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500,000 216) Asse. Dass und warum diese Summen alle gleichmässig als schwere Pfundasse zu verstehen sind, ist schon gezeigt worden. Ausserdem geben sie noch zu folgenden Bemerkungen Anlass. Die gewählten Sätze fallen zwar auch in der älteren Zeit nicht überall mit den Servianischen Classensätzen zusammen, haben aber doch den Zusammenhang mit ihnen, dass sie nach Tausenden. von Assen ausgedrückt sind. Da sie gewissermassen ein Lösegeld für das caput sein sollten, wie auch der Census die politische Bedeutung des caput civis Romani vermögensrechtlich ausdrückte, so war dies ganz natürlich. Zweitens ist zwar im Ganzen ein allmähliches Steigen der Summen mit dem grösseren Reichthum der späteren Zeit nicht zu verkennen. Noch mehr aber richtete sich die Grösse der Mult nach der Schwere des Verbrechens, nach dem Ansehen und dem Stande des Angeklagten und dann auch nach dem Grade der Erbitterung des Anklägers, in wie weit er dieselbe dem Volke als dem Richter mittheilen zu können hoffte. Insbesondere hatten die sehr bald nach Einführung des ganzen Verfahrens hervortretenden, nach Umständen unerschwinglichen Summen unverkennbar den Zweck, den Angeklagten, wenn er nicht lebenslängliches Gefängniss vorzog, zum Exil zu nöthigen 217), und vertraten dann yöllig die perduellio, die man vielleicht in den Centuriatcomitien durchzubringen sich nicht getraute, in späteren Zeiten auch wegen ihrer Härte mehr und mehr vermied, während man mit den kleineren bis etwa zu 10,000 oder 15,000 Assen die letztere kommt auch einmal bei demselben Camillus vor

213) Liv. 37, 58. im J. 555.

214) Schol. Bob. 1. c. im J. 506. 215) Liv. 25, 4. im J. 542. Plutarch. Cato mai. 19.. Die hier genannten zwei Talente machen nehmlich nach der Ausdrucksweise der Griechischen Schriftsteller über Römische Verhältnisse 50,000 Sesterze oder 200,000 Asse aus.

216) Als gesetzliche Mult in der Lex Apuleia für Senatoren vorgeschrieben 654. Appian. de b. c. 1, 29. aber auch wohl unter den 50,000 in Silber (also Drachmen oder Denaren vgl. Zonar. 7, 22.) bei Dionys. 16, 18. als freie Strafe des Postumius um 464 zu verstehen und schon früher auch als freie Mult angedroht dem Camillus Liv. 6, 38. Plutarch. Cam. 39. vgl. Appian. de reb. Ital. p. 39 Schw., wo also Schweighäuser an den Worten ἐζημίωσε πεντήκοντα μυριάσιν keinen Anstoss nehmen durfte. Allerdings aber verwechselte Appian, der hier von dem früheren wirklichen Multprocess gegen Camillus vor seinem Exil spricht, dessen Summe nach Liv. 5, 32. Valer. Max. 5, 3, 2. und Zonar. 7, 22. nicht unwahrscheinlich 15,000 Asse, während Plutarch. Cam. 12. die Summe überhaupt nicht angibt mit der der späteren Multdrohung: ähnlich Dionys. exc. Mai. 13, 5., der aber zehn Myriaden, also 100,000 Asse angibt.

217) Dionys. 13, 5. Eben diese Absicht leuchtet auch schon klar hervor aus der Anklage des Appius Claudius Pulcher auf 120,000 Asse, welche die Tribunen nur wählten, weil ihrer in demselben Amtsjahr wiederholten Anklage wegen Perduellion intercediert war. Schol. Bob. 1. c. In dem Falle bei Liv. 25, 4. geht die Anklage auf 200,000 Asse umgekehrt in einen Perduellionsprocess über.

nur eine politische oder ökonomische Schlappe beabsichtigte, die den Angeklagten seines Einflusses im Staate berauben sollte 218). Durch die Anwendung der ersten Art von Multen vertauschte diese Strafe seit der Zulassung des Exils auch für die perduellio ihren ursprünglichen Charakter einer ihrer Art nach milderen Ahndung für geringere Vergehen immer mehr mit dem einer allgemeinen Strafart für alle schwerere und leichtere Staatsverbrechen.

