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aber, ist also ihre Seele außerhalb des Leibes, so ist die Gefahr um so größer, da die Geister der außerhalb des Leibes weilenden Seele um so leichter habhaft werden können. Dieser Vergrößerung der Gefahr aber beugt man vor, indem die gefährdeten Personen am Schlafe gehindert werden.1)

Frazer) weist mit Recht darauf hin, daß ein Gegenstück zu dem Verbote, im Sterbebause zu schlafen, der weitverbreitete Brauch ist, nach einem Todesfalle die Spiegel im Hause zu verhängen.3) Das Spiegelbild des Menschen wird mit der Seele identifiziert, und man fürchtet daher, die sich im Spiegelbilde zeigende Seele könne von dem Geiste des Verstorbenen, der noch im Hause weilt, davongetragen werden. Die Analogie aber zwischen diesem Brauche und dem Schlafverbote wird noch deutlicher dadurch, daß das Verhängen der Spiegel, was Frazer nicht beachtet hat, auch bei der Geburt und Hochzeit vorkommt. Befindet sich in Ostpreußen in der Nähe der Wöchnerin ein Spiegel, so wird er verhängt; man sagt dabei, die Wöchnerin sähe in ihm den Teufel. 4) Ebenso darf in Mecklenburg und Schlesien sich die Wöchnerin nicht im Spiegel sehen, deshalb verhängt man ihn.5) Im Békéser Komitat darf sich die Wöchnerin nicht im Spiegel besehen, denn sonst „,würde sie der Teufel rücklings rupfen".") Nach südslawischem Volksbrauche darf die Wöchnerin in den ersten neun Tagen nicht in den Spiegel sehen, weil sie den bösen Geist darin erblicken

1) Jedenfalls aus dem gleichen Grunde mußten, wie Kroll (Alte Taufgebräuche, Archiv für Religionswiss. VIII, Beiheft, S. 35, 1) richtig hervorhebt, die Katechumenen die Nacht vor der Taufe unter Gebeten wach bleiben.

2) The golden bough I, p. 294.

3) Wuttke S. 459, § 726. v. Negelein, Bild, Spiegel und Schatten im Volksglauben, Archiv für Religionswiss. V, 1 ff. In Oldenburg heißt es ausdrücklich: wer im Sterbehause sein Bild im Spiegel sieht, muß selbst sterben (Wuttke a. a. O.).

4) Frischbier, Volksglauben aus Ostpreußen, Am Urquell I, S. 151, N. 22.

5) Wuttke S. 379, § 576. Drechsler, Sitte, Brauch und Volksglauben in Schlesien I, S. 204.

6) Temesváry, Volksbräuche und Aberglaube in der Geburtshilfe und Pflege des Neugeborenen in Ungarn S. 71.

würde.1) Ebenso darf nach einem in Deutschland vielfach verbreiteten Glauben auch das Kind im ersten Lebensjahre nicht in den Spiegel sehen. 2) Schließlich fehlt der Brauch auch unter den Hochzeitsriten nicht ganz. Die wallonische Braut darf, wenn sie zum ersten Male das Haus des Gatten betritt, sich nicht in einem Spiegel sehen.3)

1) Haberland, Der Spiegel in Glaube und Brauch der Völker, Zeitschr. für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft XIII (1882), S. 341. 2) Wuttke S. 392, § 600. Als Grund wird angegeben, das Kind bekomme das Stammeln oder werde stolz oder leichtsinnig oder krank.

Das gleiche Verbot besteht auch bei den Hienzen (Deutsche im westl. Ungarn), hier tritt noch das Verbot hinzu, das Kind, ehe es ein Jahr alt ist, abzubilden (Ethnol. Mitt. aus Ungarn V, 16. v. Negelein a. a. O. S. 24). Auch dies erklärt sich, wie überhaupt die bei vielen Völkern sich findende Abneigung, sich malen oder photographieren zu lassen, aus einer verwandten Vorstellung: ebenso wie das Spiegelbild wird auch das gemalte Bild mit der Seele identifiziert. In Neu-Guinea wird daher für Photographieren oft der Ausdruck,,die Seele einfangen" gebraucht (Pöch, Das Photographieren auf anthropologischen Forschungsreisen, Umschau 1910, 417). Vgl. Frazer, The golden bough I, 295 f. Hingewiesen sei noch darauf, daß auch Kranke, deren Seele ja ohnehin gefährdet ist, nicht in einen Spiegel sehen dürfen (Crooke, Popular relig. and folklore of Northern India I, 233. Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen u. Mähren S. 151, Nr. 1097. Frazer a. a. O.) und deshalb im Krankenzimmer die Spiegel verhängt werden; das Gegenstück dazu bietet der oben angeführte Brauch, Kranke am Schlafe zu hindern. Erwähnt sei schließlich noch der dalmatische und oldenburgische Aberglaube, daß von 13 Tischgästen derjenige am gefährdetsten sei, der dem Spiegel gegenüber sitzt (Haberland a. a. O. S. 343).

