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dieser Ansicht: das Ringmotiv und der damit eng verklammerte Zug von Minos' Werbung um Eriboia ergaben sich als voreuripideisch und mussten bereits der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts zugesprochen werden.

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Beide Motive finden wir denn in der That bei Bakchylides, und zwar spielt der Vorgang bei ihm nicht an der Küste von Kreta, sondern auf hoher See 1 ff.:

(7

κυανόπρωιρα μὲν ναῦς

μενέκτυπον Θησέα δὶς ἑπτά τ' ἀγλαοὺς ἄγουσα

κούρους Ιαόνων Κρητικὸν τάμνε πέλαγος·

τηλαυγέϊ γὰρ ἐν φάρεϊ Βορήιαι πίτνον αὖραι κλυτᾶς ἑκατι πολεμαίγιδος Αθάνας.

די

So sehr die ganze Situation dies zu verlangen schien, konnte doch Niemand wagen, es ohne ausdrückliches litterarisches Zeugniss zu statuiren. Zwar las man bei Pausanias I 17, 3 Mivos viza Θησέα καὶ τὸν ἄλλον στόλον τῶν παίδων ἦγεν ἐς Κρήτην, ἐρασθεὶς Περιβοίας ὡς οἱ Θησεὺς μάλιστα ἐναντιοῦτο κτλ., aber da dieses Motiv, Minos in eigener Person den Tribut von Athen abholend, durch Plutarch Theseus 17 für Hellanikos bezeugt war, begnügte man sich mit Wellmann (de Istro Callimachio 94) den Schluss zu ziehen, dass der von dem Periegeten wiedergegebene Móyos in letzter Linie auf Hellanikos zurückgehe und enthielt sich aller Folgerungen, sowohl für das Bild des Mikon als für die Localität des Vorgangs. Und doch hätte der vortreffliche Auszug aus jenem Gemälde Mikons, der uns auf der Bologneser Vase (Mon. d. Inst. XII 21, danach in meiner Nekyia 41 und in beistehender Abbildung) erhalten ist, auf die richtige Spur leiten können. Auf dieser wird in der linken oberen Ecke das Hintertheil eines Schiffes sichtbar, des Schiffes natürlich, das den Theseus und die athenischen Kinder nach Kreta trug. Aber während wir uns alle bisher dies Schiff an der Küste Kretas liegend gedacht hatten, wird jetzt, wo uns Bakchylides die Augen geöffnet hat, Niemand mehr bezweifeln, dass es in voller Fahrt begriffen zu denken ist. Von diesem Schiff ist eben Theseus in die Fluthen gesprungen, ganz wie bei Bakchylides 82 ff.:

εὐπάκτων ἐπ' ἐκρίων

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σταθεὶς ὅρουσε πόντιον τέ νιν δέξατο θελημὸν ἄλσος und ganz wie bei Bakchylides haben wir uns vorzustellen, dass Minos das Schiff zu schnellerer Fahrt antreibt:

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τᾶκεν') δὲ Διὸς υἱὸς ἔνδοθεν

κέαρ κέλευσέ τε κατ οὖρον ἴσχεν εὐδαίδαλον

νᾶα (μοῖρα δ ̓ ἑτέραν ἐπόρσυν ̓ ὁδὸν)·

ἵετο δ ̓ ὠκύπομπον δόρυ σόει νιν Βορεὰς ἐξόπιν πνέουσ

ἀήτα.)

τρέσσαν δ' Αθαναίων ἠιθέων [πᾶν]*) γένος, ἐπεὶ

ἥρως θόρεν πόντονδε, κατὰ λειρίων τ ̓ ὀμμάτων δάκρυ χέον βαρεῖαν ἐπιδέγμενοι ἀνάγκαν.

