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und Schwally1) richtig dargelegt: durch Verkleidung sucht man die Dämonen zu täuschen, von denen beim ersten geschlechtlichen Verkehr Mann und Frau bedroht sind.) Diese Erklärung, die dann natürlich ebenso wie für die griechische Braut auch für die gleiche Sitte bei andern Völkern und für die im Beginn des Kapitels angeführten Entbindungsbräuche

Vgl. dazu A. Lang, Classical Review VII, 294f. In seinem Buche „The mystic rose" p. 372 erklärt Crawley die Sitte des Kleidertausches als eine gegenseitige „inoculation“ zu dem Zwecke, die geschlechtlichen Tabus ohne Gefahr brechen zu können, eine Ansicht, der Farnell (Archiv für Religionswiss. VII, 90) beistimmt, die aber schon dadurch widerlegt wird, daß das Anlegen männlicher Kleidung durch die Frau auch bei der Entbindung vorkommt, also nicht nur da, wo es sich um geschlechtlichen Verkehr handelt. Bei dem argivischen Feste Hybristika legen die Männer Frauentracht, die Frauen Männerkleidung an (Plut. mul. virt. p. 245 E). In Cypern opfern dem bärtigen Bilde der Aphrodite die Männer in Frauenkleidung, die Frauen in Männerkleidung (Macrob. III, 8, 3. Serv. Aen. II, 632). In Kos opfert dem Herakles ein Priester in Frauentracht (Plut. qu. Gr. 58). Vgl. die Zusammenstellung bei Farnell, Sociological hypotheses concerning the position of women in ancient religion, Archiv f. Religionswiss. VII, S. 75. Nilsson a. a. O. bringt auch diese Riten wohl mit Recht in Zusammenhang mit den erwähnten Hochzeitsbräuchen: „Sobald man dazu kam, den für Ehe und Hochzeit tätigen Göttern nicht nur bei der Eheschließung zu opfern, sondern ihnen auch jährliche Feste zu feiern nach dem Vorbilde der Feste der anderen Götter, wurden naturgemäß die Hochzeitsgebräuche auf diese Feste übertragen" (a. a. O. S. 372). Über den Herakles auf Kos als Ehegott vgl. Nilsson S. 452. Auch die Entstehung androgyner Kultbilder (vgl. die vorher erwähnte cyprische Venus barbata „veste muliebri, cum sceptro et natura virili" will Nilsson S. 373f. aus dem Kleidertausch im Kulte erklären. Sicher unzutreffend sind die Erklärungsversuche von Dümmler (Philologus LVI [1897] S. 22 ff.), der es für möglich hält, daß kosmogonisch-. theologische Spekulationen von der Doppelgeschlechtigkeit der Gottheiten auf den scheinbaren Geschlechtertausch bei den Ehegebräuchen eingewirkt haben. Auch was Dümmler S. 30f. zur Erklärung der zweigeschlechtigen Xoana vorbringt, ist wenig einleuchtend.

1) Schwally, Der heilige Krieg im alten Israel S. 76.

2) Zu vergleichen ist auch die indische Sitte, einem Knaben, der nach dem Tode mehrerer Söhne geboren ist, die Nase zu durchbohren und ihm einen Ring hindurchzuziehen, damit er für ein Mädchen gelte und so den bösen Geistern entgehe (Frazer, Classical Review VII [1893], p. 293).

gelten muß, ist um so wahrscheinlicher, als ja, wie wir sahen, bei der Entbindung noch mannigfach die Vorstellung lebendig ist, daß der Brauch der Abwehr von Geistern diene1), und sie wird ferner auch dadurch bestätigt, daß wir auch beim Tode ähnliche Täuschungsversuche finden. 2) Wie bei der Hochzeit der koische Bräutigam Weiberkleider anlegt, so trauern die Lykier in Weiberkleidern. 3) Die Mosquito-Indianer glauben, daß der böse Geist Wulasha sich vor dem Begräbnis des Leichnams zu bemächtigen suche. Daher schläfern sie ihn meist durch süße Musik ein, dann stürzen vier nackte Männer, die sich mit Farbe entstellt haben, so daß sie von Wulasha nicht erkannt und bestraft werden können, hervor und tragen den Leichnam zu Grabe. Am Jahrestage des Todes tragen sie Mäntel, die schwarz und weiß bemalt sind; ihre Gesichter sind rot und gelb angestrichen, damit der böse Geist getäuscht wird.4) Wenn in Sibirien die Schamanen nach einem Todesfalle scheinbar den Weg zur Unterwelt antreten, um die Seele des Verstorbenen hinzubringen, so beschmieren sie sich bisweilen das Gesicht mit Ruß, um dort von den Toten nicht erkannt zu werden.5)

