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Wochenbett zu Anfang des Jahres 709 u. c. 5). Cicero's hinterlassener Sohn Marcus 6), obwohl mit dem Vater zugleich geächtet, entging dem Tode und ward später von Augustus geehrt, der ihn zum Consul (724 u. c.) ernannte, und nach Führung des Consulats zum Proconsul von Asien, so wie (741) zum Legaten in Syrien 7), hat sich aber durch seine Ausschweifungen im Trinken einen üblen Namen bei der Nachwelt verschafft, und starb kinderlos, so dass mit ihm das Geschlecht des Cicero erlosch ). Denn Cicero's jüngerer Bruder Quintus 9), bekannt durch eine Reihe von Briefen, die sein Bruder Marcus an ihn geschrieben, so wie durch eine eigene Schrift De petitione consulatus, fiel nebst seinem Sohne bald nach Cicero's Tod ebenfalls durch die von Antonius ausgesandten Häscher. Er hatte mit dem älteren Bruder dieselbe Erziehung und Bildung in Rom empfangen, und in Athen ebenfalls einige Zeit philosophischen Studien halber verweilt, auch die Schwester des dort weilenden, seinem Bruder so befreundeten römischen Ritters Pomponius Atticus geheirathet (wohl nach 686 u. c.), später aber (um 710) nach manchen häuslichen Zwistigkeiten von ihr sich getrennt. Gleich dem Bruder ergriff auch er die politische Laufbahn, er ward Aedilis (689 u. c.), Prätor (692) und verwaltete dann die Provinz Asien drei Jahre lang, kehrte (696) nach Rom zurück, und diente später (700 ff.) als Legat Cäsar's in Gallien, ergriff dann (704) mit dem Bruder die Partei des Pompejus, und kehrte, von Cäsar begnadigt, dann nach Rom zurück, wo ihn auch sein Todesgeschick ereilte 10). Wenn auch in geistiger und literärischer Hinsicht nicht so bedeutend wie der ältere Bruder, war er doch ein Mann von einer guten wissenschaftlichen Bildung, der sich im Gebiete der Poesie selbst versucht (s. §. 60 a. not. 7) und auch mit geschichtlichen Studien sich mehrfach beschäftigt hatte.

Im Jahre 1544 soll auf der Insel Zacynth bei der Anlage eines Klosters das Grabmal des Cicero, dessen Asche hier von einem seiner Sclaven beigesetzt worden, nebst einer darauf bezüglichen Inschrift entdeckt worden sein11). Da aber später Alles abhanden gekommen, und weder Stein noch Urne überhaupt jetzt vorhanden ist, so bieten sich erhebliche Zweifel gegen die Aechtheit dieser Angaben dar, um so mehr, als

man mit mehr Grund vermuthen dürfte, dass Cicero's Grabmal, wenn auch nicht auf seiner akademischen Villa 12), so doch weit cher bei seinem Landsitz bei Formiä (Formianum), in dessen Nähe er ermordet ward, gewesen: noch trägt ein an der Strasse von Mola nach Itri befindliches Römergrab den Namen Torre oder Sepolcro di Cicerone, jedoch ohne nachweisbaren, sicheren Grund 13).

1) S. die Stellen Cicero's, gesammelt im Onomastic. Tullian. p. 574 ff., in Schütz Clavis Cic. Ind. historic. I. p. 387 ff., vergl. mit Corrad. Quaest. p. 91 ff. Middleton I. S. 58 ff. Drumann Gesch. Roms VI. p. 685 ff.

2) C. Sagittarii Hist. vitae ac mortis Tulliae, M. T. Ciceronis filiae. Jen. 1679. 4. Hier sind alle vorhandenen Nachrichten über die Tullia zusammengestellt, nebst dem Trostschreiben des Sulpicius an Cicero über den Tod der Tullia (ad Famm. IV. 45) und ausführlicher Erläuterung p. 23 sq. S. auch Histoire de Tullie, fille de Cicéron par une dame illustre (La Marquise de Lassay). Paris. 1726. 12. Abeken: Cicero in s. Briefen p. 287, 319. Onomast. Tullianum p. 596 sq. Drumann VI. p. 606 ff. Teuffel in Pauly Realencyclop. VI. 2 p. 2229 ff. Tullia, Etude de l'antiquité par M. L. Maurin. Nimes und Paris 1857. 8. Gaston Boissier: Ciceron dans la vie privée in d. Revue d. d. mond. 1865. T. LVI. p. 59 ff., vergl. p. 52 ff. Ueber den angeblichen Fund des Grabes der Tullia s. Preller in d. Archäol. Zeit. VIII. (1850) p. 224 (Ausgew. Aufs. S. 437 ff.).

