Immagini della pagina
PDF
ePub
[blocks in formation]

nachdem Karthago dort keine Nebenbuhler fand, sich als ein natürliches Ergebniß ohne große Anstrengung herausstellte.

Mit Gades, der uralten phönizischen Niederlassung in Spanien und mit den andern ähnlichen im Thale des Baetis, dem alten Lande Tartessus 8, scheint Karthago in einem Freundschaftsverhältnisse der Art gestanden zu haben, daß ohne Eifersucht und gegenseitige Schädigung die africanischen und spanischen Punier im Frieden freundschaftlich mit einander verkehrten und im Kriege sich einander beistanden. Später, als Karthago sich erobernd in Spanien ausbreitete, mag Gades und die andern Orte in ein ähnliches Verhältniß zu Karthago getreten sein wie Utica.

So war also der karthagische Staat aus verschiedenartigen, durch Abstammung und geographische Lage weit von einander abstehenden Bestandtheilen zusammengeseßt. Für friedliche Zeiten, für industrielle und commercielle Entwickelung war dieser Staat vortrefflich gelegen und gebildet. Die Mannichfaltigkeit der Erzeugnisse der einzelnen Landestheile fand durch die vermittelnde Thätigkeit der Karthager ihren Markt. Die verschiedenen Völker ergänzten sich gegenseitig und konnten nicht verfehlen in dem Verkehr mit einander, und in der Vermittlung desselben durch Karthago ihr gemeinsames Interesse zu erkennen. Aber für einen ernsten Krieg war das Gefüge eines solchen Staates zu locker. Daß er auch nur irgend einen Krieg mit Erfolg unternehmen øder einen Unfall überdauern konnte, war der Natur der Dinge nach kaum zu erwarten. Trozdem hat Karthago mit Ruhm und Erfolg manchen Kampf bestanden, und Jahrhunderte lang sich als der erste Staat im westlichen Meere erhalten, ehe es den harten Schlägen der römischen Legionen erlag. Dieser Erfolg ist nur möglich geworden durch eine politische Ordnung des Staates, welche die vorhandenen spröden Elemente zu einem festen Körper vereinigte.

Von der karthagischen Verfassung haben wir allerdings nur mittelbare Kunde durch griechische und römische Geschichtschreiber, es bleibt uns also Vieles darin dunkel und unverständlich und besonders fehlt uns die Einsicht in ihre Entstehung und fortschreitende Entwickelung; aber über ihren allgemeinen Charakter sind wir im Klaren und wir dürfen keinen Anstand nehmen, dieselbe mit Aristoteles und Polybius zu den

8) Movers Phönizier II, 2, S. 594 ff.

besten zu rechnen, die das Alterthum kannte. Es tritt uns hier die auffallende Erscheinung entgegen, daß troß des grundverschiedenen Nationalcharakters der semitischen Karthager ihre staatlichen Einrichtungen nicht nur weit entfernt sind einen scharfen Gegensaß zu bilden zu den hellenischitalischen Staatsformen, sondern sogar in der ganzen Anlage und im Einzelnen eine große Aehnlichkeit zeigen, eine Aehnlichkeit, welche Aristoteles 9 darauf führt, dieselbe mit der spartanischen und kretischen zu vergleichen, während Polybius 10 sie der römischen an die Seite stellt. Diese Aehnlichkeiten sind zum Theil, aber auch nur zum Theil daraus zu erklären, daß die fremden Beobachter geneigt waren in Karthago Analogien mit ihren heimathlichen Institutionen zu finden und durch Anwendung griechischer und römischer Bezeichnungen in dieser Ansicht bestärkt wurden, grade wie sie in den fremden Göttern immer hellenische wieder erkannten. Aber ohne eine Uebereinstimmung der Grundzüge der Staatsformen wäre dies nicht möglich gewesen, und wir sind also zu der Annahme gezwungen, daß die Karthager ihrer politischen Begabung nach nicht Aftaten, sondern Occidentalen waren oder es durch die Macht der Verhältnisse wurden.

Karthago hatte von vorn herein dieses mit der griechischen und der römischen Republik gemein, daß der Staat aus einer Stadt erwuchs und dauernd die städtische Verfassung beibehielt. Dadurch war auch schon die republikanische Form nothwendig geworden, d. h. der periodische Wechsel wählbarer, verantwortlicher Beamten und die Anerkennung des Volkes als Quelle aller politischen Macht und als Träger der Souveränität.