1) Auch die weitverbreitete Sitte des Männerkindbettes (Couvade) ist als ein Versuch, die Dämonen zu täuschen, aufzufassen (Gruppe a. a. O., vgl. auch Crawley, The mystic rose p. 415 ff.). Nach dem von Tylor, Urgeschichte der Menschheit S. 370 ff. angeführten Material (vgl. auch Bastian, Zeitschrift für Völkerpsychologie V, 155 ff.) scheint es jedoch möglich, daß daneben auch die Vorstellung eines auch nach der Zeugung fortbestehenden Zusammenhangs zwischen Vater und Kind mitspielt. Vgl. auch Friedrichs, Das männliche Wochenbett, Ausland LXIII (1890), S. 801 ff. und H. Ling Roth, On the signification of Couvade, Journal of the Antropol. Inst. of Gr. Brit. and Ireland XXII (1893) p. 204 ff. Sicher unrichtig ist Bachofens Erklärung der Sitte als eine Art Adoption, durch die der Vater das ursprünglich nur der Mutter gehörige Kind sich zu eigen macht (Bachofen, Das Mutterrecht S. 17. 255).

2) Vgl. Frazer, Journal of the Anthropol. Institute of Gr. Britain and Ireland XV, 98f.

3) Val. Max. II, 6, 13. Lycii, cum his luctus incidit, muliebrem vestem induunt. Plut. consol. ad Apollonium c. 22. Tòv tõv Avníwv voμodétyv φασὶ προστάξαι τοῖς αὑτοῦ πολίταις, ἐὰν πενθῶσι, γυναικείαν ἀμφιεσαμένους ἐσθῆτα πενθεῖν.

4) Frazer a. a. O. S. 98.

5) Radloff, Aus Sibirien II, S. 58.

In Böhmen nahmen die Trauernden nach der Beerdigung Larven vors Gesicht, auf dem Heimwege lasen sie Holz, Steine, Laub, Gras und dergleichen auf und warfen dies, ohne sich umzusehen, zurück.1) Die Würfe gelten natürlich — das zeigt schon das Verbot des Umsehens, auf das ich später (Kap. XIII) noch näher eingehe den Geistern oder wahrscheinlich der Seele des Toten selbst, deren Rückkehr vom Grabe man fürchtet. Während man sie durch Würfe zu vertreiben sucht, will man sich gleichzeitig durch das Aufsetzen der Maske vor ihr unkenntlich machen und sie so von Angriffen abhalten.2)

Bei dem ebenerwähnten Indianerbrauch wird die Unkenntlichmachung ausdrücklich als Zweck der Gesichtsbemalung angegeben. Ebenso aufzufassen ist es dann jedenfalls auch, daß die Frauen eines Verstorbenen bei den Yaunde im Kamerungebiet und ebenso die australischen Witwen sich weiß bemalen, die Bewohner Neupommerns bei Todesfällen in der Verwandtschaft sich schwarz färben3) und bei den Masai die junge Mutter in den vier ersten Tagen nach der Entbindung, während deren weder Feuer noch Haushaltungsgegenstände aus der Hütte herausgetragen werden dürfen - daß die Wöchnerin so kurz nach der Geburt des Kindes für besonders durch Dämonen bedroht gilt, haben wir früher gesehen täglich ihre Stirn mit weißem Ton bestreichen muß1), ein Ritus, der auch für die beschnittenen Knaben und Mädchen also in einem gleichfalls als gefährlich geltenden Momente

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vorgeschrieben ist. 5) Eine Analogie dazu bietet vielleicht die griechische

1) Bastian, Der Mensch in der Geschichte II, 328.

2) Frazer a. a. O. S. 73.

3) Schurtz, Urgeschichte der Kultur S. 388. Vgl. auch die oben S. 86, 2 angeführte indische Sitte, sich nach der Verbrennung der Leiche Lehm aufs Haupt zu streuen.

4) Merker, Die Masai S. 52. 5) Merker a. a. O. S. 64. Bei den zum Masaivolke gehörenden Wandorobbo muß die Schwangere, wenn sie ein anderes Lager besucht, vorher die Stirn mit weißem Ton bestreichen (a. a. O. S. 233), ich möchte vermuten, weil die Leute des fremden Lagers die Geister nicht bei sich haben wollen, die der Schwangeren folgen würden, wenn sie sich nicht durch die Bemalung unkenntlich machen würde.

