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III

Um das unheilvolle Wirken der Dämonen bei der Geburt abzuwehren, bemüht man sich, sie am Eintritt in das Haus zu hindern. Auf den Inseln des Sawu- oder Haawu-Archipels (Niederländisch-Indien) sucht man den,,Wango", der als ein die Niederkunft störender Geist gilt, durch Dorngebüsch vom Betreten des Hauses abzuhalten.1) Auf den Philippinen verschließt, wenn die Geburtswehen am heftigsten sind, der Gatte sorgfältig die Hütte3), um so den „Patianak“ oder den „Ossuang“ unschädlich zu machen, Dämonen, die der Schwangeren und dem Kinde nach dem Leben trachten oder die Geburt erschweren oder unmöglich machen wollen. Fenster und Türen werden aufs dichteste verstopft, um das Eindringen des Geistes zu verhindern.3) Eng verwandte Bräuche finden wir in Deutschland. In Thüringen muß bis zur Taufe das Türschloß Tag und Nacht mit einem blauen Schürzenbande zugebunden sein, und in der Pfalz werden während der Geburt alle Türen fest verschlossen und die Schlüssellöcher verstopft.4) Auch an der oberen Nahe werden die Schlüssellöcher bei der Entbindung verstopft, „damit keine Hexe Eingang finde".5) Das gleiche geschieht in Ungarn bei der Entbindung, außerdem bindet man hier des Nachts die Türen mit Unterhosenbändern zu.")

1) Ploß, Das Weib II, 324.

2) Auf andre von ihm vollzogene Riten gehe ich später ein. 3) Ploß a. a. O. Dieser Gebrauch hat sich selbst in den Gegenden erhalten, in denen der Aberglaube selbst erloschen ist, er wird jetzt mit der Furcht vor Zugluft erklärt.

4) Wuttke S. 382, § 581. Auch zum Schutze gegen den Alp verstopft man das Schlüsselloch (Wuttke S. 285, § 419).

5) Wolff, Volksglaube und Volksgebrauch an der oberen Nahe, Zeitschrift des Vereins für rhein. und westfäl. Volkskunde II (1905), S. 178.

6) Temesváry, Volksbrauch und Aberglaube in der Geburtshilfe und Pflege des Neugeborenen in Ungarn S. 70.

Die unheilvolle Wirkung der Geister ist aber nicht bloß bei der Geburt zu fürchten. Der Mensch einer primitiven Kulturstufe glaubt sich in allen wichtigen Momenten seines Lebens von Geistern bedroht1), vor allem aber in den drei wichtigsten, Geburt, Hochzeit und Tod. Daraus erklärt es sich, daß bei diesen drei Momenten des menschlichen Lebens die Riten aufs engste übereinstimmen.) So finden wir denn auch zu den bei der Geburt üblichen Abwehrriten genaue Gegenstücke bei Hochzeit und Tod.

Im Bergischen werden am Vorabend der Hochzeit die bösen Geister unter entsetzlichem Getöse unter dem Gemurmel alter Bannformeln zur offenstehenden Haustür herausgejagt, dann aber verschließt man alle übrigen Öffnungen, um ein etwaiges Wiedereindringen zu verhindern. 3) In Peking wird, sobald die Sänfte vor dem Brauthause angelangt ist, das Tor geschlossen. Die Herren, die die Braut abholen sollen, stecken den Kindern, die sich im Hause befinden, durch die Torspalte rote, mit Geldmünzen und Teeblättern gefüllte Täschchen zu, um sich dadurch den Eintritt zu erkaufen. Endlich klopfen sie ans Tor, es wird geöffnet, und die Herren treten nun ein, indem sie gleichzeitig kleine Geldmünzen in die Luft werfen, um die bösen Geister zu vertreiben.4) Ebenso wird später, wenn sich die Sänfte dem Hause des Bräutigams nähert, das Haustor geschlossen, so daß die Braut eine Weile draußen warten muß. Endlich wird das Tor geöffnet, die Sänfte wird in den Hof getragen. Hier aber ist inzwischen ein eisernes Becken mit glühenden Kohlen auf

1) Über den Geisterglauben vgl. besonders Frazer, The golden bough III, 40 ff.

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2) Samter, Hochzeitsbräuche, Neue Jahrb. XIX (1907), S. 131. Bei der Hochzeit wie überhaupt bei der Aufnahme eines neuen Familienmitgliedes tritt der Gedanke hinzu, daß die Hausgötter über den Eindringling zürnen und versöhnt werden müssen. Vgl. hierüber Samter, Familienfeste der Griechen und Römer; Antiker und moderner Volksbrauch, Beilage der Münch. Allg. Zeitung 1903, Nr. 116.