Ich habe auch die Schilderung der klagenden athenischen Kinder hergesetzt, weil auch sie sich für die Reconstruction des Mikonischen Bildes im Theseion verwerthen lässt. Schreiber hat kürzlich (Wandbilder des Polygnotos in den Abh. d. Sächs. Ges. XVII S. 132) gegen die Zurückführung des Bologneser Kraters auf jenes Wandgemälde einen Haupttrumpf auszuspielen geglaubt, wenn er behauptete, das Vasenbild enthalte eher zuviel Figuren als zu wenige und mache keineswegs den Eindruck eines Ausschnitts aus einem grösseren Ganzen. In der That war die Frage, welche weiteren Figuren das Wandgemälde enthalten konnte, bisher nicht ganz leicht zu beantworten. Höchstens durfte man annehmen und muss es auch jetzt noch, dass Mikon eine grössere Anzahl von Nereiden angebracht hatte, als die vier auf der Vase copirten. Jetzt dürfen wir weitergehen. Wenn das Schiff nicht nur zur Andeutung der Küste dient, sondern ganz wesentlich zum Verständniss der Situation beiträgt, so wird es Mikon nicht, wie ich früher nach Analogie ähnlicher der Polygnotischen Schule geläufiger Abbreviaturen annahm,3) nur zum Theil, sondern er wird es in seiner ganzen Gestalt mitsammt den Insassen gezeigt haben. Der Maler wird sich die Schilderung der klagenden Knaben und Mädchen und des triumphirenden Minos so wenig haben entgehen lassen, wie der Dichter. Auf diese Weise kam die Hauptgruppe, Amphitrite und der von Triton emporgehobene Theseus, gerade in das Centrum der Composition und somit würde, was uns auf der Bologneser Vase vorliegt, ungefähr der Mitte und der rechten Hälfte des Gemäldes entsprechen. Dass der antike Künstler auch bei solcher abkürzenden Nachbildung nach einer gewissen Symmetrie strebt, ist natürlich: thun es doch selbst die späten mosaikartig componirenden Nachbildner des Parthenos1) Blass, Litt. Centralbl. 1897, 51. 52 S. 1688 ff.

2) ergänzt von Kenyon.

3) A. d. I. 1882, 284; Nekyia 42. 63; Marathonschlacht 95 f.

schildes; aber dadurch bleibt die Abhängigkeit von einem umfangreichen Vorbild doch immer möglich, wie das eben angeführte Beispiel beweist, und in unserem Fall ist die sog. Eurhythmie nicht einmal sonderlich geglückt. In dem von Schreiber S. 137 entworfenen Schema von grossen und kleinen Buchstaben mit und ohne Accent, Bogenlinien, Halbmonden und Kreuzen nimmt sie sich auf dem Papier zwar sehr mystagogisch aus, aber vor der Vase wird. ein unbefangener Beschauer von solcher Art der Eurhythmie schwerlich etwas empfinden.

Dass im Vasenbilde die Begegnung unter freiem Himmel beim Lichte des Helios an der Meeresküste vor sich gehe', wie Schreiber im Anschluss an Ghirardini behauptet, lässt sich gegenüber der eben erwiesenen Uebereinstimmung der Vasendarstellung mit Bakchylides schwerlich aufrecht erhalten. Lediglich die in der Mitte und auf der rechten Seite des Bildes eingestreuten Sträucher und Bäumchen lassen diesen seltsamen Irrthum einigermaassen verständlich erscheinen; nicht die Terrainlinien, denn das sind die Felsen des Meeres, nicht der Helios, denn wie öfter bei Polygnot (Arch. Anz. 1889, 151; in dies. Ztschr. XXV 428) ist die Bildfläche als ein Durchschnitt gewissermaassen durch die ganze Landschaft gedacht. Also es bleiben nur die Bäumchen und Sträucher. Aber so gut, wie sich Bakchylides und der Dichter des N auf dem Meeresgrund einen goldenen Palast des Poseidon denken, kann man sich doch auch unten in der Tiefe einen Garten des Meergottes vorstellen. Etwas mehr sollte doch auch in modernen archäologischen Untersuchungen mit der dichterischen und künstlerischen Phantasie der Alten gerechnet werden. Mit demselben Rechte, wie an jenen unschuldigen Gewächsen, könnte man auch an dem Stuhl der Amphitrite auf der Euphroniosschale, an der Kline und dem Krater auf unserer Vase Anstoss nehmen. Und wenn Schreiber zur Andeutung des Meeres die Delphine vermisst, so fehlen diese auch auf dem Pariser Krater und der Amphora Tricase; auf dem Bologneser Krater werden sie überdies durch die gewaltige Gestalt des Triton reichlich ersetzt. Diesen sich auf dem Lande zu denken, ist nicht nur eine,den ganzen Sinn der Sage verschiebende', sondern eine ungeheuerliche Vorstellung. Warum lieber pompeianischen Malern, römischen Sarkophagarbeitern und attischen Vasenmalern allen möglichen Unsinn zutrauen, statt ihre Darstellungen aus dem antiken Vorstellungskreis heraus zu interpretiren?

