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Quasidelictsklagen fort theils bei der in sacrum iudicatio in Staatsprocessen und als selbständige obrigkeitliche Strafe neben der multae irrogatio (S. 467) und wurde so auch z. B. durch die Lex Calpurnia (605) und Iunia 406) noch besonders für Repetunden vorgeschrieben (S. 462) denn an sich hätte man sich da nach der ohne Zweifel älteren Lex Silia auch der legis actio per condictionem bedienen können ; theils in denjenigen Processen, welche vor die decemviri litibus iudicandis oder vor die Volksgerichte oder die diese später vertretenden Centumvirn 407) zur Aburtelung gelangten, weil auch diesen keine formula vorgeschrieben werden konnte. Doch fallen beide materielle und formelle Gründe des fortdauernden Sacraments grossentheils zusammen, da auch die Staatsprocesse mit Einschluss der liberales causae entweder vor das Gericht des Volks oder der decemviri kamen, und wenn die Centumvirn jedenfalls in Erbschaftsprocessen d. h. über Vermögen Römischer Bürger, welche auch gleichsam Personen

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waren wahrscheinlich auch über Rechte an Römischen Grundstücken urtheilten, dieses deshalb geschah, weil bei diesen constitutiven Staatsbestandtheilen der Staat mitinteressierte. Allgemein und im Ganzen kann man also sagen, dass die Fortdauer des Sacraments sich auf unbestimmte Privatstrafklagen des alten Civilrechts, causae publicae und iudicia publica beschränkte, wo es als eine an den Staat fallende Processbusse auch noch an seinem Orte war. Doch wurde es auch da theils durch die regelmässige Concurrenz der meist vorgezogenen multae irrogatio theils bei den gesetzlichen Multen und ähnlichen öffentlichen Strafen durch die später auch da gestattete Klage per condictionem und die gesetzliche Zulassung recuperatorischer Gerichte immer mehr beschränkt. Cicero, bei dem das multam petere und inrogare noch häufig vorkommt, erwähnt das in sacrum iudicare und sacramento interrogare nirgends. Schon in dem Römischen Gesetz der Bantischen Tafel, welches freilich höhere politische Interessen betrifft, wird das in sacrum iudicare nicht mehr, wie in der Lex Silia über Gewichte und Masse, mit dem multam inrogare alternativ gestattet. Doch musste es in seiner gesetzlichen Beschränkung auf höchstens 3000 Asse 750 Sestertien auch für Verfehlungen gegen gemeine Polizeigesetze, wo die gewöhnliche gesetzliche Mult 1000 Sestertien betrug, wenigstens immer mehr überflüssig erscheinen. Hinsichtlich der Privatdelicte beschränkte die aus der Lex Aquilia auch zulässige condictio, hinsichtlich anderer die Einführung bes

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406) Das Zeitalter und das Verhältniss der Lex lunia zur Calpurnia ist völlig unbekannt, ausser dass sie auch vor der Lex Acilia (632), welche sie als noch geltend erwähnt, gegeben sein muss. Vielleicht erstreckte sie das von der ersteren für Italien eingeführte Recht auch auf die Socii der Provinzen.

407) Gai. 4, 31.

serer prätorischer Klagen z. B. der actio vi bonorum raptorum praktisch den Gebrauch der sacramenti actio. Doch könnte die Injurienklage der Lex Cornelia des reactionären Sulla wieder eine Sacramentsklage gewesen sein.

