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wicht darauf gelegt, ob die Sache selbst, nicht blosses Geld, an die Staatscasse fallen sollte.

II. Von den Contracts-Multen.

Es fragt sich endlich noch, ob nicht auch durch Contracte Multen festgesetzt werden können. Wenn wir dieses Wort blos in der Bedeutung einer Geldstrafe überhaupt nehmen dürften, dann wäre unsere Frage freilich überflüssig; denn es ist allbekannt, dass man auch eine poena pecuniaria stipulieren oder durch pactum adiectum bei einem anderen Contracte sich gültig ausbedingen kann 143). Aber wir wissen, dass zum Begriff der eigentlichen multa, wenn wir auch von ihrer ursprünglichen Form absehen, stets das Moment gehört, dass sie von einer höheren Macht auferlegt wird und an die Staatscasse fällt. Dieses vorausgesetzt, wird es nun sofort klar, dass durch einen gewöhnlichen Vertrag keine multa entstehen kann. Denn theils steht unter gewöhnlichen Contrahenten oder Paciscenten der eine zu dem anderen nicht im Verhältniss der Unterordnung, welche diesem die Auflegung einer Strafe möglich machte, theils würde die Ausbedingung einer Strafe für den Staatsschatz dem Grundsatz widersprechen, dass Niemandem durch den Contract einer dritten seinem Rechte nicht unterworfenen Person eine Obligation erworben werden kann. Allein es gibt Fälle, in welchen diese Hindernisse der gültigen vertragsmässigen Ausbedingung einer Mult beide wegfallen: wenn der Staat selbst in einem mit einem Privaten abgeschlossenen Vertrage sie festsetzt, oder wenn zwar ein Privatmann, aber so, dass er in dem Geschäft nach dessen Natur nicht blos als solcher, sondern gleichsam als pars populi mit dessen höherer Macht ausgerüstet den Vertrag eingeht.

Betrachten wir zunächst den ersten Fall, so möchte man zwar auch da noch einwenden, die Vertragsform selbst widerspreche der wesentlich superioren und einseitigen Auflegung der Mult mit den herkömmlichen Worten multa esto und der Staat trete dadurch selbst, dass er contrahiere, mit dem Privatmann in das Verhältniss der Coordination. Allein beide Einwürfe halten bei näherer Betrachtung nicht Stich. Dem ersteren können wir nur so viel zugestehen, dass in Form einer Stipulation oder eines ihr ähnlichen Vertrags allerdings auch von Seiten des Staats keine Mult

143) Die Abhandlung de multa poenitentiali in emtione et venditione in I. A. Bachii opusc. coll. Chr. Ad. Klotz Hal. 1767. No. X, welche von dem Reukauf mit arra poenitentialis handelt, gehört daher ungeachtet ihres Titels gar nicht in den Bereich unserer Untersuchung. Manche machen noch jetzt aus dieser in den Quellen nicht erfindlichen multa poenitentialis einen Kunstausdruck, z. B. C. O. Müller Institut. S. 465.

ausbedungen werden kann, weil diese Form ihrer Natur nach 144) dazu dient, ein reipersecutorisches Interesse zu verfolgen oder sicher zu stellen, welchen Charakter auch die poenae stipulatio niemals verläugnet, wogegen die Mult nicht aus dem Interesse des Multierenden, sondern aus dem Vergehen des Multierten entspringt, kraft eines Strafrechts auferlegt wird und eine Strafverpflichtung bewirkt. Allein das Römische Recht kennt eine Form der Verpflichtung, die mit diesem Charakter der Mult sich sehr wohl verträgt; wir meinen die nuncupatio nach dem Satze der zwölf Tafeln: cum nexum faciet mancipiumve, uti lingua nuncupassit, ita ius esto. Denn nach diesem alle Arten von rechtlichen Festsetzungen - zur Verfolgung eines eigenen Vermögensinteresses oder zur Auferlegung einer Strafe umfassenden Satze konnte

