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gegen einen durch Urtheil sacer Gewordenen zu begründen 174), theils nachher in iure das beiderseitige mit sacramentum bestärkte iurgare viermal, an einem ersten, zehnten, zwanzigsten und dreissigsten Tage geschah. Das Recht der zwölf Tafeln zeigt uns also nur eine Vereinfachung und Verschärfung jenes ursprünglichen Verfahrens, dessen Zweck, den einen oder anderen Theil durch das wiederholte iurgare noch zum Nachgeben zu bestimmen, durch lange Erfahrung sich als regelmässig verfehlt erwiesen hatte, und gewiss datierte diese schon aus älterer Zeit, da sich kaum denken lässt, dass man das umständliche und doch nutzlose dreimalige Wiedererscheinen vor der Obrigkeit selbst zur Zeit der Könige sehr lange Zeit beibehalten habe 175). Man liess nehmlich das fünfmalige eidliche Widerstreiten fallen und setzte ein einziges nach dem Ausdruck des Bantischen Gesetzes gleich das fünfte an die Stelle, bei welchem die nunmehr auch aufgekommene Aufforderung sacramento te provoco zugleich dazu benutzt wurde, die einmalige beiderseitige sacratio als eine solche zu bezeichnen, die einen fünffachen Strafbetrag fünf zicolo nesimo nach dem Bantischen Gesetz (Cap. I. S. 65) zur Folge haben solle. Dass auch auf Oskischem Gebiet der rechtliche Grund der zicolo und des medicatinom als Strafgeld für widerrechtliches gesetzliches Processieren in einem von den Parteien geleisteten sacramentum gelegen habe, wissen wir zwar nicht; bei der sonstigen Uebereinstimmung des ganzen Verfahrens und da auch das militärische sacramentum bei den Samnitern üblich war (Anm. 47), ist es aber eben so wahrscheinlich, wie dass der Betrag des zicolo für Mult und sacramentum auch in Bantia ein Rind 100 Asse war, und nimmt man hinzu, dass die Herakleische Tafel, allerdings auch auf Oskischem Gebiet, Spuren desselben Verfahrens zeigt (oben S. 67), so scheint hier

174) Im alt Germanischen Process hat das aussergerichtliche Verfahren bei reipersecutorischen Ansprüchen blos durch seine Form eine noch viel selbstständigere und weiter greifende, namentlich auch executive Bedeutung; zur Form gehört aber wenigstens beim Anefang, der erst später auch gerichtlich wiederholt wurde, vor Allem das Beschwören des Anspruchs, wogegen auch der Angesprochene seine Contravindication beschwört. Lex Rib. 33, 1. oben in Anm. 81. vgl. Sohm cit. S 73 flg. 112. Es ist auch wohl nicht zu bezweifeln, dass gerade der Eid dem Verfahren diese Kraft verlieh und die Busse, welche dort auch den Unterliegenden traf, wenigstens zu einem Theile (denn es kommt beim Anefang auch noch die Diebstahlsbusse in Betracht) ursprünglich wie bei den Römern Eidesbusse war.

175) Sie mag, wie so viele Andere in den zwölf Tafeln, wenigstens schon in den Gesetzen des Servius Tullius vorgeschrieben, aber auch nach deren sonstiger Abschaffung beibehalten oder doch bald nach Vertreibung des Tarquinius Superbus wiederhergestellt sein, wie man z. B. auch das Gesetz über das vindicias dare secundum libertatem schon auf Brutus zurückführte. Pomponius in L. 2. §. 24. D. de orig. iur. (1, 2).

selbst ein weit verbreitetes Processinstitut aus den Anfängen der antiken Staatenbildung vorzuliegen 176).