Die obersten Beamten, welche wie bei den Juden den einheimischen Namen Schofetim, latinisirt Suffeten, hatten und von den Griechen Könige genannt werden, wurden vom Volke aus den vornehmsten Geschlechtern erwählt. Wüßten wir Näheres über die Entwickelungsge= schichte der karthagischen Verfassung, so würde sich wahrscheinlich ergeben, daß diese Beamten anfänglich mit umfassender Machtfülle bekleidet, aber ähnlich wie die entsprechenden Behörden in Athen, Sparta, Rom und anderwärts im Laufe der Zeit mehr und mehr beschränkt wurden, und Theile ihrer Befugnisse an andre Beamte abgeben mußten. Später scheinen die Suffeten nur noch religiöse und andre Ehrenrechte, sowie 10) Polybius VI, 51.

9) Polit. II, 8. 1.

Suffeten, Feldherrn. Senat.

13

den Vorsiz im Senate, vielleicht auch richterliche Befugnisse gehabt zu haben.

Auffallender Weise können wir nicht mit Gewißheit angeben, ob die Suffeten zu zweien oder je einzeln im Amte waren; das erstere scheint daraus hervorzugehen, daß sie mit den spartanischen Königen und den römischen Consuln verglichen werden. Noch ungewisser ist die Amtsdauer der Suffeten und es möchte wohl anzunehmen sein, daß, wenn diese sich anfänglich auf Lebensdauer erstreckte, sie später auf Jahresfrist beschränkt wurde.

Das wichtigste Amt, wenn auch vielleicht nicht der Würde nach das höchste, war das der Feldherrn. Dieses war nicht beschränkt auf eine bestimmte Zeit und scheint überhaupt mit großer, fast dictatorischer Machtvollkommenheit ausgerüstet gewesen zu sein, wenn es auch strengster Verantwortlichkeit unterworfen war. In der Anordnung und weisen Benuzung dieses wichtigen Amtes bewährten vor Allem die Karthager ihre politische Weisheit, und ihr verdankten sie vorzüglich ihre großen Erfolge und die Erweiterung ihrer Macht. Während die Römer dabei blieben ihre Consuln mit getheiltem Oberbefehl Jahr um Jahr wechselnd an die Spize ihrer tapfern Legionen zu stellen, selbst Feinden wie Hannibal gegenüber, hatten die Karthager früh die Ueberzeugung gewonnen, daß ausge dehnte und entfernte Kriegsunternehmungen nur von Männern zu glücklichem Ende geführt werden konnten, die Könige waren in ihrem Heer. Keine kleinliche Eifersucht, keine republikanische Furcht vor Tyrannis hielt sie zurück die ganze Macht des Staates den bewährtesten Feldherrn anzuvertrauen, selbst wenn diese, wie es wiederholt vorkam, einer hervorragenden Familie angehörten und sich wie nach erblichem Recht im Oberbefehle folgten. Ein Jahrhundert lang standen Glieder der Familie Magos an der Spiße der karthagischen Armee und ihrer Umsicht und Tapferkeit verdankte Karthago die Gründung seiner Herrschaft in Sicilien und Sardinien. Am glänzendften tritt diese Seite der karthagischen Verfassung hervor noch im hannibalischen Kriege, als der gewöhnlichen Ansicht zufolge schon der Staat seine Blüthezeit hinter sich hatte. Auf den Heldenvater Hamilkar Barkas folgte sein tapfrer Schwiegersohn Hasdrubal und sein Ruhm wurde nur überstrahlt durch seine glorreichen Söhne. Und von keinem dieser Männer wurde je ein Versuch gemacht zum Umsturz der republikanischen Freiheit, wie es in Griechenland und Sicilien von allzumächtigen Feldherrn in der Regel erwartet wurde und

wie es Rom später auch erfuhr. Die karthagischen Herrführer waren wie die Feldherrn der neueren Zeit, unbeschränkte Herren auf militärischem Gebiete, aber stets der bürgerlichen Gewalt des Staates unterworfen. Dieses Ziel suchten die farthagischen Staatsmänner zu erreichen nicht durch eine Zersplitterung des Oberbefehls oder durch Beschränkung der Zeitdauer desselben, sondern durch strenge Beaufsichtigung der militärischen durch die Civilbehörden, und durch harte Bestrafung von Uebertretungen. Sie ordneten Civilcommissionen ab, bestehend aus Mitgliedern des engeren Rathes, um die Feldherrn im Felde zu begleiten und ihre politischen Maßregeln, z. B. bei dem Abschluß von Bundesverträgen, zu leiten 11. In jedem karthagischen Heere war gewissermaßen der Staat im Kleinen dargestellt: die Executive durch den Feldherrn, der Senat durch die Commission der Senatoren, das Volk durch die im Heere dienenden Karthager. In wiefern eine solche Controlle unweise, und Bestrafungen ungerecht waren, können wir bei unsern dürftigen Nachrichten kaum hoffen zu entscheiden. Doch scheint für die Weisheit der Controlle und die Gerechtigkeit der Richter der Umstand zu sprechen, daß stets die besten Bürger bereit waren, dem Dienste des Vaterlandes ihre Kräfte und ihr Leben zu widmen.

