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einer Handschrift zu Verona entdeckte 20), von welcher er eine jetzt zu Florenz gleichfalls befindliche Abschrift nahm, die, bei dem Untergang jener Handschrift selbst, jetzt unsere einzige und letzte Quelle für den Text dieser Briefe bildet 21), auf deren Werth und Bedeutung in historischer Hinsicht schon oben (§. 339 22) hingewiesen worden ist. Es herrscht auch im Ganzen bei dieser Sammlung mehr die chronologische Folge der Briefe vor, und ausser den neun Briefen des ersten Buchs, die vor Cicero's Consulat fallen, erhalten wir hier eine Reihe von Briefen von 693-710 u. c. Auch dieser Sammlung sind einige Briefe des Cicero an Plancus, Capito und Cupiennius beigefügt. Wenn auch in Sprache und Ausdruck diese Briefe etwas lässiger gefasst und minder gefeilt erscheinen, wie die Briefe der andern Sammlung, von welchen manche von vornherein für die Oeffentlichkeit bestimmt waren, namentlich manche der grösseren, welche als Sendschreiben zu betrachten sind, auf deren stilistische Fassung grössere Sorgfalt und mehr Feile verwendet ward, so wird diess kaum befremden können, wenn wir erwägen, dass diese Briefe an den nächsten und vertrautesten Freund gerichtet sind, bei deren Abfassung der Schreibende sich mehr gehen lässt, aber auch, was den Inhalt betrifft, mit um so grösserer Offenheit und ohne allen Rückhalt über Alles sich ausspricht, seine vertrautesten Gedanken mittheilt und uns damit einen Blick in sein Innerstes eröffnet, wie wir es aus keiner seiner andern Schriften kennen zu lernen im Stande sind. So vermögen wir in diesen Briefen, neben ihrer grossen historischen Bedeutung, auch gewissermassen Selbstbekenntnisse des Cicero zu erkennen, die zur Beurtheilung seines Charakters wie seiner ganzen politischen und literarischen Thätigkeit von der grössesten Wichtigkeit sind.

1) Ep. ad Attic. XVI. 5: mearum epistularum nulla est ovruyor, sed habet Tiro instar septuaginta. Et quidem sunt a te quaedam sumendae. Eas ego oportet perspiciam, corrigam: tum denique edentur", vergl. mit der Aeusserung in einem Briefe an Tiro (XVI. 17): „Video quid agas. Tuas quoque epistolas vis referri in volumina. Sed heus tu, qui Kavor esse meorum scriptorum soles" etc. S. Lion Tironiana (in Seebode's Archiv I. p. 252 ff. oder) p. 13, 14 ed, sec. Im Uebrigen vergl. Weiske a. a. O. p. XIX ff. Drumann Gesch. Rom's VI. p. 409. Nake a. gl. a. O. p. 30. S. oben §. 219 not. 3.

2) S. Bruno Nake: Historia critica M. Tulli Ciceronis epistularum (Bonnae 1861. 8) p. 32 ff. 37.

3) Die Belege zu den einzelnen hier angeführten Briefsammlungen aus einzelnen Anführungen späterer Schriftsteller oder Citaten der Grammatiker, namentlich des Nonius, s. in der Zusammenstellung bei Nake p. 10 ff. und in den Fragmentensammlungen, die den Ausgaben der Werke Cicero's beigefügt sind, bei Nobbe p. 1137 ff., bei Orelli Vol. IV. P. II. p. 461 ff., bei Klotz P. IV. Vol. III. p. 249 ff. Ein grösserer Brief an Pompejus über seine consularische Amtsführung wird in den ambrosian. Scholien zu Cic. pro Planc. 34 (p. 113 ed. Mai, p. 270 Orell.) erwähnt; s. auch den Excurs. XVII von Garatoni zu dieser Stelle p. 291 ed. Orell.

4) Diess ist aus Plutarch Vit. Ciceron. 24 ersichtlich.

