ein besonderer Kenner und Freund der Philosophie gelobt Sat. I. 5, 13, vergl. II. 8, 5, VII. 15, 14. Vergl. v. Jan a. a. O. p. XXIX.

13) S. Sat. I. 7, 3, VII. 13, 17. Vergl. v. Jan p. XXX. Vettius Praetextatus, den Macrobius ungemein lobt, würde hierher auch gehören, wenn er, wie Prantl (Gesch. d. Logik I. p. 664) annehmen will, ein und dieselbe Person ist mit Vegetus Praetextatus, welchen Boethius als Uebersetzer der Paraphrase des Themistius von den aristotelischen Analytica anführt, Opp. p. 289, wo er auch einen nicht weiter bekannten Albinus, welcher auf demselben Gebiete Einiges geschrieben habe, nennt.

14) S. Policrat. III. 14 nebst Petersen in d. Verhandll. d. sechst. Versamml. d. Philolog. (Cassel 1840) S. 107 ff. und darauf: Caecilii Balbi de nugis philosophorum quae supersunt. E codd. et auctt. vett. eruit, nunc primum ed. comment. et dissertat. illustravit Ed. Woelfflin. Basil. 1855. 8. S. aber dagegen Düntzer in d. Jahrbb. d. Philol. LXXI. p. 655 ff., LXXIII. p. 554 ff. Schaarschmidt im Rhein. Mus. N. F. XIV. p. 219 ff. und insbesondere Reifferscheid ebendas. XVI. p. 12 ff., vergl. mit Wölfflin p. 615 ff. 15) S. Fabricius Bibl. Lat. III. 7 p. 105 ff. Saxe Onomastic. I. p. 393. Brucker Hist. crit. philosoph. Vol. III. p. 472 ff.

16) So wollen Barth (Adverss. XLVIII. 8 und XXII. 16) und Nic. Antonius Bibl. Hisp. vet. Lib. II. 1 p. 105. S. aber dagegen Fabricius a. a. O. p. 106 und in s. Ausgabe die Note am Eingang S. 226.

17) S. Fabricius a. a. O. p. 108. In den Anmerkungen zum Text hat derselbe mehrfach darauf aufmerksam gemacht; s. zu §. 54 (p. 299), 119 (p. 313), 125 (p. 325), 129 (p. 327), 133 (p. 329), 135 (p. 330), 170 (p. 342),

174 (p. 343), 217 (p. 356), 254 (p. 372). So gebraucht er von der Bibel den unter den christlichen Scribenten gebräuchlichen Ausdruck scriptura §. 275 p. 381. Von christlichen Schriftstellern wird Origenes († 254 p. Chr.) angeführt §. 274 p. 380. Auch Brucker, der diese Frage ausführlich behandelt, a. a. O. entscheidet sich dahin p. 485, dass Chalcidius ein Christ gewesen.

18) Vergl. Haureau De la philosoph. scolastique I. p. 81 ff., vergl. p. 76. Cousin Ouvrages inedites d'Abaelard p. XLIX ff.; ebendaselbst p. 646 ff. Excerpte eines ähnlichen Commentars über den platonischen Timäus in einer Pariser Handschrift.

Ausgaben des Censorinus (s. Funcc. §. 20 ff. Fabric. §. 74 ff. Gruber p. VII ff. XXI ff. Schweiger Handb. d. class. Bibliograph. II. 1 p. 100 seq. Jahn p. XXI):

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- ex rec.

