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18000 Assen zu multieren berechtigt sein 213) und blieben es vielleicht auch später, als die Dictatur in anderer Beziehung beschränkt wurde. Umgekehrt konnte der fünftägige Interrex nach demselben Princip auch nur ein Multrecht bis zu höchstens fünf Rindern haben. Ob aber die geringeren Magistrate z. B. die Quaestoren und Aedilen nicht auch auf ein geringeres Maximum der Mult aus eigenem Recht beschränkt waren, darüber fehlen uns Nachrichten. Die Sache 'selbst und eine später zu erwähnende Analogie des Multrechts der Kaiserzeit machen es wahrscheinlich. Dass aber die Lex noch eine andere Beschränkung der multae dictio auf die Hälfte des Vermögens enthalten habe, wie Rudorff behauptet 214) und Viele stillschweigend voraussetzen, ist eine willkürliche, nur auf Verwechselung mit der gesetzlichen multae irrogatio beruhende und mit der Natur einer coercitio in Widerspruch stehende Annahme.

III. Von dem Verfahren in den Multprocessen.

Vieles, was hieher gehört, ist schon im vorigen Abschnitt beiläufig vorgekommen. Es bedarf aber überhaupt einer übersichtlichen Zusammenstellung.

Alle multae dictio musste öffentlich, also in der Regel in einer Concio des Volks oder des Heeres geschehen 215), der aber theils die

213) Die oben Anm. 209 citierte Stelle darf man insofern dafür anführen, als nach ihr die Tribunen die Drohung des Dictators mit der andern überboten, ihm eine Mult von 500,000 Assen zu irrogieren, vgl. Liv. 6, 38. Diese enorme Summe scheint einen doch auch ungewöhnlich hohen Betrag der multa dicta — wahrscheinlich von 50 Rindern vorauszusetzen.

214) Zu Puchta Cursus der Inst. I. §. 53. Anm. g.

215) Liv. 43, 16. Censores ad pignora capienda miserunt multamque pro concione privato dixerunt. Gell. 11, 1, 7. Potest autem videri consulta elegantia mutasse verbum, cum in castris et in exercitu multa fieret, non in comitio nec ad populum diceretur. Aehnlich also wie die oblatio arietis an die Agnaten für einen unvorsätzlich getödteten Bürger Serv. ad Virgil. ecl. 4, 43. die caesio pignoris capti Cic. de orat. 3, 1, 4. die locatio vectigalium Cic. agrar. 1, 3, 7. 2, 21, 55. besonders aber auch die diei dictio für eine multae irrogatio Dionys. 10, 48. Liv. 4, 3, 8. Einige mit Gewalt herbeigeschleppte Bürger konnten die Concio nicht ersetzen. Gell. 6 (7), 19, 5, wo in der Appellationsbeschwerde vorkommt: quum contra leges contraque morem maiorum tribunus pl. hominibus accitis per vim inauspicato sententiam de eo tulerit multamque nullo exemplo irrogaverit. Doch geht aus dem Folgenden hervor, dass die angerufenen Tribunen auf diesen Punkt keine Rücksicht nahmen, wonach er also doch mehr ein Erforderniss der Sitte und Schicklichkeit als der gesetzlichen Gültigkeit war. Es mag aber doch in diesem Erforderniss der Grund liegen, weshalb die Consuln d. J. 271, als sie für die Aushebung, sicher vor den Tribunen, ausserhalb der Bannmeile ihr Tribunal aufschlugen, gegen die Nichtantwortenden allerlei Unbilden an ihren Sachen verfügten, aber nicht, wie sonst gewöhnlich, Multen aussprachen. Dionys. 8, 87.

Die multae dictio.

Senatsversammlung 216), theils auch ohne Zweifel eine Gerichtssitzung 217) gleichstand. Auch musste nach allgemeinem Grundsatz (S. 54) der zu Multierende, von der Gestellungsmult und dem Falle der Contumacia abgesehen, gegenwärtig sein 218). Vorherige Auspicien waren wohl blos bei ausserordentlichen' Multen der Volkstribunen wegen öffentlicher Interessen üblich 219).

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War nun der zu Multierende nicht schon gegenwärtig 220), so musste er erst und zwar bei Multen in Privatinteressen auf Antrag der Partei von der Obrigkeit durch Edict in der früher geschilderten Weise, vorgeladen und am Ladungstage citiert werden. (S. 53. Anm. 142 flg.). Gegen den Nichterschienenen war dann die Hauptmult erst nachdem er contumax geworden zulässig. Im Uebrigen unterscheidet sich die Interdictsmult von der gelegentlichen.