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5) S. Fabric. Bibl. Lat. I. p. 171 ff. Was die Aufschrift betrifft, kommt in der Handschrift selbst bei den Subscriptionen der einzelnen Bücher nur die Bezeichnung Epistolae vor, mit Beifügung des Namens dessen, an welchen der Brief gerichtet ist, und damit stimmt auch überein die Art und Weise, in welcher von Grammatikern und Anderen Stellen aus diesen Briefen angeführt werden, so wie die Aufschrift der ältesten Ausgaben dieser Briefe, wie der Römischen von 1467 ff., während die Venetianer Ausgaben von 1471 an die Bezeichnung Epistolae Familiares enthalten, die auch in jüngeren Handschriften (wie z. B. in zwei Palatini. jetzt zu Rom. in dem Cod. Rhedigeran. zu Breslan) vorkommt und ihren Grund in der oben §. 338 not. 10 bemerkten Eintheilung der Briefe zu haben scheint; erst später kommt die Bezeichnung Ad Familiares vor, die insbesondere seit der Ausgabe des Lambinus von 1585 üblicher geworden ist; noch später, zuerst in der Ausgabe des Cellarius von 1698 kommt die Bezeichnung Ad diversos vor, welche nicht einmal sprachlich richtig erscheint und aller Autorität entbehrt. Schon Victorinus erkannte richtig, dass nur die Bezeichnung Epistolae als die ursprüngliche gelten könne, eben so Gebhard; s. ihre Bemerkk. zu Epist. I. 1 (in d. Ausgg. von Verburg, Grävius u. A.) und vergl. die Zusammenstellung von Martyni Laguna in den Jahrbb. d. Philol. Suppl. II. p. 249 ff. und in dem Ind. Lectt. von Zürich 1840 (von J. C. Orelli) p. 26 ff.; er schlägt selbst vor: Ciceronis et clarorum virorum epistolae; Nake in den seiner Abhandlung (s. not. 2) angehängten Thesen schlägt vor: Epistulae electae.

6) S. Bandini Catal. Codd. Latt. biblioth. Laurent. T. II. p. 466 ff. und Haupt in dem Ind. Lectt. Berolinn. 1856-1857. 4. p. 1-6. Ueber die Handschrift selbst s. die Beschreibung bei Bandini p. 460 und Orelli a. gl. a. O. p. XIV ff.; die Stellen Petrarca's über seinen Fund s. ebendaselbst p. XII ff. und vergl. Hofmann in s. Ausg. ausgewählter Briefe Cicero's I. (zweit. Aufl. 1865. 8. Berlin.) p. 14 ff.

7) Diess hat Orelli zu erweisen gesucht in der Historia critica Epist. Cic. ad Famill, vor dem Text in der 2ten Ausg. Vol. III. P. I., vergl. mit Praefat. ad Cic. Philipp. p. VII und in Jahrbb. d. l'hilol II. p. 231 ff. gegen Wunder Varr. Lectt. Cic. e cod. Erf. p. XCIV ff. Eine kurze Notiz von C. E. Ch. Schneider im Vorwort zum Ind. Lectt. von Breslau 1832-1833. 4. Vergl. noch A. Sadolinus Wesenberg Emendd. T. Cicer. Epist. (Havn. 1840. 8.) p. 3 ff. und Fr. W. Otto Commentt. critt. in codd. bibl. Gissens. P. 16.

8) Es gehören dahin die von Grävius benutzten, jetzt zu Rom befindlichen Codices Palatini, ferner drei Codd. Rhedigerani zu Breslau, andere Codd. zu Dresden, Wolfenbüttel, Erfurt u. s. w. Eine Ausnahme davon macht allerdings ein kleines Turiner Palimpsest; s. Peyron Fragmm. Cicer. p. 179.

9) Lupus schreibt an Ansbandus (Ep. 69 p. 112 um die Mitte des neunten Jahrhunderts): „Tullianas epistolas, quas misisti, cum nostris conferri faciam, ut ex utrisque, si possit fieri, veritas exsculpatur" etc. In dem Verzeichniss der Handschriften zu Lorsch aus dem eilften Jahrhundert (bei Mai

Spicileg. Roman. V. p. 190) werden aufgeführt nach den Officien Cicero's: Epistolarum Ciceronis lib. XVI in uno codice. Epistolae Ciceronis in Quaternionibus. Item Epistolae Ciceronis diversae. Item Ciceronis Epistolarum libri IIII in uno codice."

10) S. das Nähere bei Orelli a. a. O. p. XII.

11) S. die nähere Ausführung in der not. 2 angef. Schrift von Nake von p. 5 an bis p. 16. Auf Excerpte, aus den Briefsammlungen des Cicero gemacht, weist schon die Stelle des Fronto p. 107 Nab. hin.

12) Bei Nake a. a. O. p. 27.

13) Vergl. Nake p. 19, 22 ff.

