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Phokische Gründungssage von Ophiteia zu erzählen. Ein Vater verbirgt sein Kind in ein Gefäss oder Kiste (ayyɛiov) vor feindlicher Nachstellung. Ein Drache umwindet dieselbe und schützt es so vor einem Wolf. Der Vater kommt hinzu und weil er das Nähere nicht weiss, tödtet er den Drachen, aber unglücklicher Weise auch das Kind. Beide sollten dann auf einem Scheiterhaufen verbrannt, der Ort aber Ophiteia genannt worden sein. Paus. X. 335. Dies Alles erinnert daran, dass auch der Drache, der oben den Eleern gegen die Arkader beistand, zuerst als Knäblein erschienen war. Wir werden nachher bei den Apollo- und Asklepios - Mythen die Vorstellung eines im Gewitter geboren. werdenden Kindes sich entwickeln sehen. Dies Kind glaube ich ist es in den ersten rohesten Auffassungen der deutschen Mythe, zu dem die Schlangen Milch saufen kommen, dies ist das von Schlangen umwundene Kind der griechischen, oder das endlich, welches sich in einen Drachen wandelt und die Feinde in die Flucht jagt.

Dieser Vorstellung von heiligen Hausschlangen, die also in der Anschauung der himmlischen Blitzesschlangen wurzelnd von dem Himmel auf die Erde übertragen wurden, schliesst sich, noch mehr unsere Auffassung bestätigend, ein sagenhaftes, massenhafteres Auftreten von Schlangen an. Noch andere Berichte", sagt J. Grimm, M. p. 650, „,erwähnen einer Haus- und Hof anfüllenden Menge von Schlangen, deren König sich durch eine schimmernde Krone auf dem Haupte auszeichnete". In Nord- und Süddeutschland tritt uns dieselbe Vorstellung entgegen, die Schlangenkrone, das (silberne) Natternkränzchen, wie man es in den Alpen nennt, bringt Segen, mehrt Geld und Getreide 1), gerade wie wir nachher den Gewitter-Drachen selbst dies werden bringen sehen. Uebereinstimmend wird nun von einem Versuche das Natternkränzchen, die Krone zu rauben berichtet. Das ist die erste Anschauung von einem mit der Schlange sich entspinnendem Kampfe. In dem Relief der reicher entwickelteren analogen Sagen von diesem Kampfe, die wir später behandeln, und die sich mehr in die einzelnen Verhältnisse des Gewitters eingebildet haben und an ihnen haftend, die einzelnen Elemente noch deutlicher hervortreten lassen, wird auch diese roheste Auffassung klarer werden. Hier kommt es mir nur darauf an, die Vorstellung eines Schlangenkönigs überhaupt und die Hauptelemente der Sage als solche zu fixiren. „Der Schangenkönig kommt zur kühlen Quelle von Durst getrieben oder nach einer Alpensage auch zu der ihm als Lockspeise gebotenen Milch. Dabei muss ihm die Krone geraubt werden. Ein Tuch wird zu dem Zweck untergebreitet. Darauf legt er die Krone, ehe er trinkt. Der Räuber ergreift sie

1) Müllenhoff, Sagen aus Schleswig-Holstein. p. 355. Schambach u. Müller, Niedersächsische Sagen. p. 186. Vernaloken, Alpensagen. Wien 1858. p. 237 ff.