3) Samter, Hochzeitsbräuche a. a. O. S. 141 (nach Schell, Zeitschr.

des Vereins f. Volkskunde X [1900], S. 162).

4) Grube, Zur Pekinger Volkskunde S. 20. Vgl. auch Folklore I, 487.

An

gestellt worden, über das die Sänfte hinweggehoben werden muß zu dem Zwecke, böse Einflüsse zu verscheuchen.1) geblich soll durch das Schließen der Tür der Braut Muße gegeben werden, ihre Erregung zu bemeistern, die begleitenden Zeremonien zeigen aber deutlich, daß durch das Schließen der Tore die Geister ausgesperrt werden sollen.

In Rußland verschließt man bei der Hochzeit alle Türen, Fenster und sogar den Schornstein, um böse Geister am Hereinfliegen zu hindern.") Vielleicht ist es auch eine Andeutung der Aussperrung der Geister, wenn in Armenien die Neuvermählten ein zugemachtes Türschloß bei sich tragen.3)

Beim Tode fürchtet man die Rückkehr der Seele des Verstorbenen, die einen von den Hausbewohnern nachholen kann; daher muß die Türe verschlossen werden, sobald die Seele aus dem Hause getragen ist, - ein Brauch, der uns in Deutschland wie auch bei den Südslawen begegnet.1) Ebenso wird in der Oberpfalz, sowie die Leiche herausgetragen ist, das bisher offene Fenster geschlossen.5) Jedenfalls aus dem gleichen Grunde werden in Köln bei einem Todesfalle in allen Nachbarhäusern bis zur Beerdigung die Fensterladen „angeklappt", d. h. so geschlossen, daß nur in der Mitte ein freier Raum bleibt: man wollte so verhüten, daß die aus dem Sterbehaus durch das sofort nach dem Eintritt des Todes geöffnete Fenster") hinausfliegende Seele in ein Nachbarhaus hineinfliege'); ebenso ist wohl auch die neugriechische und korsische Sitte zu er

1) Grube a. a. O. S. 21.

2) Crawley, The mystic rose p. 8 (nach Ralston, songs of the Russian people 381).

3) Manuk Abeghian, Der armen. Volksglaube S. 91.

4) Samter, Hochzeitsbräuche a. a. O. S. 139. Außer den hier angeführten Nachweisen vgl. noch Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch I, 171. Drechsler, Sitte, Brauch und Volksglaube in Schlesien I, 302. Tetzner, die Drawehner im Hannöverschen Wendlande um das Jahr 1700, (Globus LXXXI, S. 271). v. Wlislocki, Tod und Totenfetische im Volksglauben der Siebenbürger Sachsen, Am Urquell IV, 19.

5) Schönwerth, Aus der Oberpfalz I, S. 251.

6) Samter a. a. O. S. 139.

7) Samter a. a. O.

klären, daß beim Vorüberziehen eines Leichenzuges Türen und Fenster geschlossen werden.1)

Aus Griechenland und Rom ist die Sitte, bei der Entbindung die Türen zu schließen oder gar die Ritzen zu verstopfen, nicht überliefert. Aber wir kennen wenigstens einen griechischen Brauch, der in denselben Vorstellungskreis gehört. Bei der Geburt wurde die Tür des Hauses mit Pech bestrichen, weil man diesem eine die Geister vertreibende Kraft zuschrieb.2) Derselbe Ritus wurde an dem Feste der Anthesterien geübt, um die Seelen, die dann auf der Oberwelt weilen, am Eintritt in das Haus zu hindern.3)

In Rom finden wir ebenfalls bei der Geburt Bräuche, die den Zweck haben, die unheilvollen Geister schon von der Schwelle des Hauses fernzuhalten, sehr interessante Riten, auf die wir etwas ausführlicher eingehen müssen. Aus einem bei Augustin erhaltenen Berichte Varros erfahren wir, daß nach der Geburt zum Schutze der Wöchnerin drei Männer in der Nacht im Kreise um die beiden Haustüren herumgingen, zuerst die Schwelle mit einem Beile, dann mit einer Mörserkeule schlugen und sie dann mit einem Besen abfegten, um so den Gott Silvanus zu hindern, in das Haus einzudringen und die Wöchnerin zu quälen. Von diesen drei Akten sind nach Varros Angabe die drei Götter Intercidona, Pilumnus und

1) Kuttner, Zeitschr. d. Vereins für Volkskunde XI (1901), 470. Wachsmuth, Das alte Griechenland im neuen S. 130.

