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Einleitung.

§ 1. Die Geschichtschreibung der Römer
vor Sallust.

Die älteste Form der Geschichtschreibung bei den Römern war die Aufzählung der Begebenheiten nach der Jahresfolge, und da die Pontifices in der ältesten Zeit allein die Kunst der Zeitmessung und des Schreibens verstanden, so lag die Aufzeichnung der wichtigen Ereignisse ebenso in ihren Händen wie die Festsetzung und Bestimmung des römischen Kalenders. Diese Aufzeichnungen hiessen daher auch annales maximi oder annales pontificum maximorum. Daneben hielten jedoch bald auch Aufzeichnungen in den Familien und Erzählungen im Volksmunde das Andenken an die Vorzeit lebendig. Diese Annales maximi, die teilweise beim Brande Roms 389 v. Chr. Geb. zerstört und später wiederhergestellt worden waren, „soweit das Gedächtnis reichte und es das praktische Bedürfnis forderte", verloren jedoch immer mehr an Wert, je mehr sich der Trieb zur schriftstellerischen Thätigkeit verbreitete, und wurden vom Pontifex P. Mucius Scaevola (gegen Ende des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts) aufgehoben.

Seit der Zeit des zweiten punischen Krieges nämlich befassten sich in Rom viele gebildete Männer mit der Erzählung der Geschichte Roms in Vergangenheit

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und Gegenwart, um mittelst der Geschichte ihr Volk, ihr Haus, ihre Partei oder auch ihre Person in ein günstiges Licht zu stellen". Da diese Männer die alten Aufzeichnungen der Priester und auch Familienchroniken ihrer Darstellung zu Grunde legten, so verfassten sie ihre Schriften ebenfalls in annalistischer Form und werden daher Annalisten genannt.

Diese Annalisten zerfallen in zwei Klassen, eine ältere, die bis in das 7. Jahrhundert der Stadt (etwa 130 v. Chr.) hineinreichte und in schmuckloser, magerer Form, aber mit einer gewissen Zuverlässigkeit die Thatsachen der Zeitfolge nach behandelte, und eine jüngere, deren Streben dahin zielte, die überlieferten Begebenheiten auszumalen und auszuspinnen, auch wohl durch eigene Erdichtung auszuschmücken.

a. Die älteren Annalisten.

Der erste in der Reihe der älteren Annalisten war Q. Fabius Pictor, ihm schlossen sich L. Cincius Alimentus, C. Acilius und A. Postumius Albinus an. Diese älteren Annalisten erzählten sämtlich die römische Geschichte von der ältesten bis zu ihrer Zeit, behandelten aber nur die Geschichte ihrer Zeit ausführlicher, während sie über die ältere nur einen kurzen Überblick gaben; alle schrieben auch in griechischer Sprache, zunächst wohl weil die lateinische Sprache zur schriftlichen Darstellung noch nicht geeignet war, besonders aber weil sie nur auf Leser rechneten, die, wie sie, griechisch gebildet waren.

Den Gegensatz zu diesen bildete der echt römische und dem Einflusse des Griechentums feindliche M. Porcius Cato (geb. 234, gest. 149 v. Chr. Geb.), der seine Ursprungsgeschichte Italiens (Origines), ein Werk, das leider verloren gegangen ist, in lateinischer Sprache schrieb. Aber so grosses Ansehen er bei den Geschichts

forschern und Kennern fand, so wenig konnte er wegen seiner rauhen und veralteten Darstellungsweise Einfluss auf die Form der geschichtlichen Litteratur gewinnen. In lateinischer Sprache schrieben auch die folgenden Annalisten wie L. Cassius Hemina (um 140 v. Chr.), L. Calpurnius Piso Frugi (130 v. Chr.), dessen Annalen von Aeneas begannen und bis 146 v. Chr. reichten, und C. Sempronius Tuditanus, der ausser einem annalistischen Geschichtswerke auch ein Werk über römische Altertümer verfasste.

b. Die jüngeren Annalisten.

Nach den gracchischen Unruhen (um 130-120 v. Chr.) beginnt die jüngere Annalistik, die die Geschichte vom Standpunkte der Partei darstellte und zugleich nach grösserer Ausführlichkeit, aber auch rhetorischer Ausschmückung strebte. Zu dieser Richtung gehörten Veronius, Cn. Gellius und C. Fannius, vor allem aber L. Coelius Antipater, der sich auf die Geschichte des zweiten punischen Krieges beschränkte und besonderen Wert auf eine kunstvollere Darstellung legte. An Polybius lehnte sich Sempronius Asellio in seiner Zeitgeschichte (res gestae) an. Die letzten Annalisten waren Q. Claudius Quadrigarius, Valerius Antias und C. Licinius Macer. Auch L. Cornelius Sisenna wird hierher gerechnet, obwohl er in seinen Historien (Geschichte des Bundesgenossenkrieges und des Bürgerkrieges zwischen Marius und Sulla) mehr eine sachliche als chronologische Ordnung anstrebte; jedenfalls hat dieser den grössten Einfluss auf Sallust gehabt.

