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der Valeria, diese Dreizahl theatralisch schöner Zeugnisse für die neidlose Anerkennung weiblicher Grösse von Seite tapferer Männer, mit dem Hauptereigniss in Verbindung gebracht. Alles dies ist zwar römischer Art durchaus entgegen, aber so sinnig componirt, so zusammenhängend und geschlossen, dass es, so lange man von Coriolanus sang, nicht anders kann gesungen noch je einer wesentlichen Umgestaltung unterworfen worden sein. Reiner Zufall, wenn Poplicola's Schwester, Valeria, wenn Marcius selbst dem sabinischen Volksthum angehört und dadurch die Frauenhuldigung am Cluilischen Graben, „die ihresgleichen nicht hat vielleicht in der ganzen antiken Ueberlieferung," einer andern sabinisch-römischen Ueberlieferung, der Tradition von den die Schlachtlinien trennenden Sabinerinnen und der in dem darauf folgenden Bündniss ihnen zugestandenen Ehrenauszeichnung gleichartig sich anschliesst. „,Alle Erwähnungen der Valerier in der Dionysischen Coriolanus-Erzählung zuerst bei der Gesandtschaft nach Sicilien, an deren Spitze P. Valerius, des Poplicola Sohn, steht, dann bei den Senatsdebatten, an denen M. Valerius, der Dictator des Jahres 260, sich betheiligt, endlich bei der Frauengesandtschaft sehen wie spätere Zusätze aus, und wenn die zuerst von Kissling aufgestellte, neuerdings von Mehreren ausgeführte, dadurch jedoch nicht viel verständlicher gewordene Hypothese ihre Richtigkeit hat, dass eine Reihe derartiger die Valerier betreffenden Züge in die römischen Annalen von Valerius Antias eingelegt sind," so ist vielleicht kein zwingender Grund vorhanden, jene durch Familientendenz veranlasste rühmende Einlegung der Valerier in die Coriolanus-Dichtung sammt der Reiterstatue der Poplicolatochter nach Annius bei Plinius nicht einfach bei Seite zu werfen. Ohnedies hat Livius,,diese Valerischen Spuren", „obgleich er den Antias auch eingesehen," übersprungen und richtig erkannt, dass sie bei seiner Behandlung der Coriolanus-Fabel beinahe mit Nothwendigkeit wegfallen müssten". Nehmen wir hinzu, dass „strenggenommen" die Valerier in der ganzen Geschichte gar nicht mit Bestimmtheit hervortreten und Valerius Maximus den grossen Marcier auch wohl nur den Valeriern zu Liebe Anci regis clara pogenies nennt, so sind wir der sabinischen Verknüpfung des beispiellosen Ereignisses glücklich entrissen und

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nicht weiter in Versuchung, auf sabinische Traditionen, etwa auf Numa's Zärtlichkeit für Egeria, auf die Erscheinung der schönen Tarpeia, auf die verführerische Hersilia, auf das sabinische senaculum matronarum oder gar auf Tanaquil im Tempel des sabinischen Sancus-Herakles und dichterische, die matronale Macht sabinischer Frauen feiernde Aussprüche, sowie manche andere mythologische, sagenhafte, geschichtliche Angaben aufmerksam zu machen. Es hiesse die Unkritik zu weit treiben, wollten wir die absolute Unabhängigkeit des altrömischen Frauenlob von Sitten und Anschauungen seiner Umgebung bezweifeln oder wohl gar den Beweis anbieten, dass die römische Matrone nicht nur in dem Hause, sondern auch ausserhalb desselben eine sehr wichtige Rolle spielt, dass sie gar oft das grösste Verlangen an den Tag legt, sich in die Politik der Männer zu mischen und auf den Gang der Dinge einigen Einfluss auszuüben, dass endlich die Idee eines hohen und reinen Matronenthums überhaupt eine Schöpfung des römischen Volks, ihre unbegrenzte Anerkennung eine jener Eigenschaften ist, durch die es unsere Achtung am meisten gewinnt. Unerschütterlich fest steht der Satz,,,namentlich in den älteren Bestandtheilen der Annalen, dass die Frau nicht der Bürgerschaft und dem Staate angehört, sondern dem Hause, ja dass selbst Frauennamen, wiederum gerade in den älteren Bestandtheilen der Annalen, so gut wie völlig mangeln." Nur ein geistig ganz selbstständiger Dichter konnte es also wagen, der zum Dogma verhärteten Weiberverachtung des Römers in's Gesicht zu schlagen und mitten in einer Erzählung voll juristischer Episoden, staatsrechtlicher Lehren und unendlich werthvoller Processgrundsätze guten, alten Kerns, von der Vaterlandsliebe der dem Vaterland fremden Frauen zu fabeln; „sie ganz das sein zu lassen, was sie sein sollen, Gattinnen und Mütter," und dennoch ihrem Muthe Erfolge beizulegen, die sie, „ohne Krieger zu spielen,“ erfahrungsgemäss nicht erringen können. Mag die römische Sage von einer Cloelia, Tullia, Suffetia fabeln: in der Stadtchronik stand sicherlich keine der drei. Die Annalen kennen keine Eöen, weil Roms positives Recht solche Abnormitäten verwirft und keine yvvaizõv άo̟ɛtaí, weil eine Huldigung dieser Art zu den Grundsätzen der Verfassung nicht passt. Selbst auf dem religiösen Ge