Im Fall eines beabsichtigten Interdicts war zwar später gegen den indefensus eben so wie bei gewöhnlichen Actionen die prätorische Execution durch missio in bona gestattet 221). Da diese aber aus der alten privaten Execution der 12 Tafeln hervorgegangen war, so kann deren Anwendung auf die Interdicte eben so wie die der privaten in ius vocatio 222) erst aus der Zeit stammen, wo das ganze Interdictenrecht mit Abschaffung der Multen nach seinem privatrechtlichen Charakter den Actionen gleich gestellt war. Früher musste auch hier gegen den Contumax die Mult verhängt werden. Wenn übrigens noch vor Erbittung des Interdicts der vor dem Prätor erschienene Gegner die Veranlassung desselben, welche der Kläger vor Allem anzugeben hatte 223), z. B. dass er den Kläger gewaltsam aus seinem gerechten Besitz gesetzt oder dass er einen freien Menschen doloser Weise bei sich habe, zugab

216) Wie in dem Falle bei Liv. cit. Anm. 101.

217) Wie bei den Interdictsmulten. Lex Bant. v. 13. Es beruht dieses auf dem allgemeinen Recht, wonach z. B. die in iure cessio der mancipatio, das iudicatum dem nexum gleich steht. Aber pro tribunali brauchte die Mult nicht nothwendig gesprochen zu werden, selbst wenn dem Sprechenden ein solches zukam. Vgl. L. 6. D. de accusat. (48, 2) L. 9. §. 3. D. de offic. procons. (1, 16).

218) Wegen multae irrogatio vgl. Cic. pro dom. 22, 58. privilegium timui, ne mihi praesenti si multa irrogaretur, nemo intercederet?

219) Sie werden bei solchen erwähnt von Gell. 1. c. (Anm. 215) allerdings im Falle einer multae irrogatio, aber doch mit dem allgemeinen Ausdruck sententiam de eo tulerit. Das auspicium ist dann das pullarium, welches allein die Tribunen hatten und das auch sonst für blosse Magistrats- (nicht Staats-) Handlungen der Magistrate galt.

220) Fälle der Gegenwart sind z. B. die in Anm. 101 erwähnten. 221) Ulpian L. 3. §. 14. D. de hom. lib. exh. (43, 26) Hoc interdictum et in absentem esse rogandum Labeo scribit: sed si non defendatur, in bona eius eundum. Von dieser defensio galt später auch das gewöhnliche Actionenrecht L. 39 pr. D. de procur. (3, 3.)

222) Nur zufällig hat sich keine Stelle für die klägerische in ius vocatio zur Anstellung eines Interdicts erhalten.

223) Theoph. 4, 15, pr. §. 1.

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und erklärte ihm gerecht werden zu wollen, so kam es überhaupt nicht zum Interdict und Interdictsprocess, sondern der Prätor erliess dann einen unbedingten Befehl, innerhalb einer gewissen Frist zu restituieren oder zu exhibieren 224), der dann eben so wie sonst im s. g. ausserordentlichen Verfahren mit Multen durchgesetzt werden konnte. War aber die Sache streitig, so postulierte der Kläger und der Prätor edierte das traditionelle oder im Edict verheissene Interdict, wenn kein Grund der Verweigerung vorhanden war 225). Auch konnte er, wenn der Beklagte Exceptionen vorbrachte, diese unbedenklich schon in dem älteren Verfahren in das Interdictsformular aufnehmen 226). Das weitere Verfahren mit Auflegung der Multen ist schon dargestellt worden (S. 75 flg.). Die jedesmalige Wiederkunft des Gegners zum nächsten Termin sicherte vermuthlich auch ein Vas, während für die aufgelaufene Mult am Schluss des Verfahrens von beiden Parteien dem Prätor Prädes bestellt wurden (S. 70). War nun aber das Verfahren vor dem Prätor mit der vierten, beziehungsweise bei interdicta duplicia mit der fünften und im Falle der Zusammenziehung aller dieser Actionen und Multen, wie nach dem ersten Capitel des Bantischen Gesetzes nach einer einmaligen multae dictio (S. 65) geschlossen, so musste es nun sofort (tertio die?) zur multae certatio vor einer richterlichen Behörde kommen, die ebenso wie beim Sacramentsverfahren adversus utrum iusta multa esset, aussprach und demgemäss zugleich über die Sache selbst urtheilte.