und eilt so schnell als möglich davon; meist hat er sich schon ein Pferd dazu bereit gehalten. Das ganze Heer der Schlangen erhebt sich auf den gellenden Pfiff des Schlangenkönigs oder der Schlangenkönigin und eilt dem Flüchtigen- oft heisst es geradezu noch zischend durch die Luft dahinfliegend nach. Wehe, wenn sie ihn ereilen oder er nicht die Krone, das Atternkränzchen, fortwirft, die Rache der Schlangen ist furchtbar, der Tod unvermeidlich". Wir haben hier offenbar dieselben Elemente, wie bei den oben erwähnten gallischen Schlangenversammlungen zur Sommerszeit, wo das Schlangenei fabricirt wird, das die Druiden auf dieselbe Weise angeblich raubten, und dann eine ähnliche Scenerie sich entwickelt, die, wie jeder zugeben wird, eine Beziehung und Deutung auf irdische Verhältnisse von vornherein ausschliessen dürfte. Vernaleken, dem wir reichhaltige Mittheilungen über die Schlangenmythen in seinen Alpensagen verdanken, macht dabei die Bemerkung (p. 261), dass nach „Friedr. v. Tschudi (Thierleben der Alpenwelt) sehr wenig Schlangen in der Bergwelt des deutschen Südens anzutreffen seien und nichts destoweniger die Bergbewohner so viel merkwürdiges über allerhand Schlangenthiere anzugeben wüssten". Möglich, dass es in früheren Zeiten mehr gegeben, dennoch dürfte dies nicht der Grund von jener Erscheinung sein. Ueberschauen wir nämlich den gesammten Kreis der Schlangen- und Drachensagen in jenen Gegenden, so führt uns dies vielmehr auf ein längeres und zäheres Festhalten einer ganz einfachen Form von Schlangen- und Drachenglauben, der sich aus der Anschauung der Blitze als himmlischer Schlangen, des Gewitters als von einem himmlischen Drachen ausgehend, gebildet, und das Land dürfte nur insofern dabei in Anschlag kommen, als es eine grössere Abgeschlossenheit einzelner Kreise seiner Bevölkerung befördert, und anderseits Gewitter häufiger und furchtbarer in den Bergen spuken, beides verbunden eben jene Zähigkeit im Festhalten der Tradition erzeugt haben dürfte. Wir werden nachher beim Verhältniss der Drachen zum Wasser sehen, wie sich gerade in der Schweiz die ältesten Anschauungen in dieser Hinsicht durch den sofortigen Einfluss, den Gewitter auf die Bergbäche ausüben, erhalten haben; aber schon dass die Schlangenkrone Reichthum und Getreide mehrt, die silber-weisse Haut der Nattern eine heilende Wirkung hat (Vernaleken p. 237), der Drachenstein, den der Drache mit seinem Blute hat fallen lassen, dieselbe Wirkung thut (Vernaleken p. 263), anderseits die furchtbare Erscheinung des von seinem Schlangenheer umgebenen Königs und endlich die Drachenkämpfe zeigen uns hier alle die Elemente, die wir allmählich in dem Glauben der Urzeit überall hindurchbrechen und im Gewitter werden wurzeln sehen. Und wunderbarer Weise blickt selbst in dem, in christliche Legendenform übergehenden Bannen der Schlangen in der Alpensage noch deutlich das Gewitterelement hindurch. Schon an das Gewit

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terfeuer klingt es an, wenn es bei Vernaleken heisst p. 251: „Im Walserthale (Vorarlberg) zeigten sich einst viele Nattern. Mit Hilfe der Bergmännlein wurde man ihrer Meister. Ein solches Männlein machte nämlich ein Feuer an, that einen grellen Pfiff, und im Nu flogen die Nattern ins Feuer". Aber im südlichen Theile vom Canton Freiburg im Bellegardethal heisst es nach p. 252. geradezu, als der heilige Hugo die Schlangen bannte, die Menschen und Vieh bissen, die Rahm und Milch aussoffen u. s. w. : , Unerschrocken trat er mitten in das Schlangenheer, das ihn nicht berühren durfte, aber hoch sich bäumend ihn umzingelte und geifernd anzischte. Der Himmel verfinsterte sich und ein fürchterliches Gewitter nahte heran. Es donnerte und blitzte ohne Unterlass, die Erde dröhnte, ruhig und ernst verrichtete der heilige Mann seine Gebete und bannte die Schlangen sammt und sonders in den tiefen Grund des nahen Sees. Grimm spien die Schlangen Gift und Feuer aus. Kaum hatte Hugo die letzten entscheidenden Beschwörungsformeln gesprochen, so klumpten sich die Schlangen kugelrund zusammen und rollten mit fürchterlichem Getöse die steilen Bergeshalden hinab in den See. Mit dem Ungeziefer war auch das Gewitter verschwunden. Zum Zeichen, dass beides, Wunder und Gelübde, wahr sei, drückte der Abt seinen rechten Fuss auf einen nahen Block von Kalkstein, wo heut zu Tage noch der Mönchstritt zu sehen ist. Die Alpler gelobten aber jährlich einen schweren fetten Käse an Kloster Altenryf auf dem Altare des heil. Bernhard zu opfern." Spielt nicht in dieser Legende der Heilige ganz die Rolle eines das Gewitter beherrschenden, die Gewitterschlangen bannenden Geistes, und wenn diese kugelrund zusammengerollt mit furchtbarem Getöse die steilen Bergeshalden sich hinabrollen, so stellen sie sich ganz zu den Gewitterriesen, von denen nachher die Rede sein wird, die in Knäulgestalt sich vor Thors Hammer die (Wolken-) Berge hinab rollen.

