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was zu tadeln war. So hat er in Versen, in denen er aus dem Leben des älteren Scipio einen schlimmen Jugendstreich erzählte, zugleich auch auf den grossen Ruhm des von ihm angegriffenen Mannes hingewiesen; auch verherrlichte er dramatisch den Sieg des Marcellus bei Clastidium. Da die Befreiung des Naevius aus dem Kerker bekannt war, lag es nahe, nach einer Ursache derselben zu forschen; da stellten sich die lobenden Verse auf die Aristokratie Roms ein, um die Entlassung aus der Kerkerhaft zu motivieren. Die Meteller waren, um auf sie zurückzukommen, mächtig genug, um zu erreichen, dass Naevius Rom verliess. Es mag dies im Jahre 204 gewesen sein. Wohin er sich zunächst wandte, wissen wir nicht; gestorben ist er im Jahre 201 in Utica.

Allgemeine Litteratur über Naevius. Cn. Naevii vitam descripsit, carminum reliquias collegit E. Klussmann, Jena 1843; M. J. Berchem, De Cn. Naevii poetae vita et scriptis, Münster 1861; D. de Moor, Cn. Névius, essai sur les commencements de la poésie à Rome, Diss. Lüttich 1877 (keine selbständige Forschung; vgl. A. Reifferscheid, Bursians Jahresber. 23 (1880) p. 268).

Die Heimat des Dichters. Gellius (1, 24, 2) führt die Grabschrift des Naevius als ein von diesem selbst verfasstes Produkt auf und charakterisiert sie also: epigramma Naevi plenum superbiae Campanae, quod testimonium iustum esse potuisset, nisi ab ipso dictum esset. Aus diesen Worten folgt mit Notwendigkeit, dass Gellius den Naevius für einen Campaner hielt. Manche Gelehrte, wie W. Y. Sellar (The Roman poets of the Republic, Oxford3 1889, p. 52), wollen superbia Campana hier als eine sprichwörtliche Redensart ansehen; in der Tat wird die superbia und arrogantia der Campaner von den Schriftstellern hervorgehoben; vgl. Liv. 9, 6, 5 superbia ingenita Campanis; Cic. de leg. agraria 2, 33, 91 illa Campana arrogantia. Allein die superbia Campana kann dem Naevius doch nur vorgeworfen werden, wenn er ein Campaner war; anderenfalls wäre die Erwähnung der superbia Campana geschmacklos. Mit Recht hebt Th. Mommsen (Röm. Gesch. 16 p. 899 Anm. *) hervor: Wenn er nicht römischer Bürger, sondern etwa Bürger von Cales oder einer andern latinischen Stadt Campaniens war, so erklärt es sich leichter, dass ihn die römische Polizei so rücksichtslos behandelte."

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Naevius' Teilnahme am ersten punischen Krieg. Gellius 17, 21, 45 eodemque anno (519 a. u. c. = 235 v. Chr.) Cn. Naevius poeta fabulas apud populum dedit, quem M. Varro in libro de poetis primo stipendia fecisse ait bello Poenico primo, idque ipsum Naevium dicere in eo carmine, quod de eodem bello scripsit. Auch bei der Feststellung der Chronologie des Naevius hatte Varro das Ziel im Auge, dem falschen Ansatz, den Accius mit Livius Andronicus vorgenommen hatte (vgl. § 24), entgegenzutreten. Hiefür war wichtig die Erkenntnis, dass N. den ersten punischen Krieg mitgemacht hatte und dass er schon vor 235, also vor dem zweiten punischen Krieg, Stücke auf die Bühne brachte; vgl. F. Leo, Plautin. Forsch., Berl. 1895, p. 58; G. L. Hendrickson, A pre-Varronian chapter of Roman literary history (American Journal of philol. 19 (1898) p. 289).