biete wird das Weib durch die Coriolanusfabel zu einer Bedeutung erhoben, die ihm Rom ohne Verläugnung seiner Staatsgrundgesetze nicht gestatten konnte. Wenn als ewiges Denkmal der Frauenthat jener Tempel des Frauenglücks vor dem esquilinischen Thore, der nur einmal vermälten römischen Ehefrauen zugänglich sein sollte, gestiftet wird, so ist für die poetische Erfindung anzuführen, dass weder die Topographen noch die Kalender dieser Capelle gedenken, dass sie daher im Culte, zum mindesten gesagt, keine grosse Rolle gespielt haben kann, dass nach Schwegler nur Pietas, nicht Fortuna, das Glück, gepasst haben würde, dass die entsprechende Ritualsatzung über die Flaminica einen natürlichen Anhalt für jene Fiction darbot, dass die im Hause des Praetors zum Wohle der Stadt gefeierten Sacra der Bona Dea weitaus beglaubigter dastehen, dass es endlich auch an Parallelen nicht fehlt, in welchen die Poesie die von dem Staate ausgeschlossenen Frauen, besonders die Mütter, bei mütterlichen Gottheiten, unter andern bei Carmenta, Schutz suchen lässt gegen die grausame Ausübung des Männerstolzes. Eminent unrömisch ist die alberne Tradition von der Curienbenennung nach den sabinischen Stammmüttern, echt und richtig vielmehr jene Anekdote, die zu Numa's Zeiten das Auftreten einer Frau auf dem Forum als ein dem Staate unheilverkündendes Zeichen darstellt, oder jene, welche das Capitol lustriren lässt, weil ein Weib in Jupiter's Rath sich niedersetzt. Neben so durchschlagenden Beweisen für die gänzliche Bedeutungslosigkeit der römischen Frauen in Kirche und Staat dürfen die Worte des aus Frauenbeiträgen gestifteten Götterbildes, rite me matronae dedistis riteque dedicastis, nicht etwa als eine für die Rechtfertigung der Matronen gegenüber dem römischen Staatsprincip nöthig erachtete göttliche Sanction aufgefasst werden; sie beweisen vielmehr jetzt erst recht", wie sehr man die Unverträglichkeit der Coriolanus-Geschichte mit dem Wesen Roms später fühlte, aber aus Patriotismus zu verhüllen oder auszugleichen" suchte. Was würde es frommen, eine ganz entsprechende Spende der späteren römischen Matronen zu Ehren der veientischen Juno auf dem Aventin hervorzuheben? Die Kritik würde uns zu bedenken geben, damals sei Alles nach der Weisung etruscischer Haruspices geordnet worden, Etruriens Mutterverehrung aber könne keinen

