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Achtes Kapitel.

§ 26.

Der Absolutismus des Ostens.

Die Umwandlung des Prinzipats in den Dominat bedeutet staatsrechtlich in dem Entwickelungsgang der Majestätsidee das Ende. 1 Vorbereitet durch die Reformen der Antonine und

Augustus werde allmählich aus der ,,majestas populi" die majestas domus Caesaris", wie es PETER S. 187 tut.

1 Von einer Staatsrechtswissenschaft als eigener Disziplin ist schon längst keine Rede mehr. Hatte sie selbst in den Zeiten der Blüte des Verfassungslebens eine in sich ruhende abgeschlossene Stätte nicht recht finden können, das Recht ist den Römern auch wissenschaftlich eine unteilbare Materie gewesen so schwindet die Pflege der theoretischen Lehre namentlich in den Kreisen der sachverständigen Priesterkollegien seit dem Prinzipat vollständig. REHM (Geschichte S. 153) hat die Gründe für diese Erscheinung treffend wiedergegeben, die insofern auffällig genannt zu werden verdient, als die theoretische Behandlung des Privat- und Prozeßrechtes gerade in den nachchristlichen Jahrhunderten ihren Höhepunkt erlangt hat. Nur ein Moment betont er nicht stark genug, das auch hier nicht unerwähnt bleiben soll, nämlich das Absterben der Idee des Staates. Nicht nur daß die praktische Gelegenheit schwand, staatsrechtlichen Grundfragen näher zu treten; es gab gar keine staatrechtlichen Grundfragen mehr, denen man hätte näher treten können. Sie konnten nur so lange theoretisch befruchtet werden, als das spezifisch römische Verfassungsprinzip im Geiste des Volkes noch lebendige Formen schuf, nicht mehr, als es die orientalische Despotie ertötet hatte. Der Untergang der römischen Staatsrechtswissenschaft ist gleichzeitig das Anzeichen für den Verlust des höchsten Gutes, das Rom besessen hatte, einer den gesamten Organismus gestaltenden Idee.

Damit aber stehen die drohenden Vorboten des Rechtsverfalls überhaupt vor den Toren Roms. Vortrefflich faßt LENEL (Geschichte u. Quellen usw. S. 78) die Wechselwirkung von Majestätsidee (in unserem Sinne) und Rechtsbildung in kurzen Worten zusammen, wenn er sagt: ,,Eine feste und absolute Staatsgewalt, als allgemeine Trägerin der Objektivität und Notwendigkeit des Rechts, ist dem römischen Recht daher wesentlich. Sie ruht aber an sich in den Subjekten selber und wird zur Zeit der Republik von ihnen selbst durch die eigentümliche feste Organisation der Bürgerschaft gebildet, welcher als solcher die Herrschaft über die unterworfenen Länder zusteht. Mit der weiten Ausdehnung des Reichsgebietes und des Bürgerrechts wird dieses Verhältnis unhaltbar, und da der Gedanke einer Volksvertretung nicht entsteht oder nicht verwertet wird, so wird die objektive Macht des Staates in ihrer Einheit von einem ergriffen und der Masse gegenüber er

Severe brach die Diocletianisch-Konstantinische Neuorganisation allen Ernstes mit der der Augusteischen Schöpfung zugrunde liegenden Idee. Rechtlich war die „majestas" stets erschienen als der Ausdruck eines verfassungsmäßigen Prinzips;1 das Symbol für die verfassungslose Despotie konnte sie nicht werden. Zwar finden wir auch jetzt noch die dem Kaiser als dem einzigen Quell aller Staatsgewalt eignende,,majestas" erwähnt; aber sie entbehrt des inneren Gehalts, ist ohne Kraft und Mark. Sie sinkt herab zu einer bloßen Titulatur, zur Bezeichnung einer schalen Ehrenbezeugung. Lediglich auf dem Gebiete des Strafrechts hat die „majestas" ihre Bedeutung; in dieser strafrechtlichen Form ist denn auch der Majestätsgedanke unmittelbar in die Gesetzgebungen des Mittelalters und der Neuzeit übergegangen.

