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Neuntes Buch.

Caefars Dictatur.

Kapitel 1.

Der Bürgerkrieg in Spanien.

Mit dem Abzuge des Pompejus aus Brundisium war der erste Abschnitt des Bürgerkrieges zu Ende. In sechszig Tagen hatte Caesar in raschem Laufe und fast ohne Schwertstreich ganz Italien in seine Gewalt gebracht. Alles war ihm gelungen; nur das eine nicht, Pompejus zum Stehen zu bringen und entweder durch friedliche Unterhandlung mit ihm, oder durch die Gewalt der Waffen den Streit zu beendigen. Jezt war Pompejus jenseits des Meeres für ihn, der keine Schiffe zur Verfügung hatte, unerreichbar. Der Krieg mußte sich nothwendig in weitere Kreise verbreiten; die Republikaner mußten in allen Provinzen, wo sie sich festseßen konnten, aufgesucht und bekämpft werden und die Aussicht auf schnelle Beendigung dieser Kämpfe war in unberechenbare Ferne gerückt. Pompejus gewann Zeit, sein Heer kriegstüchtig zu machen, sich seiner Treue und Ergebenheit zu versichern und es aus den Contingenten zahlreicher Bundesgenossen und Unterthanen in den östlichen Provinzen zu vermehren. Die sämmt= lichen reichen Hülfsquellen dieser Länder standen ihm zu Gebote. Mit der Flotte beherrschte er das Mittelmeer; er konnte jede von Caesar bedrohte Provinz decken und die Stadt Rom von den Ländern abschließen, deren Kornzufuhr ihr unentbehrlich war. Pompejus hatte im Seeräuberkrieg sich als Flottenführer bewährt. Man konnte erwarten, daß er mit nicht weniger Umsicht sich des gewaltigen Kriegsmaterials bedienen würde, welches ihm jezt wie damals zu Gebote stand. Jedenfalls schien es ein Leichtes, Caesar in Italien festzuhalten und seine Bewegungen an den

Ihne, Röm. Gesch. VII.

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Punkten zu hemmen, wo eine Flotte und Landungstruppen wirksam eingreifen konnten.

Auf der andern Seite hatte Caesar über seinen Gegner den schwerwiegenden Vortheil gewonnen, daß er in unbestrittenem Bestß von Rom und Italien war. Mochten auch die Pompejaner sich einreden, daß der römische Staat durch römische Männer dargestellt werde und nicht durch die Mauern und Zinnen einer Stadt, mochten sie das Beispiel der heldenmüthigen Athener anführen, welche vor den eindringenden Schaaren des Perserkönigs ihre geliebte Heimath verlassen und sich durch die hölzernen Mauern ihrer Schiffe geschüßt hatten, oder mochten sie an ihre eigenen Vorfahren erinnern, welche den Galliern die Stadt zur Verwüstung überließen und vom Felsen des Kapitols aus das Verlorene wiedergewannen; es war doch nicht zu verkennen, daß die römische Macht ihren Siz und Urquell in Rom und Italien1 hatte und daß der Befiz dieser Stätte dem Besißenden die Weihe der legitimen Herrschaft verlieh. Ein echter römischer Senat konnte doch nur in Rom tagen, ein römisches Volk nur im Forum der Stadt oder auf dem Marsfelde Beschlüsse fassen, die Auspicien nur in dem geweihten Kreise des alten Pomöriums vorgenommen werden, die städtischen Magistrate nur in der Stadt gewählt werden und ihrer Aemter walten. Jede staatsrechtliche Handlung, die außerhalb dieser festgezogenen Grenzen vorgenommen wurde, entbehrte des geseßlichen Bodens 2. Nur siegreiche Gewalt konnte ihr nachträglich die geseßliche Gültigkeit verschaffen.

Caesar war sich dieses Vortheils voll bewußt. Er hatte von Anfang an in dem Streite mit Pompejus versucht, wenigstens den Anschein und die Aeußerlichkeit der Geseßmäßigkeit auf seiner Seite zu haben und seine Gegner als die Verlezer des Rechts darzustellen. Zur Festhaltung dieses Standpunktes war es für ihn von der größten Wichtigkeit, in Rom als der geseßmäßige Beamte und Diener des römischen Senates und Volkes aufzutreten, den Schein zu erwecken, daß in der Ordnung des Staates

1) Treffend bezeichnet als reμovic T7, Appian b. c. 2, 65.

2) Dieses macht Caesar den Massiliern gegenüber geltend Bell. civ. 1, 35: debere eos Italiae totius auctoritatem sequi potius, quam unius hominis des Pompejus) voluntati obtemperare. Vgl. Bellum Alexandrinum 68, wo Caesar dem Pharnaces vorhält, quod scire potuisset, quis urbem Italiamque teneret (nämlich Caesar, nicht Pompejus); ubi senatus populusque Romanus, ubi res publica esset.

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durch das Ausscheiden einer gewissen Anzahl von Senatoren und Beamten keine wesentliche Störung eingetreten sei und daß nach wie vor Senat und Volk das Regiment in Händen hätten. Wenn diese anerkannten Träger der römischen Staatshoheit ihm nur in regelrechter Weise eine Gewalt übertrugen, wenn sie ihn damit beauftragten, die Ruhe wieder herzustellen, so erschienen seine Gegner im Lichte von Rebellen und ihre Unterwerfung war eine patriotische Pflicht.

