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schließen. So hatte Rom dem Philipp eine Meute auf den Leib gehezt, welche ihn eine Zeitlang in Athem halten konnte, ohne daß es nöthig war, seinetwegen für die Sicherheit Italiens außergewöhnliche Besorgnisse zu hegen, oder große Anstrengungen zu machen.

Dem Verlauf des Krieges in Griechenland brauchen wir nicht im Einzelnen zu folgen. Es war kein Krieg großer Entscheidungen, sondern ein Kampf, worin die Kraft der Nation in kleinlichen Conflicten und barbarischen Unthaten verzettelt wurde. Das Schlimmste war, daß die feindlichen Gebiete nicht geographisch von einander geschieden waren, sondern im Peloponnes, im mittleren Hellas und auf den Inseln ineinandergriffen. So wüthete der Krieg überall. Im Peloponnes hatten die Achäer unendlich zu leiden von den Aetolern und den Lacedämoniern, welche in dieser legten Periode ihrer Unabhängigkeit ihr altehrwürdiges Erbkönigthum und ihre aristokratische Verfassung mit einer Tyrannis vertauscht . hatten. Das stolze Sparta, früher überall in Griechenland die Bekämpferin der Tyrannen, war endlich selbst in die Hände eines Tyrannen gefallen. Machanidas, ein kühner Soldat, herrschte mit roher Gewalt in dem Staate, welcher von den Weisesten der Griechen als das Muster politischer Ordnungen gepriesen worden war. An den Küsten des korinthischen Meerbusens und des ägäischen Meeres segelten römische, ätolische und pergamenische Schiffe entlang, verwüsteten die Ortschaften und schleppten die Einwohner in die Sklaverei. Im Norden brachen Barbarenhorden verHeerend in Macedonien ein. Philipp war gezwungen, von einem angegriffenen Orte zum andern zu eilen; wenn er gegen die Thracier kämpfte, kamen Boten aus dem Peloponnes und flehten um Schuß, und kaum hatte er sich südlich gewandt, so brachen Jllyrier und Dardaner in seine Erbstaaten ein. Er führte den Krieg nicht ohne Kraft und Geschick. Es ge= lang ihm durch raftlose Thätigkeit und Schnelligkeit, überall seinen Feinden zu begegnen, in Jllyrien den Pleuratus und Skerdilaidas zurückzudrängen, die Aetoler (210) bei Lamia zu schlagen und sie in ihr Land zu verfolgen. Die Römer betheiligten sich nur sehr wenig am Kriege. Attalos wurde bei Opus, welches er erobert hatte und eben plünderte, von Philipp überfallen und rettete sich mit genauer Noth, worauf er nach Asien zurückkehrte und mit seinem Nachbar, dem König Prusias von Bithynien in Händel verwickelt, sich nicht weiter um Griechenland kümmerte. Unter diesen Verhältnissen wäre es schon im Jahre 208 der Vermittelung einiger neutralen Mächte, der Rhodier und des Königs von Aegypten, beinahe ge

lungen, zwischen Philipp und den Aetolern den Frieden wieder herzustellen. Aber die Römer störten die Verhandlungen, indem sie jest wieder kräftiger in den Krieg eingriffen 388. Die Feindseligkeiten wurden nach kurzem Waffenstillstand wieder fortgefeßt und hätte Philipp eine tüchtige Flotte gehabt 389, so wäre es ihm nicht schwer geworden, die immer mehr erschöpften Aetoler bald zu Paaren zu treiben. Er drang 206 zum zweiten Male bis nach Thermon, der Hauptstadt ihres Landes. Seine Verbündeten, die Achäer, erkämpften unter ihrem kriegstüchtigen Strategen Philopömen einen entschiedenen Sieg über die Spartaner, in dem Machanidas fiel; und, da die Römer ihren Verpflichtungen immer weniger nachkamen, und ihre Verbündeten immer mehr vernachlässigten, sahen sich endlich die Aetoler gezwungen, troß des Bündnißvertrages von 211, einen Separat frieden mit Macedonien zu schließen (205).

Bei seiner Rückkehr aus Spanien im J. 206 hatte Scipio nicht unbegründete Hoffnungen, daß er schon jezt, kaum an der Schwelle des mittleren Lebensalters angelangt, das höchste Ziel des Ehrgeizes eines römischen Bürgers, den Triumph erlangen würde. Zwar hatte er keine eigentliche Magistratur bekleidet. Er war, ohne Prätor gewesen zu sein, mit einem außerordentlichen Commando als Proprätor nach Spanien geschickt worden; und es war noch nie vorgekommen, daß ein Andrer als ein regelmäßiger Beamter des Staates triumphirt hatte. Aber der hannibalische Krieg hatte so manche Neuerung der alten Sitte herbeigeführt, und Scipios außerordentliches Commando war eine so hervorragende unter diesen Neuerungen, daß die Gewährung eines Triumphs, als die natürliche Folge davon, kaum auf Widerstand stoßen zu können schien. Im Tempel der Bellona 390 vor den Mauern der Stadt ging Scipio daher vor dem versammelten Senat die Thaten durch, die er in Spanien vollbracht hatte; er berichtete, wie viel Feldschlachten er geschlagen, wie viel Städte er mit Gewalt erobert, welche Völker er der Herrschaft des römischen Volkes unterworfen hätte, und ohne gerade einen Triumph zu fordern, erwartete er, daß der Senat von freien Stücken die Gewährung dieser Auszeichnung beschließen würde. Aber er täuschte sich. Seine

388) Liv. XXVII, 30.

