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VORBEMERKUNGEN

ZU DEN REDEN DES LEPIDUS UND PHILIPPUS.

Für das Jahr 676 (78) wurden in Rom zwei einander feindliche Männer zu Consuln gewählt; an erster Stelle M. Aemilius Lepidus, der Vater des Triumvir, und zwar nicht seines Charakters oder seiner Verdienste wegen er hatte sich als Praetor i. J. 673 (81) bei der Verwaltung von Sicilien durch Räubereien geschändet sondern hauptsächlich durch den Einfluss des erst siebenundzwanzigjährigen aber schon damals bedeutenden Cn. Pompejus, der damit der Volkspartei schmeicheln wollte; an der zweiten, von dem abgetretenen Dictator Sulla empfohlen, der eifrige Optimat Q. Lutatius Catulus. Als Pompejus die Wahlversammlung siegesfreudig verliess, sprach Sulla zu ihm: Sei wachsam; denn du hast deinen eignen Feind stark gemacht. Und er weissagte richtig. Denn während der noch kurzen Frist seines Lebens, im Laufe des genannten Jahres, begann schon der ehrgeizige Consul Lepidus, der in der Rolle des Marius auftreten wollte, um zu herrschen wie Sulla", seine Absichten ins Werk zu setzen. Oeffentlich vor versammeltem Volke hielt er die Rede, in welcher er unter bittern Schmähungen über Sulla und dessen Anhang die Römer zum Kampfe gegen die der Sache nach noch bestehende unrechtmässige Gewalt des Gegners auffordert und sich zum Führer im Befreiungswerke erbietet. Bald darauf starb Sulla, und Lepidus an der Spitze der Seinigen verweigerte ihm eine öffentliche Bestattung: aber er hatte sich dabei in der Hoffnung auf des Pompejus Beistand getäuscht; denn dieser lenkte zur rechten Zeit um, und das feierliche Leichenbegängniss fand mit dem grössten Glanze statt. Nunmehr trat Lepidus mit seinen auf Abschaffung der wesentlichsten Einrichtungen Sullas ge

richteten Gesetzesvorschlägen hervor: die Geächteten sollten ihre Rechte und Güter wieder erhalten, das einer Anzahl Städte entzogene Bürgerrecht ihnen von neuem zugesichert, die ehemaligen italischen Bundesgenossen in die fünfunddreissig Tribus aufgenommen und die volle Tribunengewalt hergestellt werden, die Richter sollten nicht mehr ausschliesslich Senatoren sein, und die Bestimmung, wonach ein Magistrat erst nach zehn Jahren wieder dasselbe Amt bekleiden dürfe, aufgehoben werden. Die Vorschläge fanden starken Widerspruch, und zwar nicht allein bei den eigentlichen Optimaten, deren Haupt der andere Consul Catulus war; es entstand eine gewaltige Gährung und der Senat wusste sich zur Erhaltung der Ruhe nicht anders als dadurch zu helfen, dass er die Consuln geloben liess nicht mit den Waffen gegen einander zu kämpfen und ihren gebot alsbald, noch vor dem Schluss ihres Consulatsjahres, ihre Provinzen zu übernehmen. Catulus hatte Italien, Lepidus das transalpinische Gallien durchs Loos erhalten. Dorthin aber ging er nicht, sondern begann alsbald in der Nähe, besonders in Etrurien, seine Privatrüstungen und sammelte dort mit dem ihm zur Verwaltung der Provinz angewiesenen Gelde ein Heer von Proscribirten und Unzufriedenen aller Art. Im Senat schwankten die Meinungen noch immer; viel Ansehen hatte L. Marcius Philippus, der 663 (91) Consul und fünf Jahre nachher Censor gewesen war; mit ihm riethen Catulus und Andere wiederholt aber umsonst zu schleunigem Einschreiten: man beschloss statt dessen den Lepidus zur Abhaltung der Comitien nach Rom zu rufen. Wenn er gehorchte, so musste er sich während seiner Anwesenheit in der Stadt aller nur auf dem imperium militare beruhenden Handlungen enthalten, und durch Widersetzlichkeit gegen diesen Beschluss erhielt er sich nur unrechtmässig in dem Besitz der militärischen Vollgewalt. Lepidus zog das Letztere vor; er kam dem Auftrage nicht nach, sondern rückte mit seinen Truppen nach der Stadt zu vor. Da endlich liess der Senat rüsten und ertheilte ausser dem Catulus auch dem Cn. Pompejus den Oberbefehl. Wahrscheinlich ist nun, dass damals noch kein offener Kampf stattfand, sondern dass man die Sache durch Unterhandlungen hinzog und vielleicht sogar dem Lepidus das Imperium für seine Provinz prorogirte. Wenigstens legte er beim Beginn des nächsten Jahres 677 (77) sein Consulat nicht nieder; es kam in Rom zum Interregnum. Nun trat der Proconsul an der Spitze eines stärkeren Heeres und diesem gegenüber in einer äusserlich mehr als früher berechtigten Stellung desto kühner mit seinen Forderungen auf und be

