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in den Schatz irgend einer Gottheit fielen. Sie standen vielmehr ganz ähnlich wie die wirklichen Staatsfeinden abgenommene Beute 349), zunächst in einem persönlichen Verhältniss zu dem Rächer des Verbrechens, der sie als Magistrat und daher, den Geldkörpern nach, auch in das öffentliche Aerar einzog, aber so, dass er sie nach seinem Gutdünken auf irgend eine Weise den Göttern zu Ehren verwenden konnte 350). Dieser Verwendung, welche ohne Zweifel von den pontifices in der Stadtchronik bemerkt wurde, verdanken wir wahrscheinlich die Kunde von vielen Multprocessen. Besonders von den ädilitischen Multen, die weiter keine Merkwürdigkeit darboten, weil sie meistens gemeine Verbrechen unausgezeichneter Bürger ahndeten, wird von den alten Schriftstellern. sehr häufig gemeldet, dass davon (ex pecunia multaticia, ex aere oder argento multaticio) 351) seltener Spiele zu Ehren des Jupiter oder irgend einer, am häufigsten einer plebejischen Gottheit aufgeführt, gewöhnlich aber heiliges Geräthe zu gottesdienstlichem Gebrauch oder Bildwerke, Schilder u. dgl. zur Ausschmückung der Tempel angeschafft oder neue Tempel erbaut oder vorhandene erweitert und verschönert oder Wege zu ihnen angelegt wurden 352).

Fluche sichern, der auf ihr fortdauernd gelastet haben würde, wenn dieser Theil nicht zu Ehren der Gottheit verwandt worden wäre.

349) Auch diese wurde, wenn sie nicht den Soldaten überlassen war, als manubiae d. h. das aus ihrem Verkauf gelöste Geld vom Feldherrn in den öffentlichen Schatz gebracht und zu Ehren der Götter verwandt. Nur geschah das letztere nothwendig blos, wenn der Feldherr einer Gottheit für den Sieg einen Tempel oder dergleichen gelobt hatte, und blieb im Uebrigen pecunia publica (daher Cic. agrar. 2, 22.... neque in publicum relatum est, neque consumptum monumento), während die irrogierte Mult schon von selbst stets an die Stelle des sacrum caput trat.

350) Beide Beziehungen werden in den Quellen hervorgehoben. Die dem Zweck nach sacrale z. B. von Plutarch. Marcell. 2. nai zeńμacıv ἐζημίωσαν Καπετωλίνον, ἐξ ὧν ὁ Μάρκελλος ἀργυρᾶ λοιβεια ποιησάμε νος τοῖς θεοῖς καθιέρωσεν. Die unmittelbar publicistische von Liv. 10, 23. Eodem anno Cn. et Q. Ogulnii aediles curules aliquot foeneratoribus diem dixerunt: quorum bonis multatis, ex eo, quod in publicum redactum est, aenea in Capitolio limina . . . . posuerunt. Aehnlich steht auch Liv. 4, 21. (oben Anm. 129) mit Rücksicht auf den Verkauf des consecrierten Vermögens de bonis publicandis statt consecrandis. Dagegen wird auch die pecunia muitaticía der publica entgegengesetzt. Plin. H. N. 33, 1, 6. Et cum ad id pecunia publica non decerneretur, ex multaticia foeneratoribns condemnatis aediculam aeream fecit.

351) Der letzte Ausdruck, welcher erst später (zuerst Liv. 27, 6, 19. vom J. 544) vorkommt, setzt voraus, dass die in aes irrogierte Mult in Silber gezahlt war.

352) Liv. 10, 23, 11. 31, 9. 33, 9. 24, 16, 19, 27, 6, 19. 30, 39, 8. 31, 50, 2. 33, 25, 3. 42, 10. 34, 53, 4. 35, 10, 12. 38, 35, 5. 6. Plin. H. N. 33, 1, 6. Donat. Inscr. 263, 1. Murator. 610, 1.

Aehnlich wie in Rom wurden auch in anderen namentlich Oskischen Städten Italiens und in den daraus hervorgegangenen Municipien die Multgelder verwandt 353).

353) Vgl. die Nolanischen Weihinschriften mit aragetud multas in den Oskischen Sprachdenkm. S. 163. 165., von denen die eine unter den Trümmern eines Tempels gefunden ist; desgl. die Cap. I. Anm. 294. 327. erläuterten Inschriften aus Pompeji und Firmum, von welcher letzteren Maffei, Mus. Veron. 469, 2. bemerkt, dass sie die Spuren von drei Klammern an sich trage, mit welchen sie unter dem gegebenen Gegenstande befestigt gewesen sei. Ob zu Ehren eines angeblichen Iupiter Stigius, ist, allerdings problematisch (vgl. Mommsen cit.). Um nichts zu übergehen, vgl. man noch Inscr. Palerm. p. VI., wo unter einer lückenhaften Inschrift EX MVLTIS steht. Doch vermag ich über dieses Citat, welches ich mir früher gemacht habe, jetzt keine nähere Rechenschaft mehr zu geben.