Ed. princ. (cum Cebete) Bonon. per Benedict. Hectoris. fol. 1497. (mit Macrobius) c. praefat. Jo. Rivii. Paris. 1519. fol. und Venetiis apud Aldum. 1528. 8. rec. Ludov. Carrio. Paris. 1583. 8. Lugdun. 1593. 8. illustr. H. Lindenbrogius. Hamburg. 1614. 4. Lugd. Bat. 1642. 8. - C. varr. nott. e rec. Sig. Havercampi. Lugd. Bat. 1743, 1767. 8. A. Goetzii. Altorf. 1744. 8. c. animadverss. J. S. Gruberi. Norimberg. 1805, 1810. 8. (Text et Traduct.) par M. J. Mangeart. Paris. Panckoucke. 1843. 8. rec. et emend. O. Jahn. Berol. 1845. 8. rec. Fr. Hultsch. Lips. 1867. 8. **) Ausgaben des Chalcidius:- per Augustin. Justinianum Nebiens. Episc. in lucem edit. Paris. in offic. Jod. Badii Ascensii 1520. fol. Joann. Meursius recens. ed. nott. add. Lugd. Batav. 1617. 4. (am besten, mit Benutzung einer Bodlejanischen Handschrift und mit Beigabe des griechischen Originaltextes) emend. et illustr. a Jo. Alb. Fabricio, in dessen Ausg. d. Opp. Hippolyti. Hamburg. 1718. T. II. p. 225 ff.

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§. 383.

Auch unter den christlichen Vätern der abendländischen Kirche finden wir Mehrere, welche mit Eifer das Studium der Philosophie betrieben und uns davon die Beweise in ihren Schriften hinterlassen haben. Unter diese gehört besonders Arnobius, der durch seine classische römische Sprache ausgezeichnete Lactantius und vor Allen der tiefsinnige Augustinus. Indessen hat die Philosophie dieser christlichen Kirchenlehrer, namentlich die des Augustinus, schon einen ganz veränderten, rein christlichen Charakter, durch den sie mit der heidnischrömischen Philosophie in einen entschiedenen Gegensatz tritt, und eben darum hier nicht weiter berührt werden kann1). Auch die Schrift De anima des Cassiodorus, welcher doch sonst,

mit Boethius zunächst, so wohlthätig für die Erhaltung der classischen Studien wirkte 2), kann kaum hier, um der gleichen Richtung willen, in Betracht kommen. Der letzte ausgezeichnete Philosoph, mit dem wir diese Uebersicht beschliessen, ist Anicius Manlius Torquatus Severus Boethius 3), geboren um 480 p. Chr.) aus einer sehr angesehenen Familie, in welcher bereits Vater und Grossvater die ersten Stellen im Staat bekleidet hatten, jener (Flavius Manlius Boethius) das Consulat 487, dieser die Würde eines Präfectus Prätorio, hingerichtet auf Befehl des Kaisers Valentinianus II. im Jahre 455; seine Frau (Rusticana) war die Tochter des Q. Aurelius Anicius Symmachus 5), welcher 485 das Consulat geführt hatte; den beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Söhnen ward noch zu Lebzeiten des Vaters, 522, die consularische Würde zu Theil. Boethius, der seinen Vater frühe verloren hatte, erhielt eine sehr sorgfältige Erziehung 6), in Folge deren ihn das Studium der griechischen Literatur, insbesondere der Philosophie, eine Reihe von Jahren eifrigst beschäftigte, in welchen er die Werke des Plato, Aristoteles, Euclides, Ptolemäus u. A. in's Lateinische übersetzte, andere Schriften älterer Philosophen commentirte und so auch für die Nachwelt in bleibendem Andenken und gleichem Einfluss geblieben ist. Frühe erhielt er das Patriciat und den Zutritt zu den höheren Würden des Staatsdienstes; Theodorich, dessen Gunst er gewonnen, erhob ihn zum Consul 510 p. Chr., und seinen weisen Einrichtungen verdankt bekanntlich Italien hauptsächlich das Glück und die Ruhe, dessen es sich einer Reihe von Jahren erfreute. Doch mitten unter diesen mühevollen Geschäften verlor Boethius nie die Liebe zur Wissenschaft und zum Studium der Philosophie; sie tröstete ihn im Gefängniss, in welches ihn die zwischen Katholiken und Arianern ausgebrochenen Streitigkeiten und im Zusammenhang damit, die angebliche Theilnahme an einer Verschwörung wider Theodorich zur Vertreibung der Arianer aus Italien und Herstellung der römischen Freiheit geführt 7); hier ward er auch, ohne dass man seine Vertheidigung hörte, auf des Königs Befehl 524-525 p. Chr.) hingerichtet. Indessen hat die Nachwelt den edlen Mann von dem ihm angeschuldigten Verbrechen des Hochverraths freigesprochen und seinen Tod als eine Art von

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