warb sich ausserdem auch für dieses neue Jahr um das Consulat. In einer der deshalb gehaltenen Senatssitzungen sprach Philippus aufs neue für strenge und kräftige Maassregeln, und da endlich wurde durch Genehmigung seines Schlussantrags (Or. Phil. 22) Lepidus für einen Feind des Vaterlandes erklärt und den damaligen Oberbefehlshabern mit dem Auftrag ihn zu verfolgen unbeschränkte Gewalt ertheilt. Es kam in der Nähe des Marsfeldes zur offenen Schlacht und der Feind wurde mit Leichtigkeit besiegt; Catulus besetzte Etrurien, Pompejus zog in das cisalpinische Gallien, wo er den M. Brutus (zu Or. Phil. 7) zur Uebergabe von Mutina zwang und dann, obgleich er ihm freien Abzug zugesichert hatte, in Regium Lepidi tödten liess. Gleiches Loos bereitete er nach der Einnahme von Alba (Pompeja) in Ligurien einem Sohne des Lepidus, dem Cornelius Scipio Aemilianus, und kehrte darauf nach Etrurien zurück. Von beiden Feldherrn zugleich wurde nun Lepidus bei der Küstenstadt Cosa angegriffen; gänzlich geschlagen entfloh er nach Sardinien. Dort starb er noch in demselben Jahre.

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Ueber Philippus als Redner sagt Cicero (Brut. 47, 173) duobus igitur summis, Crasso et Antonio, L. Philippus proxumus accedebat, sed longo intervallo tamen proxumus; · Philippo, quae, qui sine comparatione illorum spectaret, satis magna diceret: summa libertas in oratione, multae facetiae; satis creber in reperiendis, solutus in explicandis sententiis; erat etiam in primis, ut temporibus illis, Graecis doctrinis institutus, in altercando cum aliquo aculeo et maledicto facetus. (Derselbe handelt von ihm u. a. noch ebend. 50, 186; de orat. 2, 78; 3, 1.)

EX C. SALLUSTI CRISPI HISTORIARUM

LIBRO PRIMO

ORATIO M. AEMILI LEPIDI CONSULIS

AD POPULUM ROMANUM.

(Hist. fragm. I, 45 Kritz.)

Clementia et probitas vostra, Quirites, quibus per ceteras gentis maxumi et clari estis, plurumum timoris mihi faciunt advorsum tyrannidem L. Sullae; ne, quae ipsi nefanda aestumatis, ea parum credendo de aliis circumveniamini praesertim cum illi spes omnis in scelere atque perfidia sit neque se aliter tutum putet, quam si peior atque intestabilior metu vostro fuerit, quo captis libertatis curam miseria eximat aut, si provideritis,

2 in vitandis periculis magis quam ulciscundo teneamini. Satellites

1. advorsum: zu lug. 105, 4. ne, quae ipsi etc. Der Redner fürchtet zweierlei: entweder, in Bezug auf probitas, die Scheu der Braven Anderen Böses zuzutrauen und in deren Folge ihre Unvorsichtigkeit und zu geringe Besorgniss, oder im andern Falle, in Bezug auf clementia, ihre Unlust thätige Rache zu üben.

