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a) Das einzelne Kolon. „Der saturnische Kurzvers ist ein aus zwei viersilbigen Elementen (die durch zweikürzige Hebungen und Senkungen mehrsilbig werden können) zusammengesetztes Kolon. Jedes Element hatte zwei Hebungen; es konnte mit der Senkung beginnen oder die erste weglassen oder die zweite

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oder beide als Doppelkürze zwischen die Hebungen bringen auch, wenigstens an zweiter Stelle, beide weglassen (p. 77). Die Kurzverse veränderten sich durch Verkürzung, richtiger durch Comprimierung, durch ein Zusammendrängen der Elemente, dessen Möglichkeit und Anlass gegeben war durch die im Wesen des Metrums liegende Fähigkeit, ohne Hilfe der Senkungen einherzuschreiten. Die dadurch entstehende Reduzierung der Silbenzahl reduzierte den numerus d. h. den Rhythmus, und so konnte das eine Element bis auf seine einsilbige Andeutung schwinden. Auf diesem Wege entstanden die Kola

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wahrscheinlich auch

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und

"

(p. 78). 8) Die Verbindung der beiden Kola zu einem Langvers. Livius Andronicus hat den Langvers als einzige Form für sein Epos gelten lassen. Er hat ihn in allen Gestalten rezipiert, aber eine wohlklingende Form, die er als eine von vielen vorfand (virum mihi Camena insece versutum), zur Hauptform gemacht. In allen Gestalten hat er die Kola streng auseinandergehalten, auch nicht die Fuge durch Synalöphe verdeckt. Er hat ferner das Gesetz gegeben oder beibehalten, dass eine das Kolon beginnende Hebung, wenn nicht beide Kürzen zwischen die beiden Hebungen treten, reine Senkung im Gefolge hat" (p. 78). Beide Vershälften erscheinen prinzipiell voneinander gesondert. Erstens erscheinen gewisse Formen (besonders die mit beginnenden) nur im ersten, andere und zwar besonders die Kurzformen nur im zweiten Kolon; das erste ist häufiger steigend, das zweite häufiger fallend; das erste hat häufiger männlichen Schluss als das zweite, bei dem er ausser in den Kurzformen (von selten ist" (p. 78). Zweitens Livius,sondert die zusammengewachsenen Kola von denen, die sich in ihre beiden Elemente zerlegen lassen. Als erstes Kolon verlangt er fast durchaus ein solches, dessen beide Glieder kenntlich sind, und mit Strenge hat er hier die Diärese nach dem ersten Gliede durchgeführt. Die einzige Kurzform, die er vielleicht als erstes Kolon zugelassen hat, ist jedenfalls nur als Ausnahme bei ihm und Naevius vorhanden gewesen. Dagegen hat das zweite Kolon zwar meistens die Diärese und geniesst die mit ihr verbundene Freiheit, aber in einer grossen Minderzahl von Fällen bleibt die Diärese aus; und dies gilt nur für die vollen Formen: in der zweiten Hälfte des Verses wohnen die Kurzformen, die die Diärese ausschliessen" (p. 79). Der Technik des Livius hat sich Naevius im wesentlichen angeschlossen.

an) sehr

Litteratur über den Saturnier. F. Buecheler, Anthol. epigr. lat. spec. III, Bonn 1876 (Bearbeitung der inschriftlichen Saturnier); vgl. jetzt dessen Anthologia latina sive poesis latinae supplementum, Pars posterior; Carmina epigraphica, fasc. 1, Leipz. 1895, p. 1-11. Die litterarischen Saturnier finden sich bei E. Baehrens, Fragm. poet. Rom. p. 29. Vgl. noch Lucian Müller, Carminum saturniorum reliquiae, im Anhang seines Buches p. 124, und die anderen Schriften über den Saturnier, dann Versus italici antiqui, coll. rec. rationem metricam explicavit C. Zander, Lund 1890, der im ersten Teil p. I eine Theorie des Saturniers entwickelt.

a) Anfänge der lyrischen Poesie.