3) Monseur, Le folk-lore Wallon p. 36, nr. 709. Vgl. auch über den antiken Aberglauben in bezug auf das Spiegelbild Artemidor II, 7 (91, 1 ff. H.): träumt ein Kranker, er sehe sich im Spiegel, so wird er sterben. Vgl. Rieß, Volkstümliches bei Artemidorus, Rhein. Mus. XLIX (1894), S. 185.

XII

In Rom durfte die Braut, wenn sie am Hochzeitstage in das Haus das Gatten geführt wurde, die Schwelle nicht betreten, sondern mußte darüber getragen werden.1) Aus dem alten Griechenland ist diese Sitte nicht überliefert, sie existiert aber bei den Neugriechen 2), ebenso bei den Indern3), in Schlesien1), in der Mark Brandenburg 5), in manchen Gegenden von Lothringen), im alten England), bei den Mordwinen 3), bei den Serben in Slawonien 9), in China. 10)

Als Grund gibt Plutarch an, die widerstrebende Jungfrau müsse mit Gewalt ins Haus gebracht werden. 11) Im Anschluß an diese Angabe hat Roßbach die Sitte als einen Rest des alten

1) Plut. Rom. 16; quaest. Rom. 29. Serv. Verg. ecl. VIII, 29. Lucan. Phars. II, 358. Über den an die Schwelle sich knüpfenden Glauben vgl. im allgemeinen Eitrem, Hermes u. d. Toten S. 13 ff.

2) Wachsmuth, Das alte Griechenland im neuen S. 97.

3) Winternitz, Altind. Hochzeitsrituell, Denkschr. der Wiener Akad. Phil.-hist. Kl. 1892, S. 23, 9.

4) Drechsler, Sitte, Brauch und Volksglaube in Schlesien I, 264.

5) Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter3 I, 380.

6) v. Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeitsbuch S. 251.

7) Zachariae, Zum altind. Hochzeitsritual, Wiener Zeitschr. für die Kunde des Morgenlandes XVII, 143.

8) v. Schröder, Hochzeitsbräuche der Esten S. 90. Abercromby, Marriage customs of the Mordvins, Folk-lore I (1890), p. 442.

9) v. Reinsberg-Düringsfeld a. a. O. S. 84.

10) Lubbock, Entstehung der Zivilisation S. 71.

11) Plutarch. quaest. Rom. 29. Sià tí tǹv jaμovμévyv ovn ¿ãoiv αvtýv ὑπερβῆναι τὸν οὐδὸν τῆς οἰκίας, ἀλλ ̓ ὑπεραίρουσιν οἱ προπέμποντες; πότερον ὅτι τὰς πρώτας γυναῖκας ἁρπάσαντες οὕτως εἰσήνεγκαν, αὐταὶ δ ̓ οὐκ εἰσῆλθον, ἢ βούλονται δοκεῖν εἰσιέναι βιαζομένας, οὐχ ἑκούσας, ὅπου μέλλουσι διαλύειν τὴν παρθενίαν; ἢ σύμβολόν ἐστι τοῦ μηδ ̓ ἐξιέναι δι ̓ αὐτῆς μηδὲ καταλιπεῖν τὴν οἰκίαν, εἰ μὴ βιασθείη, καθάπερ καὶ εἰσῆλθε βιασθεῖσα;

Frauenraubes aufgefaßt. 1) Diese Auffassung teilen verschiedene neuere Forscher, so v. Schröder 2), Lubbock 3), Jevons.4) Daß diese Erklärung irrig ist, zeigt eine genauere Prüfung dieser Bräuche deutlich. Handelte es sich wirklich um einen zur bloßen Form herabgesunkenen Überrest des Raubes, so würde natürlich der Bräutigam selbst die Braut über die Schwelle tragen. Das ist aber nicht der Fall. In Rom heben sie vielmehr die Brautführer über die Schwelle 5), in China wird sie von einer alten Frau ins Haus getragen. 6) In Slawonien trägt sie der sogenannte „Starisvat" (Oberhochzeitsgast) auf seinem Arme vom Wagen ins Haus.) Im alten Indien heißt es, ein starker Mann hebt die Braut empor3), es wird also nicht gesagt, daß dem Bräutigam diese Aufgabe zufällt.) In Lothringen wird sie sogar von ihrem eigenen nächsten Verwandten in die neue Wohnung getragen 10), ebenso im alten England. 11) Bisweilen wird die Braut auch über die Schwelle des Elternhauses gehoben. Auch dies tut nicht immer der Bräutigam. Bei den Mordwinen wird sie entweder von letzterem oder von ihren Verwandten 12), bei den Oberpahlenschen Esten von einem un

1) Roßbach, Untersuchungen über die römische Ehe S. 360.
2) v. Schröder, Hochzeitsbräuche der Esten S. 92.

