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Cotidie ille scit, quis hic quaerat malum.
Qui hic litem adipisci postulant periurio,
Mali res falsas qui inpetrant apud iudicem :
Iterum ille eam rem iudicatam iudicat,

Maiore multa multat, quam litem auferunt.

In zwei Stücken weicht das Verfahren dieses himmlischen Richters von dem gemeinen irdischen Recht ab. Er kehrt sich nicht an den Grundsatz, dass res iudicata iterum iudicari non potest und eben so wenig an den, dass die multa nicht mehr betragen soll als die lis selbst. Dass der Dichter dieses aber eben so wohl vom sacramentum versteht, zeigen die vorhergehenden Worte, wo das periurium über die lis nicht auf das abiurare in iure Seitens des Beklagten (vermuthlich nach der Lex Silia), sondern nur auf das sacramentum iniustum des falsiloquus gehen kann, wie auch der Ausdruck falsas res bestätigt.

Von dieser Seite dürfte nun auch auf die schwierige Stelle des Gai. 4, 95. ein Licht fallen. Nachdem er dort bemerkt, dass, wenn eine in rem actio per sponsionem vor die Centumvirn komme, die Sponsionssumme per legis actionem und zwar dann durch sacramentum quingenarium gefordert werden müsse, fügt er hinzu: eaque sponsio sestertiorum CXXV fieri solet (diese Ergänzung erklärt Studemund für wenigstens möglich, was fit scilicet nicht sei; numm. aber, an dessen Ergänzung man denken könnte, fügt Gaius, selbst in einer Formel, nur einmal 4, 93 hinzu) propter legem

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- Diese bisher ungewiss gebliebene Lex die Handschrift hat auch nach Studemund deutlich legem c(oder g)reperi(oder t)am 182)

also gewiss nicht die Lex Hateria Tarpeia, aber eine von Gaius ohne Zweifel schon in der Lücke hinter 4, 14 mit ihrem Inhalt angeführte, weil er sonst sich nicht ohne Weiteres auf eine daraus zu ziehende Folgerung hätte berufen können wird eben die Bestimmung enthalten haben, dass bei Centumviral- und anderen Processen, wo der Sacramentsbetrag öffentlicher Sachen zur Anwendung kam, das sacramentum doch nie mehr als die Hauptsache betragen dürfe, und der Zusammenhang war überhaupt folgender. Als das sacramentum längst seine Bedeutung auch als ernstliche poena temere litigantium verloren (wovon später) und nur noch die einer bei Centum viralsachen unausweichlichen alten Processart behalten hatte, nahm man dafür das geringste Mass des sacramentum in öffentlichen Sachen an. Da aber wichtige materielle Gründe auch die Zulassung einer in rem actio per sponsionem vor den Centumvirn erheischten (oben S. 392), so musste, um diese sponsio, welche formell Gegenstand eines solchen Processes war, mit dem doppelten Grundsatz, dass das sacramentum hier wenigstens 500 Asse betragen müsse und dass es auch nicht den. Betrag des Processobjects übersteigen dürfe, in Einklang zu bringen,

182) Vgl auch Krüger krit. Versuche S. 71.

der letztere selbst auf den Betrag jenes sacramentum d. h. 125 Sesterze = 500 Asse erhoben werden, und so machte der verschiedene Betrag der übrigens ganz gleichlautenden Sponsion doch processual zwei genera sponsionum, wie wir vorläufig schon oben angenommen haben. Das mit propter angeführte Gesetz hatte also den zweiten Grundsatz ausgesprochen. Den Namen des Gesetzes anlangend, würde der Handschrift meine erste Vermuthung crepereiam am meisten entsprechen. Doch ist dieser obscure plebejische Name höchst unwahrscheinlich, da alle uns bekannten Gesetze, welche Multen und Sacramente zum Besten der Plebs beschränkten, aus naheliegenden Gründen consularische aus sehr alter Zeit waren und selbst eine einnamige tribunicische aus dieser Zeit auffallen müsste. Ich möchte daher eine nur wenig weiter greifende Corruption unserer Handschrift annehmen, nehmlich aus lege iul. papiriam. Das wäre dann die Lex Iulia Papiria de multarum aestimatione 183) vom J. 324, die also ausser dem schon oben Cap. I. S. 117 angeführten Satze auch den unsrigen und diesen gewiss für multae und sacramenta gemeinschaftlich enthielt. Die Höhe der von den Censoren oft wegen geringfügiger Streitobjecte auferlegten Bussen wird auch auf ihn geführt haben.