Eine Beschränkung der Multprocesse nennt Cicero: dass nicht zugleich auf eine multa und eine poena capitis angetragen werden durfte 219). Sie erklärt sich aus dem oben aus anderen Gründen angenommenen unmittelbaren Zusammenhange dieser Multen mit der Anklage wegen perduellio und dient umgekehrt zu dessen Bestätigung. Denn wenn die Mult ursprünglich nichts anderes war als eine vor der Plebejergemeine zu fordernde Composition für den Antrag auf Capitalstrafe, der nur an den comitiatus maximus gerichtet werden konnte, so konnte beides zugleich eben so wenig wie in den Noxalklagen zugleich die litis aestimatio und die noxae datio verlangt werden.

IV. Das Verfahren.

Dafür haben wir zwei Hauptquellen, die schon öfter angeführte Stelle des Cicero aus der Rede für sein Haus 220) und die bei den Schriftstellern, besonders den Historikern erzählten einzelnen Processe dieser Art. Da die erste mehr ex professo und grundsätzlich von der Sache spricht, in den erzählten Processen aber oft nur das anderweitig Interessante hervorgehoben wird, und den

218) Obgleich sie nach Umständen auch zum Exil oder Tode vor Gram führen und so capital werden konnte. Liv. 2, 52. Ea (multa von 2000 Assen) in caput vertit. negant tulisse ignominiam aegritudinemque. inde morbo absumptum esse.

219) Cic. pro dom. 17. (s. die folgende Anm.). Hierauf geht auch der Ausdruck bei Cic. de leg. 3, 3. Quum magistratus iudicassit (nehmlich perduellionem) irrogassitve, per populum multae poenaeve certatio esto. Da jedoch auch das multam irrogare eine sententia lata war Gell. 6 (7), 19, 5., so konnte Liv. 26, 3, 8. auch den Ausdruck capitis vel pecuniae iudicare gebrauchen.

220) Nam cum tam moderata iudicia populi sint a maioribus constituta, primum ut ne poena capitis cum pecunia coniungatur: deinde ne nisi prodicta die quis accusetur: ut ter ante magistratus accuset intermissa die quam multam irroget aut iudicet: quarta sit accusatio trinum nundinum prodicta die, qua die iudicium sit futurum: tum multa etiam ad placandum atque misericordiam reis concessa sunt: deinde exorabilis populus, facilis suffragatio pro salute: denique etiam si qua res illum diem aut auspiciis aut excusatione sustulit, tota causa iudiciumque sublatum est: (c. 18) haec quum ita sint in re (iure constituta cj. Lall.), ubi crimen est, ubi accusator, ubi testes? quid indignius, quam qui neque adesse sit iussus, neque citatus neque accusatus, de eius capite liberis, fortunis omnibus conductos sicarios, egentes et perditos suffragium ferre et eam legem putare?

Erzählern nicht immer eine genaue Rechtskunde beiwohnte, so müssen wir uns vornehmlich an die Stelle des Cicero halten. Ueberhaupt aber beschränken wir uns hier auf Hervorhebung der Hauptmomente, namentlich derjenigen, hinsichtlich deren die bisherigen Darstellungen 221) kein genügendes Resultat geliefert haben.

Diesem Verfahren überhaupt, mochte es auf perduellio oder eine Mult hinausgehen, ist ein einleitendes Vorverfahren eigenthümlich, welches die Schuld des Angeklagten überhaupt betrifft und mit der Feststellung der Strafe, um die es sich in dem Process handeln soll, schliesst. Zu demselben rechnen wir nicht die factischen Voraussetzungen alles Verfahrens, namentlich, dass den Anklägern ein in dieser Weise zu ahndendes Verbrechen so glaubhaft, dass sie zu einer Anklage deshalb schreiten zu dürfen glaubten, bekannt geworden war 222), und dass welche von den mehreren Berechtigten, vielleicht nach genommener Abrede, sich wirklich entschlossen, die Sache durch ein Volksgericht zu verfolgen. Wohl aber gehört dazu im Fall einer perduellio die Legitimation der Volkstribunen durch das schon erwähnte Senatusconsult, welches einen Prätor beauftragte, sie zu Perduellionsmännern zu ernennen. Gewöhnlich nimmt man zwar an, dass dieses nach dem Falle des Coriolan oder doch späterhin weggefallen sei. In der That war es eine innerlich begründete und darum nothwendige Formalität, die freilich als solche in den Berichten der Historiker über einzelne Processe regelmässig nicht erwähnt wird, woraus aber nicht folgt, dass es nicht doch stets gegeben worden sei. Doch fehlt es auch nicht an äusseren Beweisen für die Fortdauer dieser Legitimation nach gesetzlicher Feststellung des Rechts der tribunicischen Anklagen im J. 278. Schon oben Anm. 68 ist angeführt worden, dass die Tribunen im J. 294 ein solches Senatusconsult zu einer Perduellionsanklage gegen erst zu ermittelnde Personen nachsuchten und dessen Erforderlichkeit anerkannt wurde und dass die Behauptung, sie könnten ohne Senatusconsult gegen einen Patricier keine Anklage erheben, noch im J. 301 vorkommt: wobei die Hervorhebung der Eigenschaft eines Patriciers sich daraus erklärt, dass damals solche Anklagen überhaupt noch als nur gegen Patricier denkbar betrachtet wurden. Auch bezog es sich ursprünglich auf eine tribuni

