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gleichen Ursprungs, aber die siegreich aus dem Wettkampf hervorgegangen wurden göttlicher Ehren theilhaftig.

Man sieht ja auch im Aberglauben und den mythologischen Gebräuchen, wie überhaupt der Cultus, welcher vor allem die Gottheiten im Anschluss an eine entwickeltere Naturbetrachtung erst herausbildete, auch erst aus den rohesten Formen sich entwickelt hat. Die ersten Gebräuche ergeben sich als einfache Nachahmungen entsprechender, himmlischer Vorgänge. Das zeigt sich bei den Regenzaubern, wo man durch Rollen von Steinen und Peitschen des Wassers im Zeus - Cultus es machte, wie man meinte, dass dort oben im Himmel es geschehe, wenn es regnen sollte. Das tritt hervor bei der Feuertaufe, den Hochzeitsgebräuchen, bei den Demeter- und Dionysosfesten, wie bei den deutschen Frühlings- oder Sonnenwendfesten, wie sie noch jetzt in grosser Mannigfaltigkeit auf dem Lande begangen werden. Man ahmte z. B. so zur Zeit der Wintersonnenwende mit dem Umzug des Schimmelreiters den Einzug des Wôdan nach und begrüsste so gleichsam das göttliche Wesen, was sich in diese bestimmte Jahreszeit eingelebt hatte, und erst je stereotyper sich dieser Gebrauch entwickelte und loslöste von dem natürlichen Hintergrunde, bekam die Sache immer mehr einen ethischen Charakter, wie ihn noch die Heilighaltung der Zwölften abspiegelt. Wie viele Gebräuche sind nicht aber auf dem Standpunkt der einfachen Nachahmung geblieben, wie z. B. die Lupercalien, das Fest der Hirpini, oder bekommen durch die Mythen einen ungeahnten natürlichen Hintergrund? Nicht einmal das Fährgeld, welches nach griechischem und deutschem Gebrauch dem Todten mitgegeben wurde, entbehrt eines solchen. Die Parallele der im Unwetter übergesetzten Zwerge und die in den Blitzen dabei herniederfallenden Geldstücke zeigen deutlich, dass man auch bei der Todtenüberfahrt dies so vor sich gehend dachte und deshalb allein dem Todten ein Geldstück mitgab.

Die Mythologie weist zum Ueberfluss auch noch durch ein

zelne Sagen ausdrücklich auf die oben behauptete, stufenweise Entwicklung der göttlichen Gestalten hin und lässt uns die einzelnen Phasen dieses historischen Entwicklungsprocesses deutlich erkennen. Sie erzählt nicht bloss von der Wiedererstarkung der gelähmten oder geschwächten Gewitterwesen oder von der Rückkehr der abwesend gedachten, sondern ausdrücklich von ihrer Wiederbelebung durch Feuer, durch das Himmelskraut, woran die Blitzschlange wieder auflebt, das Asklepios nun, der Götterarzt, am Blitzgott Glaukos anwendet, und dergl. mehr. Die deutschen Götter verjüngen sich an den Aepfeln des Gewitterapfelbaums, wie Helios aus dem Gewitterbade neu hervorgeht, ja selbst im himmlischen Garten Jehovahs fehlt der Baum des ewigen Lebens nicht. Das sind die gläubigen Vermittlungen zur allmählich erfassten Vorstellung der ewigen Götter.

Alle Mythenmassen ergeben aber, dass die ,,Stürme" - namentlich die Aequinoctial- und Nordstürme als die stärksten dasjenige Element vor allem gewesen, welches als das lebensvollste und als das herrschende im himmlischen Haushalt überall den Mittelpunkt der Handlung hergegeben hat und so auch als der Kern- und Ausgangspunkt der göttlichen Persönlichkeiten anzusehen ist. Ich habe dies zum Theil in einem besonderen Kapitel am Schluss der Schlangengottheiten ausgeführt, es trat vorzüglich im Kronos gegenüber dem Uranos, im Zeus gegenüber dem Typhon, im Apollo vor allem gegenüber dem Python hervor. Aber auch bei den übrigen griechischen Göttern zeigte sich derselbe Hintergrund, wie anderseits auf deutschem Gebiete Wôdan und Frigg auch vor allem auf dasselbe Element hinweisen, die Mannigfaltigkeit der Götter überhaupt sich nur aus den im Unwetter hinzutretenden Erscheinungen des Blitzes und Donners, der Wolkenbildungen und des Regenbogens und anderen natürlichen Beziehungen oder den je nach Zeit oder Ort verschiedenen Auffassungen ergab. Die an diese

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letzteren Erscheinungen sich anschliessenden und durch die ganze Mythologie hindurchgehenden Vorstellungen von himmlischen Schlangen, brüllenden Löwen oder Stieren, verbunden mit den Wolkensturmesvögeln, die in den Mythen mit jenen Wesen sich eng verwachsen zeigten, gruppirten sich ebenso (nach dem VIII Kapitel) um den Thron des Herrn Zebaoth, der im Nordwind von der Stiftshütte von ihnen umgeben herniederfährt, wie auch in seinem himmlischen Hause, Schlange, Apfelbaum und Baum des Lebens dann wiederkehrte. Nicht wenig hat offenbar zur Vergeistigung dieses himmlischen Reichs und seiner Gestalten in den Mythologien der uralte, fast über die ganze Welt gehende Glaube beigetragen, der es mit dem Seelenreich in Verbindung brachte, wie auch er anderseits ein besonderes ethisches Moment in die Mythologie hineinbrachte, worüber ich mich im VII Kapitel andeutungsweise ausgesprochen habe.

