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identificieren - in jener unterredung einnimmt: Gorgias vertreibt den philosophen Stilpon auf grund eines gesetzes 'gegen müfsiggänger, sterngucker, marktschreier und leute, die mit murmeltieren im lande herumzogen'. die letzten beiden classen erinnern unwillkürlich an marktschreier und marmotte in Goethes Jahrmarktsfest; hier ist ihnen der schattenspielmann Wieland zugesellt, in Wielands darlegung der philosoph Stilpon, der darnach Wieland selbst sein müste. in beiden fällen werden diese befehdet, aus der (litterarischen) republik ausgewiesen von Goetheder wäre Gorgias. Gorgias stellte tolles und heilloses zeug an, wozu Stilpon bravo! ruft (TM 1774 m 336): so applaudierte Wieland zu Goethes farce Götter helden und Wieland. 'gleichwol fanden sich leute, die in dem tone, womit Stilpon bravo! aussprach, etwas sehr strafbares bemerkt haben wollten und dem Gorgias einen bericht davon erstatteten, der nicht zum vorteil des philosophen war': so hörte Goethe dass Wielands öffentliche anzeige nicht dessen wahrer stimmung entspreche. wenn nun Goethe diese stiche Wielands fühlte, so hätte er schreiben müssen lassen Sie mich was von meinem nachbar Stilpon hören; es müste denn sein dass er den spiefs einfach umdrehen wollte, wozu er aber kein recht hatte. möglich dass er Wielands aufsatz noch nicht gelesen hatte und nur durch die LaRoche brieflich vorbereitet oder sonstwie unabsichtlich die namen verwechselt.

Dieser schwierigkeit stellt sich die zweite an die seite, dass Goethe nach jener brieflichen äufserung fortfährt: Sie sollen auch dafür was hören mit der zeit; vLoeper vermutet darin eine anspielung auf das nahe erscheinen des Werther; näher läge, den satz auf eine zu erwartende äufserung Goethes über Wieland zu beziehen. aber dafür weifs ich keinen rat.

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Dass Goethe nichts freundschaftliches geplant hätte, erweisen seine nächsten briefe. er bedauert dass Lenz, der mehr genie habe als Wieland, von diesem auf eine abgeschmackte art durch die anzeige der Lustspiele nach Plautus und des Hofmeister (TM 1774 355. 356) aufgereizt worden sei. Wieland tue ihm leid, da Lenz ein unversöhnlicher und gefährlicher feind sei; er habe seine freunde gebeten, ihm Wielands namen nicht mehr zu nennen (vLoeper Briefe 74 f. 199). lehnte er es auch ab, selbst an Wieland zum ritter zu werden und den schwankenden götzen Wieland vollends niederzureifsen, wofür ihn die freunde bereit

und gezwungen hielten (FHJacobis Auserl. briefw. I 185), so war er doch keineswegs gewillt, auch sie zur mässigung zu bereden. was Lenz und Wagner im darauf folgenden jahre gegen Wieland schrieben, zeugt dafür.

Am 15 october 1774 berichtet FHJacobi Wieland über die stimmung in Goethes lager, nach der sein freund immer kundschaftete. Goethe jammerte dass Wieland bereits zu sehr empfinde quantum est in rebus inane; er sprach mit bewunderung und entzücken von Wielands epistel An Psyche (TM_1774 n 14 ff), beklagte aber dass des dichters weisheit nicht unerörtert habe lassen können, dass die wonne des mädchens frühzeitig ein ende nähme in der ehe (FHJacobis Auserl. briefw. I 186 f). ein seltsamer vorwurf im munde des verfassers der Wielandfarce, welcher die fortdauer der liebesleidenschaft in dem singspiel Alceste kindisch genannt hatte. aber doch ein berechtigter vorwurf; denn es war wenig feinfühlend, in einem hochzeitsgedichte zu prophezeien: So wie die seele sich dem leibe Zu nahe macht, weg ist die zauberei!