3) S. Plutarch Vit. Cic. 41. Dio Cass. LVII. 15. Nach einer Vermuthung hätte Terentia die Tochter Tullia, die der Vater lieber für Nero, den Vater des Tiberius, gewünscht, zur Ehe mit Dolabella bewogen; und diess sei die Veranlassung des Zwispaltes gewesen, wenn anders, wie es in der That scheint, nicht schon früher, zur Zeit des Exils, Zwistigkeiten zwischen beiden Gatten hervorgetreten waren. Vergl. Orelli Onomastic. Tullian. (VI. 1) p. 82, 90. Eher mag der Grund der Trennung in ökonomischen Rücksichten zu suchen sein; vergl. Teuffel a. a. O. p. 1702 ff. Brückner Leben des Cic. I. p. 825, Gaston Boissier a. a. O. p. 56 ff. Nach einer Angabe des Hieronymus hätte Terentia sich darauf mit Sallustius, dem Geschichtschreiber, verheirathet, s. oben §. 234 not. 21. Als ein Beispiel hohen Alters nennen Valerius Maximus (VIII. 13, 6) und Plinius (Hist. Nat. VII. 49, 48) die Terentia, welche hundertunddrei Jahre alt geworden sei.

4) Plut. Cicer. 41. Cic. ad Att. XII. 13, ad Famm. IV. 14 und daselbst Manutius. Corradi Quaest. p. 210 ff. 212 ff. Fabric. ad ann. 707 p. 276 ff. Funcc. §. 16. Middleton III. (cap. 37) S. 216 ff. Wieland Vorrede z. V. Bd. der Uebersetz. d. Briefe des Cicer. S. X, XI. Abeken a. a. O. p. 318 sq. Drumann a. a. O. p. 694.

5) S. die Stellen bei Snringar Annall. Cicer. p. 768 ff. Die Rückgabe der Dos von Seiten des Dolabella brachte diesen in ein Schuldverhältniss zu Cicero; s. Huschke in d. Zeitschr. f. geschichtl. Rechtswiss. XIV. 1 p. 42 ff.

6) Cicero schrieb bekanntlich an diesen seinen Sohn die Officien im Jahr 710, als Derselbe zu Athen die Philosophie studirte. S. die näheren Nachweisungen über denselben bei Binks De Cicer. Off. p. 8 Nr. 11. Uebelen in s. Uebersetz. der Officien (Bd. XX) p. 1278 sq. Onomastic. Tullian. p. 617 sq. Weichert De L. Varii Carmm. p. 328 ff. Vergl. auch Corradi Quaest. p. 275 ff. Vallembert Vit. Ciceronis filii. Paris. 1578. 8. und c. praef. J. A. Fabricii. Hamburg. 1730. 8. und daraus (Macé) Histoire de quat. Cicerons. Hag. Comit. 1715. 8. (vergl. J. A. Fabric. Bibl. Lat. I. p. 141, 142). Middleton IV.

S. 375 ff. J. H. L. Meicrotto, Schilderung der Erziehung, die C. seinem Sohn gegeben. Berlin 1764. 8. A. W. Zumpt Commentt. Epigraphicc. (Berolin. 1850) p. 46. Drumann a. a. O. VI. p. 711 ff. Teuffel a. a. O. p. 2232 ff. M. T. C. le fils. Etude par M. L. Maurin. Nimes 1859. 8. Gaston Boissier a. a. O. p. 62 ff.

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7) S. Appian B. C. IV. 51 und die Inschrift bei Orelli Inscr. Coll. 572 (Mommsen zu dem Monum. Ancyr. p. 114). Im Uebrigen s. Seneca Suasor. VII. p. 57 (p. 44 Burs.), und daselbst die Worte: nam cum M. Tullius filius Ciceronis Asiam obtineret, homo qui nihil ex paterno ingenio habuit, praeter urbanitatem, coenabat apud eum Cestius. M. Tullio et natura memoriam dempserat et ebrietas, si quid ex ea supererat, subducebat“ etc.