3. Der Gewitterdrache in seiner Furchtbarkeit.

Wenn aber die verschiedenen Kreise, in welchem wir das im Typhon nachgewiesene Schlangenelement weiter verfolgt haben, uns neben dem himmlischen Schlangenelement im Allgemeinen nur einzelne Ansätze zu einer specielleren, charaktervollen Gestaltung gezeigt haben: so hatten wir mit der concentrirten, das ganze Gewitter in seiner Furchtbarkeit umfassenden Gestalt des Typhon schon einen bestimmten Charakter für dieses Wesen gewonnen 1).

1) Wie ich absichtlich oben nur innerhalb des älteren und bekannteren Theils der griechischen Mythologie den Grund gelegt habe für die Untersuchung, habe ich überhaupt für jetzt noch den Stoff, den orphische und ähnliche Vorstellungen bieten, mehr beiseit liegen lassen, bis erst ausserhalb derselben die Elemente festgestellt werden, wo dann sich allerdings zeigen dürfte, dass sie im Gegensatz zur bishe

Es war mit dem angegebenen Ursprung zugleich die weitere Entwickelung des Charakters desselben erklärt, wie ihm nämlich ein furchtbarer und den übrigen himmlischen Wesen und der Welt feindlicher Charakter beigelegt werden konnte, und in dieser Weise sehen wir dann auch das Wesen des ihm im Ursprung offenbar verwandten Schlangenungeheuers, des phönizischen Ziphon sowohl als des ägyptischen Seth oder Babon oder Babys, bei den benachbarten Völkern sich entfalten 1), was dann später zu vielfacher Vergleichung bei dem sich entwickelnden Verkehre zwischen den betreffenden Völkern Veranlassung gegeben hat. Freilich ist dies nur eine Seite der Entwickelung des Schlangenwesens, die aber auch auf indogermanischem Gebiete hervortritt. Denn wenn schon bei den Germanen die Midgardschlange diesen den Asen feindlichen Charakter aufweist, so tritt derselbe noch im höheren Grade entwickelt hervor im persischen Ahriman, der ganz desselben Ursprungs sich zeigt.,,Beim Kampf mit dem Ormuzd sprang er in Gestalt einer Schlange" (wir sehen den Blitz herniederfahren),,vom Himmel auf die Erde herab, drang bis auf den Mittelpunkt derselben und fuhr in Alles, was auf ihr befindlich war, selbst in das Feuer, dieses sichtbare Symbol Ormuzd, und verunreinigte es mit Rauch und Dampf". (Rhode, die heilige Sage des Zendvolks. Frankfurt a. M. p. 175 sq.) Der Drache Ahriman, der in Dampf und Qualm auftritt, wie Typhon, dem „das Nachtreich" angehört, mit dem der Kampf immer noch nicht ausgeglichen (er wiederholte sich ja in jedem Gewitter und bedrohte von Neuem die Welt), er ist wie jener der Gewitterdrache, und wenn er als Drachenstern mit dem Weltuntergang droht, so ist seine etwaige Erscheinung als Komet (p. 365) nur eine besondere Beziehung, in der er auch als der feurige Geist der Luft erscheinen konnte, nicht aber ist es der Gegenstand, der seine Gestalt schuf. Denn abgesehen von allem Andern, so ist die Erscheinung eines Kometen an sich schon eine so ephemere, dass ihr kaum Einfluss auf Mythenbildung, geschweige denn ein so umfassender, wie hier hervortritt, zugestanden werden dürfte. Von den indischen Drachen führe ich den Vritra an, das „,dunkle Wolkenwesen" 2), das die (himmlischen) Wasser zurückhält, den In

rigen Meinung oft gerade die ältesten Vorstellungen, wenn auch unter der Form, die ihnen eine spätere Zeit gegeben hat, enthalten.

1) Cf. Schömann, de Typhoeo Hesiodeo. Greifsw. 1851. p. 27. Mowers, die Phönizier I. p. 522 ff. Eckermann, Lehrbuch der Religionsgesch. Halle 1845. I. p. 84 ff. Den ägypt. Typhon charakterisirt Plutarch de Iside c. 45 so, dass,,alles Schädliche und Verderbliche in der Natur ein Theil des Typhon ist“, und c. 49 heisst es:,,Typhon ist in der Seele das Leidenschaftliche, Riesenhaftige, Unvernünftige und Rohe; im Körperlichen sind das Fremdartige und Krankhafte, die Störungen durch Misswachs und Unwetter, durch Sonnenund Mond finsternisse gleichsam die Angriffe und Entfesselungen des Typhon".

