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Grabe zurückgelassen. Darauf kehren sie nach ihrer Wohnung zurück und nehmen das Tier wieder mit. Wird die Frau schwanger, so wird es geschlachtet und verzehrt und dabei der Geist des Vaters gepriesen.1) Bei den Basuto im nördlichen Transvaal läßt der Tote den, der ihn bei Lebzeiten beleidigt hat, dadurch seine Rache fühlen, daß er ihm Kindersegen vorenthält. Der Kinderlose geht dann zum Grabe des Toten und sagt: „Vater, ich habe keine Kinder, denn ich habe an dir gesündigt. Laß ab von deinem Zorne und kehre mir dein Herz wieder zu.“2)

Da man von den Seelen Kindersegen erwartet), so ist es begreiflich, daß sie, wie bei der Hochzeit, so auch während und unmittelbar nach der Entbindung angerufen werden. Auf eine deutliche Spur solcher Anrufung bei der Geburt hatte ich schon oben (S. 17 f.) hingewiesen: die Kreißende schlägt während der Wehen dreimal mit der Ferse an die Schwelle, die wir in Kapitel XII als Sitz der Seelen kennen gelernt haben. Die Patalima-Männer (Ozeanien) stecken ein trockenes Pisangblatt, worin Tabak eingerollt ist, in das Dach der Wohnung und

1) Ploß a. a. O. I, 786.

2) Bartels, Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 1900, S. 139. Ploß a. a. O. I, 785. Auf einen Zusammenhang der Toten mit dem Kindersegen weisen auch folgende Bräuche. Zieht sich bei den spaniolischen Jüdinnen die Geburt in die Länge oder befürchtet man einen schlimmen Ausgang, so vergräbt man eine Kopfbedeckung der Gebärenden im Grabe einer verstorbenen Verwandten (B. Stern, Aberglaube, Medizin und Geschlechtsleben in der Türkei S. 299). Die kaukasischen Juden nehmen, wenn die Entbindung schwer vonstatten geht, Erde vom Grabe einer Person, welche im Laufe der letzten 40 Tage gestorben ist. Diese Erde wird in ein Glas Wasser getan und von der Kreißenden getrunken. Hilft das Mittel nicht, so holt man noch einmal Erde, aber tiefer aus dem Grabe und verfährt wie vorher (Globus XXXVIII, 200). 3) Weil dies der Fall ist, ist es - worauf ich am Schluß des vorigen Kapitels hindeutete vollkommen verständlich, wie die Vorstellung entstehen konnte, daß durch das Schuhwerfen bei der Hochzeit die Fruchtbarkeit der Ehe erzielt werde: die Geister, die Kindersegen gewähren, werden durch das Schuhopfer gnädig gestimmt, daher gewähren sie dem jungen Paare Fruchtbarkeit. Ganz ebenso hat sich auch bei dem Auswerfen von Körnern bei der Hochzeit die gleiche Bedeutung entwickelt. Vgl. Samter, Familienfeste der Griechen und Römer S. 2. 12 ff.

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sagen dabei: „Kommt, Väter, kommt, Großeltern, kommt, Mütter! Seht alle nieder auf eure Tochter, die niederkommen muß habt Mitleid mit ihr und helft ihr rasch."1) Bei den Khamti und Singpho (Assam) werden, sobald ein Kind geboren ist, zwei Hühner geschlachtet und mit etwas Reis dem Geiste des gestorbenen Großvaters geopfert. Ist dieser aber noch am Leben, so wird das Opfer dem Urgroßvater gebracht.3) Weitere Beispiele einer solchen Verehrung der Ahnen oder Seelen bei der Geburt sind mir nicht bekannt geworden, sicherlich wird es noch mehr geben.