eben so neben einem Nexum oder einer Mancipation von demjenigen, welcher so contrahierte, für den Fall eines auf das Vertragsinteresse bezüglichen Vergehens des Anderen ein multa esto ausgesprochen werden, wie in einem Testamente. Dass aber auch in materieller Hinsicht die blosse Vertragsform mit der Festhaltung einer superioren und selbst einer nur einseitig verpflichtenden Natur einer Willensbestimmung nicht unvereinbar ist, kann man staatsrechtlich aus der lex de imperio, durch deren Annahme die Bürger sich der potestas des Rex unterwarfen, völkerrechtlich aus dem foedus iniquum, privatrechtlich aus dem testamentum per aes et libram sehen, welches auch eine wesentlich einseitige Willenserklärung ist, obgleich es in der Form des Vertrags auftritt. Der zweite Gegengrund wird in seiner Unerheblichkeit sofort erkannt werden, wenn man nur daran denkt, dass der Staat nach altem Recht seine eigenthümliche und damit auch obere Stellung gegen Privaten auch in Verträgen keineswegs verläugnete; denn woher sonst jenes Recht, dass, wer vom Staate etwas kaufte oder übernahm, in den Contract stets von selbst als manceps in einer unterwürfigen Stellung gegen ihn eintrat 145), während unter Privaten. nur gewisse Geschäfte über gewisse Gegenstände die Natur eines mancipium hatten, dass eben so der Bürge für Verträge mit dem Staat stets ein praes war und als solcher auch sofort mit seiner Person und seinem Vermögen als bona praedia haftete, während unter Privaten diese Verpflichtungsart auch nur in gewissen Verhältnissen des alten Rechts vorkommen konnte, dass endlich auch in zweiseitigen Geschäften mit dem Staat eigentlich nur der Private und zwar im Imperativ verpflichtet wurde, während der Staat seine Leistung nur im Futurum in Aussicht stellte 116).

144) Sie hat diese Natur deshalb, weil sie den Promissor zum reus macht d. h. durch Fiction so darstellt, als habe er eine res vom Andern empfangen, durch welche er obligiert sei.

145) Fest. ep. v. Manceps p. 128. 151.

146) Dieses zeigen der Puteolanische und der Herakleische Vertrag C. I. L. I. 579. C. I. Gr. 5774.

Nach dieser Nachweisung der Möglichkeit einer vertragsmässigen Mult in dem angegebenen Verhältnisse kommt es nun aber auch darauf an, aus unseren Quellen darzuthun, dass sie auch wirklich zur Anwendung gekommen sei. Schon eine zwar nur poetische, aber sehr deutliche und wegen ihres Urhebers wichtige Anspielung auf eine Contractsmult findet sich bei Plautus Asin. 4, 1. (nach Anderen 4, 3) 56. Dort kommt in einem komischen syngraphum, welches der Parasit für Diabolus in dem Sinne aufgesetzt hat, dass eine Kupplerin für ihr gegebene zwanzig Minen ihm seine amica ein Jahr lang überlassen soll, unter vielen anderen leges' auch folgende vor. Nec mater lena ad vinum adcedat interim Nec ulli verbo male dicat. si dixerit,

Haec multa ei esto, vino viginti dies

Ut careat.

Hier sind freilich Personen, Contractsform und Contractsname peregrinisch; aber schwerlich hätte der rechtsverständige Plautus seinem Publicum den Ausdruck multa für eine contractlich aufcrlegte Strafe bieten dürfen, wenn es nicht auch in Rom multae in Contracten gegeben hätte, die ein Höherstehender als solcher erscheint Diabolus gegen die abjecte Kupplerin aufsetzt.

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Aber auch aus dem wirklichen Leben erwähnt Cicero einmal eine multa, die nach dem Zusammenhange wohl nur als eine in einem Staatsvertrage mit einem Privaten aufgelegte Mult gedeutet werden kann. Ad famil. 5, 20, 3.