Nicht also aus der Phantasie (oder a priori), sondern aus dem „realen“ Boden der Erscheinungen durch das Medium „menschlicher Auffassung" ist der Glaube an eine himmlische Welt und die Gottheit erwachsen, wie er in ähnlicher Weise wieder erwachsen würde, wenn wieder eine Menschheit hinausgestellt würde in die Natur; auch sie würde alles von ihrem Standpunkt, von sich und ihrer Welt aus unter dem Reflex ihrer Natur, d. h. des Irdischen und Menschlichen, zuerst erfassen und zu ähnlichen Resultaten kommen. Es ist das unmittelbarste Denken und Glauben der Urzeit, was in seinem ganzen Entwicklungsprocess uns in den Mythologien vorliegt. Daran erwuchs die Religion. Aber erst als man nicht bloss Dinge dort oben vor sich gehen sah, sondern sie in Beziehung brachte zur Welt, also erst mit weiterer Naturbeobachtung und dem Cultus keimten ihre ersten Triebe. Der Werwolf raste vorüber, die Schwanjungfrauen und Gräen zeigten ihr Wolkenkleid wieder nach dem Gewitterbade und verschwanden, der Drachenkönig schien überwunden, die mähende Demeter mit den Titanen warf ihre Sichel fort, da ist

noch kein Grund zur Verehrung; wenn man aber die Beziehungen der betreffenden Erscheinungen zur Natur erkannt hat, dann verehrt man den Wolfsgott und die regenspendende Wolkenfrau. Da spalten sich dann die Erscheinungen, und immer siegreicher gehen und majestätischer die Götter als die Ueberwinder des Widrigen und Bösen in der Natur hervor. Da keimt Furcht und Dankbarkeit in der Menschenbrust, denn erst jetzt fangen sie an an göttliche Wesen zu glauben, die sich um sie kümmern.

Denn wie roh die ältesten Zeiten waren, zeigen uns die ersten mythologischen Vorstellungen auch in ihrem Reflex irdischer Verhältnisse selbst. Wo man noch, wie alle Mythen zeigen, geschlechtliche Mischung der himmlischen Wesen vor den eigenen Augen in den zusammenstossenden Gewitterwolken glaubte vor sich gehn zu sehen, im Blitz den himmlischen Phallus erblickte, oder Hofiren im Blitzgestank und Donner wähnte wahrzunehmen, selbst wo noch Diebstahl, ja Vatermord als ganz natürliche Thaten galten, dass man sie auf die Thätigkeit der himmlischen Wesen ohne weiteres übertrug, da ist doch der göttliche und menschliche Standpunkt noch auf einer Stufe der Entwicklung, die jeder Sitte fremd nur den Naturtrieb kannte.

Das ist nebenbei bemerkt auch noch ein bedeutsames Resultat, was die Mythologie für die Culturgeschichte der Urzeit abwirft. Der gebildete Europäer liest zwar von Botokuden und Buschmännern, Kamtschadalen und Papuas-Negern, von ihrer Rohheit neben allem Menschlichen kann er sich aber schwer einen Begriff machen, kaum denken, dass die ganze Menschheit je bei allen besseren Regungen im Einzelnen sich auf dem Standpunkt kamschadalischen Unflaths befunden habe, weil die Geschichte uns sofort in ihren Anfängen eine reiche menschliche Entwicklung aufweist. Die Mythologie zeigt aber eben an den himmlischen Reflexen bei den Stammvätern der später gebildetsten Völker dieselbe vollständige und leidenschaftliche Roh

heit, das Baarsein alles dessen, was man Schaam oder Scheu nennt, und beweist damit, dass alles, was jetzt die gebildete Menschheit als mit der Natur des Menschen gleichsam verwachsen ansieht, erst das Resultat einer viele Jahrtausende alten, aus dem Schmutz durch die begabtesten und edelsten Geister vorbereiteten und durch das Christenthum gezeitigten geistigen und sittlichen Bildung ist. Die Schule aber gleichsam, welche die Menschheit erst überhaupt dazu befähigte, war vor allem die Herrschaft der an den Mythologien sich anschliessenden Gebräuche und des damit verbundenen Aberglaubens, die dem Naturmenschen das erste Gesetz vorschrieben, dem er sich in einer Art angewöhnter Pietät fügen lernte.

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Die Anordnung des Stoffs in dem Buche wird öfter durch umfangreichere Excurse gestört; das liegt zum grossen Theil in der Art der Untersuchungen, die oft weit ab vom grade vorliegenden Thema den Bahnen der Anschauung in anderen Kreisen nachfolgen musste, um durch Heranziehen der verschiedensten Momente ihren Ursprung klar zu legen. Nur einige Male habe ich absichtlich einzelne Partien hineingezogen, weil es mir zu einem Gesammtresultate nothwendig schien, auf sie etwas ausführlicher schon in diesem Buche einzugehen. Das gilt z. B. von den Zwerg- und Nixensagen bei den Fischgottheiten. Die Beispiele aus deutscher Sage hätte ich leicht mehren können, dadurch würde zwar im Einzelnen Manches mehr ausgeführt worden sein, anderseits wäre aber dadurch der Faden der Darstellung mehr verdeckt worden. Deshalb habe ich es unterlassen und mich mit dem Nothwendigen in dieser Hinsicht begnügt. Dass ich hauptsächlich dabei auf unsre norddeutschen Sagen Bezug genommen, ist wohl erklärlich, da manche Ansicht grade während des Sammelns derselben an ihnen gereift ist. Etymologische Untersuchungen bietet mein Buch nicht. Es ist dies ein Mangel, zugleich aber auch gewissermassen ein Ge

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