Streit des Naevius mit den Metellern. Cic. in Verrem actio 1, 10, 29 hoc Verrem dicere aiebant, te (scil. Q. Caecilius Metellus) non fato, ut ceteros ex vestra familia, sed opera sua consulem factum. Dies erklärt Ps.-Ascon. (p. 140 Orelli): dictum facete et contumeliose in Metellos antiquum Naevii est: Fato Metelli Romae fiunt consules. Cui tunc Metellus consul iratus versu responderat senario hypercatalecto, qui et Saturnius dicitur: Dabunt malum Metelli Naevio poetae. Ueber Q. Caecilius Metellus (cos. 206) vgl. F. Münzer, Pauly-Wissowas Realencycl. 3. Bd. Sp. 1206 Nr. 81.

Die Einkerkerung des Naevius. Gellius 3, 3, 15 de Naevio quoque accepimus, fabulas eum in carcere duas scripsisse, Hariolum et Leontem, cum ob assiduam maledicentiam et probra in principes civitatis de Graecorum poetarum more dicta in vincula Romae a triumviris coniectus esset. unde post a tribunis plebis exemptus est, cum in his, quas supra dixi, fabulis delicta sua et petulantias dictorum, quibus multos ante laeserat, diluisset. Mit Recht zieht Leo (Plaut. Forsch. p. 67) diese Ueberlieferung, soweit sie sich auf den Grund der Befreiung bezieht, in Zweifel, indem er sagt: „Dass er in vinculis Komödien geschrieben habe, ist so unglaublich, wie dass entschuldigende Verse in diesen Komödien Anlass zu seiner Befreiung gegeben hätten. Das Wahre daran sind die Verse, die auf seine Haft anspielten und vermutlich entschuldigend oder versöhnlich klangen." Auf diese Einkerkerung spielt Plautus (mil. glor. 211) mit den Worten an: Nam ós columnatúm poetae esse indaudivi bárbaro, | quoí bini custódes semper tótis horis óccubant; vgl. auch PaulusFestus p. 36, 2 O. M.: barbari dicebantur antiquitus omnes gentes exceptis Graecis. unde

Plautus Naevium poetam Latinum barbarum dixit. Ausführlich handelt über die Vorgänge A. F. West, American Journal of philol. 8 (1887) p. 15, bes. p. 17.

Verbannung und Tod des Naevius. Hieronym. z. J. 1816 201 v. Chr. (2 p. 125 Sch.) Naevius comicus Uticae moritur, pulsus Roma factione nobilium ac praecipue Metelli. Cic. Brut. 15, 60 his consulibus (M. Cornelius Cethegus und P. Tuditanus im Jahre 204), ut in veteribus commentariis scriptum est, Naevius est mortuus: quamquam Varro noster diligentissimus investigator antiquitatis putat in hoc erratum vitamque Naevii producit longius. Von den beiden Jahren 201 und 204 ist das erstere das richtige. Denn würde Naevius im Jahre 204 in Utica gestorben sein, so hätte er während des zweiten punischen Krieges in Feindesland gelebt. F. Leo (Plaut. Forsch., Berl. 1895, p. 60) vermutet ansprechend, dass das frühe Todesjahr des Naevius daraus gefolgert wurde, dass in den commentarii der festgebenden Beamten zum Jahre 550 a. u. (204 v. Chr.) die letzte Aufführung eines naevianischen Stückes verzeichnet gewesen sei", und dass Varro diese falsche Schlussfolgerung erkannte. Auch ich bin der Meinung, dass das Jahr 204 deswegen fälschlich als Todesjahr genommen wurde, weil in den Commentaren der Festgeber keine Stücke mehr von N. verzeichnet waren. Allein diese Tatsache lässt sich auch daraus erklären, dass Naevius im Jahre 204 aus Rom wegzog. Dass er sich gleich nach Utica begeben, folgt nicht aus der Stelle des Hieronymus, sondern nur, dass er sich in seinem Todesjahr dort befand.