Quam ob rem de Volusio quod scribis, non est id rationum. Docuerunt enim me periti homines, in his quum omnium peritissimus, tum mihi amicissimus C. Camillus, ad Volusium transferri nomen a Valerio non potuisse: praedes Valerianos teneri. Neque id erat HS. xxx, ut scribis, sed HS. xix. Erat enim nobis curata pecunia Valerii mancipis nomine: ex qua reliquum quod erat, in rationibus retuli. 4. Sed sic me et liberalitatis fructu privas et diligentiae et (quod minime tamen laboro) mediocris etiam prudentiae. Liberalitatis, quod mavis scribae mei beneficio, quam meo, legatum meum praefectumque [Q. Leptam] maxima calamitate levatos, quum praesertim non deberent esse obligati: diligentiae, quod existimas de tanto officio meo, tanto etiam periculo nec scisse me quicquam, nec cogitavisse; scribam quidquid voluisset, quum id mihi ne recitavisset quidem, retulisse: prudentiae, quum rem a me non insipienter excogitatam ne cogitatam quidem putas. Nam et Volusii liberandi meum fuit consilium, et ut multa tam gravis Valerianis praedibus ipsique T. Mario depelleretur, a me inita ratio est; quam quidem omnes non solum probant, sed etiam laudant; et si verum scire vis, hoc uni scribae meo intellexi non nimium placere. Sed ego putavi esse viri boni, quum populus suum servaret, consulere fortunis tot vel amicorum vel civium.

Die Stelle ist einem Briefe des Cicero an den Mescinius Rufus, der ihm, dem Proconsul, als Quästor in die Provinz beigegeben war, entnommen und betrifft einen Theil der über die Provincialverwaltung geführten Rechnung. Die in die Provinz gesandten Proconsul und Quästor mussten nehmlich, wie dieser Brief selbst ergibt, nach Niederlegung ihres Amts jeder über die Finanzverwaltung der Provinz dem Senat Rechnung legen und die sorgfältig geschriebenen Rechnungen an das Aerar abliefern. Früher wurden die Rechnungen gewöhnlich erst in Rom angefertigt und so, dass der Proconsul die seinige mit der des Quästors vor der Ueberreichung verglich; da aber eine lex Iulia bestimmt hatte, dass die Statthalter die Rechnungen in den Provinzen zurücklassen müssten, hatte auch Cicero seine Rechnung schon in der Provinz aufgemacht und dabei nur die Rücksicht auf seinen gerade nicht anwesenden Quästor genommen, dass er sie durch seinen Schreiber und den Bruder des Quästors aufsetzen liess. Nach Rom zurückgekehrt übergab er, auch ohne die Rückkunft des Quästors abzuwarten, das Duplicat seiner Rechnung dem Aerar. Dieses hatte Rufus übel genommen, weil ihm hinterdrein mehrere Punkte aufgestossen waren, die er in seiner Rechnung anders behandelt hatte oder in denen ihm, wie er glaubte, die Rechnung des Proconsuls, wie sie abgefasst war, selbst präjudicierlich werden konnte. Dahin gehörte die Angelegenheit des Volusius. Es ist nun nicht ganz leicht, aus den kurzen Andeutungen Cicero's den ganzen Zusammenhang dieses anscheinend etwas verwickelten Rechtsverhältnisses zu reconstruieren. Doch treten folgende Hauptpunkte ziemlich deutlich hervor 147). Valerius war manceps, er hatte also unter Cicero's oder eines seiner Vorgänger Verwaltung irgend etwas vom Staat gekauft oder gepachtet; von ihm waren Bürgen gestellt worden, darunter Cicero's Legat und praefectus fabrum und andere ihm zum Theil befreundete Römische Bürger (praedes Valerianos teneri - legatum meum praefectumque maxima calamitate levatos, und nachher ut multa tam gravis Valerianis praedibus, ipsique T. Mario, depelleretur, inita a me ratio est consulere fortunis tot vel amicorum vel civium.). T. Marius, der nicht undeutlich auch als Hauptschuldner bezeichnet wird, scheint Socius des Valerius in dem mit dem Staat abgeschlossenen Geschäft gewesen zu sein. Valerius war nun aus diesem Contract HS. xxx d. h. entweder HS. tricies (centena milia) oder 30,000 Sesterzen schuldig gewor den und hatte sie nicht bezahlt er scheint selbst Concurs gemacht zu haben, wie man daraus schliessen kann, dass der Regierung in seinem Namen Geld gezahlt war, wonach nur noch der

147) Die einzige mir bekannte Erklärung der Stelle von Manutius ist ganz abweichend, indem sie von der Annahme einer gewöhnlichen wohl gesetzlichen Mult ausgeht, aber auch durchaus unbefriedigend.