Dass nun aber jener Grundsatz nicht schon im ältesten Recht bei der Feststellung des sacramentum maius und minus Anwendung fand, wonach das letztere auch eintrat, wenn Jemand z. B. ein Schaf vindicierte oder ein Darlehen oder eine Injurienstrafe von 25 Assen einklagte, dient nur zur Bestätigung dafür, dass damals weder schon die aequitas ein Princip des Civilrechts war, noch auch das sacramentum schon die accessorische Bedeutung einer blossen poena temere litigantium hatte, sondern die mehrfach wiederholte actio überhaupt dazu dienen sollte, die Parteien noch zum Abstehen von einer lis zu bewegen.

V. Das Verfahren.

Von der in ius vocatio ist schon bemerkt worden, dass sie ursprünglich nach Ausweis der clarigatio durch die Fetialen und des späteren einmaligen sacramentum mit fünffachem Betrage als processualer Formalact mit schon aussergerichtlicher und durch sacramentum bekräftigter Behauptung und Widerstreitung des Anspruchs geschehen sein muss (S. 412), welche aber mit der Aufnahme dieses aussergerichtlichen Sacraments in die spätere provocatio mit einmaligem gerichtlichen sacramentum von fünf Beträgen eben so wegfiel, wie das dreimal wiederholte iurgium vor Gericht. Daraus erklärt sich, wie in den zwölf Tafeln der nackte hypothetische Satz si in ius vocat übrig blieb und genügte. Dagegen behielt die in ius vocatio übereinstimmend mit der drei

183) Cic. de rep. 2, 35. Liv. 4, 30.

maligen vorgängigen clarigatio der Fetialen, wodurch sie auf ihrer Reise in die Hauptstadt des fremden Volks dieses immer dringender und selbst immer weiter dringend zum Zusammenströmen auf der Gerichtsstätte desselben für die förmliche Verhandlung der Sache veranlassten, die Dreigradigkeit mit steigender Stringenz ihrer Kraft (vgl. das Röm. Jahr S. 322 flg.): zuerst blos mündliche Aufforderung, dann bei versagter Folge Fassung des Vocierten mit gleichzeitigem Antestieren, um sein Entweichen zu verhindern, und endlich, wenn er auch dann nicht folgte, sondern durch körperlichen Widerstand oder Zungenausflüchte den ganzen gerichtlichen Process zu vereiteln suchte, die manus iniectio mit Abführung falls er nicht einen vindex stellte so dass dann gar nicht mehr die Sacramentsklage, sondern nach vorgängiger Aestimation (Anm. 128) die Executivklage gegen ihn galt 184).

Auch in diesem Zwölftafelrecht (Schöll XII tab. p. 115. 116) war ohne Zweifel Manches, wie die Bestimmung über die Beschaffenheit des vindex, je nachdem der Vocierte zu den Assiduern oder Proletariern nach der Servianischen Verfassung gehörte, und die Gleichstellung des calvi mit dem pedem struere, schon, aber auch erst in der späteren Königszeit aufgekommen. Eben so auch die Milderung, dass nicht blos wem morbus nicht sonticus 185), welcher den ans Haus Gefesselten überhaupt der vocatio entzog (L. 18. D. de in ius voc. 2, 4.) sondern auch, wem Alter (aevitas) vitium esset d. h. das Folgen zu Fuss zu beschwerlich machte, ein iumentum gegeben werden sollte.

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184) Schöll XII. tab. p. 115. Der Ausdruck manum inicere (wie laqueum, restim, catenam inicere) bedeutet hier, wie gegen den iudicatus (Schöll p. 122: post deinde manus iniectio esto. in ius ducito) und bei bedungener abductio eines Sclaven (Fr. Vat. 6) ein Gewaltanthun zwecks der Abführung, während der Zweck der körperlichen Verletzung mehr in manum (z. B. sibi) inferre liegt. Nur die Noth des Verses hat Lucilius bewogen, in seiner bekannten Wiedergabe des Zwölftafelgesetzes (Schöll p. 116.) si non it, capito, inquit, eum et si calvitur, ergo Fur dominum den letzteren Ausdruck zu gebrauchen. Man muss nehmlich offenbar lesen endo Ferto manum.