8. Die heiligen Lieder. Als die älteste Form der Poesie betrachten wir diejenige, in der zugleich gesungen und getanzt wurde.1) Diese Verbindung von Tanz und Gesang kam nach ausdrücklichem Zeugnis in den heiligen Liedern vor. Wir kennen genauer zwei Arten derselben,

1) Ueber die Entstehung der Poesie hat K. Bücher (Arbeit und Rhythmus, Leipz.3 1902) eine Theorie aufgestellt, welche in dem Satz gipfelt (p. 349), dass die rhythmisch geregelte Arbeit und der sich anschliessende Arbeitsgesang zur Poesie führt; vgl. p. 378: In den Arbeitsgesängen haben wir den Niederschlag des ältesten und ursprünglichsten poetischen Schaffens der Völker zu erblicken." Man wird doch den Ur

Handbuch der klass, Altertumswissenschaft. VIII, 1.

sprung der Poesie in der erhöhten Lebensfreude zu suchen haben, welche sich in Gesang und Tanz äussert und den Rhythmus notwendig im Gefolge hat. Mit Recht nennt E. Grosse (Die Anfänge der Kunst, Freib. u. Leipz. 1894, p. 198) den Tanz den unmittelbarsten, vollkommensten und wirkungsmächtigsten Ausdruck der primitiven ästhetischen Gefühle". Vgl. auch H. Reich, Der Mimus 1 (Berl. 1903) p. 477.

3. Aufl.

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die Lieder der Salier (Springer) und die Lieder der Fratres arvales (Flurbrüder).

a) Die Lieder der Salier. Die Priesterschaft der Salier 1) war in zwei Kollegien von je 12 Mann geteilt; das eine bildeten die Salii Palatini mit dem Heiligtum auf dem Palatium, das andere die Salii Collini oder Agonenses mit dem Heiligtum auf dem Quirinal. Das erste Kollegium stand ursprünglich im Dienste des Mars, das andere im Dienste des Quirinus; als die zwei Kollegien zu einer Priesterschaft zusammengeschlossen wurden, wurde dem Mars und Quirinus noch Juppiter beigesellt.2) Die Aufgabe der beiden Kollegien war, vereint im Monat März, also zu Anfang der Kriegszeit, und im Monat Oktober, also zur Zeit der Beendigung des Krieges, in kriegerischer Tracht ) einen Umzug vorzunehmen und einen Waffentanz aufzuführen. Für diese Festlichkeit erhielten sie die hl. Schilde und Lanzen, die aus ihrem Aufbewahrungsort feierlich hervorgeholt wurden. Bei ihrem Waffentanz sangen sie ihre hl. Lieder, welche als das älteste Zeugnis der römischen Poesie zu betrachten sind. In denselben wurden zwei Teile unterschieden: der eine umfasste die Anrufung der Staatsgötter im allgemeinen (man nannte diesen Teil axamenta); im zweiten Teil wurden die einzelnen Götter angerufen, unter die in der Kaiserzeit auch fürstliche Persönlichkeiten, wie Augustus, Germanicus u. a. eingereiht wurden.4) In der späteren Zeit war das Kultlied den Priestern selbst nicht mehr verständlich,) so dass die römische Philologie eingreifen musste, um es zu erklären.) Gleich der erste Philolog L. Aelius Stilo schrieb einen Commentar zu demselben (§ 76). Aus dieser Tätigkeit sind uns einzelne Bruchstücke erhalten, die aber dem Verständnis grosse Schwierigkeiten bereiten.

