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Können Sie sagen, daß ich es unrecht gefaßt habe? Ich verdanke ja meinen Begriff davon größtentheils Ihrem Unterricht.

Ich.

Gut. Gerade darum, weil Sie den transcendentalen Idealismus, wie ich glaube, recht gefaßt haben, sollen Sie feiner Entwickelung nur ganz ruhig zusehen, und sich mit mir alles des Guten herzlich freuen, welches die Kritik der reinen Vernunft nothwendig stiften muß.

Er.

Die Kritik eines Dinges, das nicht ist!

Ich.

Dergleichen Dinge bedürfen der Kritik am mehrsten. Ich meine so: Ein durchaus grundloser Gedanke kann in einer menschlichen Seele nicht entste hen, und die Sprache kann für ihn auch kein Wort erfunden haben. Jedes Wort bezieht sich auf einen Begriff; jeder Begriff ursprünglich auf Wahrneh

mung durch den åußeren oder inneren Sinn. Die reins sten Begriffe, oder, wie Hamann fie irgendwo ges nannt hat, die Jungfernkinder der Speculation, sind davon nicht ausgenommen; sie haben zuverlässig einen Vater, wie sie eine Mutter haben, und sind zum Daseyn auf eine eben so natürliche Weise gekom. men, wie die Begriffe von einzelnen Dingen und ihre Benennungen, welche nomina propria waren, ehe fie nomina appellativa wurden.

Er.

So wåren Sie ja wohl im Stande mir die rei

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Da Sie selbst ein vernünftiges Wesen sind, was rum nicht? folgen Sie nur meiner Anweisung. Leeren Sie Ihr Bewußtseyn rein aus von allem materiellen Inhalt; es darf nichts von der Erfahrung allein Herrührendes, ihr allein Angehöriges darin zurückblet= ben; geben Sie das alles vollständig und zusammen an die Sinnlichkeit zurück; trennen Sie sich ganz von ihr, damit der Moment des Versuchs eintreten könne.

Es sey gewagt!

Sie fragen?

Er.

Und nun?

Ich.

Es ist unmöglich, wenn Sie allen materiellen Inhalt aus Ihrem Bewußtseyn wirklich vertilgten, daß nicht in demselben Augenblick eine in sich bestehende, aus sich allein hervorwirkende Kraft, daß nicht reine Vernunft sich Ihnen unwidersteh lich offenbarte.

Allerdings!

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Aber sollte sich diese reine Ver

nunft nicht als überall nothwendig vorhanden nachweisen lassen, wo nur Spontaneitåt mit Bewußtseyn ist? Bey den Geschöpfen, die wir Thiere nennen, wohnt sie nur in einem andern Leibe, und erhält nach den verschiedenen Beschaffenheiten dieser Leiber und der Mittel der Erhaltung, welcher sie bedürfen, eben so viele verschiedene Richtungen, Anwendungen und Gestalten; hier in meinem Hühnerhunde zum Beyspiel eine ganz andre als dort in Ihren Wetterfischen.

Ich.

Ich kann Ihnen das einräumen, und werde

nichts dabey verliehren†).

Erinnern Sie sich der

Stellen aus Leibnih, die ich in meinem lehten Schrei

†) Von hier an bis zum Ende des Gesprächs tritt der in der Vorrede angezeigte Fehler der Nichtunterscheidung zwischen Verstand und Vernunft immer sichtbarer hervor. So bald der Ver: fasser, einstimmig mit den Philosophen seiner und der vergangenen Zeit seit Aristoteles, annahm, Vernunft und Verstand seyen unter zwey Rahmen, doch in Wahrheit nur das bloße Reflexionsvermögen, die im Bilden von Begriffen und Begriffen von Begrif= fen, von Urtheilen und Schlüssen sich äußernde Spontaneität der Vorstellungskraft; so blieb ihm für das Vermögen der unmittelba: ren Gewißheit, für jenes Vermögen der Offenbarung, welches er jegt Bernunft nennt, kein andres Wort als Sinn, welchem eine, in der Anwendung nie ganz zu vertilgende Zweydeutigkeit anhängt, eben so wie den Worten Vernunft und Verstand, Empfindung und Gefühl. Er besorgte aber nicht, daß, weil er sich so ausdrückte, irgend jemand ihm den Vorwurf machen werde, er lasse alle Erkenntnisse als gleichartig in einander fließen, und, wie die Philosophen aus der Lockischen Schule, auch das ganze geistige. Leben aus den Sinnen entspringen. Die Uebereinstimmung seiner Grundansichten mit den Grundansichten des entschiedenen und dafür allgemein anerkannten Antisensualisten Leibnig, welche diese zweyte Abtheilung des Gesprächs auffallend darthut, mußten die Gefahr einer solchen Auslegung von ihm abwehren, und thaten es auch wirklich. Nur für sich selbst langte er damit nicht aus, weil Leibnig denn doch im Grunde mit Locke nur dasselbe Spiel trieb. Beyde wollten die Vernunft zu Verstande bringen. Locke, indem er, nach Kants treffendem Ausdruck, die Verftandesbegriffe fenfificirte, Leibnig, indem er die Erscheinungen intellectuirte. So blieb die eigene Lehre des Verfassers in dem Gespräch unaufgestellt. Das System feiner Ueberzeugungen war in der Tiefe seiner Secle schon damals

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ben an Mendelssohn angeführt habe; lesen Sie Sulzers Bergliederung des Begriffs der Vernunft; oder noch besser, gehen Sie in sich selbst hinein, und for= schen Sie tief und immer tiefer dem, was wir Vernunft heißen, nach. Sie werden finden, daß Sie entweder das Princip der Vernunft, mit dem Princip des Lebens für einerley halten, oder die Vernunft zu einem bloßen Accidens einer gewissen Organisation machen müssen. Was mich betrifft, so halte ich das Princip der Vernunft mit dem Princip des Lebens für einerley, und glaube an gar keine innerliche oder absolute Unvernunft *). Wir schreiben Wir schreiben einem Menschen vor

ganz daffelbe, was es heute ist, aber zu einer auch andern mittheilbaren Philosophie noch nicht vollendet. Eingeschreckt durch das wis der seine Aeußerungen in dem Werke über die Lehre des Spinoza er hobene heftige Geschrey der Schulen, war er auch geneigter sich zu verschließen als weiter mitzutheilen. Daher der ungenügende Ausgang des Gesprächs, das mehr nur abgebrochen als geschlossen wird. Was das Ganze betrifft, so berufe ich mich auf das in der Vorrede darüber Gesagte. Jeder, der diese Vorrede mit einiger Aufmerksamkeit aber bis zu Ende liest, wird sich über alle in dem Gespråche selbst enthaltenen Aeußerungen vollkommen zu recht finden und sich auf das bestimmteste sagen können, was und wie viel davon mir noch heute als Wahrheit gilt, und was und wie viel davon ich gegenwärtig zurücknehme und es als irrig und unßatthaft verwerfe.

** Vita est principium perceptivum. Perceptio nihil aliud

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