Troß der Drohung des Pompejus, daß er jeden als Feind betrachten würde, der nach seinem eiligen Abzuge von Rom ihm nicht folgen würde, war ein großer Theil der Senatoren in Italien geblieben1. Die hervorragendsten Führer der Optimaten, die Cato, Scipio, Bibulus, Marcellus, Lentulus hatten Rom verlassen. Die meisten zurückgebliebenen waren Männer ohne bedeutenden Einfluß. Nur einer unter ihnen war von besonderem Gewicht, M. Tullius Cicero. Ihn für seine Partei zu gewinnen war Caesar ganz besonders bedacht. Nicht nur seine beredte Zunge, sondern das Ansehen, in dem er bei allen stand, hätte viele der Schwankenden bestimmt, der Sache, für welche er sich entschied, sich anzuschließen2. Caesar, noch auf dem Wege nach Rom, ließ ihm also eine schriftliche Aufforderung zukommen, im Senat zu erscheinen; ja er ging so weit, ihn auf seinem Landsig in Formiae zu besuchen, um ihn durch seinen persönlichen Einfluß zu bestimmen. Cicero befand sich wieder in einer peinlichen Lage. Folgte er der dringenden Bitte Caesars, so bedeckte er sich, wie er glaubte, mit Schande, indem er die Partei derjenigen verließ, welche die Sache der Republik verfochten. Folgte er nicht, so war sein Leben in Gefahr. Nach langem Zaudern entschied er sich, alles zu wagen, und nicht nach Rom zu gehen. Aber ebenso wenig konnte er sich entschließen, sofort sich ins Lager des Pompejus zu begeben. Mit der Schwachmüthigkeit eines Mannes, der mit sich selbst nicht im Klaren ist, verharrte er im Zögern, bis er von der mächtiger werdenden Bewegung ergriffen und fortgetrieben wurde.

Caesar drang nicht weiter in ihn und ließ ihn großmüthig gewähren.

1) Plutarch, Caes. 35.

2) Caesar hatte gewiß das Gefühl, welchem bei Shakspere (Jul. Caes. 2, 1, 144) der Verschworene Ausdruck giebt:

O, let us have him, for his silver hair

Will purchase us a good opinion,

And buy men's voices to commend our deeds.

Während er sich in langsamen Tagereisen Rom näherte, wuchs hier die Besorgniß über seine Absichten und nächsten Schritte. Zwar hatte er schon genügende Beweise davon gegeben, wie er seinen Sieg zu benußen gedächte. Er hatte überall die bestegten Feinde verschont, ohne Bedingungen entlassen, die eroberten Städte nicht als feindliche behandelt, die Bürger vor den Gewaltthätigkeiten seiner Soldaten geschüßt. Er wollte nicht als Eroberer auftreten, sondern als Befreier, und es war ihm gelungen, die Bevölkerung der italischen Landschaften überall für sich zu gewinnen. Aber nichtsdestoweniger konnte man in Rom sich nicht ganz der Erinnerung an die Greuelthaten entschlagen, welche die Siege des Marius und später Sullas begleitet hatten. Vielfach zitterte man vor neuen Gewaltthaten, Hinrichtungen, Aechtungen und Confiscationen, und die Gegner Caesars waren eifrig bemüht, solche Befürchtungen zu nähren. Er kam ja auch nicht allein, sondern mit ihm kamen catilinarische Gestalten, Männer, die verlorenes Vermögen oder verlorene Stellung wiederzugewinnen hofften. Man fürchtete nicht ohne Grund Schuldentilgung, Rückkehr von Verbannten, kurz den Umsturz der bestehenden Ordnung und alle Leiden einer ökonomischen Reaction 1.

Vor Rom angelangt, ließ Caesar am 1. April durch die Tribunen M. Antonius und D. Cassius, die beim Ausbruch des Streites so gewaltsam Ausgestoßenen2, den Senat versammeln. Die sämmtlichen Beamten, denen außer den Tribunen das Recht der Berufung des Senats zustand, befanden sich im Lager des Pompejus; aber an der Gefeßlichkeit der Verhandlungen konnte dennoch niemand zweifeln3. Noch weniger konnte von irgend einer Seite Anstand genommen werden, daß Caesar

1) Noch später, während Caesar in Spanien gegen Afranius kämpfte, fürchtete Cicero ähnliches; ad Att. 10, 8: caedem video, si vicerit, et impetum in privatorum pecunias et exsulum reditum et tabulas novas et turpissimorum honores et regnum non modo Romano homini sed ne Persae quidem cuiquam tolerabile. Uebrigens hätten Caesars Soldaten, wären sie nicht von ihm im Zaume gehalten worden, sicher schlimm gehaust. Vgl. Dio 41, 26: die Truppen meuterten ὅτι μήτε τὴν χώραν διαρπάζειν, μήτε τἄλλα ὅσα ἐπεθύμουν ποιεῖν αὐτοῖς ἐπέτρεπε. 2) Band 6, 553.

3) Cicero, ad Att. 10, 1 sagt allerdings: Consessus senatorum, senatum non enim puto und ad fam. 4, 1: senatus, sive potius conventus senatorum. Doch entsprach die Berufung mehr den geseßlichen Bestimmungen, als die des Convention Parliament, welches nach der Flucht Jacobs II. in England zusammentrat, um Wilhelm III. die Krone anzutragen.

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