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26. Komödien des Naevius. Wie Livius, so versuchte sich auch Naevius in mehreren Gattungen der Poesie. Er schrieb Komödien, Tragödien und ein Epos. In der dramatischen Produktion zog ihn aber die Komödie weit mehr an als die Tragödie; man kann dies daraus folgern, dass Komödientitel beträchtlich mehr überliefert sind als Tragödientitel. Etwa ein Drittel dieser Titel ist griechisch; die übrigen sind lateinisch. Unter den lateinischen erscheint öfters die adjektivische Bezeichnung auf -aria mit Ergänzung von fabula. Bei der Uebertragung griechischer Stücke machte Naevius von einem Kunstmittel, der Contaminatio, Gebrauch. Da die Stücke der neueren Komödie in ihrem Inhalt einander sehr ähnlich waren, konnte der Uebersetzer nicht selten zwei Stücke zusammenarbeiten, indem er passende Scenen von dem einen in das andere herübernahm. Deutet schon diese Erscheinung auf die Originalität des Dichters, so tritt diese noch leuchtender in den Anspielungen hervor, welche er auf die Gegenwart machte. Damit legt er die Rolle eines Dolmetschers fremder Gedanken ab und gibt von dem, was seine Seele bewegt, Kunde. Er ist ein freiheitsliebender Mann und nimmt für die Bühne das Recht der freien Meinungsäusserung, das ihm kein Mächtiger trüben dürfe, in Anspruch. Nicht ohne Bitterkeit fragt er, wie es komme, dass ein Gemeinwesen so rasch zu Grunde gerichtet sei; der Dichter bringt einen Katalog der Staatsverderber, in demselben sind die neuen Redner, einfältige Bürschlein, aufgeführt. Selbst Jugendstreiche der vornehmen Herrn berührt er in seinen Komödien; denn einer solchen werden die bekannten Verse angehört haben, in denen von dem schon damals berühmten Scipio Africanus erzählt wird, dass ihn in seiner Jugend sein Vater einst von einem Liebchen im Hemde heimgetrieben habe. Die Namen wird der Komiker meist unterdrückt und sich mit klaren Anspielungen begnügt haben; doch stossen wir in den Fragmenten auf den Maler Theodotus, der uns in komischer Weise, in seinem Atelier arbeitend, vorgeführt wird. Leider lassen die Fragmente der einzelnen Stücke keine Einsicht in den Bau derselben zu; nur in der Tarentilla gewahren wir einige deutlichere Züge. Zwei Väter sind zwei Jünglingen nachgeeilt, die in der Fremde ihr Gut vergeuden; es wird dies bei der Tarentilla geschehen sein, die uns der Dichter als ein schelmisches

Mädchen malt, das für jeden seiner Verehrer irgend etwas in Bereitschaft hat.

Die einzelnen Komödien des Naevius. Es sind uns folgende Titel überliefert, meist auch mit Fragmenten: Acontizomenos, Agitatoria, Agrypnuntes, Appella, Ariolus, Astiologa, Carbonaria, Clamidaria, Colax, Commotria, Corollaria, Dementes, Demetrius (vgl. dagegen W. H. Grauert, Philol. 2 (1847) p. 126), Dolus, Figulus, Glaucoma, Guminasticus, Lampadio, Nagido, Nautae (?), Nervolaria, Paelex, Personata, Proiectus, Quadrigemini, Stalagmus, Stigmatias, Tarentilla, Technicus, Testicularia, Tribacelus, Triphallus, Tunicularia; hiezu kommt noch Leon (Gellius 3, 3, 15), vielleicht ist ihm auch eine Tabellaria zuzuschreiben; vgl. Ribbeck p. 325. Ueber Fretum vgl. L. Müller p. 61; Ribbeck p. 34. Ueber eine Diobolaria und einen Philemporos vgl. L. Müller p. 61, p. 34. Ueber Ludus und satura vgl. unten. Unter den Titeln sind die auf -aria bemerkenswert. O. Ribbeck (Gesch. der röm. Dicht. 12 p. 62) bemerkt im Anschluss an F. Ritschl, Parerga p. 140: „Naevius, wie es scheint, hat die adjektivischen Formen aufgebracht, welche Plautus so liebte, die Späteren aber aufgegeben haben"; vgl. dazu E. Wölfflin, Rhein. Mus. 43 (1888) p. 308. Die Fragmente bei L. Müller, Livi Andronici et Cn. Naevi fabularum reliquiae, Berl. 1885, p. 13; O. Ribbeck, Comicorum Romanorum fragmenta, Leipz. 1898, p. 6.