3) Lubbock, Entstehung der Zivilisation S. 98. Die von Lubbock S. 71 angeführte Bräuche der Kanada-Indianer und der Abessinier, auf die er S. 98 verweist, gehören nicht hierher, da dort der Bräutigam die Braut nach der feierlichen Vermählung überhaupt von dem Orte der letzeren ins Haus trägt, während in den oben angeführten Bräuchen die Braut nur über die Schwelle gehoben wird.

4) Jevons, Plutarch's Romane questions, Introduct. p. XCV..
5) оi лоолéμлovτes Plutarch q. Rom. 29 (s. S. 136, 11).

6) Lubbock, Entstehung der Zivilisation S. 71.

7) v. Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeitsbuch S. 84.

8) Hillebrandt, Ritualliteratur (Grundriß der indo-arischen Philologie und Altertumskunde) S. 68.

9) Im modernen Indien hebt sie der Bräutigam selbst über die Schwelle. F. D'Penka, Superstitions and customs in Salsette, Indian Antiquary XXVIII, p. 117)

10) v. Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeitsbuch S. 251.

11) Zachariae, Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes XVII, 143. Vgl. auch Crooke, The lifting of the bride. Folk-lore XIII, p. 239. 12) v. Schröder, Hochzeitsbräuche der Esten S. 90. Folk-lore I, p. 440.

verheirateten Bruder oder einem anderen nahen Verwandten aus dem Elternhause herausgetragen.1) Diese Beteiligung der eigenen Verwandten der Braut beweist zur Genüge, daß es sich hier nicht um eine Andeutung eines einstigen Raubes handeln kann. Das gleiche ergibt sich aus der Tatsache, daß in Indien auch der Bräutigam beim Eintritt ins Haus der Braut seinen Fuß nicht auf die Schwelle setzen darf. 2)

Nach einer anderen Erklärung wird die junge Frau über die Schwelle gehoben, damit ein etwaiges Anstoßen mit dem Fuße nicht ein böses Omen sei.3) Auch Roßbach meint, an die Form des Raubes, die er in dem Heben über die Schwelle sieht, habe sich, nachdem der ursprüngliche Sinn verloren gegangen, als ein zweites Moment die Furcht vor einer üblen Vorbedeutung angeschlossen.) Diese Auffassung gibt aber eigentlich keine wirkliche Erklärung, denn man muß dann doch noch fragen, weshalb das Anstoßen des Fußes gerade auf der Schwelle als ungünstige Vorbedeutung gegolten habe.

Zachariae, der mit Recht sich gegen die Erklärung des Brauchs aus der Raubehe wendet 5), meint, das Nichtberühren der Schwelle sei ein sekundäres Moment bei diesen Bräuchen, in erster Linie komme es auf das Heben oder Tragen der Braut an.) Er schließt dies aus den Fällen, in denen nur das Heben oder Tragen der Braut hervorgehoben, das Nichtberühren der Schwelle aber nicht erwähnt wird.) Allein gegenüber der häufig genug vorkommenden ausdrücklichen Betonung, daß

1) v. Schröder a. a. O. S. 88 f.

2) Journal of the Anthropolog. Society of Bombay V, p. 262. 3) Becker-Göll, Gallus II, 46. Wachsmuth a. a. O. Vgl. Plaut. Cas. 4, 4, 1. Catull. 61, 166 f.

4) Untersuchungen über die römische Ehe S. 360.

5) Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes XVII, S. 140 ff. 6) a. a. O. S. 142f.

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7) Zachariae verweist auf die Bräuche bei v. Schröder, Hochzeits bräuche der Esten S. 88 ff.; Lubbock, Entstehung der Zivilisation S. 71; Post, Grundriß der ethnologischen Jurisprudenz I, 266; Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer I, 598. Besonders aufmerksam macht er noch auf den nordfriesischen Brautheber (Weinhold, Die deutschen Frauen 3 I, 380) sowie auf den Ausdruck in altum tolli, den der Kirchenschriftsteller Optatus Milevitanus (de schism. Donatistarum VI, 4) braucht. Zur Erklärung des

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