185) Dieser entschuldigte von allem gerichtlichen Erscheinen und machte den Tag zum dies diffisus. Schöll XII tabb. p. 120. Die neuere Ableitung von sons = (e)sens, seiend, wirklich (Clemm Studien zur Lat. und Gr Gramm. 3, 2. S. 328) widerstreitet eben so der Sprache, welche in diesem Participium keinen Umlaut das e in o kennt (praesens, absens, Consentes), als dem Sinne, da in dem von sons, insons nicht zu trennenden sonticus nicht das wirklich Seiende im Gegensatz zum Simulierten, sondern das nocens und damit alles geschäftliche Thun Hindernde auch nach den Aeusserungen der Alten (s. die Stellen bei Schöll 1. c.) -- die wahre Bedeutung des Worts ist, welches in den Subst. sunnis legitimum impedimentum, causa sontica überhaupt in den alt Germanischen Gesetzen (Sohm cit. S. 133) wiederkehrt. Mit Recht leiteten es also die älteren Philologen (Ger. Vossius p. 481) von Givo (oívouai), oívos ab. Im alt Nordischen heisst das Wort auch syn, im alt Flandrischen noot-sinne Grimm R. A. S. 484 flg.

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Die Nöthigung auch zum gerichtlichen sacramentum ging in Privatklagen vom Kläger, in öffentlichen von der Obrigkeit aus. Da es aber in den letzteren, wie gezeigt, überhaupt erst späteren Ursprungs ist, nachdem es in den Privatklagen sich schon zu einem quingenarium oder quinquagenarium entwickelt hatte, so ist mit seiner Anwendung in Privatklagen als der ursprünglichen zu beginnen.

A. In Privatklagen.

Wenn, wie doch nicht zu bezweifeln sein dürfte, das Clarigationsverfahren nach unserer Annahme wirklich und nur mutatis mutandis ein getreues Abbild des ursprünglichen iurgare war 186), wenn also bei ihm der Anspruch, der daheim auf dem gesammtgewährten Rechte beruhte und auch nach diesem (iure) geltend zu machen war, nur mit der nöthigen Bestimmtheit (clare) geltend gemacht wurde, und wenn unsere ganze Auffassung der ursprünglichen Bedeutung des sacramento agere richtig ist, so wich das älteste Verfahren mit dieser Klagart von dem späteren nach den 12 Tafeln nicht blos in dem schon dargestellten fünfmaligen agere mit beiderseitigem sacramentum bei der in ius vocatio und dann in iure am 1., 10., 20. und 30. Tage sondern auch darin ab, dass dort jedesmal der Kläger seine widersprochene Behauptung eben so wie nach alt Germanischem Process (Anm. 85) unaufgefordert zuerst mit sacramentum beeidigte (denn dieses geschah auch von den völkerrechtlich klagenden Fetialen), worin denn eine Nöthigung für den Beklagten gelegen haben muss, dasselbe hinsichtlich seines Widerspruchs zu thun, als worauf es der Kläger, um ihn auch zum sacer zu machen, mit seinem sacramentum eigentlich abgesehen hatte. Dieses war auch in der ursprünglichen Idee des sacramentum begründet, weil ja dadurch vor Allem der eigenmächtige Streit vor die Gottheit zwecks eines iudicium durch die

186) Gelegentlich bemerke ich hier, dass das Verdienst zuerst darauf aufmerksam gemacht zu haben, dass die clarigatio der Fetialen ein Abbild des ältesten strengen Processes der Römischen Bürger untereinander gewesen sei, Danz der sacr. Schutz §. 6. S. 179 fig. gebührt. Die Anwendung, welche er von diesem Gedanken macht, ist aber eine von der meinigen (das Röm. Jahr S. 322. 325) so sehr verschiedene, dass ich mich auf ihn doch gar nicht berufen kann. Um nur Einiges hervorzuheben, verkennt er 1. was der in ius vocatio und was dem Verfahren in iure entsprach und vergleicht das bei den Fetialen der ersteren Entsprechende mit dem heimischen Verfahren in iure. 2. Er nimmt auch gegen das Ausland eine in rem actio an. 3. Er verwechselt das ius iurandum der Fetialen mit dem sacramentum. 4. Er hält die wörtliche provocatio sacramento für ursprünglich und gibt ihr eine ganz andere Bedeutung als ich (vgl. oben Anm. 21). 5. Ihm ist auch der Gedanke fremd, dass der Process sacramento selbst eine vom Gebiet des ius gentium mit vis bellica auf das Gebiet der civitas transponierte Rechtsverfolgung ist.