So konnten die beiden dichter nicht von einander lassen und sich nicht vereinigen. jeder verfolgte aufmerksam den anderen und ward abgestofsen. aber es war eine art waffenstillstand eingetreten, als die Weimarischen prinzen nach Frankfurt kamen und Goethe zu sprechen wünschten. dies muste ihm ein zeugnis für Wielands gesinnung sein, zumal er zugleich erfuhr dass dieser in vorzüglicher gunst bei hofe stand (DW 184). galt Goethe gleich dem prinzenerzieher nicht wie anderen als wundermann (FHJacobis Auserl. briefw. I 177), so war das mehr als freundliche entgegenkommen der zöglinge ihm gegenüber doch ein beweis dass Wieland ihm nicht übel genug wollte, um auch die prinzen gegen ihn voreinzunehmen. so war die besorgnis des vaters Goethe, sein sohn werde in Mainz für die angriffe auf Wieland büfsen müssen (DW II 189), unbegründet; im gegenteil bemerkte dieser dass man die sache heiter und lustig betrachte, erzählte den arglosen ursprung der farce und liefs sich gerne veranlassen, an Wieland einen freundlichen brief zu richten (am 13 oder den folgenden tagen des december DW 190 f). Wieland gab rasch eine antwort, wie sie Goethe vorgefühlt hatte (vLoeper, Briefe 90). so schien nun der friede gekommen.

Aber Wieland blieb mistrauisch; er glaubte zb. nicht dass

erstatters.

Goethe seine cantate des Apollo in dem singspiel Das urteil des Midas (TM 1775 1 13 f) aufrichtig gelobt habe. FHJacobi suchte ihn darüber zu beruhigen und versicherte dass Goethe ihn vom grunde der seele hoch achte und nur über den herausgeber des Merkur wegen seiner schlechten mitarbeiter und alberner urteile ärgerlich sei; ja er bestellte Goethes herzliche grüfse und dessen bitte um Wielands silhouette (27 und 11 ш 1775. FHJacobis Auserl. briefw. I 199 ff. 202). Goethe hätte allerdings für seine person über den Merkur nicht mehr zu klagen gehabt; im aprilhefte 1774 waren seine gedichte Der wanderer und Gesang fast ohne einschränkung gerühmt worden; auch die Kritischen nachrichten vom zustande des teutschen parnasses urteilten sehr anerkennend (TM 1774 iv 179 ff), wenn auch eine misbilligende äufserung über Götter, helden und Wieland angehängt ist; sogar das Moralisch-politische puppenspiel, worin doch der schattenspielmann Wieland verhöhnt war, findet den beifall des berichtwie hier so werden noch in eigenen anzeigen Clavigo und Werther günstig besprochen (TM 1774 Iv 238 ff. 241 ff). aber freund Lenz ward aufs neue in der monatsschrift angegriffen (TM 1774 rv 182 f. 241). die enge verbindung mit diesem, noch mehr dessen aufreizen gegen Wieland nährten Goethes verstimmung. als Wieland selbst den früheren berichten des Merkur von den Anmerkungen übers theater (TM 1774 Iv 181 f. 1775 194 f) seinen heftigen tadel der sprunghaften und geheimnisvollen vortragsweise beifügte (TM 1775 1 95 f) und dabei mit voller berechtigung sich verteidigend auf seine eigene Shakespearebegeisterung hinwies, wie er sie im Merkur (1773 ш 183 ff) bekannt hatte, da flammte Goethes ärger hoch auf. so schrieb er wol gleich nach empfang des januarheftes unter verweisung auf des redacteurs anzeige: Wieland ist und bleibt ein sch-kerl gerade gegen diesen ausdruck im Götz hatte Wieland verwahrung eingelegt (TM 1774 331), ewige feindschafft sey zwischen meinem saamen und ihrem saamen (DjG 11 68). diesen fluch zurückzunehmen gab Wielands allerdings mit warnungen vor misdeutung verbrämte aber doch anerkennende anzeige von Nicolais Wertherparodie (TM 1775 1 282 f) keinen anlass, zumal beigefügt war, Goethe, der sich gegen andere alles erlaube, könne sich über die folgen einer ungebundenheit, die er durch sein beispiel rechtfertige, am wenigsten beschweren. die äufserungen in HLWag