Von einer litis contestatio und einem litigare im eigentlichen Sinne konnte nehmlich in Interdicten überhaupt nicht, weder jetzt noch später 227), die Rede sein, da hier kein Rechtsverhältniss zwischen den Parteien, welches sie in ein Streitverhältniss hätten verwandeln können, sondern nur das Ungehorsamsverhältniss der Parteien zum Prätor vorlag und das blos thatsächliche Streiten derselben ex interdicto (certare) nur die Bedeutung eines Nachverfahrens hatte, um zu constatieren, ob und welche Partei zum

224) Ulpian L. 1. §. 1. D. de tab. exhib. (43, 5). Si quis forte confiteatur penes se esse testamentum, iubendus est exhibere et tempus ei dandum est, ut exhibeat, si non potest in praesentiarum exhibere. Sed si neget se exhibere posse vel debere, interdictum hoc competit. Vgl.

S. 358 flg.

225) v. Bethmann-Hollweg cit. S. 359.

226) Vgl. Schmidt Interd. S. 95 flg.

227) Es gibt meines Wissens nur eine Stelle, welche bei Interdicten von einer litis contestatio spricht, §. 4a J. de interd. (4, 15), wo Justinian von den ausgeglichenen beiden Interdicten retinendae possessionis sagt, derjenige siege, qui possessionem nec vi nec clam nec precario ab adversario litis contestationis tempore detinet, wofür in der Interpolation der Stelle des Ulpian L. un. D. Utrubi (43, 31) steht dum super hoc ab adversario inquietatur. Offenbar ist ersteres nach dem Untergange des ganzen alten Verfahrens nur ein willkürlicher Ausdruck für den damaligen Anfang des Processes (προκάταρξις).

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Nachtheil der andern ungehorsam gewesen sei. Daher hier auch das ganze Gewicht für die Leistungen des Beklagten, welches sonst die litis contestatio hat, in den durch das Nachverfahren nur purificierten prätorischen Ausspruch fiel 228).

Für den Beweis konnte die Partei die Zeugen ohne Zweifel eben so durch prätorische Ladung herbeischaffen, wie die in ius vocatio des Beklagten so geschah, so dass das später auf die iudicia privata übergegangene Recht der Denuntiation an die Zeugen ex auctoritate praetoris aus dem ältern Interdictsverfahren herstammte. War nach der multae certatio die richterliche Purification des Interdicts zu Gunsten des Klägers geschehen, so steht der Annahme nichts entgegen, dass der Prätor schon zur Zeit des Multverfahrens und damals nur durch eigene Coercition (statt der Rechtsfolgen aus der spätern Verurtheilung auf Geld in dem secutorium iudicium, den Ungehorsamen auch zur Schadloshaltung des Klägers ex interdicto nöthigte, so wie dieses auch später noch dann geschah, wenn und so weit der Ungehorsam gegen das prohibitorische Interdict noch über das dadurch verbotene facere hinausging, was allein unter das blosse secutorium iudicium fiel 229). Und dasselbe galt ohne Zweifel auch, wenn der Beklagte in einem exhibitorischen oder restitutorischen Interdict sogleich um einen Arbiter gebeten hatte, dessen Arbitrium ja auch nur dem allein bindenden prätorischen Befehl seinen bestimmten Inhalt gab (Anm. 185).

Die Mult des nach dem Endurtheil Unterliegenden verfiel zwar schlechthin, eine Strenge, die sie davon entlehnte, dass hier mais egmas ligicas pan pieis umbrateis avti cadeis amnud also nach Art des sacramento agere durch Mult processiert wurde. Doch musste ihr von ihrer ursprünglichen Natur, nur gegen dolosen Ungehorsam verhängt zu werden, so viel bleiben, dass, wenn der Unterliegende offenbar nicht muthwillig processiert hatte und im Uebrigen dem Endurtheil sich fügte, hierin ein Grund lag, ihm die Mult zu erlassen.