Zeugnisse über die Salier. Liv. 1, 20, 4 Salios item duodecim Marti Gradivo legit (Numa) tunicaeque pictae insigne dedit et super tunicam aeneum pectori tegumen caelestiaque arma, quae ancilia appellantur, ferre ac per urbem ire canentes carmina cum tripudiis sollemnique saltatu iussit; vgl. dazu Dionys. antiqu. 2, 70. Cic. de or. 3, 51, 197 Saliorum versus. Horat. epist. 2, 1, 86 Saliare Numae carmen. Quintil. 1, 10, 20 versus quoque Saliorum habent carmen, wozu noch kommt Horat. carm. 4, 1, 25 und 1, 36, 12. Vgl. noch Ovid. fast. 3, 387; Varro de lingua lat. 7, 2; Plut. Numa c. 13; Lydus de mens. 4, 2; Terentius Scaurus Gramm. lat. 7 p. 28; Diomedes Gramm. lat. 1 p. 476; Lucian. de salt. c. 20. Ueber das Kollegium der Salier vgl. J. Marquardt, Röm. Staatsverwaltung 32 p. 427 und Maurenbrecher p. 315. Was die von Serv. zu Verg. Aen. 8, 285 erwähnten Pavorii et Pallorii betrifft, welche Tullus Hostilius eingesetzt haben soll, so liegt hier ein Missverständnis der Worte Liv. 1, 27, 7 duodecim vovit Salios fanaque Pallori ac Pavori vor; nach den carmina Saliorum hat es nur zwei Salierkollegien gegeben; vgl. Maurenbrecher p. 317 u. p. 322, ferner G. Thilo zu der Stelle des Servius.

Zeugnisse über die Lieder der Salier. Festus-Paul. p. 3 O. M. axamenta dicebantur carmina Saliaria, quae a Saliis sacerdotibus canebantur, in universos homines †

1) Ueber dieselbe vgl. u. a. G. Wissowa, Religion und Kultus der Römer, München 1902, p. 480.

2) Serv. zu Verg. Aen. 8, 663.

3) M. W. Helbig, Extrait des mémoires de l'accad. des inscript. et belles-lettres, tom. 37, 2 (1905).

4) Monumentum Ancyr. 2, 21 p. LXXXIV Mommsen nomen meum senatus consulto inclusum est in Saliare carmen. Tacit. annal. 2,83 honores reperti decretique: ut nomen eius (Germanici) Saliari carmine caneretur. Capitolin. M. Ant. Philos. 21, 5 (1 p. 66

....

....

Peter) iussit, ut statuae tantum modo filio mortuo decernerentur et ut Saliari carmini nomen eius insereretur. Spartian. Carac. 11,6 (1 p. 190 P.) habet templum, habet Salios, habet sodales Antoninianos, qui Faustinae templum et divale nomen eripuit.

5) Vgl. Quintil. 1, 6, 40 Saliorum carmina vix sacerdotibus suis satis intellecta. Varro de lingua lat. 7, 2; Horat. epist. 2, 1, 86; Symmach. epist. 3, 43; Apollin. Sid. epist. 8, 16, 4; Isidor. orig. 9, 1, 6.

6) Ueber die Commentatoren vgl. Maurenbrecher p. 323.

composita. nam in deos singulos versus facti a nominibus eorum appellabantur, ut Januli, Junonii, Minervii. Dass homines verdorben und dafür der Begriff „Götter" erwartet wird, ist unzweifelhaft. Statt homines liest daher O. Müller deos, L. Preller, Röm. Mythol. 13 (Berl. 1881) p. 141 Anm. 3: daemonas, J. A. Hartung semones; vgl. aber dagegen H. Jordan, Krit. Beitr. p. 204. Ueber axare vgl. die Glosse bei Festus-Paul. p. 6 O. M. „axare, nominare". Die Zweiteilung des carmen Saliare steht unter allen Umständen fest.