In den Provinzen scheint man selbst an die Stelle des sacramentum in beiden Anwendungen der in sacrum iudicatio eben so wie im Civilprocess Pönalsponsionen gesetzt zu haben. Auf eine solche Gewohnheit weist hinsichtlich der in sacrum iudicatio als selbständigen Strafmittels oder der multae inrogatio das übrigens tyrannische Verfahren des Verres gegen einen Römischen Bürger in Sicilien hin, den er angeblich wegen freier Aeusserungen über ihn zu einer sponsio an seinen Lictor auf 2000 Sestertien zu nöthigen suchte, 'wenn jener sich von Diebstahl nähre', worüber dann Recuperatoren urtheilen sollten 40%). Dass man aber auch die Einklagung von öffentlichen Geldern wahrscheinlich Strafgeldern - in den Provinzen durch Processwetten verschärfte, haben wir schon oben bemerkt 409). Verwandt damit ist in Rom selbst, dass das Julische Municipalgesetz von der Summe, für welche die Polizei eine unterlassene Strassenbesserung hat ausführen lassen, verordnet, der Redemptor solle, wenn er von dem ihm attribuierten Reparaturpflichtigen nicht innerhalb 30 Tagen befriedigt sei, sie und die Hälfte mehr von dem Säumigen wieder einklagen dürfen und dafür eben so ein iudex und iudicium gegeben werden, wie de pecunia credita 410), oder die Lex Iulia de residuis den hier an sich säumigen Schuldigen damit straft, dass er ein Drittheil mehr an das Aerar zahlen soll 411). Doch lehnte sich dieses materiell mehr an die Strafe der tertia und dimidia pars bei der actio certae creditae und constitutae pecuniae an.

Seine letzte Umgestaltung und im Wesentlichen seine völlige Abschaffung erfuhr aber das sacramentum durch die beiden Julischen Gerichtsgesetze von Augustus. Dass das eine über die iudicia publica das populi iudicio petere, und die in sacrum iudicatio in Staatsprocessen beseitigte, ist schon früher bemerkt worden (Cap.

408) Cic. Verr. 5, 51. Cogere eum (Servilium) coepit, cum ageret nemo, nemo postularet, sponsionem II milium nummum facere cum lictore suo, ni furtis quaestum faceret. Recuperatores se de cohorte sua dicebat daturum. Servilius et recusare et deprecari, ne iniquis iudicibus, nullo adversario, iudicium capitis in se constitueretur.

409) Anm. 369. Nach der dort citierten Stelle war schon ein von Verres für nichtig erklärtes iudicium gegen einen Centuripiner de compromisso factum. Als dann Verres die Summe vou 100000 Sestertien abermals einklagen liess: iste poenis compromissisque interpositis HS CCCC extorquenda curavit.

410) Lex Iul. munic. v. 32 . . . 45. WO man v. 45 richtiger das erste iudiciumve nach dem zweiten iudiciumque verbessert, als mit Mommsen umgekehrt.

411) Marcian L. 4. g. 5. D. ad leg. Iul. pecul. (48, 13).

III. S. 266); an die Stelle werden im ordentlichen Verfahren allgemein Recuperatorengerichte getreten sein 412). Die in sacrum iudicatio als selbständige Strafe der Magistrate war aber wahrscheinlich schon durch Gewohnheit abgekommen. Das andere Gesetz über die Privatgerichte scheint alle legis actiones, für welche die Prätoren actiones und iudicia privata in ihren Edicten versprochen hatten oder gleichzeitig noch versprachen, abgeschafft zu haben. Damit fiel die sacramenti actio auch in den Delicts- und Quasidelictsklagen weg, in denen sie noch bestanden hatte, nur mit Ausnahme der cautio damni infecti unter Römischen Bürgern, für die aber das städtische Edict auch bald darauf eine bessere die legis actio praktisch verdrängende Fürsorge traf413). Bei den in rem actiones beseitigte die Lex die Sacramentsklage für liberales causae schon dadurch, dass sie die Decemvirn, vor welche solche Sachen bisher gehört hatten, aller selbständigen Judicatur beraubte und sie nur noch als nächsten Vorstand der Centumviralgerichte beibehielt 414). Doch mögen die popularen Civilprocesse des populus d. h. des alten Aerars, in denen sie bisher auch competent waren, nun eine Zeitlang noch mit auf die Centumvirn übergegangen sein, woraus sich der Fortbestand des solchen Processen angehörigen Formulars sacramento quaerito (oben S. 461) in der früheren Kaiserzeit erklären würde. Bei den Centumvirn selbst musste freilich in Erbschaftsprocessen, die sie ausserdem allein behalten zu haben scheinen, auch das sacramento agere bestehen bleiben und wird erst mit diesem Gerichtshof selbst untergegangen sein. Diese Fortdauer kann aber hinsichtlich des sacramentum selbst nur noch als eine imaginäre gedacht werden, wofür ohne Zweifel die Gesetzgebung selbst, spätestens die Lex Iulia Sorge trug. Eine wirkliche eidliche sacratio capitis aus solchem Grunde hatte in einer Zeit, wo die alte aus dem Zustande des ius gentium hervorgegangene souveräne Volksgenossenschaft selbst in der neuen Souveränität des

412) Ed. Venafr. 62. . . . 64. Tacit. A. 1, 74.