Nach dem entwickelten Hergange hatte der fünffache Betrag des sacramentum in Privatprocessen einen zwar verwandten, aber doch etwas anderen Ursprung als das Maximum der multa von fünf Rindern nach der Lex Valeria in privaten Interdictsprocessen (oben Cap. I. S. 78), gleichwie auch der Grund des Unterschieds, ob die Strafe in Rindern oder Schafen bestehe, beim sacramentum und der multae dictio (Cap. I. S. 53 flg.) ein verschiedener war. Liegt er zwar bei jenem unmittelbar darin, dass dem Jupiter regelmässig Rinder, dem Dius Fidius ein Opfer von Kleinvieh als Sühne dargebracht wurden 177), so hatte doch der Unterschied des Schwurs selbst bei jenem wegen grosser, bei diesem wegen kleiner Processe darin seinen Grund, dass das mit diesen begangene Unrecht (iniustum sacramentum) eben damit auch ein grosses oder kleines war, und von jenen beiden Göttern, die sich nach ihrer Würde unter einander etwa wie der Patricier und sein Client verhielten, jener den grossen Interessen der Stadt selbst, dieser den des kleinen mehr auf der 'blossen Fides beruhenden Verkehrs vorstand. Wenigstens erscheinen die im Ganzen entsprechenden Umbrischen Gottheiten so auf den Iguvischen Tafeln 178). Da aber die nahe Verwandtschaft der Umbrer und Sabiner feststeht und in Rom der Cult der Fides und des Dius Fidius auf den Sabiner Numa zurückgeführt wird, so bestätigt sich hiermit wieder, dass das ausgebildete Sacramentsverfahren Quiritischen Ursprungs ist. Numa konnte seine Absicht, der Treue und dem Glauben in den Gemüthern seines Volks eine eben solche religiöse Sanction zu verschaffen, wie dem Recht und

176) In dieser Hinsicht ist der von Danz Jahrb. des gem. D. Rechts V. S. 88 geführte Nachweis von grossem Interesse, dass auch im Attischen Recht bei strengen Processen (die gleich in erster Instanz an einen Gerichtshof gelangten) eine beiderseitige Beeidung Statt fand. Der dafür technische und nur erst später auch allgemeiner gebrauchte Name Siouooia wird auch nicht von der Präposition dia, die vor o nur a abwirft, sondern von der Schwurgottheit Zeus (40-) und ŏuvvụi (vgl. oonwuooía) abzuleiten sein, wenn auch später bei andern und mehreren Gottheiten geschworen wurde und überhaupt sonst im Einzelnen das Attische Recht vom Römischen Recht abwich. Man vergleiche 8toonμɛia, diónαis u. s. w., das Lat. iu-dicium und iuglans (Varr. 5, 102). Diese diouooia könnte denn auch ein dem Italischen sacramentum ähnlicher Schwur gewesen sein. An eine Ableitung des sacramentum aus dem Attischen Recht ist freilich nicht zu denken; nicht einmal werden die Decemvirn das Zusammenziehn der fünf sacramenta in eines von dort entlehnt haben.

177) Bei einer nur wenig abweichenden Auffassung auf den Umbrischen Tafeln ist das letztere Opfer ein Ferculum von einem Schwein. Iguv. Taf. S. 148. 153.

178) Iguv. Taf. S. 106, 149, 153 flg. Die gentilitische Verwandtschaft beider Götter bezeichnete offenbar der aus Diovis verkürzte Name Dius, wonach manche ihn auch wohl als Sohn des Jupiter auffassten. Varr. de L. L. 5, 10, 66.

der Gerechtigkeit selbst (Dionys. 2, 75.), nicht besser erreichen, als wenn er auch den Fidius zur Sacramentsgottheit erhob 179).

Ueber den Betrag des sacramentum in Sachen des Volks hat sich in unseren Lateinischen Quellen keine solche ausdrückliche Nachricht erhalten, wie für die multa 180). Derselbe lässt sich aber aus dem geschichtlichen Zusammenhang und anderen Quellen dennoch. mit Sicherheit ermitteln. Zunächst konnte er kein ursprünglich gegebener sein, wie der in Privatprocessen, da während der Königszeit die Rechtsstreite des Staats mit Privaten noch nicht in gesetzlicher Form durchgeführt wurden 181). Als dieses aber später geschah, war im sacramentum schon seine ursprüngliche Bedeutung, die staatlich eigenmächtige Geltendmachung eines bestrittenen nur vermeintlichen Rechts zugleich zu strafen und vor Allem ein iudicium der Obrigkeit darüber mit absoluter executiver Wirkung möglich zu machen, zurückgetreten. Es war schon in eine blosse Processform mit einer poena temere litigantium übergegangen, deren Betrag der Staat, wie in dem sacramentum quingenarium und quinquagenarium eigentlich schon geschehen war, bestimmen konnte, und hatte sich damit der Natur der in ihrer Höhe von Anfang an von der Obrigkeit abhängigen multa dicta genähert. Da nun die Bestreitung der Staatsansprüche an Private formell an sich und regelmässig (also von späteren populares actiones abgesehen) immer noch gegen die den Staat vertretende Obrigkeit geschah und so das darauf übertragene sacramentum formell das in der Coercition gegen Ungehorsame namentlich der multae dictio liegende Moment der obrigkeitlichen Reaction dagegen annehmen musste, materiell aber die Staatsansprüche auch nach ihrer Unterwerfung unter die gesetzliche Processform und ein richterliches Urtheil immer noch qualitativ höherer Art blieben und demnach auch das durch ihre Bestreitung begangene Unrecht ein entsprechend grösseres war, so lässt sich eine gesetzliche Regulierung des Betrags des Sacraments in dieser Anwendung des letzteren nicht wohl anders als nach Analogie der multae dictio in causis

