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DRITTES BUCH.

PROSA.

Capitel XIII. Aelteste Denkmale in Prosa.

§. 208.

Die ältesten schriftlichen Aufzeichnungen, welche zu Rom

in Prosa sich finden und in der einfachen Art und Weise ihrer Fassung kaum einen Gegenstand der Literatur im eigentlichen Sinne des Wortes bilden können, wohl aber die Grundlagen und Keime einer solchen, namentlich der geschichtlichen, enthalten, sind meist öffentlicher, zum Theil aber auch schon privater Art1) und gehen bis in die ältesten Zeiten Rom's zurück, wo mit der Gründung der Stadt und ihrer weiteren Entwickelung unter den Königen die Buchstabenschrift bereits eingeführt war (s. §. 9), wenn auch gleich ihre Anwendung eine sehr beschränkte war und, wie wir diess auch bei andern Völkern des Alterthums finden, zunächst auf Akte des öffentlichen Lebens, des Staates, wie des damit verbundenen Cultus sich bezog, also die Aufzeichnung von gesetzlichen Bestimmungen, von Verträgen oder von Ordnungen des Cultus in Verbindung mit der Feststellung des Kalenders u. dgl. betraf: woran sich dann frühe schon die Aufzeichnung der Namen der Behörden des Staats, dann auch einzelner merkwürdiger Naturereignisse, Prodigien u. dgl., so wie bedeutender und einflussreicher politischer Begebenheiten knüpfte, während auch eben so die einzelnen Familien des patricischen Adels schon frühe bedacht waren, durch Geschlechts- und

II. Band.

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Stammregister, durch die Anlage von Hausbüchern oder Familienchroniken, wie durch die Aufzeichnung der bei dem Leichenbegängniss hervorragender Glieder ihres Geschlechtes abgehaltenen Reden für die Erhaltung ihres Namens und ihres Anschens zu sorgen. Bei dem Werthe und der Bedeutung, welche die derartigen Aufzeichnungen, als die ältesten Quellen einer geschichtlichen Literatur, wie sie später daraus hervorgegangen ist, in Anspruch nehmen, haben wir es um so mehr zu beklagen, dass uns im Ganzen nur schwache Reste dieser ältesten Aufzeichnungen noch vorliegen, und auch diese nicht in unmittelbarer Ueberlieferung; das Wenige, was wir darüber wissen, verdanken wir den Mittheilungen späterer Schriftsteller, welche die Originale selbst in den meisten Fällen nicht mehr kannten, sondern den Angaben anderer, älterer Schriftsteller folgten und dabei mehr auf den Inhalt als die ursprüngliche Fassung sahen. Auch waren die meisten derartigen Denkmale, die über den gallischen Brand (365 u. c. oder 389 vor Chr.) hinausreichen, in diesem zu Grunde gegangen 2), und wenn man auch nachher mit allem Ernste bedacht war, das, was noch etwa übrig war, aufzusuchen, das Untergegangene wieder herzustellen oder zu erneuern3) und daran weitere Aufzeichnungen in ähnlicher Weise zu knüpfen, so mag dabei doch die ursprüngliche Fassung der Aufzeichnung, deren Kenntniss uns schon aus sprachlichen Rücksichten so wichtig wäre, manchen Veränderungen unterlegen sein. Ohnehin treten später mit dem Entstehen einer Literatur und in Folge der veränderten politischen Einrichtungen des Staats diese Aufzeichnungen in den Hintergrund und zogen dann blos noch die Aufmerksamkeit der geschichtlichen Forschung oder der sprachlichen Forschung auf sich diesem Umstand verdanken wir das Meiste, was von diesen ältesten Aufzeichnungen zu unserer Kunde gelangt ist. Dass diese Aufzeichnungen zunächst von den Priestern ausgingen, erklärt sich zur Genüge aus der Analogie anderer Völker des Alterthums, insbesondere aber auch aus der besonderen Beschaffenheit des römischen Staats, in welchem die Priester in der früheren Zeit aus dem im Staate herrschenden patricischen Adel hervorgingen, welcher allein zu den priesterlichen Aemtern Zutritt hatte*) und auch allein dazu befähigt war, mithin alle der

artigen Aufzeichnungen, sie mochten den Staat oder den Cultus betreffen, zu leiten hatte.

Wir versuchen im Verfolg dasjenige zusammenzustellen, was, meist aus einer verhältnissmässig schon späteren Zeit über die derartigen Aufzeichnungen zu unserer Kunde gelangt ist, so wenig dasselbe auch bei der Dürftigkeit der auf uns gekommenen Nachrichten genügen kann, ein näher eingehendes oder gar vollständiges Bild dieser ganzen Thätigkeit, so weit sie in derartigen Aufzeichnungen dem Entstehen einer eigentlichen Literatur vorausging, uns zu verschaffen.

1) Daher auch Livius in der noch näher zu besprechenden Stelle VI. 1 in dieser Beziehung publica und privata monumenta anführt.