Außer den Suffeten und den Feldherrn werden gelegentlich andre karthagische Beamten erwähnt und mit entsprechenden lateinischen Benennungen, wie Prätoren und Quästoren bezeichnet. Es versteht sich von selbst, daß in einem so großen, wohlgeordneten, mannichfach gegliederten Staate wie Karthago eine große Anzahl von Verwaltungszweigen und Beamten sein mußte. Das Amt war eine Ehre und keine Versorgung für den Beamten und in Folge davon war die Staatsverwaltung in den Händen der durch Reichthum und Geburt hervorragenden Familien.

Ihren Mittelpunkt fanden diese überall im Alterthum im Senate. Diese Körperschaft war in Karthago wie in Rom die Seele des Staates und leitete factisch die ganze innere und äußere Politik. Troß dieser hervorragenden Stellung im Staate, welche die Aufmerksamkeit der fremden Beobachter auf sich lenken mußte, sind wir über die Organisation des Senats feineswegs unterrichtet. Er scheint ziemlich zahlreich gewesen zu sein und einen oder zwei engere Ausschüsse gehabt zu haben, die sich, vielleicht erst im Laufe der Zeit, als specielle Regierungs- und Richtercollegien absonderten.

11) Polybius VII, 9.

[blocks in formation]

Die richterliche Gewalt in Straffachen und den dazu gehörigen politischen Untersuchungen war in den Händen einer Körperschaft von 104 oder 100 Männern, die zwar nicht als ein Theil des Senats bezeichnet werden, aber doch am wahrscheinlichsten als solcher gelten können. Sie wurden nach Aristoteles 12 gewählt aus „Pentarchien“, worunter wohl Abtheilungen der Senatoren von je fünf zu verstehen sind. Es ist wenigstens nicht wahrscheinlich, daß der karthagische Senat hätte an der Spiße des Staates bleiben können, wenn er das Richteramt an eine andere Körperschaft abgegeben hätte. Aber als ein Theil, ein periodisch sich erneuernder Ausschuß des Senates handelte die Körperschaft der Hundert immer noch im Auftrage desselben und durch sie beherrschte der Senat das ganze politische Leben, und hielt, vorzüglich die Feldherrn in der Abhängigkeit von der Civilmacht 13. Im Laufe der Zeit wurde wie es scheint die anfänglich von Jahr zu Jahr wechselnde Körperschaft der Hundert durch Wiederwahl der Glieder mehr und mehr zu einer dauernden und mochte sich somit von dem übrigen Theil des Senats gleichsam als eine abgesonderte Behörde lostrennen.

Ein zweiter Ausschuß des großen Rathes wird erwähnt als ein engerer Rath 14. Dieser, deffen Zahl auf dreißig angegeben wird, scheint ein oberstes Regierungscollegium gewesen zu sein. Ueber seine Wahl, die Amtsdauer seiner Glieder und genaueren Befugniffe wird Nichts überliefert. Wir sind also über die Organisation des karthagischen Senates im Ganzen sehr unvollkommen unterrichtet, wenn auch über den Charakter desselben im Allgemeinen und dessen Befugnisse im Staate wenig Zweifel sein kann.

Der Einfluß des Volkes scheint von wenig Bedeutung gewesen zu sein. Es soll nur dann seine Stimme abgegeben haben, wenn Senat und Suffeten wegen Meinungsverschiedenheit eine Entscheidung vom Volke verlangten 15. Die Volksversammlung hatte das Recht der Beamtenwahl. Aber das hatte wohl wenig zu bedeuten in einem Staate, wo Geburt und Reichthum den Ausschlag gaben. Die höchsten Aemter

12) Polit. II, 8. §. 4.

13) Darin liegt die Aehnlichkeit der 100 mit den spartanischen Ephoren, die Aristoteles hervorhebt (Polit. II, 8. §. 2).

14) Sanctius concilium Liv. 30, 16. Die yegovola als verschieden von der σúyжλntos, Polybius X, 18. §. 1.

15) Aristot. Polit. II, 8. §. 3.

« IndietroContinua »