Drittes Capitel.

Die auf Gesetzen beruhenden Multen und geschichtlicher Ueberblick über die ganze vom Volk verfügte

multa.

Im ersten Capitel ist gezeigt worden, dass die steigende Mult seit Anfang der Republik nicht blos Gegenstand der Gesetzgebung wurde, um die Willkür der Magistrate hinsichtlich derselben zu beschränken, sondern dass bald nachher auch Multen dieser Art den Magistraten in Gesetzen zur Bestrafung gewisser Contraventionen oder zur Erzwingung gesetzlicher Vorschriften aufgegeben wurden. Etwas Aehnliches ereignete sich mit den multae irrogatae. Nachdem diese als ein freies legislativ-processuales Strafrecht der plebejischen Behörden aufgekommen waren, lag es nahe, dass die Gesetzgebung sich auch ihrer als eines Strafmittels für bestimmte Arten von Vergehen bemächtigte, die schon an sich von den plebejischen Behörden durch Multprocesse verfolgt werden konnten, bei denen aber die Richtung auf ius aequum in der zweiten Periode es mit sich brachte, das Strafmass zu fixieren, oder doch die völlige Willkür der Behörden hinsichtlich desselben einzuschränken. Mit der freien multae inrogatio im Gegensatz zur multae dictio haben sie das gemein, dass das so zu bestrafende Vergehen als ein Verbrechen gegen den Staat selbst aufgefasst wird und materiell eben so verschiedenartig sein kann, wie bei der ersteren. Eigenthümlich ist ihnen aber im Allgemeinen, dass sie theils nur für Uebertretungen des Gesetzes, welches sie vorschreibt, theils abgelöst von ihrer ursprünglichen Beziehung zur perduellio als eine selbständige Strafe auftreten und daher auch hinsichtlich der Competenz der Behörden nicht auf diejenigen beschränkt sind, welche das Recht der anquisitio hatten. Im Uebrigen sind zwei Hauptarten von gesetzlichen Multen zu unterscheiden: solche, welche den Magistraten zwar in beliebiger Höhe zu irrogieren verstattet

wird, aber doch mit einer relativen Beschränkung, und solche, welche ohne irrogatio vom Gesetz in einer festen Summe vorgeschrieben werden. Eine dritte Gattung: Vorschrift einer bestimmten Multsumme mit Hinzufügung einer relativen Beschränkung, ist nur aus jenen beiden Hauptgattungen gemischt. Eine gewisse Aehnlichkeit der ersten und dritten Gattung bei der ersten auch eine formelle mit den späteren prätorischen formulae actionum cum (incerta) taxatione, z. B. der actio peculio ist auch sonst schon bemerkt worden 1). Obgleich die beiden Hauptgattungen ziemlich gleichzeitig entstanden sein mögen, so sprechen wir doch von der ersten auch zuerst, weil sie von der ursprünglichen multae irrogatio am wenigsten abweicht.

Beispiele derselben haben sich nur in einigen Fragmenten von Römischen Gesetzen erhalten, deren Worte wir hersetzen wollen:

Lex Silia de ponderibus bei Fest. p. 246. v. Publica pondera 2): Si quis magistratus adversus hac d. m. pondera modiosque vasaque publica modica minora maiorave faxit, iussitve fieri, dolumve adduit, quo ea fiant, eum, quis volet magistratus multare q. v. p. (quantam volet pecuniam)3) dum minore parti familias taxat liceto; sive quis in sacrum iudicare voluerit, liceto.

Die unbenannte Römische Lex auf der Rückseite der Bantischen Tafel1), welche nach Mommsen's Text und mit dessen Ergänzungen 5) so lautet:

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7 Sei tribunus) pl(ebei), q(uaestor) III vir cap(italis) III vir a(greis) d(andeis) a(dsignandeis), ioudex, quei ex hace lege plebeive scito factus erit, senatorve fecerit gesseritve, quo ex hace lege quae fieri oporteat, minus fiant, quaere ex h(ace) lege) facere oportuerit oportebitve non fecerit sciens d(olo) 9 m(alo) seive advorsus hance legem fecerit | sciens dolo) m(alo), multa tanta esto HS... n(ummum) et 6) eam pecuniam quei volet magistratus exsigito. sei postulabit quei petet, pr(aetor) 10 recuperatores