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Nach der in diesen Kapiteln angeführten Riten liegt die Vermutung nahe, daß auch da, wo die Vorstellung, daß ein Geburts- oder Hochzeitsritus sich an die Toten wende, nicht mehr lebendig ist, vielfach ursprünglich ebenfalls unter den Geistern die Toten zu verstehen waren, um so mehr, als es ja längst wahrscheinlich gemacht ist, daß die Hausgötter, an die sich ja die Hochzeitsriten zum großen Teile wenden, ursprünglich die Ahnen der Familie gewesen sind.3) Bei den in diesem Kapitel zusammengestellten Bräuchen handelte es sich allerdings stets um ein Gebet oder Opfer an die Seelen, nicht um Abwehrriten, wie wir sie in früheren Kapiteln kennen lernten. Allein, daß auch die Seelen der Toten verjagt wurden, das beweisen uns ja mannigfache Bestattungsbräuche, der Ritus der Anthesterien u. a. mehr. Es können also sehr wohl auch die Riten der Geisterabwehr, die ich im Verlaufe des Buches behandelte, zum Teil aus dem Seelenglauben hervorgegangen sein. Unzulässig aber wäre es freilich, wenn man aus den angeführten Analogien den Schluß ziehen wollte, daß alle diese Riten ursprünglich den Seelen gegolten haben

1) Ploß, Das Weib9 II, 328. Vgl. auch den ebenda angeführten Brauch von den Watubela-Inseln. Ich habe ihn nicht im Text ange-. führt, weil in dem Berichte nicht gesagt wird, wer unter dem Ausdruck,,Großvater-Sohn" zu verstehen ist, dessen Hilfe man anfleht, an einen Ahnen ist doch aber auch hier jedenfalls zu denken.

2) Gramatzka, Globus LXXXIII (1903), S. 365.

3) Vgl. Rohde, Psyche I, 253 ff. Samter, Familienfeste der Griechen und Römer S. 10 f.

müssen. Es ist vielmehr sehr wohl möglich und auch wahrscheinlich, daß in vielen Fällen unter den Geistern, die man versöhnt oder abwehrt, nicht die Seelen, sondern Dämonen anderer Art zu verstehen sind, wenn wir auch vorläufig nicht imstande sind, deren Wesen näher zu bestimmen: so sicher es ist, daß der Seelenglaube als eine der wichtigsten Wurzeln der Religion zu betrachten ist, ebenso sicher ist es auch, daß er eben nur eine, nicht die Wurzel aller Religion gewesen ist.

Zusätze.

S. 62. Vgl. noch Sartori, Sitte und Brauch I (Leipzig 1910), S. 130, 17.

S. 94. Daß sich die Wöchnerin durch Anlegen männlicher Kleidung vor den Dämonen unkenntlich macht, bemerkt, wie ich während der Korrektur sehe, auch Sartori a. a. O. S. 31. S. 104. Es ist bemerkenswert, daß auch die Unterschiebung eines falschen Bräutigams vorkommt. In Schaumburg-Lippe wird den Brautknechten, die der Braut in das Haus des Bräutigams voraufreiten, ein alter Mann, dann ein ganz blutjunger Bursche als Bräutigam vorgeführt (Heidkämper, Eine schaumburg-lippesche Bauernhochzeit, Niedersachsen, Bd. II, S. 104). Vgl. Sartori a. a. O. S. 75, der auch schon in diesen Bräuchen die Absicht erkennt, die bösen Mächte zu täuschen. S. 143, 2. Vgl. Dölger, Der Exorcismus im altchristlichen Taufritual (Stud. zur Geschichte und Kultur des Altertums III, 1/2) S. 130 ff.

S. 145. Wie ich einer freundlichen Mitteilung des Herrn Geh. Regierungsrats Dr. Kretschmann entnehme, legte man im Samlande, wenn die Leiche über die Dorfgrenze zum Friedhof gefahren wurde, auf der Grenze, auf dem fremden Gebiet, eines der Bunde Stroh hin, auf welchen der Sarg gestanden. Wenn der Verstorbene in der Mitternacht aus dem Grabe aufsteht, weil ihn das Gelüste anwandelt, die alte Wohnstätte aufzusuchen, bannt ihn das Stroh und zwingt ihn zu sich nieder, und er kann seine Angehörigen nicht beunruhigen. Hier ist der eigentliche Grund, weshalb man das Stroh hinwirft, noch im Volksglauben lebendig geblieben. Ebenso ist dann wohl auch das Niedersetzen des Sarges an dem Kreuzwege und auf der Schwelle aufzufassen: die Seele soll am Kreuzwege, also dem Hause fern, bleiben oder, wenn sie doch zum Hause zurückkehrt, nur auf der Schwelle verweilen und das Innere des Hauses nicht betreten.

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