So liegt denn auch weiter nicht der geringste Grund vor, die Nereiden als sinnlose Zuthaten aus anderen Compositionen zu betrachten. Dass die Typen auch sonst wiederkehren, haben sie mit vielen Schöpfungen der Polygnotischen Schule gemein; wie sehr sie aber zu dem dargestellten Vorgang gehören, lehrt nicht auf der Vergleich mit dem Pariser Krater und der Amphora Tricase, wo sie hier zu beiden Seiten der Mittelgruppe, dört auf der Rückseite gleichfalls erscheinen, sondern vor Allem wieder Bakchylides, der die Ankunft des Theseus auf dem Meeresgrund folgendermaassen schildert 100 ff.:

ἔμολέν τε θεῶν μέγαρον· τόθι κλυτὰς ἰδὼν ἔδεισεν Νηρῆος ὀλβίου κόρας. ἀπὸ γὰρ ἀγλαῶν λάμπε γυίων

σέλας

ὥστε πυρός, ἀμφὶ χαίταις δὲ χρυσεόπλοκοι

δινῆντο") ταινίαι, χορῶι δὲ τέρπον κέαρ ὑγροῖσι ποσσίν. Die tanzenden Nereiden sieht Theseus, auf der Vase tanzen sie zwar nicht, aber eine spielt das Tamburin, wesshalb sie sich eine ungeschickte, ja sinnlose Zusatzfigur schelten lassen musste. Und als Theseus die Nereiden in ihrer ewigen Schönheit erblickt, fasst ihn Furcht. Auch dieser Zug, das Grauen des Sterblichen in Gegenwart der göttlichen Wesen, ist auf der Vase in dem sich sträubenden Haar des Theseus sehr glücklich zum Ausdruck gebracht. Meine von Ghirardini (Rendiconti dell' Acc. d. Lincei IV 1895 S. 96 n. 1) bestrittene Auffassung dieses auch auf dem Atalantekrater wiederkehrenden Motivs wird nun durch Bak chylides bestätigt (in dies. Ztschr. XXII 1887 S. 446. Arch. Anz. 1889 S. 142).

Nur die Begegnung mit Amphitrite, nicht die mit Poseidon schildert Bakchylides V. 109 ff.:

εἶδέν τε πατρὸς ἄλοχον φίλαν

σεμνὰν βοῶπιν ἐρατοῖσιν ̓Αμφιτρίταν δόμοις· ἅ νιν ἀμφέβαλεν ἀιόνα πορφυρέαν

κόμαισί τ ̓ ἐπέθηκεν οὔλαις ἀμεμφέα πλόκον,

τόν ποτέ οἱ ἐν γάμωι δῶκε δόλιος Αφροδίτα ῥόδοις ἐρεμνόν. Auch Euphronios zeigt uns nur Amphitrite und ebenso ist sie auf dem Bologneser Krater unter den Göttern durchaus die Hauptperson. Auch dies hat man dem Vasenmåler zum Vorwurf ge

1) So Blass nach dem Papyrus.

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