2) Phot. s. ῥαμνος· φυτὸν ὃ ἐν τοῖς Χουσὶν ὡς ἀλεξιφάρμακον ἐμασῶντο ἕωθεν· καὶ πίττῃ ἐχρίοντο τὰ σώματα (Rohde, Psyche I 237, 3 richtig: δώματα)· ἀμίαντος γαρ αΰτη· διὸ καὶ ἐν ταῖς γενέσεσιν τῶν παιδίων χρίουσιν τὰς οἰκίας εἰς ἀπέλασιν τῶν δαιμόνων. Dab ein Bestreichen der Türen gemeint ist, ergibt sich aus Phot. s. μιαρὰ ἡμέρα· ἐν τοῖς Χουσὶν Ανθεστη ριῶνος μηνός, ἐν ᾧ δοκοῦσιν αἱ ψυχαὶ τῶν τελευτησάντων ἀνιέναι, ῥάμνον ἕωθεν ἐμασῶντο καὶ πίττῃ τὰς θύρας ἔχριον. Die in meinen Familienfesten S. 80 ff. und 113, 1 angeführten anderen auf die Tür bezüglichen Bräuche gehören nicht hierher, weil es sich bei ihnen nicht um ein Verjagen, sondern eine Versöhnung der Geister handelt. Eitrem, Hermes und die Toten S. 21f. bezeichnet mit Unrecht das Bestreichen der Türen mit Pech als eine Ehrengabe für die Geister.

3) Phot. a. a. O. Rohde, Psyche' I, 237. Jane Ellen Harrison, Prolegomena to the study of greek religion p. 32 ff.

Deverra genannt. Varro erklärte diese Riten damit, daß Axt, Mörserkeule und Besen Zeichen des Ackerbaues seien, da ohne Eisen keine Bäume gefällt, ohne Mörserkeule kein Mehl hergestellt, ohne Besen keine Feldfrüchte zusammengehäuft werden könnten. Durch diese Zeichen der Kultur aber werde der Waldgott vertrieben.1) Varros Erklärung ist auch von neueren Darstellern der römischen Religion angenommen worden), von Aust3) und von Preller.) Letzterer bemerkt aber doch, das Fegen der Schwelle erinnere an das Ausfegen im Totenhause und ähnliche Gebräuche3), geht aber nicht weiter auf diese Analogie ein. Sie aber kann uns in der Tat zum Verständnis des von Varro geschilderten Geburtsritus verhelfen.) Bei den Römern war der Erbe verpflichtet, das Sterbehaus mit einem

1) Varro bei Augustin de civ. Dei VI, 6 (antiquit. rer. div. l. XIV fr. 61 Agahd p. 177). Mulieres fetae post partum tres deos custodes commemorat adhiberi, ne Silvanus deus per noctem ingrediatur et vexet; eorumque custodum significandorum causa tres homines noctu circuire limina domus et primo limen securi ferire, postea pilo, tertio deverrere scopis, ut his datis culturae signis deus Silvanus prohibeatur intrare, quod neque arbores caeduntur ac putantur sine ferro neque far conficitur sine pilo neque fruges coacervantur sine scopis; ab his autem tribus rebus tres nuncupatos deos Intercidona a securis intercisione, Pilumnum a pilo, Deverram a scopis, quibus diis custodibus contra vim dei Silvani feta conservaretur.

2) Wissowa, Religion und Kultus der Römer S. 196, gibt keine Erklärung der Bedeutung dieser Gottheiten.

3) Aust in Pauly-Wissowas Realenzyklopädie V, 260: „Die drei hielten ihn (Silvanus) fern durch Vornahme von sinnbildlichen Handlungen, die von einer gewissen Kultur Zeugnis ablegen und die deshalb der wilde Waldgeist nicht vertragen kann.“

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4) Preller, Römische Mythologie I 376. Richtiger geurteilt hat Mannhardt, Antike Wald- und Feldkulte S. 124, der die hier ausführlich begründete Auffassung der drei Gottheiten schon kurz andeutet: „Das Durchhauen der Schwelle soll dem Silvan unmöglich machen, darüber hineinzukommen, das Ausfegen den etwa schon ins Haus gedrungenen bösen Zauber hinausschaffen."

5) Preller a. a. O. S. 377.

6) Die hier gegebenen Darlegungen über das Ausfegen wiederholen einen Teil meines 1905 in den Neuen Jahrbüchern veröffentlichten Aufsatzes,,Antike und moderne Totengebräuche", doch sind hier vielfache Ergänzungen hinzugefügt.

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