179) Dass noch zu Plautus Zeit der förmliche gerichtliche Eid regelmässig per Dium Fidium geleistet wurde, kann man aus Asin. 1, 1, 1... 11. schliessen. Dort betheuert (obtestor) der Sclav Libanus seinem Herrn Demänetus bei Allem, was dem Alten in seiner Häuslichkeit hochwerth ist, ihm die Wahrheit zu sagen (zum Schwur konnte er als sein Sclav ihn nicht auffordern); die Quasi-Exsecration lautet: Si quid med erga tu hodie falsum dixeris, Ut tibi superstes uxor aetatem siet, Atque illa viva vivus ut pestem obpetas. Der Alte antwortet: Per Dium Fidium quaeris: iurato Video necesse esse eloqui quidquid roges u. s. w. Alles Salz der Stelle geht verloren, wenn dieses nicht so aufgefasst wird: Deine Betheuerung geht mir so ans Leben, als wenn ich den förmlichsten gerichtlichen Eid sacramentum oder blosses ius iurandum (vgl. Anm. 119) leisten müsste.

180) Die Stelle, in der Gaius davon gehandelt zu haben scheint, hinter 4, 14, ist unlesbar geblieben.

181) Dionys. 4, 36. oben S. 389.

publicis denken, d. h. so dass die Bestimmung der Höhe der Obrigkeit je nach Beschaffenheit des Falles und Schwere des durch den processualen Widerspruch begangenen Unrechts überlassen und ihr dafür nur auch ein Maximum vorgeschrieben wurde, welches denn auch hier, da das staatliche Interesse doch in beiden Fällen dasselbe ist, 30 Rinder oder vielmehr Rinderwerthe betragen haben wird.

Zur Bestätigung dient nun auch zuvörderst, dass Cicero den Inhalt der Lex Hateria Tarpeia mit de multa et sacramento bezeichnet (S. 356). Beschränkte sie nun die Magistratsgewalt hinsichtlich der multa in causis publicis, wie wir wissen, auf ein Maximum, 80 ist dasselbe und wahrscheinlich in gleicher Höhe auch für das sacramentum anzunehmen. Auf eine erst vom Magistrat zu bestimmende Höhe des sacramentum in solchen Processen weist auch die Formel si negat, sacramento quaerito (S. Anm. 11) hin, insofern dabei nicht wie bei dem provocare sacramento ein gesetzlich bestimmter Betrag des letzteren hinzugefügt wird. Wenn ferner im V. Capitel des Bantischen Gesetzes (S. 267), nach welchem die Einklagung der in ihm vorgeschriebenen festen Multen und Strafen jedem aus dem Volk zustand, so dass, da auch ein beiderseitiges sacramentum möglich und nothwendig war, dem rechtsprechenden Magistrat vorgeschrieben wird, den Ankläger nicht durch mehr als zehn Zikolen von der Einklagung abzuhalten, so zeigt dieses, dass er überhaupt die Höhe des Succumbenzstrafbetrages zu bestimmen hatte und diese an sich zehn einfache Strafbeträge übersteigen konnte. Wiederum haben wir aber schon bei der Erklärung des III. Capitels des Bantischen Gesetzes gesehen (Cap. I. S. 66), dass es um eine Vindication mit medicatinom sacramentum und ponposmom urum quintum agere, als eine private zu charakterisieren, hinzufügt: 'bei welcher der Staat nicht mit 30 Zicolen interessiert', woraus hervorgeht, dass bei einer Namens des Staats angestellten das medicatinom 30 Zikolen betragen konnte und dieses das denn natürlich auch regelmässig geforderte Maximum war. Die Stelle der Tafeln von Heraklea taŃταν τὰν γᾶν δίκας τριακοσταῖας ἐγδικαξάμενοι τοῖς τὴν ἱερὰν γᾶν idíav noιóvταóóv nebst der entsprechenden anderen (oben Cap. I. S. 67), beide von Beamten, welche Tempelland einklagten, kann nicht von Interdicten, sondern behauptetem Privateigenthum gegenüber (idíav noιóvtaσoiv) nur von einer Vindication und also auch hinsichtlich des Succumbenzgeldes nicht von einer multa, sondern nur von einer dem sacramentum analogen Processstrafe verstanden werden (vgl. Anm. 195. S. 82) und der Ausdruck ydinažάμɛvoi zeigt, dass diese, wenn Beamte klagten, nur den unterliegenden Beklagten traf. Man kann aber die Worte díxas τolanooτałas auch nicht wohl von einem fünffachen Betrage des einfachen Sacraments, weil die fünfte actio als am dreissigsten Tage allein geschehend gedacht worden, verstehen; denn nach dem Bantischen Gesetze