8) In zwei neuerdings zu Paestum aufgefundenen Inschriften, die an der Basis von Statuen sich befanden, kommt ein M. Tullius Cicero M. F. vor; nach Borghesi wäre hier an Nachkommen des L. Tullius, des Vaters des Redners, zu denken; s. Münchner Gel. Anz. 1853 Nr. 75 p. 606.

9) S. unten §. 341 N. III. Vergl. Corrad. p. 278. F. Fabric. Vit. Cicer. p. 323 ff. Middleton IV. S. 387 ff. Onomastic. Tullian. p. 619 sq. Abeken a. a. O. p. 286 seqq. Guil. Pütz: De Quinti Tullii Ciceronis vita et scriptis. 1833. 4. Marcodur. (Düren). C. H. Blase: De Q. Tullii Ciceronis vita. Bedburg 1848. 4. R. Bergmann im Philolog. II. p. 673 ff. Drumann a. a. O. p. 710 ff. Teuffel a. a. O. p. 2234. (Napoléon) Hist. de Jul. César II. p. 569.

10) S. die Angaben darüber bei Plut. Vit. Ciceron. 47. Appian. B. C. IV. 20. Dio Cass. XLVII. 10.

11) Sepulcri facies Cic. paucis ante annis in Zacyntho insula reperti et a Desider. Lignamineo in lucem editi. Venet. 1547 (auch in: B. C. Struvii Bibl. libr. variorr. Theca. Jen. 1719. 4. p. 139 sq.). Die Inschrift steht auch bei Gruter. Inscrr. 836, 9. S. dagegen Fr. Fabric. Vit. Cicer. in fin. und das daselbst Angeführte. Ein holländischer Reisender Jan von Balen will 1545 dieses Grabmal noch gesehen haben, das aber Spon nicht mehr sah. Dagegen will Jan Cootwyk im Anfang des siebenzehnten Jahrhunderts in Venedig dasselbe erblickt haben; vergl. Burmann ad Antholog. Lat. I. p. 348. S. jetzt Kruse Hellas II. 2 S. 430 ff.

12) Nach Plin. Hist. Nat. XXXI. 2 (3), wo Plinius der nach dem Muster der Akademie angelegten Villa des Cicero gedenkt: ,,in qua et monumenta sibi instauraverat". (Es ist das Puteolanum, s. §. 296, gemeint.) Turneb. Comment. in Cicer. Acadd. Quaestt. I. ab exord. Westphal: röm. Campagna §. 70. Drumann a. a. O. p. 380 ff.

13) S. Reumont: Beiträge z. Ital. Gesch. III. p. 140 ff. 157. Eine Abbildung des Grabes bei Forsyth Vol. II.

§. 296.

Cicero war von Gestalt 1) lang und schlank, sein Blick ernst und würdevoll; sein Körper von Natur zwar schwächlich, jedoch durch strenge Diät und eine mässige, geordnete Lebensweise gestärkt, um grössere Anstrengungen ertragen zu können. Von Charakter 2) war Cicero liebenswürdig; bei einer grossen Heiterkeit und viel Witz 3) im Umgang und im geselligen Leben, bewies er stets grosse Anhänglichkeit an