1) I. Huschkii Anal. litterar. p. 263.

quos

2) Ich gebe die Worte mit den Verbesserungen in meiner iurispr. antei. p. 10. Gelegentlich noch zu dem früheren Theile derselben Lex die Bemerkung, dass statt des sinnlosen utei coaequetur sedulom zu lesen ist: utei coeret pr. se dolo m. Das Gesetz musste seine Vorschrift an einen bestimmten oberen Magistrat richten und dieser war für den inneren Verkehr naturgemäss der Prätor schlechthin d. h. der städtische. 3) Die Buchstaben der Handschrift tur so zu verändern und aufzulösen, habe ich schon in den Krit. Jahrb. für deutsche R. W. Bd. 6. S. 299 vorgeschlagen.

4) Wahrscheinlich aus den Jahren 625-636. Meine Osk. Spr. S. 62. 5) Im C. I. L. I. 197. p. 45.

6) Richtiger, wie auch Bruns Zeitschr. f. R. G. III. S. 365 meint nach Rudorff ad leg. Acil. p. 493 is populo HS.. nummorum) d(are) d(amnas) esto et

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quotque dari oporteat") dato iubetoque eum sei ita pariat condumnari popul(o) facitoque ioudicetur. sei condemnatus erit, quanti condemnatus erit praedes ad q(uaestorem) urb(anum) det aut bona eius poplice possideantur facito. seiquis mag(istra12 tus) multam inrogare volet, | queis) volet, dum minoris partus familias taxsat liceto, eiq(ue) omnium rerum siremps lexs esto 13 quasei sei is haace lege pecuniam quae s(upra) s(cripta) e(st) exegisset).

In beiden Gesetzen (vom letzteren gehört hierher nur v. 11. 12) wird also jedem Magistrate, welcher will, gestattet, wenn eine der angegebenen Personen negativ oder positiv wider das Gesetz gehandelt hat, ihr eine Mult von beliebiger Höhe zu irrogieren, 'wenn er sie nur auf den Betrag der Hälfte des Vermögens des Angeklagten beschränkt' (dum minoris partis familias taxat) 10). Der Unterschied der beiden Gesetze besteht nur darin, dass das erstere blos diese willkürliche multae irrogatio (oder in sacrum iudicatio, wovon später) mit der hinzugefügten Beschränkung als Sanction anordnet, wogegen sie in dem zweiten einer vorher Z. 7...9 vorgeschriebenen bestimmten Geldstrafe alternativ hinzugefügt wird. Der Zweck dieser taxatio ist klar: theils wollte man wenigstens zu Gunsten des Angeschuldigten und relativ eine gewisse Gleichmässigkeit und Billigkeit der Strafe herbeiführen, welche durch Festsetzung einer bestimmten Strafsumme ohne Rücksicht auf den Unterschied zwischen Reichen und Armen verfehlt worden sein würde; theils sollte dem Uebermuth der Magistrate eine Schranke gesetzt werden, welche die multae inrogationes im Widerspruch mit deren eigentlicher Bedeutung, die Capitalstrafe abzuwenden, durch Ansetzung einer übermässig hohen Summe oft genug dazu benutzten, um einen ihnen verhassten Bürger desto sicherer seines caput civis Romani zu berauben. Materiell liegt aber die Capitalstrafe auch im Verlust des Vermögens, der stets mit ihr verbunden ist und später als die nur auf das Sächliche bezügliche Seite derselben auch selbständig verhängt werden konnte. Da nun nach richtiger Römischer Auffassung der grössere Theil

7) Richtiger ergänzt Rudorff ad leg. Acil. 1. c. recuperatores, sei advorsus h(ance) legem) fecerit, neive fecerit quae eum ex h(ace) lege) facere oporteat.

8) Richtiger, da quei überflüssig wäre, quantam. Vgl. C. I. L. I. 603, 15.

9) Vielmehr ersigeret oder statt des ganzen Supplements nur condumnatus esset. Denn exigere heisst (auch v. 10) beitreiben; es soll aber hier gerade vorgeschrieben werden, dass die Beitreibungsmittel [von selbst hier ebenso gelten sollten, wie sonst nach diesem Gesetz, also nach Z. 11.

10) Ueber diese Formel überhaupt s. Anal. litterar. cit. p. 255-258. Hinzuzufügen ist Fronto ep. ad Antonin. Imp. 1, 5: non ut antiquitus multas inrogari mos fuit, mille minus dimidio, wo familiae nur weggelassen ist. Zeitschr. für Civilr. u. Proc. XIV. S. 9.

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