Die Contamination in den Komödien. Terent. Andria prolog. 18 qui quom hunc accusant (wegen der Contamination), Naevium Plautum Ennium accusant.

Verhöhnung des älteren Scipio. Gellius 7, 8, 5 Scipionem istum, verone an falso incertum, fama tamen, cum esset adulescens, haud sincera fuisse et propemodum constitisse, hosce versus a Cn. Naevio poeta in eum scriptos esse: Etiám qui res magnás manu saepe (per Ribbeck) géssit glorióse, | cuius fácta viva nunc vigent, qui apud géntes solus praestat, eum suús pater cum pállio uno ab amica abduxit; vgl. auch Th. Mommsen, Röm. Gesch. 16 p. 893. Wir haben oben angenommen, dass seit 204 von Naevius keine Stücke mehr in Rom gegeben wurden. Aller Wahrscheinlichkeit nach standen nun diese Verse in einer Komödie. Wenn Mommsen (p. 899 Anm. *) meint, dass die Spottverse nicht vor der Schlacht bei Zama geschrieben sein können, so ist das nicht stichhaltig; denn im Jahre 204 war Scipio schon so berühmt, dass die lobenden Worte der Spottverse schon von ihm gesagt werden konnten. Ueber Cic. de or. 2, 61, 249 quid hoc Naevio ignavius? als vermutliche Entgegnung Scipios auf die Angriffe des Naevius vgl. C. Curcio, De Cn. Naevio et Scipione maiore (Rivista di filol. 26 (1898) p. 608).

Die Komödie Tarentilla. Charis. Gramm. lat. 1 p. 213, 1 (p. 24 R.) ubi isti dúo adulescentés habent, | qui hic ánte parta pátria peregre pródigunt? Charis. p. 127,6 (p. 24 R.) sálvi et fortunáti sitis dúo duum nostrúm patres! Die berühmten Verse über das Mädchen lauten nach Ribbeck p. 22: quáse in choro ludéns datatim dát se et communém facit. álii adnutat, álii adnictat, álium amat, aliúm tenet. | álibi manus est óccupata, álii percellit pedem, ánulum dat álii spectandum, á labris alium invocat, | cum álio cantat, át tamen alii suó dat digito lítteras; vgl. O. Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 1o p. 23; W. Y. Sellar, The Roman poets of the Republic, Oxford3 1889, p. 56.

Andere aktuelle Aeusserungen in den Komödien. Paulus-Festus p. 116 O. M. (fragm. 113 Ribbeck) libera lingua loquemur ludis Liberalibus. Cic. Cato m. 6, 20 cedo, quí vestram rem públicam tantam ámisistis tám cito? sic enim percontantur † ut est in Naevi poetae Ludo; respondentur et alia et hoc in primis: provéniebant (proventabant L. Havet, Archiv für lat. Lexikographie 12 (1902) p. 124) orátores noví, stulti adulescéntuli. Ueber diese Stelle vgl. F. G. Moore, American Journal of philol. 23 (1902) p. 437. Indem Ribbeck Lupo für Ludo schreibt, nimmt er die Verse für seine Praetexta Lupus in Anspruch; vgl. Tragic. Rom. fragm.3 p. 322. Aber es liegt höchst wahrscheinlich eine Komödie vor, Ludus ist wohl mit L. Müller gleich Lydus zu setzen. Charis. Gramm. lat. 1 p. 216, 14 (Ribbeck, Comic. Rom. fragm.3 p. 22) quae ego in theatro hic meís probavi plaúsibus, | ea nón audere quémquam regem rúmpere: | quantó libertatem hanc hic superat sérvitus! Festus p. 230 O. M. (p. 27 R.) Théodotum | compéllas (compeiles Ribbeck). qui áras Compitálibus | sedéns in cella circumtectus tégetibus Larés ludentis péni pinxit búbulo.

....