389) Er entschloß sich zwar im Jahre 208 hundert Kriegsschiffe zu bauen, ob aber der Plan zur Ausführung kam, wissen wir nicht (Liv. XXVIII, 8).

390) Liv. XXVIII, 38.

Scipio zum Consul erwählt.

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Gegner machten das Unerhörte eines solchen Bruches der alten Sitte geltend und Scipio mußte sich begnügen, mit so viel Pomp und Aufsehen, als er konnte, die Stadt zu betreten 391. Darauf fanden unter ungewöhnlicher Betheiligung des Volkes die Consulwahlen für das folgende Jahr - statt. Die römischen Bürger kamen, nicht nur um zu stimmen, sondern um Scipio zu sehen von allen Seiten in großer Anzahl herbei; ste umdrängten sein Haus und folgten ihm aufs Capitol, wo er zur Erfüllung eines in Spanien gethanen Gelübdes ein Opfer von hundert Rindern darbrachte. Einstimmig von allen Centurien wurde er zum Consul erwählt und im Geiste sah das Volk schon den Krieg von ihm nach Africa getragen und mit der Vernichtung Karthagos beendet.

Aber im Senate war keineswegs solche Begeisterung und Stimmeneinheit wie unter den Massen des Volkes. Neben dem Anhange Scipios waren im Senate unabhängige Männer, welche zu ihm nicht unbegrenztes Vertrauen hegten und die es für gewagt hielten, so lange Hannibal auf - italischem Boden stand, einen Angriff auf Africa zu unternehmen. An der Spize dieser Männer stand der alte D. Fabius Maximus. Sein System der zähen Vertheidigung und des nur schrittweisen Vorgehens hatte sich vollständig bewährt. Durch dasselbe war Hannibal allmählich aus Mittelitalien verdrängt und auf die schmale bruttische Halbinsel beschränkt worden. Fabius sah keine Veranlassung, jezt von diesem System abzugehen. Es konnte nicht fehlen, daß, wenn man noch einige Zeit dabei beharrte, Hannibal auch die lezten Stüßpunkte, Thurii, Locri und Croton verlieren und dann Italien räumen müßte. Wenn man aber, um den Krieg nach Africa zu spielen, Italien von Truppen entblößte, so war zu erwarten, Hannibal würde wieder aus Bruttium hervorbrechen und von Neuem den Krieg im mittleren Italien entflammen. - Der Plan Scipios und seiner Freunde war ohne Zweifel genialer und des römischen Volkes würdiger. Es war offenbar, daß ein kräftiger Angriff auf die Karthager in ihrem eigenen Lande sofort die Abberufung Hannibals aus Italien zur Folge haben würde. Zudem war es von je her die Sitte der Römer gewesen, den Feind im eignen Lande aufzusuchen. So hatten fie in der alten Zeit gegen Etrusker, Latiner und Samniter gekämpft, so waren sie Pyrrhus bis Heraclea und Benevent entgegen gegangen, so

391) Appian (VI, 38) nennt diesen feierlichen Einzug ungenau einen Triumph: Καὶ Σκιπίων μὲν θαυμαζόμενος ἐθριάμβευεν.

hatten sie Sicilien zum Schauplage des ersten Krieges mit Karthago gemacht und im zweiten ihre Heere und Flotten nach Spanien und gegen Macedonien entsendet. Zwar waren im Andenken die caudinischen Pässe und die Niederlage des Regulus auf africanischem Boden; aber die größten Verluste hatte Rom doch dann erlitten, wenn es den Feind zu nahe herankommen ließ, an der Allia, am Trasimenus, bei Cannä. Es war endlich die Zeit gekommen, wo der Zug nach Africa gewagt werden durfte, den im ersten Jahre des Krieges der Consul Sempronius von Sicilien aus zu unternehmen beauftragt war. Damals durchkreuzte Hannibals Einfall in Italien diesen naturgemäßen Plan. Jezt war Hannibal so geschwächt, daß zwei consularische Heere ihn im Schach halten konnten; das übrige Italien war ungefährdet, in Sicilien, Sardinien und Spanien war der Krieg beendigt, in Macedonien, wo er nie ernstlich gewesen war, konnte er zu jeder Zeit durch Friedensschluß zu Ende gebracht werden. Es war also gewiß an der Zeit, jest nicht länger in dem Zaudersystem des Fabius zu verharren, welches die Spannung, die Unruhe und die Leiden des Kriegs auf unbestimmte Zeit verlängerte, sondern zu einem kühnen, entscheidenden Schlage die Kraft der Nation zusammenzufassen, wie es die Väter im sicilischen Kriege mit so glorreichem Erfolge gethan hatten.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß das gewichtigste Bedenken gegen einen solchen Plan die Furcht vor Hannibal war, der selbst in seiner Erschöpfung, fast aller Hülfsmittel baar, durch den Schrecken seines Namens noch sein Vaterland schüßte. Hätte ihn persönlicher Ruhm entschädigen können für das Scheitern seiner Hoffnungen, gewiß hätte er in diesem Angstgefühle seiner Feinde Linderung für seine Schmerzen und Trost gefunden. Aber Hannibals Ehrgeiz war, das Glück seines Vaterlandes zu begründen, und für ihn gab es keinen persönlichen Ruhm, getrennt von der Größe Karthagos.