Litteratur über die Lieder der Salier. Gesammelt sind die Fragmente bei W. Corssen, Origines poesis Romanae, Berl. 1846, p. 15; L. Havet, De saturnio Latinorum versu, Paris 1880, p. 243, p. 405; E. Baehrens, Fragm. poet. Rom., Leipz. 1886, p. 29; C. Zander, Carminis Saliaris reliquiae, Lund 1888; B. Maurenbrecher, Carminum Saliarium reliquiae (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 21 (1894) p. 315). Erläuterungen bei Th. Bergk, Opusc. 1 (Halle 1884) p. 477; H. Jordan, Krit. Beitr. zur Gesch. der lat. Sprache, Berl. 1879, p. 211; G. Hempl, Transactions and proceedings of the American philol. association 30 (1899) p. 39; Th. Birt, Zu den Salierliedresten (Rhein. Mus. 52 (1897) Ergänzungsh. p. 193); S. Linde, Ueber das carmen Saliare (Skandinavisches Archiv 1 (Lund 1892) p. 130).

b) Die Lieder der Arvalbrüder. Wichtiger als die Fragmente der Salierlieder ist das alte Lied der Flurbrüder, deren Kult ihren Mittelpunkt in einer sonst nicht näher bekannten ländlichen Gottheit, der Dea dia, findet. In deren Hain, und zwar im Tempel bei geschlossenen Türen, führten die Flurbrüder im Monat Mai einen Tanz mit Gesang auf, um Segen für die Fluren zu erflehen. Das dabei gesungene Lied ist uns durch ein Steinprotokoll des Jahres 218 n. Chr., in dem die zur Feier vorgenommenen Handlungen verzeichnet wurden, erhalten. Auch dieses Lied bietet der Erklärung grosse Schwierigkeiten. Klar ist aber, dass das Gebet zuerst von den Lases 1) Hilfe erfleht, dann den Mars um Schonung angeht, endlich zum Schluss nochmals an diesen Gott sich wendet.

Die Inschriften der Arvalbrüder. Ueber die Arvalbrüderschaft belehren uns auf das genaueste ihre auf Tafeln eingemeisselten Akten. Dieselben umfassen: 1) einen Festkalender, 2) die vom Jahre 2 v. Chr. bis 37 n. Chr. reichenden Magistratstafeln, 3) die Protokolle über die Amtshandlungen der Arvalen. Die Fragmente reichen bis ins Jahr 241 n. Chr. Die Auffindung dieser wichtigen Bruchstücke begann mit dem Jahre 1570. Es folgten die Entdeckungen des Jahres 1699 und verschiedener Jahre des 18. Jahrhunderts. Die bis dahin zutage getretenen Fragmente wurden erläutert in dem berühmten Werk G. Marinis, Gli atti e monumenti dei fratelli Arvali, Rom 1795. Einen grossen Zuwachs von Fragmenten lieferte das Jahr 1866 und die systematischen Ausgrabungen der Jahre 1867 bis 1871. Eine Sammlung sämtlicher Fragmente mit ausgezeichnetem Commentar gab G. Henzen in dem Werk: Acta fratrum Arvalium quae supersunt, Berl. 1874; den Text publizierte derselbe auch CIL 6 p. 459 Nr. 2023-2119 (1876); Ergänzungen dazu lieferte Ch. Hülsen, Ephem. epigr. 8. Bd. 2. fasc. (1892) p. 316. Weitere Funde sind verzeichnet in den Notizie degli scavi 1894 p. 362; 1897 p. 453; 1898 p. 120; 1899 p. 267; Ch. Hülsen, Beitr. zur alten Gesch. 2 (Leipz. 1902) p. 227. Ueber Ergänzung und Anordnung handeln E. Hula, Archaeol. epigr. Mitteilungen aus Oesterreich 17 (1894) p. 67; D. Vaglieri, Notizie degli scavi 1892 p. 267, 1897 p. 309. Eine Auswahl aus den Akten geben G. Wilmanns, Exempla inscriptionum lat. 2 (Berl. 1873) Nr. 2870 ff.; H. Dessau, Inscriptiones lat. selectae vol. 2 pars 1 (Berl. 1902) Nr. 5026 ff.

