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DECHISTO.

'Bei degano dechisto' sagt Lachmann zum Hildebrandsliede z. 26 'verlassen uns die näheren quellen: aber dem hochdeutschen adjectivum decchi entspricht das nordische peckr, lieb, angenehm, und das mit dem ablaut des participiums gebildete nordische substantivum pocki, gunst, wie das angelsächsische paccian, welches erklärt wird leniter palpare, demulcere. die verwandtschaft mit dach und decken begreift man leicht (vgl. Grimms Gramm. 2, 53. n. 552).' die Grimmsche nummer 552 enthält nur folgendes: pikan, þak, þêkun (tegi)? altn. pak, alth. dah (tectum) altn. þekja, alth. decchjan (tegere). aber auch Grimm hat sich. in seinem handexemplar dazu notiert 'dechisto (carissimus) Hild.'

Jedermann wird zugeben dass die vergleichung zwischen dechisto und altn. þekkr die höchste wahrscheinlichkeit besitzt; und über das bedenken, dass nicht decchisto, wie reccheo, überliefert ist, sondern eben dechisto, könnte man sich leicht hinaussetzen. aber hängt þekkr mit dach und decken zusammen? gewis nicht: sondern mit þekkja ‘erkennen', unserm denken. altn. kk weist zunächt nicht auf kj, sondern auf nk; und der bedeutungsübergang ist klar. wie minne aus einer wurzel stammt, welche denken, geistiges erfülltsein bedeutet, so ist auch hier das denken an jemand oder etwas als seelische neigung aufgefasst, und liegt so schon in unserem dank vor. ich bin eines dienstes, der mir erwiesen ward, eingedenk, dh. ich bin dankbar dafür. ich denke (gerne) an jemand, dh. er ist mir angenehm, ich liebe ihn.

Ist dies so richtig, wie es mir unzweifelhaft scheint, so haben wir nur die wahl, jenes ahd. dechisto vom altn. þekkr zu trennen oder es in denchisto zu emendieren.

Ich ziehe das letztere vor. die annahme, dass über dem e ein strich fehle, ist fast so leicht wie wenn wir annehmen dass dechisto für decchisto geschrieben sei. und das adjectivum denchi, das ich nunmehr voraussetze, hat nicht nur im altnordischen, sondern auch im hochdeutschen seine verwandten: dieses adjectivum selbst ist vorhanden, wenn auch, wie es scheint, nur in composition.

Eine stelle in Gregors homilien lautet: Gratum namque deo sacrificium est afflictio contra peccatum, psalmista testante qui ait usw. zu gratum bietet eine baierische hs. des zehnten oder elften jahrhunderts die glosse indenchi vel liupi (Steinmeyer-Sievers 2, 283, 15). wir haben es augenscheinlich mit substantiven zu tun; aber immerhin bietet das mhd. adjectivum in-denke 'eingedenk', weiterhin mhd. an-denke denkend an etwas' (Mhd. wb. 1, 350) die nächste anknüpfung dar. Graffs vermutung, es sei in denchi zu lesen (Graff 5, 170), womit er glossen wie in thanke, grata; in danche, gratus (Graff 5, 167) vergleicht, würde auf einem

umwege zu demselben ziele führen; und jedesfalls wäre das ahd. adjectivum, das ich annehmen will, auch durch seine mhd. abkömmlinge hinlänglich gestützt.

Wollten wir dagegen dechisto von þekkr trennen, so stünde das sonst unbelegte adjectivum decchi oder wie man es sonst ansetzen mag in allen germanischen sprachen allein da, und es wäre in der bedeutung ebenso isoliert wie in der form. denn ich sehe nicht dass uns das ags. paccjan 'streicheln' viel helfen würde; am nächsten läge immerhin unser decken mit seiner verwandtschaft, wie zb. ags. peccend (protector) Grein Sprachschatz 2, 578; aber der sinn eines participii präsentis 'schützend' könnte nicht wol darin liegen: würde man den diener als den protector seines herrn bezeichnen? es miste also ein bedeutungsübergang statuiert werden, der an sich denkbar, aber sonst nicht nachgewiesen, wenigstens für die verwandten von dach und decken in den germanischen sprachen nicht nachgewiesen wäre. um wie viel günstiger liegt alles, wenn wir an dem zusammenhange mit altn. þekkr festhalten!

Wie pekkr nicht blofs passive, sondern auch active bedeutung hat, wie es nicht blofs 'lieb, geliebt', sondern auch 'liebend, ergeben', nicht blofs, mit Cleasby zu reden, 'agreeable, pleasant, liked', sondern auch 'pliable, tractable, obedient' heifst: so steht uns nicht minder für ahd. denchi frei, es als 'lieb, angenehm' (in danche) oder als 'liebend, ergeben' aufzufassen. die mhd. composita zeigen active bedeutung mit jener verallgemeinerung, wie sie gadanch gegenüber danch aufweist. und nehmen wir die active bedeutung auch im Hildebrandsliede an, so erhalten wir den prägnantesten gegensatz: Hildebrand war auf Odovakar höchst ergrimmt, dem Theodorich sehr zugetan, ergeben.