So hatten also die Römer wohl das Bestreben, ihre Thaten der Mit- und Nachwelt zu überliefern, aber es fehlte ihnen einerseits die Kritik, d. h. das Streben, das geschichtlich Wahre vom Falschen zu trennen, und andererseits die Kunst der Darstellung, und Cicero hat

recht, wenn er in seinem Gespräch de legibus (1. I, § 5-6) den Atticus sagen lässt, dass in der römischen Litteratur die Geschichtschreibung noch fehle (abest historia litteris nostris).

§ 2. Die Blüte der Geschichtschreibung
bei den Römern.

Das Ciceronianische und Augusteische Zeitalter, das goldene Zeitalter der römischen Litteratur, brachte auch die Blüte der römischen Geschichtschreibung hervor. Zuerst finden wir noch einige Ausläufer der alten annalistischen Behandlungsweise wie T. Pomponius Atticus in seinem Annalis, einer das Gleichzeitige zusammenstellenden römischen Geschichte in Tabellenform, ferner Procilius, Hortensius, L. Tubero u. a. Reichen geschichtlichen Stoff bieten auch die geschichtlichen Werke des M. Terentius Varro, und endlich gehört hierher Cornelius Nepos, in dessen umfassendstem Werke, de viris illustribus, Römer und Auswärtige in parallelen Abteilungen behandelt werden.

Das erste geschichtliche Werk der römischen Litteratur, welches höheren Kunstwert besitzt, sind die Kommentare Caesars; sie halten die Mitte zwischen einer blossen Stoffsammlung oder den flüchtig hingeworfenen Bemerkungen eines Tagebuches und einem sorgfältig ausgefeilten geschichtlichen Werke, denn trotz aller Schlichtheit und Einfachheit der Darstellung ist der Inhalt überall sorgfältig erwogen. Einen anderen Weg schlug Sallust ein. Da weder sein Charakter, noch seine Auffassung von der Geschichtschreibung eine Nachahmung Caesars zuliess und ihm überhaupt keiner seiner römischen Vorgänger als Vorbild der geschichtlichen Kunst genügte, so sah er sich nach einem anderen Muster um und folgte nach dem übereinstimmenden Urteile der Alten besonders dem Thucydides.

So

wurde er der erste wirklich kunstmässige Geschichtschreiber der Römer. Als endlich Augustus dem durch die Bürgerkriege zerrütteten Staate Ruhe und Frieden wiedergegeben und eine neue Ordnung der Dinge ge schenkt hatte, wo es möglich war, in Ruhe und Musse die ganze Entwicklung des römischen Staates und die herrlichen Erscheinungen der Vergangenheit zu überblicken Cicero (de legibus § 8) erklärt noch, dass er diese Musse und Ruhe nicht habe finden können da verfasste Titus Livius seine 150 Bücher ab urbe condita, worin er die ganze römische Geschichte in einer der höheren Bildung und dem feineren Geschmacke seiner Zeit entsprechenden Form ausführlich und anziehend darstellte.

§ 3. Sallusts Leben.

C. Sallustius Crispus entstammte einer plebejischen Familie in Amiternum im Sabinerlande und wurde daselbst im Jahre 86 v. Chr. Geb., also im Todesjahre des Marius, wahrscheinlich am 1. Oktober geboren. Er erhielt eine sorgfältige Erziehung und wurde durch einen gründlichen Unterricht nicht nur mit der römischen, sondern auch mit der griechischen Litteratur bekannt. Infolgedessen scheint er schon als junger Mann (Sall. Iug. c. 4,1-2) die Absicht gehabt zu haben, sich der Geschichtschreibung zu widmen, wurde aber durch den Ehrgeiz getrieben, sich der Staatslaufbahn zuzuwenden. Er bekleidete die Quästur wahrscheinlich im Jahre 59 v. Chr. unter dem Konsulate des C. Julius Caesar, dessen entschiedener Anhänger er fortan war. Im Jahre 52 war er Volkstribun. Dieses Jahr war sehr stürmisch; denn zu Anfang desselben wurde der berüchtigte Clodius von Milos Gefolge ermordet, und daran schloss sich der Prozess gegen Milo wegen dieser That. Sallust soll sich unter den heftigsten Gegnern Milos und

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