Litterarische Zeugnisse. Varro de lingua lat. 5, 85 fratres Arvales dicti qui sacra publica faciunt propterea ut fruges ferant arva a ferendo et arvis fratres arvales dicti. Sunt qui a Fratria dixerunt etc. Gellius 7, 7, 8 Ea, inquit (Sabinus Masurius), mulier (Acca Larentia) ex duodecim filiis maribus unum morte amisit. In illius locum Romulus Accae sese filium dedit seque et ceteros eius filios „fratres arvales" appellavit. Vgl. noch Plinius n. h. 18, 6; Fulgent. exp. serm. ant. p. 560 M.

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Ueber den Kult der Arvalen vgl. Th. Mommsen, Ueber die röm. Ackerbrüder (Grenzboten 29 (1870) p. 161 Reden und Aufsätze, Berl. 1905, p. 270); Oldenberg, De sacris fratrum Arvalium quaestiones, Berl. 1875; J. Marquardt, Röm. Staatsverw. 32 (Leipz. 1885) p. 447; Th. Birts Artikel in Roschers Lexikon der Mythologie 1 Sp. 970; E. Hula, Zur Gesch. des Kollegiums der Arvalbrüder (Archaeol. epigr. Mitteilungen aus Oesterreich 15 (1892) p. 23); Ch. Hülsen, Il posto degli Arvali nel colosseo e la capacità dei teatri di Roma sowa, Archiv für Religionswissensch. 7 (1904)

1) Die spätere Form ist Lares. Ueber die Anfänge des röm. Larenkultes vgl. G. Wis

p. 42.

antica (Bullettino della commissione archeologica comunale di Rome 22 (1894) p. 312); E. Bormann, Festschr. für O. Benndorf, Wien 1898, p. 283; G. Wissowa in der Pauly-Wissowaschen Realencyclopädie 2 (1894) Sp. 1463; Religion und Kultus der Römer, München 1902, p. 485; C. de la Berge, Dictionnaire des antiquités par Daremberg et Saglio s. v. arvales. Ganz auf Abwegen befinden sich E. Hoffmann, Die Arvalbrüder, Bresl. 1858 (vgl. noch Fleckeis. Jahrb. 155 (1897) p. 55) und E. Baehrens, Acca Larentia (Fleckeis. Jahrb. 131 (1885) p. 785).

Das Kultlied der Arvalen. Die Stelle im Protokoll CIL 1, 28; 6 p. 569 Nr. 2104 lautet: Ibi sacerdotes clusi succincti libellis acceptis carmen descindentes tripodaverunt in verba haec. Wir geben den Text getreu nach F. Buecheler, Anthol. lat. fasc. 1 (Leipz. 1895) Nr. 1 p. 1:

Enos Lases iuuate,
elnos Lases iuuate,
enos Lases iuuate.

neue lue rue Marma sins incurrere in pleores,
neue lue rue Marmar [si]ns incurrere in pleoris,
neue lue rue Marmar sers incurrere in pleoris.
satur fu, fere Mars, limen [sal]i, sta berber.
satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber.
satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber.
sem]unis alternei aduocapit conctos,
semunis alternei aduocapit conctos,
simunis alternei aduocapit [conct]os.

enos Marmor iuuato,

enos Marmor iuuato,

enos Mamor iuuato.

triumpe triumpe triumpe, trium[pe tri]umpe.