Rest der Forderung mit HS. xix in die Rechnung einzutragen blieb (neque id erat HS. xxx, ut scribis, sed HS. xix. Erat enim nobis curata pecunia Valerii mancipis nomine: ex qua reliquum quod erat, in rationibus retuli), dass Cicero von den Bürgen sagt, sie hätten eigentlich (für einen Mann in so bedenklichen Umständen) gar nicht verpflichtet sein sollen und dass er ohne Erwähnung einer Gefahr des Manceps selbst das Unglück der Bürgen so gross darstellt, wie es im Falle der Solvenz des Hauptschuldners, gegen den sie ja den Regress hatten, nicht hätte sein können. Im Gegensatz zu den HS. xxx steht aber offenbar die grosse Mult, wegen welcher T. Marius und die Bürgen des Valerius Gefahr liefen, so wie sie andererseits doch auch mit jener Hauptschuld 'zusammenhängen muss. Es lässt sich also kaum anders denken, als dass in der lex venditionis oder locationis für den Fall, dass die Hauptschuld nicht zu rechter Zeit gezahlt oder sonstwie Befriedigung dafür gewährt würde, eine bedeutende Mult festgesetzt war, wofür der socius als solidarischer Hauptschuldner, die Bürgen accessorisch mithafteten. Uebrigens bestand darüber eine Meinungsverschiedenheit zwischen Cicero und seinem Quästor, ob Valerius oder ein Anderer Schuldner des Staats für die HS. xxx beziehungsweise xix geblieben sei; Valerius hatte nehmlich diese Schuld auf den Volusius übertragen 145), und diese Uebertragung sah der Quästor, der auch von der Zahlung der HS. x1 für den Valerius nichts gewusst zu haben scheint, für eine gültige Novation an, der zufolge in den Rechnungen die HS. xxx als Schuld des Volusius aufgeführt werden müssten, und zwar um so mehr, weil die Expensilation in den Büchern des Proconsul durch Cicero's eigenen Schreiber (wenn auch, meinte der Quästor, ohne Cicero's Wissen) geschehen wäre: wodurch sich dieser denn, die Gültigkeit der Novation vorausgesetzt 119), ein grosses Verdienst um die dadurch auch von der Mult befreiten Bürgen erworben hätte (scribae meo beneficio etc.). Cicero behauptete dagegen, diese vermeintliche Schuld des Volusius gehöre nicht in die Rechnung (non est id rationum). Der Quästor hatte nehmlich nicht bedacht, dass eine gültige expensilatio nicht in blossen Rechnungsbüchern eines Proconsul geschehen kann und selbst formell gültig durch die Quästoren des Aerars in den Staatsbüchern vollzogen, ein solches Geschäft nicht gültig hätte geschehen können, weil ja der Staat dadurch kein Geld erhalten hätte und um seine von dem Socius und den Bürgen einzuziehende Mult gekommen wäre. Viel vor- und weitsichtiger war der Proconsul gewesen, dem die doppelte, freilich auch mit Verantwortlichkeit

148) Ohne Zweifel durch nomina transscriptitia, indem er den Volusius, der ihm vielleicht eben so viel schuldig war, veranlasste, sich in seinen Büchern dem Staat zu obligieren. Gai. 3, 130.

149) Denn durch eine gültige Novation der Hauptschuld werden auch die Bürgen befreit. L. 60. D. de fideiuss. (46, 1). L. 4. C. eod. (8, 41).

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