2) Wenn Vritra,,der Verhüller" heisst, so ist das etwa dieselbe Anschau

dras dann mit seinem Donnerkeil trifft, und wenn er auch Ahis ,,Schlange" heisst, so ist dies nicht auf die herabstürzenden Wasser zu beziehen (die vom Himmel stürzenden Wasser geben auch nicht die Anschauung einer Schlange), sondern es ist wieder unsere Gewitterschlange, um die es sich handelt, die sich am Himmel hinschlängelt, ganz so wie wir es oben bei der Schlange Çesha gesehen 1). Hierher gehört auch u. A. dann der Kalinak, der Vater der Schlangen, wie Typhon eine ungeheure Schlange mit 1000 Köpfen, die Krischna tödtet (Rhode, die religiöse Bildung, Mythologie und Philosophie der Hindus. Leipzig 1827. II. 169).

Die Darstellung der einzelnen Drachenmythen wird uns zeigen, wie mannigfach sich dieser furchtbare Charakter bei den verschiedenen Völkern entwickelt hat. Den Ausgangspunkt dabei hat wohl immer das Verderben gebildet, was er, wie wir sehen werden, über den Himmel, über Sonne oder Mond zu bringen schien ein reicher, in ganz grobsinnlicher Auffassung in den Mythen abgelagerter Glaube. In secundäre Linie möchte ich stellen, wenn der Drache mit seinem Feuerathem die Luft verpestet, was ursprünglich auf den den Himmel erfüllenden Wolkenqualm und die damit verbundene den Menschen lästige Gewitterschwüle gehen dürfte. Weiter entfaltet sich dann der Charakter, wenn das Unthier im Unwetter und Blitz Wald und Feld, Vieh und Menschen zu beschädigen, oder, in die Tiefe der Erde hinabgefahren, noch in bösen Ausdünstungen von Höhlen und Erdspalten sich zu beung, die, wie ich schon oben (p. 4) erwähnt, der Gewitterwolke in der Mark den Namen Mummelack, im Hennebergischen den Namen Pöpel verschafft hat.

1) Kuhn giebt in der Hauptschen Zeitschrift für deutsches Alterthum V. Band. Leipzig 1845. p. 485 eine ausführliche Schilderung des Kampfes, nur bezieht er die Schlange Ahis auf die sich herabstürzenden Gewässer.,,Diesen Kampf“, sagt er,,,schildert uns ein Hymnus des Rigweda am ausführlichsten. Es wird berichtet, Vritra, was wörtlich der Verhüllende, aber auch die Wolke heisst, halte das Licht von der Erde ab; da zieht Indras mit der Schaar der Maruts oder der Winde gegen ihn zum Kampfe und erschlägt ihn mit dem Donnerkeil. Sobald er erschlagen ist, stürzen sich die Wasser herab von den Bergen, oder, wie es auch ausgedrückt wird, Ahis (was die Schlange heisst, griech. Exts), der bis dahin seine Zuflucht auf den Bergen gesucht hatte, stürzt von ihnen herab, und nun zieht die Sonne wieder am Himmel herauf. In dem ganzen Hymnus wechseln nun aber die Namen Vritras und Ahis stets mit einander und in der Weise, dass unzweifelhaft nur eine Person darunter zu verstehen ist. Vritras ist nämlich nur so lange dieser, als er verhüllt, das Licht von der Erde abhält; sobald ihn Indras mit dem Donnerkeil trifft, den Blitz gegen ihn schleudert, ergiesst sich die Wolke als Ahis, als Schlange, von den Bergen herab und sucht dort nicht länger ihre Zuflucht, weshalb es h. 32, 8 ausdrücklich heisst: die Wasser, welche Vritras durch seine Macht umfangen hielt, zu deren Füssen lag jetzt Ahis hingestreckt". Im Zusammenhang unserer Sagen modificirt sich die Auffassung also, zumal auch die Berge, auf die Ahis sich flüchtet, von denen die Wasser herabstürzen, nun als die Wolkenberge gefasst werden müssen, wie wir schon vorher (p. 34) die Skylla aus einem solchen Wolkenberge herauswachsen sahen. Analog mit Kuhn's Auffassung des Kampfes des Indra mit dem Vritra deutet auch Müllenhoff (Haupt, Zeitschr. f. d. A. VII. Bd. p. 419 ff.) den Kampf des deutschen Helden Beowulf mit dem Ungeheuer Grendel.

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