Litteratur über das Arvallied. C. Pauli, Altital. Studien 4 (1885) p. 1 und Engelbert Schneider, Dialectorum Italicarum aevi vetustioris exempla selecta 1 (Leipz. 1886) p. 103 geben ein Litteraturverzeichnis. H. Jordan, Krit. Beiträge zur Gesch. der lat. Sprache, Berl. 1879, p. 189; Hermes 14 (1879) p. 633; L. Hayet, De versu saturnio, Paris 1880, p. 218; M. Bréal, Revue critique 14, 1 (1880) p. 123; Épigraphie italique, 1. Le chant des Arvales (Mémoires de la société de linguistique de Paris 4 (1881) p. 373); Lucian Müller, Der saturnische Vers und seine Denkmäler, Leipz. 1885, p. 99; H. Usener, Altgriech. Versbau, Bonn 1887, p. 77; C. Zander, Versus italici antiqui, Lund 1890, p. 25; E. Rosenstock, Die Akten der Arvalbrüdersch., eine Studie zur lat. Rechtschreibung, Strassb. 1895. Eine originelle, aber nicht haltbare Erklärung trägt Th. Birt, Das Arvallied (Archiv für lat. Lexikographie 11 (1900) p. 149) vor. R. Roselli, Il carmen fratrum Arvalium, Acireale 1901; J. M. Stowasser, Das Gebet der Arvalbrüder (Wien. Stud. 25 (1903) p. 78). Eine Uebersetzung gibt Th. Mommsen, Röm. Gesch. 16 p. 222. Zaubersprüche. In Versform und mit Gesang verbunden erscheinen auch Zaubersprüche; und dass der Gesang hier ursprünglich eine Rolle spielte, besagen schon die Namen nodai und incantamenta. Varro (de re rust. 1, 2, 27) führt aus Sasernas Buch folgendes gegen die Gicht auf (vgl. auch Th. Mommsen, Röm. Gesch. 16 p. 221): cum homini pedes dolere coepissent, qui tui meminisset, ei mederi posse. ‘ego tui memini, medere meis pedibus, terra pestem teneto, salus hic maneto [in meis pedibus]. hoc ter noviens cantare iubet, terram tangere, despuere, ieiunum cantare. Hier werden die Worte terra maneto als Saturnier gelesen; ob auch die vorausgehenden ego etc. als Saturnier zu lesen sind, ist zweifelhaft; in solche bringt sie E. Baehrens, Fragm. poet. Rom. p. 34 Anm. F. Leo, Der saturnische Vers (Abh. der Gött. Ges. der Wissensch. N. F. Bd. 8 Nr. 5 (Berl. 1905) p. 63) stellt folgende 5 Kola her: ego tui memini, | medere meis pedibus. terra pestem teneto, | salus hic maneto in meis pedibus. Ueber die Metra der Zaubersprüche vgl. Heim p. 544. Die metrische Form ist aber bei den Zaubersprüchen nicht absolut notwendig; an ihrer Stelle erscheint auch der Parallelismus der Glieder, durch den Gleichklang gehoben; wir beobachten denselben auch in dem fraglichen Saturnier. Feste Form erfordert aber unter allen Umständen der Zauberspruch. Das Material liegt vollständig gesammelt vor in der Abhandlung: Incantamenta magica graeca latina collegit disposuit edidit R. Heim (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 19 (1893) p. 465). W. Drexler, Alte Beschwörungsformeln (Philol. 58 (1899) p. 594); L. Cleeve, The magic of Rome, London 1902; P. Huvelin, Les tablettes magiques et le droit romain (Mémoire présenté au congrès international d'histoire comparée, Paris 1900), Mâcon 1901 (vgl. dagegen L. Seuffert, Archiv für lat. Lexikographie 12 (1902) p. 601). Im allgemeinen vgl. A. Lehmann, Aberglaube und Zauberei, deutsche Ausg. von Petersen, Stuttgart 1898 (besprochen von E. Kuhnert, Berl. philol. Wochenschr. 1900 Sp. 494) und E. Kuhnert, Zauberwesen in Altertum und Gegenwart, Nord und Süd 92 (1900) p. 327 (handelt über den Liebeszauber).

b) Anfänge der dramatischen Poesie.