413) S. Anm. 397. Diesen historischen Zusammenhang nehme ich lieber an, als den freilich auch möglichen, dass das spätere städtische Edict über damnum infectum zur Zeit der Lex Iulia schon bestand und die legis actio in diesem Falle, wo der städtische Prätor keine actio sondern eine cautio damni infecti versprach von ihr nur deshalb nicht mit abgeschafft wurde, weil ihr Ausdruck lautete: die 1. actiones sollten in allen Fällen, wo das Edict des Prätors eine actio und einen iudex zu geben verspreche, abgeschafft sein.

414) Sueton. Aug. 36. Dio 54, 26. Plin. ep. 5, ult., welche Stellen in Verbindung mit der Nichterwähnung irgend einer selbständigen Judicatur der Decemvirn während der Kaiserzeit zeigen, dass sie nicht etwa blos jenen Vorsitz zu ihren bisherigen Geschäften hinzubekamen. Die liberales causae gingen vielmehr an Recuperatoren über Sueton. Vesp. 3. Domit. 8, die auch, nun in andern Personen und in grösserer Zahl über eine secunda assertio geurtheilt haben werden. Quintil. I. O. 5, 2, 1. 11, 1, 78.

Kaiserthums, der nunmehrigen Quelle alles Rechtsschutzes, aufgegangen war, ihre letzten Lebenswurzeln verloren. Selbst processual konnte schon früher bei der actio per sponsionem das über diese gemachte sacramentum doch keine weitergreifende Bedeutung haben als sie selbst, d. h. aber nur eine imaginäre, und damit war eine wirkliche Ableistung des sacramentum nach der provocatio unverträglich. So wird namentlich in der querela inofficiosi testamenti schon zur Zeit der Republik die Eidesleistung weggefallen sein; denn da eine bedingte oder eventuelle vindicatio hereditatis, wie sie die Querel voraussetzte, durch legis actio nicht möglich war 415), musste in dieser Klage der Notherbe stets zur actio per sponsionem greifen, welche letztere als Privatcontract jede Art von Zusätzen gestattete 416). Nur eine verschiedene Form derselben in rem actio war aber jetzt auch die legis actio mit vindicatio geworden. Das Materielle der im sacramentum liegenden poena temere litigantium war allgemein auf den Calumnieneid übergegangen, der in den Centumviralsachen eben so wohl das wirkliche sacramentum verdrängen musste, wie er in den Interdicten ungeachtet der ehemaligen multae dictio galt 417). Auch erwähnt Gaius das sacramentum nicht mehr unter den poenae temere litigantium 418), und an einer früheren Stelle 419) konnte er die mit der Sacramentsklage verbundene Gefahr nicht als etwas Ehemaliges darstellen und aus seiner Zeit nur mit den Klagen, bei welchen eine Wette gemacht wurde, verdeutlichen, wenn sie

415) L. 77. D. de reg. iur. (50, 17) Fr. Vat. 49. Der Notherbe konnte also nicht gültig sagen hanc hereditatem meam esse aio u. s. w. mit einem Zusatz (ex causa inofficiosi testamenti), der seine Kraft erst von dem zukünftigen Urtheil des Richters entlehnte und ohne den doch der eigentliche Streitgegenstand gar nicht bezeichnet worden wäre.

416) Vgl. oben S. 392. Hier konnte der Notherbe fragen: si hereditas ex causa inofficiosi testamenti ex i. Qu, mea est oder si eorum bonorum possessio ex causa inoff. test. a praetore mihi ex edicto data est, CXXV nummos dare spondes? und dann diese 125 Sestertien schlechthin sacramento einklagen: selbst so, wenn er die Erbschaft besass und mit der hereditatis petitio bedroht wurde. L. 8. §. 13. D. de inoff. test. (5, 2). Aus dieser alleinigen Zulässigkeit der actio per sponsionem für die Querel erklärt sich auch, dass bei ihr nirgends eine Spur von ertheilten Vindicien vorkommt, sondern immer gegen den geklagt wird, der das Erbrecht oder die Erbschaft ex testamento besitzt, ohne dass vorläufig im Besitz etwas geändert werden darf. L. 7. §. 1. D. de her. pet. (5, 2) L. 2. C. de inoff, test. (3, 28).