sie vertretende Obrigkeit gebracht werden sollte, was doch auch nur vom Kläger geschehen konnte. Daraus ergibt sich denn auch die Art der Nöthigung des Beklagten, ebenfalls zu schwören. Der Beklagte würde, nachdem der Kläger seine Behauptung durch die mit dem sacramentum erlangte Zeugen- und Rechtshülfe der Gottheit verstärkt hatte (z. B. Iniuria vindicavisti. te Iovem testor ex i. Qu. eam rem meam esse; si ego iniuria u. s. w.), dieser gegenüber sofort sachfällig geworden sein 187), wenn er seine entgegengesetzte Rechtsbehauptung oder Leugnung nicht eben so verstärkt hätte, d. h. die Obrigkeit erklärte auch ohne lis, die aber doch der Beklagte nicht ungestraft dolos vereiteln durfte, des Klägers sacramentum für iustum und sprach ihm das Behauptete zu mit den gewöhnlichen Folgen des Judicats, wie sie auch für den confessus eintraten.

Im späteren Verfahren, wo das sacramentum schon eine poena temere litigantium geworden ist, finden wir dagegen dieser Auffassung gemäss das Hauptgewicht auf die Stellung des Beklagten gelegt, der dem Kläger mit Unrecht widerspricht, indem nun in Verbindung mit der jetzt auch eingeführten wörtlichen provocatio sacramento zuerst der Beklagte zum Beschwören seiner Leugnung durch das ihm vorzusagende Sacrament veranlasst wird und dann selbst auch den Kläger für den Fall seines unbegründeten Klagangriffs dazu veranlasst 18). Diese Veränderung, wonach der Process vor der Obrigkeit schon als ein selbstverständliches Recht erscheint und mehr der beharrliche Widerspruch darin als das

187) Dieses könnte man allenfalls auch als Sinn der Worte des Dionys. 2, 75. von der häufigsten Art der kleinen Processe, wo per Dium Fidium geschworen wurde, annehmen: der Fideseid einer der Parteien (τῶν διαδικαζομένων) habe dem Iurgium (τὸ νείκος) bald zu Anfang ein Ende gemacht. Vgl. oben Anm. 119.

188) Gai. 4, 16 . . . . qui prior vindicaverat, ita alterum interrogabat: POSTVLO ANNE DICAS, QVA EX CAVSA VINDICAVERIS? ille respondebat: IVS PEREGI, SICVT VINDICTAM IMPOSVI. deinde qui prior vindicaverat dicebat: QUANDO TV INIVRIA VINDICAVISTI, D AERIS SACRAMENTO TE PROVOCO. adversarius quoque dicebat: SIMILITER EGO TE. Auch vorher 4, 13, wo Gaius die sacramenti actio mit der spätern per formulam certae creditae pecuniae mit sponsio et restipulatio vergleicht, stellt er die Verpflichtung des Beklagten voran, wie denn auch die sponsio mit ihm zuerst abgeschlossen wurde. Danz (Zeitschr. f. RG. VI. S. 382... 386) nimmt für das von Gaius geschilderte Verfahren an, dass der Kläger zuerst geschworen und dadurch (hoc sacramento) den Beklagten zu gleichem Beschwören seiner Contravindication oder seines Läugnens heraus gefordert habe. Es leuchtet aber ein, dass dann die Worte des Beklagten similiter ego te (nehmlich D aeris sacramento provoco) keinen Sinn hätten. Hatte der Kläger geschworen, so konnte er doch nicht mehr zum Schwören provociert werden. Schwor er aber nicht, so war der Andere gar nicht provociert, an einem eigenen Provocieren zur Fortstellung des Processes hatte er als Beklagter kein Interesse und wie konnte er auch seinerseits den Kläger zu etwas provocieren, was diesem nun noch zu thun nicht mehr zustand?

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