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wurde dieses richtiger mit quintum agere ausgedrückt, und in der That geschah doch das ydinaseodai auch nicht am 30. Tage, sondern gleich zu Anfang des Processes. Bleibt also nur nach unserer obigen Erklärung (S. 67. 68) übrig, Simpla von Processstrafen zu verstehen, wie sie am dreissigsten Tage, jeden Tag eine dinn vorausgesetzt, eintreten, so haben wir auch hier wieder eine Bestätigung für denselben Maximalbetrag des dem sacramentum analogen Succumbenzgeldes denn bei Grundstücken trat dieser wohl ohne Zweifel ein in causis publicis, von dem wir bei der weiten Verbreitung dieses Instituts in Italien auch auf das Römische Recht zurückschliessen dürfen, wenn da ein solcher Betrag schon an sich wahrscheinlich ist.

Vermuthlich war aber der Betrag des sacramentum auch in causis publicis nicht auf Processe Namens des Volks beschränkt, sondern es standen diesen auch solche Processe gleich, die zwar an sich Privatsachen betrafen, aber weil diese zugleich constitutive Staatselemente waren, vor einen Staatsgerichtshof, wie in Rom das Volk oder die es vertretenden Centumvirn waren, gewiesen wurden. Darauf deutet hin theils der eben aus dem III. Capitel des Bantischen Gesetzes referierte Zusatz, statt dessen, wenn allein bei Klagen Namens des Volks es sich um 30 Zikolen handeln konnte, es natürlicher gewesen wäre, jene Klagen sogleich als solche zu bezeichnen, theils dass in Rom bei Centumviralsachen der gewöhnliche Unterschied zwischen sacramentum quingenarium und quinquagenarium wegfiel und zu Gajus' Zeit stets das erstere eintrat (Gai. 4, 95. mit meiner Anm. 4. p. 296).

Die gesetzliche Beschränkung der Magistrats willkür konnte sich jedoch nicht blos auf den obigen Maximalbetrag beziehen. Auch innerhalb desselben wären grosse Ungerechtigkeiten gegen das Interesse des Staats oder des einzelnen Bürgers möglich gewesen, die in der zweiten Periode, wo die aequitas schon eine rechtsbildende Macht für die Gesetzgebung geworden war, eine gesetzliche Berücksichtigung erforderten. Auch zeigt die Stelle aus dem V. Capitel des Bantischen Gesetzes, dass es weitere Beschränkungen gab. Der regelmässige Minimalbetrag war im Interesse der Staatscasse immer das sacramentum maius der Privatprocesse, weil öffentliche Sachen schon als solche zu den grossen gehörten. Aber auch der grössere oder geringere Betrag dieser selbst konnte nicht ohne Einfluss auf die Höhe des sacramentum sein. Namentlich wird der allgemeine Grundsatz des Römischen Rechts, dass das blos Accessorische nicht über den Betrag der Hauptsache hinausgehen, z. B. das Interesse, die Anhäufung rückständiger Zinsen nicht das alterum tantum übersteigen darf, auch hier eine Anwendung gefunden haben. Und in der That scheint eine deutliche Anspielung auf das Bestehen eines solchen Grundsatzes die Stelle des Plautus (Rud, prol. 16 seq.) zu enthalten, wo Arcturus von dem imperator divum atque hominum Iupiter sagt:

HUSCHKE, multa u. sacramentum,

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