417) Gai. 4, 175. 176. vgl. 172. Es wäre willkürlich von den omnes actiones, bei welchen hiernach der Calumnieneid gefordert werden konnte, die vor die Centumvirn gelangenden auszunehmen.

418) Gai. 4, 171. Hier habe ich zwar die ersten vier Zeilen nur dem Sinne nach restituiert. Dass aber Gaius daselbst das sacramentum nicht erwähnt haben kann, wie Bethmann-Hollweg Civilpr. I. S. 123 meint, lehrt der ganze Zusammenhang, besonders §. 174.

119) 4, 13.

auch zu seiner Zeit noch durch sich selbst gefahrbringend gewesen wäre. In der That bezeugt er denn auch nur, dass zu seiner Zeit in Centumviralsachen eine einseitige provocatio sacramento Statt fand 420), ohne eines noch zu leistenden Eides, den er früher schon (4, 13) als etwas Antiquiertes bezeichnet hatte, ja auch ohne einer umgekehrten Provocation Seitens des Beklagten zu erwähnen. Allerdings geht sein Zeugniss auf die actio per sponsionem, aber doch allem Anschein nach nur, weil er dort überhaupt nur von dieser spricht und ohne also das Sacrament bei einer eigentlichen vindicatio hereditatis auszuschliessen: man müsste dann annehmen, dass damals nur noch querelae inofficiosi testamenti vor die Centumvirn gekommen und also auch deshalb nur noch per sponsionem mit sacramentum geklagt worden sei 421). Man machte es also mit dem Sacramentsverfahren, nachdem dieses zu einer blos imaginären Klagart herabgesunken war, ähnlich um ein früher schon angeführtes Beispiel auch hier zu verwenden mit der königlichen Verkündigung der Ferien an den Nonen jeden Monats (oben Anm. 352), als der alte Numanische Festkalender von einem neuen der Sache nach verdrängt war: so wie der Rex nun nur noch die ersten Monatsferien statt aller nannte, so begnügte man sich hier, den Anfang jenes Verfahrens, das provocare reum sacramento beizubehalten: er vertrat das Uebrige, namentlich die wirkliche Eidesleistung mit und so konnte auch von praedes sacramenti und Beitreibung desselben nicht mehr die Rede sein.

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Selbst das militärische sacramentum hat, obgleich es dem Namen nach noch in der christlichen Zeit bestand, doch in seiner alten Form und Bedeutung schwerlich bis in die Kaiserzeit hinein fortgedauert, sondern wird schon unter Augustus in einen Eid mit gewöhnlichen Execrationen übergegangen sein, der dem Recruten aller, zum Theil peregrinischer, Bestandtheile des stehenden Heeres abgenommen wurde. Neue leges sacratae waren aber schon längst nicht mehr gegeben worden und selbst auch die

420) 4, 95. Wenigstens so viel ergibt die übrigens nicht sicher herzustellende Stelle. Da nach Studemund mein früher versuchtes Dario jedenfalls nicht in der Handschr. stand, möchte das Wahrscheinlichste sein: summam sponsionis non per formulam petimus, sed per legis actionem, sacramento inde (oder nunc?) reo) provocato: so dass das inde auf die mit aio te mihi dare oportere petierte vom Beklagten negierte Sponsionssumme zu beziehen ist und die sacramento provocatio im Gegensatz zur condictio steht, die sonst auch auf jene legis actio hätte folgen können. nunc würde ein noch folgendes tt (tantum) erfordern.

421) Ein Argument für diese Ansicht möchte ich nicht aus Isidor. orig, 5, 24, 30. hernehmen: sacramentum est pignus sponsionis. Er kann diese Definition sehr wohl nur selbst aus seinem Verständniss von Gai. 4, 95 und Varr. de L. L. 5, 180 zusammengeschweisst haben.

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