9. Die Fescenninen. Die Anfänge der dramatischen Poesie knüpfen sich, wie bei anderen Völkern, so auch in Rom an die Festesfreude. Bereits Varro hatte in seinem Werke über den Ursprung der dramatischen Poesie in den verschiedenen Festen, z. B. den Compitalien, Lupercalien, Ansätze zum Drama gefunden. Bekannt ist die Schilderung des Erntefestes bei Horaz (epist. 2, 1, 139); hier erhalten wir für ein dramatisches Element einen bestimmten Namen; es ist dies die Fescennina licentia. Sie stellt sich dar in Versen, welche Scherz und Spott zum Inhalt, den Dialog zur Form haben. Der Name Fescenninus wird von Fescennium in Etrurien abgeleitet; man müsste darnach annehmen, es seien jene Spottverse besonders dort gepflegt worden; allein viel wahrscheinlicher ist ein Zusammenhang des Wortes mit fascinum, einem Symbol der Zeugungskraft. Ausser dem Erntefest finden diese dialogischen Scherz- und Spottverse noch bei Hochzeiten Verwendung. Auch hier heissen sie Fescennini. Dass diese fescenninische Ausgelassenheit“ uns den Anfang des italischen Dramas darstellt, kann nicht bezweifelt werden; auch die gelehrte Forschung des Altertums verkannte das nicht, wie ein ätiologischer Bericht bei Livius zeigt. Hier wird nämlich ausdrücklich eine Weiterentwicklung der Fescenninen mit der Bühne in Verbindung gebracht. Der Bericht überliefert folgendes: Im Jahre 364 v. Chr. wurden an den ludi Romani zu den Cirkusspielen, die im Wettfahren und Pferderennen bestanden, Bühnenspiele hinzugefügt, indem Schauspieler, die aus Etrurien herbeigeholt worden waren, Tänze zur Flötenbegleitung aufführten.1) Dieses Beispiel wirkte auf die Jugend; es führte zu einer Reform der Fescennini, dieselben wurden jetzt mit Gesang und Tanz zur Flötenbegleitung verbunden. Dieses Gebilde hiess nach dem Bericht satura. Allein der Bericht fordert Zweifel heraus. Es ist unmöglich, dass Gesang und Tanz erst später hinzukamen; denn, wie wir bei den hl. Liedern sahen, ist die Verbindung von Tanz und Gesang der naturgemässe, daher ursprüngliche Ausdruck der gehobenen Stimmung. Auch der Name satura ist höchst wahrscheinlich von dem Forscher, dem Livius seinen Bericht verdankt, zur Bezeichnung des improvisierten Spiels, das keinen Namen hatte, gestempelt worden.

Die Fescenninen. Festus p. 85 O. M. Fescennini versus, qui canebantur in nuptiis, ex urbe Fescennina dicuntur allati, sive ideo dicti, quia fascinum putabantur arcere. W. Deecke, Die Falisker, Strassb. 1888, p. 46 und 113; E. Hoffmann, Die Fescenninen (Rhein. Mus. 51 (1896) p. 320). Das Hochzeitslied wurde auch ein Zweig der Kunstdichtung; vgl. Catull. 61 und 62.

Die dramatische satura. Der Bericht des Livius 7, 2, 4 lautet: a) sine carmine ullo, sine imitandorum carminum actu ludiones ex Etruria acciti ad tibicinis modos saltantes haud indecoros motus more Tusco dabant. ) imitari deinde eos iuventus, simul inconditis inter se iocularia fundentes versibus, coepere; nec absoni a voce motus erant. y) accepta itaque res saepiusque usurpando excitata. vernaculis artificibus, quia ister Tusco verbo ludio vocabatur, nomen histrionibus inditum, qui non, sicut ante, Fescennino versu similem incompositum temere ac rudem alternis iaciebant, sed impletas modis saturas descripto iam ad tibicinem cantu motuque congruenti peragebant. 8) Livius post aliquot annis, qui ab saturis ausus est primus argumento fabulam serere, idem scilicet, id quod omnes tum erant, suorum carminum actor, dicitur, cum saepius revocatur, vocem obtudisse et, venia petita puerum ad canendum ante tibicinem cum statuisset, canticum

1) Ein Bild von dieser Aufführung können wir uns durch den ludus talarius machen; vgl.

M. Hertz, De ludo talario (Ind. lect. Breslau 1873).

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