Die Mehrheit der Senatoren war Scipios Plänen nicht günstig. Dieses hatte Scipio vorausgesehen und er war bereit, auch ohne und gegen den Willen des Senates seinen Vorsaß durchzuführen. Es wurde ruchbar, daß er beabsichtigte, die günstige Stimmung der Massen zu benußen und ohne Ermächtigung vom Senate einen Volksbeschluß zu beantragen, der ihm den Krieg in Africa mit den nöthigen Streitkräften zuweisen würde. Verfassungsmäßig war Scipio allerdings zu einem solchen Schritte berechtigt; allein er würde ein Herkommen mißachtet haben, welches fast Gesezeskraft hatte und dem Senat die oberste Leitung des

Der Zug nach Africa beschlossen und vorbereitet.

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Krieges, besonders aber die Vertheilung der Provinzen übertrug. Eine nicht geringe Bestürzung ergriff die höchste Regierungsbehörde, als die Entschlossenheit Scipios zu Tage trat, im äußersten Falle den Senat zu umgehen. Nach heftigen Debatten wurde durch Vermittelung der Volkstribunen ein Vergleich herbeigeführt, wodurch sich Scipio dem Senatsbeschluß unterwarf und auf die Entscheidung der Frage durch das Volk verzichtete, nachdem er sich der Zustimmung des Senates zu seinem Vorschlage im Ganzen vergewissert hatte. Der Senat beschloß nun, Scipio die Erlaubniß zu geben, von Sicilien aus nach Africa überzuseßen 392, aber er beschränkte ihn so in den Mitteln zur Kriegsführung, daß Scipio gezwungen war, erst ein Heer und eine Flotte zu schaffen, ehe er zur Ausführung schreiten konnte. Dadurch war wenigstens Zeit gewonnen und man mochte hoffen, daß mittlerweile Ereignisse eintreten würden, welche geeignet wären, die Landung in Africa unnöthig zu machen.

Scipios College im Consulat war P. Licinius Craffus, der, weil er zugleich Pontifer Marimus war, Italien nicht verlassen durfte. Er erhielt daher im Verein mit einem Prätor und vier Legionen die Führung des Krieges in Bruttium, wo es galt, Hannibal zu beobachten und zu hemmen, wo aber während des ganzen Jahres nichts von Bedeutung vorfiel. Für Scipio waren in Sicilien nur die beiden Straflegionen von Cannä und dreißig Kriegsschiffe bestimmt. Eine neue Aushebung wurde für ihn nicht angeordnet. Doch war ihm anheimgestellt, Freiwillige anzuwerben und die Städte Etruriens zu Beiträgen für die Erbauung einer Flotte aufzufordern 393. So kamen besonders aus Umbrien und aus dem Lande der Sabiner 394, Marser und Peligner etwa 7000 Freiwillige zu

392) Livius XXVIII, 45 permissum, ut in Africam, si id e re publica esse censeret, traiiceret.

393) Keine Maßregel konnte geeigneter sein, die römischen Großen zu Fürsten emporzuheben, als wenn man ihnen erlaubte, Heere von Freiwilligen zu sammeln und ihre Privatmittel oder ihren Privatcredit zum Bau von Schiffen zu verwenden. Leute wie Wallenstein können nicht leicht Unterthanen bleiben.

394) Es werden namentlich angeführt (Liv. XXVIII, 45) die Städte Nursia, Reate und Amiternum und außerdem Sabinus omnis ager. Dieser Ausdruck ist hier befremdlich, da die drei genannten Städte die Hauptorte des Ager Sabinus find. Es herrschte überhaupt in Bezug auf die geographische Umgrenzung des Sabinerlandes von den ältesten Zeiten an große Unsicherheit (S. Band I. S. 88). Die Sabiner, welche zugleich mit der Beendigung des dritten Samniterkrieges in die zweite Klasse der römischen Bürgerschaft aufgenommen wurden (Band I. S. 403), scheinen nicht die

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