praesertim etc. Durch das in der Parenthese Gesagte wird das circumvenire für Sulla eine Nothwendigkeit und daher für das Volk das circumveniri um so wahrscheinlicher.

intestabilior: zu Iug. 67, 3. metu vostro: Ablativ der Vergleichung, wie spe u. dgl., = quam vos metuitis; mit Bezug anf das vorhergehende parum credendo de alis; vgl. die 2te Anm. zu diesem Paragr. Zum ganzen Gedanken vgl. § 6; Or. Lic. 13 omnis iniuria gravitate tutior est; lug. 31, 14.

quo: nicht als Ablativ mit captis zu verbinden, sondern als finale Conjunction zu nehmen; zu captis vgl. § 20; Iug. 85, 6; das Subj. des Satzes ist miseria.

in vitandis etc. Wegen der Praepos. in ist zu merken, dass teneri

EX C. SALLUSTI CRISPI HIST. L. I. OR. M. AEMILI LEPIDI.

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quidem eius, homines maxumi nominis, optumis maiorum exemplis, nequeo satis mirari, qui dominationis in vos servitium suum mercedem dant et utrumque per iniuriam malunt quam optumo iure liberi agere; praeclara Brutorum atque Aemiliorum et Luta- 3 tiorum proles, geniti ad ea, quae maiores virtute peperere, subvortunda. Nam quid a Pyrrho, Hannibale, Philippoque et Antio- 4 cho defensum est aliud quam libertas et suae cuique sedes, neu cui nisi legibus pareremus? Quae cuncta scaevus iste Romulus 5 quasi ab externis rapta tenet, non tot exercituum clade neque consulum et aliorum principum, quos fortuna belli consumpserat, satiatus, sed tum crudelior, cum plerosque secundae res in miserationem ex ira vortunt. Quin solus omnium post memo- 6 riam humani generis supplicia in post futuros composuit, quis prius iniuria quam vita certa esset; pravissumeque per sceleris ́immanitatem adhuc tutus fuit, dum vos metu gravioris serviti a repetunda libertate terremini. Agundum atque obviam eundum 7 est, Quirites, ne spolia vostra penes illos sint; non prolatandum

in al. re facienda heisst ,, in den Grenzen einer Handlung gehalten werden, sich halten lassen, bleiben" aber ten. al. re facienda (wie ira, studio, lubidine, satietate teneri, vgl. lug. 3, 4; 31, 20 von etwas ergriffen, erfüllt sein"),, mit einer Handlung beschäftigt sein“. Also ist, auch abgesehen von der Bedeutung der Verba vitare und ulcisci, durch jene Constr. ein mehr passives Verhalten des Volkes, durch diese ein thätiges angedeutet.

2. dominationis etc. die Herrschaft über euch erkaufen sie durch den Verlust ihrer Freiheit" d. i.

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cuique: der Dativ in Bezug auf defensum est.

neu: Im vorhergehenden anders geformten Object von defendere liegt dem Sinne nach auch ein Finalsatz.

5. scaevus: ozaós, bezeichnet das Linkische, Täppische des Verfahrens, welches Sulla angewendet hatte, um ein neuer Romulus, der Gründer einer neuen Staatsordnung zu werden, und wodurch er das gerade Gegentheil wurde.

quasi... rapta tenet,, diese Güter hat Sulla euch (spolia vostra §7) entrissen und besitzt sie, indem er sie als eine auswärtigen Feinden entwundene Kriegsbeute betrachtet"; dieselbe Anspielung wie § 17 (s. d. Anm.).

6. in post futuros: Zur Sache vgl. Cat. 37, 9 nebst der Anm. pravissumeque: et, quod pra

vissumum est.

dum: die Verbindung ähnlich wie Iug. 42, 4.

7. spolia vostra: bezeichnet die dem besiegten Volke entrissenen Güter, Rechte und Freiheiten; vgl. Or. Lic. 6.

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