Massstab bilden für die Beurtheilung römischer Traditionen, am wenigsten jener von Coriolan's ganz unglaublicher Mutterehrfurcht, weil diese eher durch Marcius und Valeria an sabinische als an die etruscischen, hierin sicher gänzlich verschiedenen Anschauungen von der Familie und der Stellung der Erzeugerin in derselben sich anschliesse. Kurz, wer in der religiösen Weihe des Mutterthums, in Coriolan's Selbstbesiegung durch Ehrfurcht vor dem heiligen Mutternamen und in der Entschuldigung, welche dieser Muttercult bei der dem Dienste der Mater Matuta ergebenen volscischen Kriegerschaar fand, nach einem s. g. historischen Kern sucht, wird die Nuss taub finden; wer umgekehrt diesen Theil der Fabel als das erkennt, was er ist, die poetische Huldigung eines Frauenlob, nicht zu vergleichen mit Roms Mutterhuldigung zur Rettung aus Hannibal's Händen, hinwieder befähigt sein, aus dem Schwung und dem Adel der Dichtung zurückzuschliessen auf die Gedankengrösse einer Zeit, deren Gedanken nichts so sehr zuwiderlief als eben diese Lobpreisung des Matronenthums und seiner Thränen.* Bedürfte es für diese ganze Auffassung noch eines Beweises, wir fänden ihn in den Debatten, welche durch den Antrag zweier Volkstribunen auf Abschaffung der lex Oppia hervorgerufen wurden. Die Moral der Coriolanusfabel, ,,dass, wo die Waffen versagen und die Männer verzagen, die muthige Vaterlandsliebe der Frauen Rettung bringt aus höchster Noth," ist zwar nicht diejenige, welche dem unerhörten Auftreten des ganzen Weibergeschlechts gegen seinen erbitterten Feind M. Porcius Cato zu Grunde liegt. Es handelt sich nicht um die Rettung der Stadt, nicht einmal um den Anspruch auf laudatio funebris, sondern um die ganz verschiedene Frage des weiblichen Putzrechtes. Aber unter den damaligen Troubadours erscheint wieder ein Valerius, also ein Mitglied desselben Geschlechts, das sich der Einlegung mancher Valerischer Spuren in das Coriolanuslied so verdächtig macht, und ebendieser betheiligt sich an den Debatten mit einer unerträglich langen Rede, die man nur anzusehen braucht, um auch in ihr eine relativ junge Wiederaufnahme des alten Dichterfadens zu erkennen. Quid tandem, so spricht, an den Weiberfeind Cato sich wendend, der neue Frauenlob, quid tandem novi matronae fecerunt, quod frequentes in causa ad se pertinente in publicum pro

cesserunt? Numquam ante hoc tempus in publico apparuerunt? Tuas adversus te Origines revolvam. Accipe quoties id fecerint, et quidem semper bono publico. Jam a principio, regnante Romulo, quum Capitolio ab Sabinis capto, medio in foro signis collatis dimicaretur, nonne intercursu matronarum inter acies duas proelium sedatum est? Quid? regibus exactis, quum Coriolano Marcio duce legiones Volscorum castra ad quintum lapidem posuissent, nonne id agmen, quo obruta haec urbs esset, matronae averterunt? Jam urbe capta a Gallis aurum, quo redempta urbs est, nempe matronae consensu omnium in pubicum contulerunt. Proximo bello -ne antiqua repetam nonne et quum pecunia opus fuit, viduarum pecuniae adiuverunt aerarium et quum Dii quoque novi ad opem ferendam dubiis rebus arcesserentur, matronae universae ad mare profectae sunt ad matrem Idaeam accipiendam? dissimiles, inquis, causae sunt, nec mihi causas aequare propositum est. nihil novi factum, purgare satis est.4) Poesie gegen . Poesie. Cato hatte seine Behauptung a nullo genere (quam a genere feminarum) non aeque summum periculum esse, durch die Berufung auf die That der lemnischen Frauen zu beweisen versucht; Valerius antwortet mit dem Liede von den Sabinerinnen, von Coriolanus Marcius, und dem Spruche Romam matre carere. Das eine Argument ist das andere werth. Wir aber erkennen wieder einmal, wie schlecht es mit dem Verstand der Römer, dem kritischen Urtheil ihrer s. g. Geschichtschreiber, Cato's Origines nicht ausgenommen, überhaupt mit all den unsauberen Quellen, aus denen wir zu schöpfen verurtheilt sind, bestellt ist.

Die Schönheit, den Schwung und den Adel der Coriolanusdichtung, wie sie jetzt in der Jungfräulichkeit ihrer ersten Fassung vor uns liegt, sollen trockene Reflexionen über den Einfluss aitiologisch-grammaticalischer Spielereien oder exemplificatorischprocessualischer Tendenzen auf die Gestaltung einiger Gesänge

4) Exstant Catonis in censura vociferationes mulieribus statuas Romanis in provinciis poni. nec tamen potuit inhibere, quominus Romae quoque ponerentur, sicuti Corneliae Gracchorum matri, quae fuit Africani prioris filia. Sedens huic posita soleisque sine ammento insignis in Metelli publica porticu, quae statua nunc est in Octaviae operibus.

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