Erwägungen wie die vorstehenden, nur nicht gerade, was die möglichkeit einer activen bedeutung anlangt, dürfte schon Wackernagel angestellt haben, wenn er dem fraglichen worte folgenden artikel seines Altdeutschen handwörterbuches s. 54a widmete: 'dechi ahd. (as.) adj. für denchi dessen man gern gedenkt, lieb, wert: an. theck' (so). dass er emendieren wollte, erhellt freilich hieraus nicht: es scheint fast, als ob er dechi oder deki für eine mögliche altsächsische form gehalten habe. wie dem aber auch sei, Karl Meyer in seiner hochdeutschen umschrift des Hildebrandsliedes (Germania 15, 23) hat denchisto in den text gesetzt. Otto Schröder (Bemerkungen zum Hildebrandsliede s. 17, Symb. Joachim.), der an der verwandtschaft mit decken festhält, aber activ 'tegens, favens' erklärt, fügt die notiz hinzu: 'andere haben es von denchen und danc hergeleitet.' ich weifs nicht, wen er aufser Wackernagel und Meyer hierbei noch im haben mag. ihm selbst stimmt Edzardi bei Paul-Braune 8, 490 bei, indem er dechisto von altn. þekkr trennt und sich um den bedeutungsübergang keine sorge macht.

auge

DECHISTO

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DECHISTO.

'Bei degano dechisto' sagt Lachmar z. 26 'verlassen uns die näheren qu schen adjectivum decchi entspricht d genehm, und das mit dem ablaut dische substantivum pocki, gunst welches erklärt wird leniter

schaft mit dach und decke
Gramm. 2, 53. n. 552).' d

folgendes: 'pikan, pak, b
altn. þekja, alth. decch
in seinem handexemp
Jedermann wir

dechisto und altn..
und über das be

liefert ist, sond

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ben ziele führen; und jedesfalls wäre das ahd. nehmen will, auch durch seine mhd. ab

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nominativ und accusativ sind mithin beim substantivum noch rein geschieden, während die pronominaldeclination sie vermischt zeigt:

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vergleiche die nominative se 5. 63, sie 6, ûsere 15, alte 16,

frote 16, séolidante 42; dea 16 mit den accusativen se 34,

12, odre 12, wuntane 33, huitte 66.

de

Nun meinte freilich Holtzmann (Germania 9, 290), helidos sei niederdeutsch, ringa hochdeutsch. 'man wird doch nicht behaupten', fährt er fort, dass es einen würklich gesprochenen dialect gegeben habe, in dem die wörter der nämlichen declination auf diese weise verteilt gewesen seien? wer helidos sprach, der sprach auch ringos, und wer ringa sprach, der sprach auch helida.' dass Holtzmann den möglichen unterschied von nominativ und accusativ nicht in erwägung zog, soll ihm keineswegs vorgeworfen werden. lägen uns mehr beispiele vor, so würden wir unsere ansicht mit entsprechend gröfserer sicherheit aufstellen dürfen. aber auch so werden wir es für einen unwahrscheinlichen zufall halten dass dialectmischung die formen in einem sinne verteilt haben sollte, welcher dem ursprünglichen, mit höchster wahrscheinlichkeit vorauszusetzenden zustande genau entspräche.

14. 6. 82.

W. SCHERER.

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Auf wessen namen die verbesserung denchisto, falls man sie acceptiert, gesetzt werden müsse, mögen die herausgeber entscheiden. sie eingehend zu begründen, war notwendig, da sie bisher nur geringe oder keine beachtung fand.

24. 6. 82.

W. SCHERER.

DIE A-DECLINATION IM HILDEBRANDSLIEDE.

Wir sind jetzt wol alle darüber einverstanden dass die gotischen formen des nominativs und accusativs pluralis masculinischer a-stämme einst ihre genaue westgermanische entsprechung hatten, welche nur durch formübertragung, indem teils der nominativ für den accusativ, teils der accusativ für den nominativ eintrat, entstellt wurde: nach der würkung der auslautsgesetze stand dem got. dagós, dagans westgerm. dagos, daga zur seite. vgl. Mahlow Die langen vocale (Berlin 1879) s. 127 ff.

Aber es scheint noch nicht bemerkt dass das ursprüngliche und in der actuellen sprache sonst überall zerstörte verhältnis wenigstens in éinem denkmale noch treu bewahrt ist, sodass unseren schlüssen die ausdrückliche bestätigung nicht fehlt: im Hildebrandsliede.

Dieses bietet einen einzigen nominativ: helidos in z. 6, da von dem unsicheren sunu fatarungo abgesehen werden muss. aber in derselben zeile den accusativ ringa und ebenso in z. 33 bouga. nominativ und accusativ sind mithin beim substantivum noch rein geschieden, während die pronominaldeclination sie vermischt zeigt: man vergleiche die nominative se 5. 63, sie 6, ûsere 15, alte 16, frôte 16, séolidante 42; dea 16 mit den accusativen se 34, de 12, ôdre 12, wuntane 33, huitte 66.

Nun meinte freilich Holtzmann (Germania 9, 290), helidos sei niederdeutsch, ringa hochdeutsch. man wird doch nicht behaupten', fährt er fort, dass es einen würklich gesprochenen dialect gegeben habe, in dem die wörter der nämlichen declination auf diese weise verteilt gewesen seien? wer helidos sprach, der sprach auch ringos, und wer ringa sprach, der sprach auch helida.' dass Holtzmann den möglichen unterschied von nominativ und accusativ nicht in erwägung zog, soll ihm keineswegs vorgeworfen werden. lägen uns mehr beispiele vor, so würden wir unsere ansicht mit entsprechend gröfserer sicherheit aufstellen dürfen. aber auch so werden wir es für einen unwahrscheinlichen zufall halten dass dialectmischung die formen in einem sinne verteilt haben sollte, welcher dem ursprünglichen, mit höchster wahrscheinlichkeit vorauszusetzenden zustande genau entspräche.

14. 6. 82.

W. SCHERER.

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