Die satura des Naevius. Festus p. 257 O. M. quianam pro quare, et cur, positum est apud antiquos, ut Naevium in carmine Punici belli .... et in satyra: quianam Saturnium populum pepulisti. Alles erwogen dürfte es am rätlichsten sein, satyra als Komödientitel zu fassen, da wir ja auch bei Atta (§ 53) und Pomponius (§ 85) diesen Titel finden. Ganz verfehlt ist der Versuch von E. Baehrens (Fleckeis. Jahrb. 133 (1886) p. 404), aus Cato m. 6,20 zwei Bücher Satiren des Naevius zu gewinnen; er verbindet nämlich die geteilte Ueberlieferung in Naevi poetae Ludo und in Naevi posteriore libro zu in Naevi poetae ludorum posteriore libro. Ludi wird gleich satirae gesetzt (vgl. auch dagegen O. Ribbeck, Tragicorum Romanorum fragmenta, Leipz. 1897, p. 323). Was sonst noch Baehrens (vgl. Fragm. poet. Rom. p. 51) diesen zwei Büchern zuteilt, beruht auf haltloser Combination. Vgl. noch O. Ribbeck, Gesch. der röm. Dichtung 12 (Stuttgart 1894) Anm. zu p. 21.

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27. Die Tragödien und das historische Schauspiel. Der Tragödie schenkte Naevius, wie gesagt, weniger Aufmerksamkeit; es werden nur sechs Tragödientitel mit Fragmenten überliefert, darunter zwei: „Das troianische Pferd“ und „Danae", die auch Livius bearbeitet hatte. Ausser diesen beiden kennen wir noch: der ausziehende Hektor, Aesiona, Iphigenia, Lykurgus. Allein trotzdem ist hier das Wirken des Dichters noch einschneidender; er schuf mit Anlehnung an die Form der Tragödie das historische Schauspiel. Mit genialem Blick erkannte Naevius, dass die eigenen Taten des römischen Volkes das Feld für das ernste Schauspiel der Römer seien, nicht eine fremde Götter- oder Heroenwelt. Da also in dieser Gattung statt der griechischen Helden römische Könige und Feldherren auftraten, und diese die toga praetexta trugen, erhielt das historische Schauspiel den Namen fabula praetexta oder praetextata. Zwei Stücke dieser Gattung sind uns von Naevius bekannt. Den Stoff nahm er einmal aus der Romulussage, er schrieb eine Kindheitsgeschichte des Romulus und Remus, dann auch aus der Geschichte seiner Zeit; es geschah dies in dem Stück, in dem er den Sieg des Marcellus über den Galaterhäuptling Virdumarus bei Clastidium (222) feierte.

Die Fragmente der Tragödien bei O. Ribbeck, Tragicorum Romanorum fragm., Leipz. 1897, p. 7; L. Müller, Livi Andronici et Cn. Naevi fabularum reliquiae, Berl. 1885, p. 8. Eine Analyse der Fragmente bei O. Ribbeck, Die röm Tragödie, Leipz. 1875, p. 44. Andromacha, welche früher von Ribbeck auch als eine Tragödie des Naevius aufgeführt wurde, ist jetzt entsprechend der handschriftlichen Ueberlieferung von Serv. zu Verg. georg. 1, 266 dem Novius beigelegt worden (vgl. Comicorum Romanorum fragm., Leipz. 1898, p. 308). Ueber die Ueberlieferungsgeschichte der Tragödie vgl. F. Leo, Plaut. Forsch. p. 83 Anm. 1. Ueber die Form Aesiona vgl. F. Buecheler, Rhein. Mus. 27 (1872) p. 475: „Aesionam Naevi tragoediae fuisse nomen, non Hesionam, Varro ostendit de 1. 1. VII 107 fabulas Naevi omnes sicut in indicibus moris erat ex litterarum ordine disponens."