ners Prometheus über den Merkur waren gewis in Goethes sinn; nur die böse anspielung auf die flüchtige befreundung nach der Mainzer reise konnte ihm misfallen. es ist begreiflich dass Wieland nur zaudernd und nicht ganz überzeugt den versicherungen Jacobis, Goethe sei nicht der verfasser dieser farce, glauben schenkte. widerholt war Goethe der zankapfel der briefwechselnden freunde. Wieland konnte seiner empfindlichkeit nicht herr werden noch sie verbergen, gerade weil er Goethes ganze gröfse fühlte, weil er mit dem verfasser des Götz, des Werther, des Puppenspieles voll sympathisierte (FHJacobis Auserl. briefw. 1 207 f). Goethes feindschaft oder doch zurückhaltung traf ihn um so härter, als er nach dem versöhnungsbriefe aus Mainz in allen nerven von liebe für ihn ergriffen war und seiner überzeugung gemäfs die freundschaftliche bewunderung gerne fortgesetzt hätte (FHJacobis Auserl. briefw. I 210 f). als er dann seine Unterredungen mit dem pfarrer schrieb, seine verteidigung gegen seine angreifer, die unreifen mutwilligen jungen, da enthielt er sich sogar eines seitenblickes auf Goethe und seine genossen, ja er teilte jenem in einer anmerkung starkes lob zu (TM 1775 m 266). Goethe aber bewahrte seine abneigung. Kraus nachricht, Goethe wolle sein lobendes urteil über das porträt der familie Wieland an diesen schreiben (Goethe-jahrb. 1 385), ist unwahrscheinlich; Goethe war in dieser zeit sicher nicht zu einem briefe an Wieland gestimmt. erst als seine reise nach Weimar bevorstand, muste er schon des herzogs wegen die möglichkeit des verkehres mit Wieland bedenken. Ich will sehn obs möglich ist mit Wieland auszukommen um seinen alten [!!] tagen was freundliches auch von meiner seite zu bereiten, schreibt er am 11 october 1775; aber er fürchtet, Wielands weiberader werde ihn von demselben abscheiden (Loeper, Briefe 117 f). freilich, es war eine heikle lage: im Rheinischen most waren eben wider die angriffe seines kreises auf Wieland neu veröffentlicht worden. so ist es begreiflich dass auch Wieland der stellungnahme des erwarteten mit zweifelnder spannung entgegensah: ob er durch persönliche bekanntschaft so weit kommen werde, besser als jetzt zu wissen, was er von dem manne denken solle, der als Shakespeares nebenbuhler so grofs sei und doch fähig gewesen, ohne durch einen gedanken von ihm beleidigt zu sein, in so bösartigen pasquinaden, als Götter helden und Wieland und Prometheus seien, alles anzuwenden, um

ihn seinen zeitgenossen verächtlich zu machen (Archiv iv 309 f). nicht zuversichtlich also sondern tastend musten sich beide gegenübertreten aber es bedurfte nur der persönlichen begegnung, um alles auszugleichen. die litterarische kluft schloss sich, als der mensch zum menschen sprach. Wieland ist gar lieb, ist eine brave seele schreibt Goethe; wir stecken immer zusammen (DjG

121. 122); und Wieland fand ihn ganz nach seinem herzen, so unaussprechlich grofs, wichtig und lieb (FHJacobis Auserl. briefw.1228 f). auf diesem boden erwuchs die litterarische wechselwürkung, welche dem sänger der romantischen erzählungen wie dem dichter der Iphigenie gleich zu gute kam. als Wieland in den ersten tagen des jahres 1776 aus Goethes mund den Faust hörte, da durfte er stolz sich sagen dass auch er ein lehrer dieses gröfseren schülers war; seinem singspiele Die wahl des Herkules hatte Faust sich manchfach angeglichen (vgl. die vorbemerkung zu Deutsche litteraturdenkmale 5). so ward gerade an den hervorragendsten dichtungen Goethes sein jugendliches wort zur wahrheit, dass er neben Shakespeare als seinen echten lehrer Wieland erkenne. Würzburg. BERNHARD SEUFFERT.

DIE GRIMMELSHAUSEN EIN THÜRINGISCHES

ADELSGESCHLECHT.

Vor kurzem publicierte ich in der Zeitschrift des Vereins für hessische geschichte und landeskunde n. f. 1x 389 ff (Kassel 1882) aus einem Gelnhäuser copialbuche des 16 jahrhunderts den kaufbrief, durch welchen der centgraf zu Reichenbach, Jorg Christoph von Grimmelshausen und seine frau Catharina 1571 ein haus in der reichsstadt Gelnhausen erwarben, und suchte darzutun dass in diesen beiden personen wol die grofsältern des autors des Simplicissimus zu erblicken sein möchten. bekanntlich war in den Gelnhäuser archivalien der familienname des romandichters bisher weder vor noch nach seinen lebzeiten aufzufinden.

In den folgerungen, welche ich an den inhalt des kaufbriefs knüpfte, sagte ich aao. s. 393: 'ob die bezeichnung von Grimmelshausen, welche sich der centgraf zu Reichenbach in dem kaufvertrage beilegt, auf adelichen stand hinweist oder nur den ort bezeichnet, aus dem Jorg Christoph oder seine familie stammten, lässt sich bei dem mangel sonstiger quellen nicht feststellen. ein

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