14) Vergl. Fabricius I. p. 231 und die Einleitungen und Erörterungen der verschiedenen Herausgeber der Briefe zu den einzelnen Briefen, namentlich des Manutius, Cellarius (s. auch Dessen Hist. explicandis epp. Ciceronis accommodata bei Fabricii Vita Cicer. ed. Heusinger 1727), Wetzel, MartyniLaguna (zu den sechs ersten Büchern) u. A.

15) S. die Ausgabe der Briefe dieses Buchs von Suringar p. 99 ff. 121 ff. 161 ff. C. Hermann in der Mantissa critica bei der Disputatio de cansa Serviliana. Gottig. 1853. 4. B. Nake in d. Jahrbb. f. Philol. LXXXIX. p. 61 ff. und in den Symbb. philologg. Bonnenss. p. 373 ff.

16) S. C. Roth in d. Mittheill, d. antiquar. Gesellsch. zu Basel 1852. 4tes Heft. B. Nake: De Planci et Ciceronis epistolis. Berlin. 1866. 4.

17) Andere Briefe dieses Cäcina scheinen verloren: s. G. A. Zimmermann: De A. Caecina scriptore (Berolin. 1852. 8.) p. 26, eben so auch ein gegen Cäsar gerichtetes Libell (s. Cic. Epist. VI. 6, Sueton. Caes. 76, wo es ,,liber criminosissimus" genannt wird) und ein im Exil geschriebenes Buch: iber Querelarum (s. Cic. Ep. VI. 6).

18) S. Fabricius a. a. O. p. 175 und die Einleitungen der verschiedenen Herausgeber, Manutius u. A.

19) Diess ergibt sich gewissermassen schon aus dem Zeugniss des Cornelius Nepos in der §. 339 not. 5 a. Stelle. S. Nake Hist. critic. M. T. Ciceronis Epist. p. 17.

20) S. das Nähere bei Bandini a. a. O. p. 473. J. C. Orelli Hist. crit epistoll. ad Atticum, ad Q. Fratrem et ad Brutum vor dem Text der Briefe (Vol. III der zweit. Ausg.) p. XXXIX ff. Fr. Hofmann: Der kritische Apparat zu Cicero's Briefen an Atticus (Berlin 1863) p. 8 ff. und dazu Detlefsen in d. Jahrbb. f. Philol. LXXXVI. p. 552 ff.

21) S. Orelli a. a. O. p. LIII, LIV. Boot Praefat. s. Ausg. I. p. VIII f. Wie die Pariser Handschriften, so scheinen auch die beiden im Escurial befindlichen Handschriften aus Petrarca's Abschrift oder aus gleicher Quelle zu stammen, namentlich die eine, ältere derselben; s. ausser Boot jetzt auch G. Meutzner in d. Jahrbb. f. Philol. XCV. p. 690 ff. Wenn Orelli noch eine andere Classe von verloren gegangenen Handschriften annimmt, und in dem Cod. Decurtatus, Crusellinus, Tursellianus, deren Lesarten Bosius mittheilt, erkennen will, so ist jetzt nachgewiesen, dass diese Lesarten keine Glaubwürdigkeit verdienen, sondern auf Fälschung beruhen: s. Haupt im Ind. Lectt. Berolinn. (1855. 4.) p. 15. Detlefsen in d. Jahrbb. f. Philol. Supp. N. F. III. p. 111. Hofinann a. a. O. p. 26 ff. Heine in d. Götting. Gel. Anzz. 1868 Nr. 14 p. 521 ff. Ueber einige Blätter einer verlorenen Handschrift des XI-XII. Jahrh. zu Würzburg s. das Nähere bei Halm im Rhein. Mus. N. F. XVIII. p. 460 ff.

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22) S. noch Seneca Epist. 21: „nomen Attici perire Ciceronis epi

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stolae non sinunt" etc. und dazu Hulleman Diatrib. de Pomponio Attico p. 9 ff. Vergl. auch Gaston Boissier in d. Revue d. d. mond. Juin 1863 (T. XLV) p. 528 ff. und in der §. 339 not. 5 a. Schrift. Brétignère: Cicero. Lettres à Atticus. Nismes 1865. 8.

§. 341.