Die Praetexta Alimonium Romuli et Remi. Donat. in Terent. Adelph. 4, 1, 21 (2 p. 111 Wessner) nam falsum est, quod dicitur, intervenisse lupum Naevianae fabulae alimonio Remi et Romuli, dum in theatro ageretur. Varro (de lingua lat 7, 54; 7, 107) citiert einen Romulus. Es ist wohl nicht zweifelhaft, dass Romulus der abgekürzte Titel von Alim. Romuli et Remi ist; vgl. M. Haupt, Opusc. 1 p. 191. Festus (p. 270 O. M.) führt einen Lupus des Naevius (überliefert Navius) an. Da in dem mitgeteilten Fragment Amulius erscheint, wird auch dieser Lupus mit dem Alimonium Remi et Romuli identisch sein, wenn auch die Beziehung des Veienterkönigs zu dem Stück schwer zu deuten ist. L. Müller (Q. Ennius p. 84) schreibt Novius in Lupo und erblickt in dem Stück eine Atellane. Ribbeck hat in seiner Gesch. der röm. Tragödie p. 63 zwei Praetexten angenommen, von denen die eine Geburt und Rettung der Zwillinge, die andere Einsetzung derselben in ihre Rechte, Befreiung der Mutter, Sturz des Amulius darstelle. In der Geschichte der röm. Dichtung 12 p. 21 spricht er aber nur von einem Drama, dem Romulus. Für die Rekonstruktion des Stückes sind Dionysius 1, 76 und Plutarch. Rom. 3 heranzuziehen. Eine solche versucht mit Akten und Scenen H. Reich, Ueber die Quellen der ältesten röm. Gesch. und die röm. Nationaltragödie (Sonderabdr. aus der Festschr. zum 70. Geburtstage O. Schades, Königsberg i. Pr. 1896, p. 10). O. Ribbeck, Tragic. Rom. fragm.3 p. 321; vgl. dazu auch G. Roeper, Philol. 7 (1852) p. 591.

Die Praetexta Clastidium wird citiert von Varro de lingua lat. 7, 107; 9, 78 apud Naevium in Clastidio: vita insepulta laétus in patriám redux. Zum erstenmal hat M. Haupt (Opusc. 1 p. 189) die Vermutung ausgesprochen, dass Clastidium eine Praetexta sei und den Sieg des M. Claudius Marcellus über den gallischen Häuptling Virdumarus (222) behandelte; vgl. über die Ereignisse Plutarch. Marcellus 6 u. 7. Dass die bei Diomedes (Gramm. lat. 1 p. 490, 14) genannte Praetexta Marcellus mit unserer Praetexta Clastidium identisch ist, dürfte kaum zweifelhaft sein (vgl. W. H. Grauert, Praetexten des Naevius, Philol. 2 (1847) p. 119). Ohne ausreichenden Grund will L. Müller (Q. Ennius, St. Petersb. 1884, p. 102) diese Praetexta Marcellus Ennius zuteilen. O. Ribbeck, Tragicorum Romanorum fragm., Leipz.3 1897, p. 321. Ueber den Inhalt der Praetexta vgl. denselben, Die röm. Tragödie p. 72.

Handbuch der klass. Altertumswissenschaft. VIII, 1. 3. Aufl.

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28. Das Epos „Der erste punische Krieg". Auch im Epos ging Naevius weit über Livius hinaus; nicht eine Uebersetzung lieferte er, sondern ein selbständiges Werk, dessen Stoff der Geschichte entnommen war. Als alter Mann schrieb er ein Gedicht über den ersten punischen Krieg im saturnischen Masse. Er hatte, wie bereits gesagt, diesen Krieg selbst mitgemacht und hat sich auch dessen in seinem Epos gerühmt. Das Gedicht war nicht abgeteilt; erst der Grammatiker Octavius Lampadio zerlegte es in sieben Bücher; allein diese Einteilung scheint erst nach längerer Zeit allgemein geworden zu sein. Der Fragmente sind uns nur wenige erhalten, doch von jedem Buch, mit Ausnahme des fünften, dem wir mit Sicherheit kein Fragment zuteilen können. Die Beschreibung des Krieges begann erst mit dem dritten Buch; in den zwei vorausgehenden Büchern behandelte der Dichter die dem Kriege vorausliegende Geschichte, er griff zurück bis auf Aeneas. Um den Krieg zwischen Rom und Karthago poetisch zu motivieren, liess er Aeneas, wie es scheint, bei Dido einkehren; durch Verschmähung ihrer Liebe führt der troianische Held eine schwere Katastrophe herbei. Unter den Fragmenten ist keines, das sich durch poetische Schönheit auszeichnet. Das Gedicht scheint versifizierte Prosa gewesen zu sein, also ein nüchternes und steifes Werk; aber die geschilderten grossen Taten der Römer sprachen um so beredter. Damit steht im Einklang das Urteil Ciceros, der es einem Werke Myrons, d. h. einem nicht durchgeistigten plastischen Werke, vergleicht und als Vorzug desselben nur die Klarheit hervorzuheben weiss. Ein Bild von dem Tone mag das mehrfach angeführte Fragment (37 B.) geben:

transit Melitám Románus, insulam integram, óram

urít populátur vástat; rem hóstiúm concinnat.

Das Bellum Punicum des Naevius, ein Werk des Alters. Cic. Cato maior 14, 49 si habet aliquod tamquam pabulum studii atque doctrinae, nihil est otiosa senectute iucundius. Als Beweis dafür führt er an (14, 50): quam gaudebat Bello suo Punico Naevius!

Einteilung des Bellum Punicum. Sueton. de gramm. et rhet. 2 C. Octavius Lampadio Naevii Punicum bellum, quod uno volumine et continenti scriptura expositum divisit in septem libros. Nonius p. 170, 17 M. (1 p. 250 L. M.) Santra de verborum antiquitate III: quod volumen unum nos lectitavimus, sed postea invenimus septifariam divisum. Vgl. F. Buecheler, Rhein. Mus. 40 (1885) p. 148; F. Leo, Die plaut. Cantica und die hellen. Lyrik (Abh. der Gött. Ges. der Wissensch. N. F. Bd. 1 (1897) p. 7 Anm. 2). Auf den Einfluss des Crates will A. Hillscher (Fleckeis. Jahrb. Supplementbd. 18 (1892) p. 359) diese Einteilung zurück führen.

Commentatoren des naevianischen Epos. Varro de lingua lat. 7, 39 apud Naevium: Atque prius pariet lucusta Lucam bovem; Luca bos elephans; cur ita sit dicta, duobus modis inveni scriptum. Nam et in Cornelii commentario erat ab Libycis Lucas; et in Vergilii ab Lucanis Lucas; ab eo quod nostri, cum maximam quadripedem, quam ipsi haberent, vocarent bovem, et in Lucanis Pyrrhi bello primum vidissent apud hostis elephantos, eodem nomine item quadripedes cornutas (nam quos dentes multi dicunt, sunt cornua), Lucanum bovem quod putabant, Lucam bovem appellasse. Zur sachlichen Richtigstellung vgl. F. Buecheler, Rhein. Mus. 40 (1885) p. 149.

Ueber die Quellen. R. v. Scala (Röm. Stud., Innsbruck 1893, p. 3, p. 12) sucht nachzuweisen, dass für die Aeneassage Timaios, für den punischen Krieg Philinos Quelle Ueber das Verhältnis des Naevius zu Timaios vgl. auch F. Noack, Die erste Aeneis Vergils (Hermes 27 (1892) p. 436). O. Ribbeck (Gesch. der röm. Dicht. 12 p. 24) vermutet, dass Naevius auch die liupersis des Stesichoros benutzt habe.

war.

Zur Composition. Die Hauptfrage ist hier, ob Naevius den Krieg zwischen Rom und Karthago poetisch motiviert hat. Schon B. G. Niebuhr (Vorträge über röm. Gesch. hrsg. von M. Isler 1 (Berl. 1846) p. 17) hat vermutet, dass Naevius den Krieg zwischen Rom und Karthago von der Untreue des Aeneas gegen Dido abgeleitet habe. Diese Ansicht wird jetzt vielfach geteilt; so sagt z. B. O. Ribbeck, Gesch. der röm. Dicht. 12 p. 25: „Da wir nun

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