Mysteriensitte, die Einzuweihende mit Mehl, Kleie, Ton, Gips einzureiben oder zu bestreuen1), die ebenfalls als eine Unkenntlichmachung erklärt worden ist.")

1) Demosthenes περὶ στεφάνου 259 (in bezug auf Aeschines). ἀνὴρ δὲ γενόμενος τῇ μητρὶ τελούσῃ τὰς βίβλους ἀνεγίγνωσκες καὶ τἆλλα συνε σκευωροῦ, τὴν μὲν νύκτα νεβρίζων καὶ κρατηρίζων καὶ καθαίρων τοὺς τελουμένους κἀπομάττων τῷ πηλῷ καὶ τοῖς πιτύροις.

Harpokrat. zu dieser Stelle. ἤλειφον γὰρ τῷ πηλῷ καὶ τῷ πιτύρῳ τοὺς μυουμένους, ἐκμιμούμενοι τὰ μυθολογούμενα παρ ̓ ἐνίοις, ὡς ἄρα οἱ τιτῶνες τὸν Διόνυσον ἐλυμήναντο γύψῳ καταπλασάμενοι ἐπὶ τῷ μὴ γνώριμοι γενέσθαι. Vgl. Dieterich, Rhein. Museum XLVIII, S. 275 1.

2) Gruppe, Griech. Mythologie und Religionsgeschichte S. 903, 2. A. Lang (Mythes, cultes et relig., trad. par Marillies p. 263 ff.) und mit ihm Weinhold (Zur Geschichte des heidn. Ritus, Abh. der Berliner Akad. 1896, S. 18) sieht in dieser Bestreichung mit Lehm ein Symbol der Unreinheit oder Befleckung, die nach der rituellen Handlung entfernt ist.

Samter: Geburt, Hochzeit und Tod.

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VIII

Bei verschiedenen Völkern besteht die Sitte, daß man dem Bräutigam oder seinem Vertreter, wenn er vor das Hochzeitshaus kommt, um in feierlichem Zuge die Braut abzuholen, diese zunächst vorenthält und ihm ein zerlumptes häßliches altes Mütterchen oder mehrere solche nacheinander als Braut vorführt. Dieser Brauch begegnet uns bei den Südslawen1), bei den Wenden der Niederlausitz), bei den Sorben3), in Böhmen1), in Schlesien), in Hessen), in Südtirol und der Schweiz), in Schweden), im Küstenland zwischen Bordeaux und Bayonne (département Landes). 9) In Rumänien wird dem Brautwerber erst die Urgroßmutter des Mädchens, dann die Großmutter, hierauf irgendein altes zerlumptes Weib oder eine garstige Magd vorgeführt. 10) In der Bretagne wird dem Bräutigam zuerst ein kleines Mädchen, dann die Hausfrau, endlich die Großmutter vorgeführt11), ähnlich bringt man auf der Schwalm (in Hessen) bei der Verlobung erst ein Kind von 8-14 Jahren, dann ein altes Weib zum Bräutigam. 12) Im französischen Gebiete der Vogesen muß der Bräutigam am

1) Usener, Italische Mythen, Rhein. Museum XXX (1875), S. 183 ff. 2) Usener a. a. O. S. 186.

3) Tetzner, Die Slaven in Deutschland S. 317.

4) v. Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeitsbuch S. 179, 183, 191. John, Sitte, Brauch und Volksglaube im deutschen Westböhmen S. 128.

5) Drechsler, Sitte, Brauch und Volksglaube in Schlesien I, S. 245, 256. 6) v. Reinsberg-Düringsfeld a. a. O. S. 150f. Zeitschr. des Vereins für Volkskunde XIII (1903), S. 390. Hess. Blätter für Volkskunde V (1906), S. 161 f.

7) v. Reinsberg-Düringsfeld a. a. O. S. 113. v. Schröder, Hochzeitsbräuche der Esten S. 71.

8) v. Schröder a. a. O. S. 69 f.

9) Usener a. a. O. S. 187.

10) v. Reinsberg-Düringsfeld a. a. O. S. 53.

11) v. Reinsberg-Düringsfeld S. 246.

12) Heßler, Hessische Landes- und Volkskunde II, S. 282.

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