seine Familie und Freunde, gegen letztere insbesondere viel Edelsinn und Grossmuth; ihnen war stets sein Haus geöffnet; nie haben gemeine Leidenschaften, Bosheit, Neid, Geiz, Verschwendung u. dgl. seine Seele befleckt; obschon nicht reich, wie ein Lucullus oder Crassus, besass er doch so viel, um mit dem Glanz und der Würde zu leben, die seine Stellung im Leben und sein Ansehen im Staat erheischte *); zahlreiche Landsitze 3), in den anmuthigsten Gegenden Italiens gelegen, gewährten Ruhe und Erholung von den Geschäften des Forum und der Curie zu wissenschaftlicher Thätigkeit. Wir nennen nur Tusculanum 6) in der Nähe von Rom, daher auch als suburbanum bezeichnet, ein Lieblingsaufenthalt des Cicero, mit der herrlichen Aussicht auf das Meer, einige andere 7), mehr nach dem Meere zu oder an diesem gelegene, wie die Villa bei Antium (Porto d'Anzo), mit einer bedeutenden Büchersammlung, dann weiter südwärts an der Küste bei Astura, bei Formiae (im innern Winkel des Golfs von Gaeta) das Formianum ), in dessen Nähe er ermordet ward, bei Cumă, bei Pompeji, bei Puteoli das Puteolanum 9), angelegt nach dem Plane der Akademie bei Athen und noch später bekannt durch die Beisetzung des zu Bajae gestorbenen Kaisers Hadrian, ehe die Asche in das von ihm erbaute Mausoleum zu Rom (Engelsburg) gebracht ward; dazu kommt noch das väterliche Gut in der Nähe von Arpinum (§. 294 not. 1), das (seinem Bruder Quintus zugehörige) Gut zwischen Aquinum und Arpinum, südlich von demselben Villa Arcana oder Arcanum 10), wo jetzt Arce oder Rocca d'Arce liegt, und mehrere kleinere, zur Einkehr und zeitweisem Aufenthalt bestimmte Wohnungen 11). Zu dieser, dem römischen Charakter eigenen Liebe für das Landleben gesellte sich bei Cicero auch noch hinzu eine, seine Vermögensverhältnisse zum Theil selbst überschreitende Liebhaberei für Bauten wie selbst für Werke der Kunst 12), zunächst der plastischen, für Statuen, Büsten u. dgl., mit denen er seine Villen auszuschmücken suchte. Bei diesen Eigenschaften und hohen Tugenden wird Cicero um so mehr Nachsicht verdienen, wenn wir auch ihn von menschlichen Schwächen nicht frei erblicken 13), wenn wir namentlich bei ihm oft Mangel an Umsicht und an Kraft im Handeln, Muthlosigkeit und Kleinmuth bei Unfällen, Liebe

zum Ruhm oder eine gewisse Eitelkeit antreffen, die in dem stetigen Lob der eigenen Handlungen sich gefällt 14), und ihm einerseits manche Feinde zugezogen, andererseits aber bei seinem beweglichen Charakter ein gewisses Schwanken, eine Unentschiedenheit, ja selbst Zweideutigkeit 15) in seinem Benehmen hervorgebracht, oder ihn in einen Zustand von Feigheit und Schwäche versetzt hat, die er sich selbst nicht verbergen honnte 16). So wenig man diese Schwächen, die dem durchaus ehrenhaften Charakter des Mannes anklebten, sich verhehlen kann, so wird man doch auf der andern Seite sich wohl zu hüten haben, ein so unbedingtes Verdammungsurtheil über die Person und den Charakter des Cicero auszusprechen, wie solches in neuester Zeit von Männern ausgegangen ist 17), welche den politischen wie den moralischen Charakter desselben, um von dem wissenschaftlichen nicht zu reden, einer eben so gehässigen als ungerechten und unbegründeten Beurtheilung unterzogen und ihm Härte und Rachsucht, Mangel an aller politischen Einsicht, wie an wahrem Ehrgefühl und an Achtung für Wahrheit und Recht, Selbstsucht u. dgl. m. vorgeworfen und damit Schlechtigkeit als den Grundzug seines Charakters dargestellt haben. Wenn eine solche Beurtheilung sich selbst richtet und keiner weiteren Widerlegung bedarf, wie sie jeder Unbefangene in den Schriften des Cicero und selbst in den Urtheilen seiner Zeitgenossen finden kann, so werden wir vielmehr, wenn es sich um eine gerechte Beurtheilung des Mannes und seiner Leistungen, wie seines Charakters handelt, wohl zu berücksichtigen haben, wie Cicero aus einer italischen Landstadt, ohne nähere Familienverbindungen unter den Grossen Rom's, bloss durch seine eigenen Talente, durch eigene Kraft und Thätigkeit zu der hohen Stufe gelangt war, auf der wir ihn, als einen der einflussreichsten und bedeutendsten Männer Rom's, insbesondere vor Cäsar's Dictatur und selbst noch nach Căsar's Tod wieder antreffen. Und wenn ihm nun gerade in dieser Beziehung, als Staatsmann, Mangel an Einsicht in den Gang der politischen Ereignisse vorgeworfen werden kann 18), insofern er wähnte, durch eine Empfehlung der früheren republikanisch-aristokratischen Verfassung und möglichstes Festhalten an derselben, dem Staate in einer Zeit zu nützen, wo

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