Wer das Richteramt in der gedachten multae certatio verwaltete und wie die Sache an ihn gebracht wurde, haben wir hier absichtlich noch unbestimmt gelassen, weil davon nach Beschaffenheit unserer Quellen besser in Verbindung mit der multae certatio vor dem Volke in Folge einer Provocation an dieses gehandelt

228) L. 3. D. de interd. (43, 1) L. 1. §. 40. D. de vi (43, 16). 229) L. un. §. 4. D. ne quid in flum. (43, 13). Hoc interdictum restitutorium proponitur: superius enim prohibitorium est et pertinet ad ea, quae nondum facta sunt. Si quid igitur iam factum est, per hoc interdictum restituetur: si quid ne fiat prospicitur, superiore interdicto erit utendum, et si quid post interdictum redditum fuerit factum, coercebitur. Das heisst, der Prätor sorgt dann durch Coercitionen dafür, dass ein solches iam factum restituiert wird. Auch recuperatorische Urtheile wurden zur Zeit der noch geltenden Legis-Actionen nur durch prätorischen Zwang vollstreckt. Plaut. Bacch. II. 3, 37.

wird. Wir wenden uns also jetzt zunächst zu dem s. g. ausserordentlichen Multverfahren.

Ausserhalb der Interdicte konnte das Multverfahren

mochte es im Interesse eines Privaten auf dessen Instanz oder zur Wahrnehmung eines öffentlichen Interesses von der Obrigkeit ohne Weiteres eintreten nach Umständen ein sehr verschiedenes sein. Abgesehen von der schon erörterten blossen Gestellungsmult machte es namentlich einen grossen Unterschied, ob die Mult blos einen begangenen Ungehorsam, der, weil ein Verbot übertreten oder die gebotene Leistung an eine bestimmte Zeit geknüpft war, auch dem Zwecke nach nicht wieder gut gemacht werden konnte, oder eine Verfehlung nach einem Gesetze in bestimmter Höhe ahnden oder ob sie dazu dienen sollte, eine Handlung zu erzwingen. Im ersten Falle fand gar keine Steigerung Statt, sondern die Mult wurde gegen den Vorgeladenen und Erschienenen sogleich in einer der Sache angemessen scheinenden Höhe ausgesprochen 230), worauf dann aber wohl wegen der immer zum Grunde liegenden Vorstellung, dass die Mult tageweise steige, mit der Beitreibung, oder wenn der Multierte eine Untersuchung verlangte, mit dieser erst nach soviel Tagen, als Rinder angesagt waren, verfahren zu werden pflegte. Sollte dagegen eine Handlung erzwungen werden, wurde von Zeit zu Zeit eine neue Mult hinzugefügt, bis der Ungehorsame sich fügte, oder das Maximum erreicht war 231), und es hing von der Obrigkeit ab, ob sie diese Multen als zusammengehörige Theile eines Ganzen betrachten wollte, in welchem Falle sie nach erlangtem Gehorsam, bevor das beabsichtigte Maximum erreicht war, wohl regelmässig niedergeschlagen wurden, oder so, dass sie ohne Rücksicht auf den spätern Gehorsam als verschiedene selbständige Multen angesagt und beigetrieben wurden, was an sich die Regel bildete. Ueberhaupt ist nie zu vergessen, dass die Mult ein Züchtigungsmittel, keine gesetzliche Strafe war, wesshalb sowohl hinsichtlich der Ansagung innerhalb der gesetzlichen Schranken, als der Beitreibung und der ganzen Behandlung derselben der Obrigkeit das freieste Arbitrium zukam und sie namentlich jederzeit die schon angesagte Mult erlassen oder ermässigen konnte 232). Fin Missbrauch dieses Rechts, indem man ohne ge

....

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230) Beispiele Liv. 9, 16. 40, 42. 42, 1. 43, 16. Gell. 11, 1, 6. 14, 7, 10. Paullus in L. 244. D. de verb. sign. (50, 16) Einl. Anm. 11 multae contra, quia eius iudicis est potestas, quantam dicat, nisi cum lege est constitutum, quantam dicat. Beispiele dieser Ausnahme sind die supremae multae nach der Lex Acilia und nach dem Bantischen Gesetz.

231) Ein Beispiel dieser Art bei Liv. 37, 51. s. oben S. 37. Ueberhaupt gehören hierher Lex Bant. c. II. und die übrigen oben S. 23 fig. cit. Quellen.

232) Mit Rücksicht darauf, dass, wer sich aufs Bitten legte, oder andere Motive in Bewegung setzte, häufig Erlass erhielt, droht das Edictum Ti. Alex. 39. o Touro яoingαs anαgaitntos (unabbittlich) ¿nungera. Daher auch die Wichtigkeit der Fürsprache mächtiger Freunde des Multierten, wie der Fall in Anm. 76 zeigt.

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