III. Epistolarum ad Quintum Fratrem libri III1), eine Sammlung von neunundzwanzig Briefen an den Bruder Quintus, der damals in Asien Proprätor war, erhalten durch dieselbe Abschrift des Petrarca, welche die Briefe des Atticus erhalten hat, welcher diese Briefe vorangehen, die eine ähnliche, für sich abgeschlossene Sammlung bilden, wie die Sammlung der Briefe an Atticus, auf ähnliche Weise angelegt und der Oeffentlichkeit übergeben worden sind 2). Es fallen die in dieser Sammlung enthaltenen Briefe in die Jahre 694-700 u. c.; Briefe aus späterer Zeit liegen nicht mehr vor, ob absichtlich vertilgt, oder aus politischen Rücksichten in diese Sammlung nicht aufgenommen, wird kaum zu entscheiden sein. Was die Fassung dieser Briefe betrifft, dürfte in Bezug auf Sprache und Ausdruck keine besondere Verschiedenheit von den übrigen Briefen sich erkennen lassen; in Bezug auf ihren Inhalt 3) sprechen sie dieselbe Bedeutung und in manchen Rücksichten selbst eine gewisse Wichtigkeit an, wie diess namentlich von dem ersteren grösseren Briefe der Sammlung gelten kann, welcher über die ganze Provincialverwaltung Cicero's in Kleinasien sich verbreitet, und aller Wahrscheinlichkeit nach eben um dieses, übrigens auch für uns wichtigen Inhalts willen, eine grössere und allgemeinere Verbreitung gewinnen sollte, mithin für die Oeffentlichkeit in jeder Weise bestimmt war.

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Von diesem Quintus Tullius Cicero besitzen wir noch einen längeren, den Werken des Cicero gewöhnlich beigefügten Brief, ein Memoire, an seinen Bruder gerichtet, als Derselbe (690 u. c.) um das Consulat sich bewarb. Diese Schrift, De petitione consulatus) gewöhnlich überschrieben und schon in der ersten Ausgabe der philosophischen Schriften Cicero's zu Rom 1471 abgedruckt, in späteren Ausgaben bald den Briefen, bald den philosophischen Schriften beigefügt, enthält ihrem Inhalt nach Rathschläge an den Bruder, in welcher Weise

und durch welche Mittel er sein Ziel erreichen könne, und bespricht dabei eben so die im Wege stehenden Hindernisse wie die dabei anzuwendenden Hülfsmittel, so dass wir aus ihr Aufschlüsse gewinnen über die ganze Art und Weise der Wahl der höheren Staatsbeamten zu Rom, wie dies sich damals gestaltet hatte, und die Schrift auch von diesem allgemeineren Standpunkt aus für uns Interesse gewinnt. In Stil und Behandlungsweise steht sie den Schriften des Marcus Cicero allerdings nach, so dass von einer Abfassung derselben durch Diesen, der höchstens der Schrift vor ihrem Bekanntwerden in weiteren Kreisen eine letzte Durchsicht gewidmet haben mag, nicht die Rede sein kann.

IV. Epistolarum ad Brutum liber (libri duo) 5). Diese Sammlung, aus achtzehn Briefen bestehend, welche sämmtlich nach Cäsar's Tod geschrieben sind, unter denen aber auch sechs an Cicero von Brutus (Ep. 4, 6, 7, 11, 13, 16) und einer von Brutus an Atticus (Ep. 17) sich befinden, ist durch dasselbe Apographum, wie die beiden vorigen Sammlungen, erhalten und erscheint darin selbst an erster Stelle. Dazu kommen noch sieben später in Deutschland gefundene Briefe des Cicero an Brutus und des Brutus an Cicero, welche zuerst von Cratander in seiner zu Basel 1528 erschienenen Ausgabe aus einer jetzt nicht mehr vorhandenen Handschrift ") sich abgedruckt finden, und in den neueren Ausgaben (von Schütz, Orelli, Nobbe, Klotz, Baiter u. A.) als zweites Buch den andern, durch Petrarca's Abschrift bekannt gewordenen Briefen, welche nun das erste Buch bilden, angereiht worden sind. Dass eine, und zwar ausgedehnte Sammlung von Briefen des Cicero an Brutus in acht Büchern existirt hat, geht, wie schon oben bemerkt worden (§. 340), aus mehreren Anführungen hervor und ist an und für sich wahrscheinlich: aus dieser scheinen allerdings diese fünfundzwanzig Briefe eben so zu stammen, wie die fünf, welche in der noch erhaltenen Briefsammlung (§. 340 I.), Buch XII. 10-14 sich finden und im Ganzen ihrem Inhalt nach von keiner besonderen Bedeutung sind, sonst aber keine besondere Verschiedenheit von diesen fünfundzwanzig Briefen erkennen lassen, auch in ihrer Aechtheit nie bezweifelt worden sind. Dagegen ist die Aechtheit der andern Briefe 7), also dieser ganzen Sammlung zuerst bei

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