221) Sigon. de iudic. 3, 5...26. Heinecc. Antiquit. 4, 18. §. 35...44. E. B. Schmiedicke de hist. process. crimin. apud Rom. p. 70...92. Geib Gesch. des Römischen Criminalproc. S. 115 flg. Zumpt cit. I. 2. S. 183 flg.

222) Bestand das Verbrechen nicht in einer Beleidigung der Tribunen oder Aedilen selbst oder in einer allgemein bekannten politischen Handlung des Anzuklagenden (vgl. darüber Zumpt cit. I. 2. S. 235), so wird es den Tribunen als der regelmässigen Criminalbehörde denunciiert worden sein, wie vorgeblich in der von Dionys. 10, 9...13. erzählten Geschichte, wirklich in dem von Diodor. fr. lib. 24. p. 346. Tom. 9. ed. Eyr. berichteten Fall heimlicher schändlicher Behandlung Carthagischer Gefangenen durch die Attilier, gegen die deshalb ein Perduellionsprocess angestellt wurde.

cische Anklage überhaupt, weil es immer erst von einem letzten Entschluss der Tribunen abhing, ob sie auf perduellio oder auf Mult anklagen wollten, war jedoch formell auch erst für die Wahl der perduellio und also für den letzten Termin, in dem diese judiciert wurde, nothwendig. Kaum anders, als aus diesem Senatusconsult, wird ferner auch der Bericht des Dionysius 223) über das Verfahren gegen die nachlässige Wachmannschaft, welche 364 die Gallier bei Nacht auf das Capitol hatte kommen lassen, zu erklären sein: Der Senat habe den Tod wider alle beschlossen, das milder gestimmte Volk aber dieses Urtheil nur gegen den Anführer gefällt, das dann mit der gewöhnlichen Strafe wegen Perduellion durch Herabstürzen vom Felsen vollstreckt wurde. In der späteren Zeit erscheinen alle Magistrate in grösserer Abhängigkeit vom Senat, so dass auch die Volkstribunen über wichtige Staatshandlungen erst den Senat zu befragen pflegen. So konnte denn auch bei Perduellionsanklagen in Fällen, wo deren Zulassung ein höheres Staatsinteresse berührte und deshalb lebhaft darüber im Senat verhandelt wurde, der Senat den Impuls dazu geben und das Senatusconsult schon als eine Art Präjudicium des Senats, wie im Falle des Coriolan, erscheinen. Ein anderes deutliches Beispiel dieser Art ist der Uebergang der Tribunen aus einem Mult- zu einem Perduellionsprocess gegen den Steuerpächter Postumius (542) 224). Auch scheint auf einen Fall dieser Art die Erzählung Diodor's von dem Process wider den bekannten L. Apuleius Saturninus im J. 653 zu gehen. Er hatte die Gesandten des Mithridates, welche mit Geschenken zur Bestechung des Senats gekommen waren, misshandelt, sie klagten über ihn, es gab wegen der Verletzung der Gesandtenwürde einen Process von hohem politischem Interesse. Davon heisst es nun, Saturninus sei von den Senatoren auf den Tod angeklagt worden, als denen, welche über dergleichen zu richten hätten 225), und habe seine Freisprechung

223) Exc. 13, 12. Allerdings hat diese Darstellung nur als Ansicht derer, welche sie gaben, Werth. Denn das historische Factum angesehen, begreift man nicht recht, wo damals der Senat zum Beschluss und das Volk zum Gericht über die perduellio sich versammeln konnte. Daher die andere Tradition, der schuldige Wachmann sei von dem Militärtribunen Q. Sulpicius militärisch mit jener Strafe belegt worden. - Liv. 5, 47, 9. 10. Plut. Cam. 27.

224) Liv. 25, 4, 7. Haec quum ab optimo quoque pro atrocitate rei acta essent, vimque eam contra remp. et pernicioso exemplo factam senatus decresset, confestim Carvilii tribuni pl. omissa multae certatione rei capitalis diem Postumio dixerunt.