2) Livius a. a. O.: „si quae in commentariis pontificum aliisque publicis privatisque erant monumentis, incensa urbe pleraeque interiere", und weiter unten: inprimis foedera ac leges-erant autem eae duodecim tabulae et quaedam regiae leges-conquiri quae comparerent jusserunt." S. unten §. 214 not. 1 ff. Auch der Geschichtschreiber Clodius (welcher damit gemeint sei, ist schwer anzugeben; s. Schwegler Röm. Gesch. I. p. 38 ff.) hatte von dem Untergang der alteren Aufzeichnungen (τὰς μὲν ἀρχαίας ἐκείνας ἀναγραφής) gesprochen, aber auch von späteren Fälschungen zu Gunsten einzelner Geschlechter; s. Plutarch. Num. 1.

3) Wäre diess nicht der Fall gewesen, so hätten bei dem Brande des Kapitols im Jahre 69 n. Chr. nicht dreitausend solcher Denkmale in Erz zu Grunde gehen können, deren Restauration Vespasian sich angelegen sein liess, wie Suetonius Vit. Vesp. cp. 8 erzählt: „aerearumque tabularum tria milia, quae simul conflagraverant, restituenda suscepit, undique investigatis exemplaribus: instrumentum imperii pulcherrimum ac vetustissimum, quo continebantur paene ab exordio urbis senatusconsulta, plebiscita de societate et foedere ac privilegio cuicunque concessis."

4) Erst im Jahre 454 u. c. oder 300 vor Chr. fand durch die Lex Ogulnia eine Zulassung der Plebejer zu den priesterlichen Würden statt, durch Vermehrung der Zahl der Pontifices und Augures um vier und fünf, welche aus der Plebs gewählt werden sollten; s. Liv. X. 6. Und derselbe Livius Epitom. 18 schreibt: J. Coruncanius primus ex plebe pontifex maximus creatus est", was in das Jahr 501 u. c. oder 253 vor Chr. fällt; Coruncanius aber war schon 474 u. c. Consul gewesen und wird von Seiten seines Talentes und seiner Bildung gerühmt von Cicero Brut. 14. De dom. 54.

§. 209.

Zu den ältesten Denkmalen Rom's gehören unstreitig die von den Priestern gemachten schriftlichen Aufzeichnungen, welche eben so wohl historischer Art als rituell-liturgischen Inhalts waren. Da die Priester (Pontifices, das von Numa, nachdem er zuvor das Jahr geordnet hatte, eingesetzte Collegium) den Kalender, von welchem der regelmässige Ein

tritt der kirchlichen Feste und überhaupt die Bestimmung des ganzen Kirchenjahres abhing, führten, so bot sich ihnen schon frühe eine Veranlassung zur kurzen Aufzeichnung der Hauptbegebnisse des Jahrs an die betreffenden Tage der Kalendertafel 2); man scheint aber bald es für nöthig befunden zu haben, schon um des Raumes willen, eine eigene, mit Gyps überzogene Holztafel für derartige Aufzeichnungen zu nehmen3), welche die einfache Angabe der jährlichen höheren Behörden des Staates, die Hauptbegebnisse des Jahres, so wie merkwürdige Naturereignisse, Prodigien u. dgl. in einer kurzen, blos das Thatsächliche betreffenden Fassung) mit Angabe des Datums enthielten und, wie zu erwarten, in einer noch wenig gebildeten, der späteren Zeit oft kaum noch verständlichen Sprache sich bewegten. Es sind diess die von den Alten unter dem Namen Annales Pontificum, auch Annales publici oder blos Annales, meist aber unter dem Namen Annales maximi3), angeblich, weil der Oberpriester oder Pontifex maximus sie zu führen hatte 6), erwähnten Aufzeichnungen, welche als die ältesten geschichtlichen Aufzeichnungen in Rom überhaupt von der späteren Zeit betrachtet wurden 7), die in ihnen die älteste Quelle für die Geschichte der früheren Zeit Rom's erkannte, welche daher von den ersten Annalisten und durch diese von Livius (s. §. 243) benutzt ward. Es reichten dieselben, wie wir aus Cicero ) ersehen, bis in die älteste Zeit hinauf, ohne dass wir jedoch im Stande sind, genau den Anfangspunkt dieser städtischen Chronik zu bestimmen, die bis in das erste Viertel des siebenten Jahrhunderts der Stadt fortgeführt ward. Wenn nun auch in dem gallischen Brande die früheren Aufzeichnungen zu Grunde gegangen sind, so mögen dieselben nachher, so gut es ging, wieder hergestellt und weiter bis zu dem bemerkten Zeitraum fortgeführt worden sein: später kam man dazu, eine Zusammenstellung dieser für die Geschichte Rom's so wichtigen Denkmale in achtzig Büchern zu veranstalten, und ist uns dieselbe noch aus einzelnen Anführungen bekannt 9), während das Ganze untergegangen ist. Verschieden von diesen chronikartigen Aufzeichnungen oder Annales sind die Libri Pontificum oder Pontificii 10), welche eben so wohl auf den Stand der Priester (Pontifices), ihre Verpflichtungen und Obliegenheiten, ihre Rechte u. dgl.,

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