225) Fragm. lib. 36. p. 171. Tom. 10. ed. Eyr... ὁ δὲ Σατουρνίνος θανάτου κατηγορούμενος ὑπὸ τῶν συγκλητικῶν, ὡς ἂν ἐκείνων δικα ζόντων τὰς τοιαύτας κρίσεις u. s. W. Auch nachher klagt Saturninus Beim Volk: καὶ τοὺς αὐτοὺς ἔχειν ἐχθροὺς τε καὶ κατηγόρους καὶ κριtás. Möglich übrigens, dass die Tribunen selbst, welche die Anklage unternahmen, die Sache auch zuerst im Senat zur Sprache brachten, wie in dem Falle bei Liv. 43, 8.

in dem Volksgericht nur seinen demüthigen Bitten und Klagen über den parteiischen Senat bei dem in vielen Myriaden zum Gerichtstage herbeigeeilten Volke zu verdanken gehabt. Man sieht, es ist von einem Perduellionsprocesse die Rede, auf dessen Anstellung aber der Senat selbst als der Wächter über das Gesandtenrecht drang, so dass hier die Initiative zu dem Senatusconsult ausnahmsweise wenigstens materiell nicht von dem anklagenden Tribunen, sondern vom Senat selbst ausging. Man kann gegen die Nothwendigkeit des Senatusconsults auch nicht den Fall einwenden, dass der Tribun P. Rutilius, welcher von den damaligen beiden Censoren beleidigt war, diese deshalb gleich am folgenden Tage wegen perduellio anklagte 226). Sicher hatte er zwar bis dahin noch kein Senatusconsult wegen Ermächtigung zweier Tribunen zur perduellionis iudicatio erlangen können. Aber dessen bedurfte es auch erst nachträglich für den Tag, wo er wirklich perduellionem iudicabat und der Tag für die Hauptverhandlung anzusetzen war 227).

Auch die Aedilen mögen später für Multprocesse die Anregung oft durch den Senat erhalten oder selbst eine Vorberathung in ihm veranlasst haben 228). Ausserdem aber hatten sie von jeher kein eigenes Recht, das Volk zu Comitien zu versammeln, da sie für alles Persönliche, namentlich das Gerichtswesen, blosse Diener oder Gehülfen der Tribunen waren 229), und so wird das Gesetz

226) Liv. 43, 16. vom J. 585.

227) Ohne allen Grund nimmt Zumpt cit. I. 2. S. 273 eine Aenderung des Verfahrens nach dem zweiten Punischen Kriege darin an, dass der anklagende Tribun, wenn er perduellio beabsichtigte, gleich von Anfang an vor den drei Anklagen den Tag vom Prätor erbeten habe.

228) So erklärt sich am natürlichsten, dass Plutarch (Marc. 2) dazu kommen konnte, den Mult- und Volksprocess gegen den Volkstribunen Scantinius Capitolinus (Valer. Max. 6, 1, 7.) in den Senat zu verlegen. Die geheiligte Würde des Angeklagten führte diese Vorverhandlung ganz natürlich herbei. Ganz verschieden von dieser Einwirkung des Senats ist die von Polyb. 6, 13. hervorgehobene, dass er wegen wichtiger Verbrechen in Italien, Verrath, Verschwörungen, Giftmischerei, Mord, das Nöthige wahrnahm, indem er einen Magistrat mit Imperium zu einer quaestio pro imperio gegen welches ausserhalb Roms keine provocatio und appellatio galt beauftragte, Liv. 39, 14. 41. 40, 37. Valer. Max. 4, 7, 1. Vellei. 2, 7. oder, wie schon früher einmal geschah, durch Plebiscit beauftragen liess, welches letztere denn auch in Rom die Appellation und Provocation durch ausdrückliche Bestimmung ausschliessen konnte, Liv. 4, 50. 51., wozu sonst ein beauftragter Dictator diente Liv. 9, 26. (Ungewiss und grossentheils fabulos ist der Fall bei Liv. 8, 14. Valer. Max. 2, 5, 3. Augustin. de civ. Dei 3, 17. Oros 3, 10.) Vgl. hierüber Zumpt cit. I. 2. S. 95 flg. 211 flg., der aber Manches unrichtig beurtheilt und diese Behörden zum Theil mit den quaestores parricidii verwechselt.

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229) Dionys. 6, 90. Zonar. 7, 15. Auch kommen die Aedilen nicht unter den Magistraten mit selbständigem ius cum plebe vel populo agendi vor Cic. de leg. 3, 4, 10. Bei Gell. 7 (6), 9, 2. muss man statt

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