halten. Der Kaiser ist der verkörperte objektive Volkswille. Er ist tatsächlich Alleinherrscher, als der Senat neben ihm mehr und mehr zurücktritt, aber nicht wie die Despoten des Orients, sondern rechtlich nur als Träger der absoluten «potestas» und «majestas populi», der als solcher für die Erhaltung des Rechts aller zu sorgen hat. Erst die spätere Zeit (seit Diocletian) macht den Kaiser auch rechtlich zum Monarchen im halbasiatischen Sinne, dem als einer Gottheit «extero ritu» und «regio more>> gehuldigt wird; sie schiebt dadurch der Kaisergewalt ein neues Prinzip unter, das der göttlichen Einsetzung zur Durchführung der Rechtsordnung. Damit ist aber das eigentliche antikrömische Leben aufgehoben, das alte Prinzip der Freiheit und Gleichheit im Reiche verschwindet auch im Rechte, die despotischen, kastenartigen Scheidungen des byzantinischen Staates treten ein, das Ganze geht seinem Untergange entgegen".

1 Wenn man will, des gesunden, monarchischen Prinzips, das aus dem Sakralrecht floß und auf die Dauer aus dem römischen Verfassungsleben nicht verdrängt werden konnte. Der Gedanke der verfassungslosen Theokratie hat selbst im römischen Königtum einen Platz nicht finden können.,,Nie sind den Italienern," sagt MoмMSEN (Gesch. I S. 64),,,die Begriffe Gott und König in ägyptischer und orientalischer Weise ineinander verschwommen. Nicht der Gott des Volkes ist König, sondern viel eher der Eigentümer des Staates. Darum weiß man auch nichts von besonderer göttlicher Begnadigung eines Geschlechts oder von irgend einem geheimnisvollen Zauber, danach der König von anderem Stoff wäre, als andere Menschen.“ Mit diesen Anschauungen hat die cäsarische Despotie der letzten Jahrhunderte nur zu gründlich gebrochen, wie denn das wahre Römertum schon längst zu Grabe getragen ist.

Zweiter Teil.

Die majestas im Strafrecht.

§ 27. Einführung.

Die strafrechtliche Seite der Majestätsidee soll den Gegenstand des zweiten Teiles dieser Abhandlung bilden. Wenn wir sie besonders herausgehoben haben aus der Fülle der Erscheinungsformen, die der Majestätsbegriff zu den verschiedenen Zeiten der römischen Geschichte angenommen hat, so waren vornehmlich zwei Gründe hierfür maßgebend: Einmal der Umstand, daß man bisher. soweit man sich mit der,,majestas" des römischen Rechts überhaupt beschäftigt hat, in ihr lediglich einen strafrechtlichen Begriff gesehen hat und wir diese Auffassung nicht gänzlich ignorieren zu dürfen geglaubt haben; sodann aber die Erkenntnis, daß der eigentliche reale Niederschlag der großzügigen Majestätsidee auch schon im römischen Rechte ganz besonders in strafrechtlichen Normen festgehalten ist und der Majestätsgedanke in der mittelalterlichen und modernen Gesetzgebung ausnahmslos in kriminellem Gewande erscheint. Es gilt ja auch für uns hier jene große Wahrheit, die JHERING (Schuldmoment S. 2) mit Bezug auf das Strafrecht überhaupt in die geistreichen Worte zusammengefaßt hat:

Das Strafrecht ist der Knotenpunkt, wo die feinsten und zartesten Nerven und Adern zusammenlaufen, wo jeder

Eindruck, jede Empfindung sich fühlbar macht und äußerlich sichtbar wird, das Antlitz des Rechts, auf dem die ganze Individualität des Volkes, sein Denken und Fühlen, sein Gemüt und seine Leidenschaft, seine Gesittung und seine Roheit sich kundgibt, kurz, auf dem seine Seele sich widerspiegelt.

wie

Es ist hier aber der Ort, zu betonen, daß es durchaus irrig ist, den Majestätsgedanken, soweit römisches Recht in Frage steht, ausschließlich ins Gebiet des Kriminalrechts zu verweisen, dies bisher durchweg geschehen ist, und die nachfolgenden Erörterungen sind deshalb immer nur gedacht als Ergänzung und Erweiterung des bereits Gesagten. Wir schildern nicht das ,,crimen laesae majestatis", sondern die Bedeutung der Majestätsidee überhaupt.2

Von diesem Gesichtspunkte aus werden wir uns als die eiste Frage die nach dem Ursprunge des Majestätsverbrechens

1 Bei der Durchführung unseres Themas tritt ja schließlich auch nur jene allgemeine Erscheinung in den Vordergrund, die für das gesamte römische Straf- und Staatsrecht gilt, daß beide Gebiete in einem unlöslichen Verhältnis miteinander stehen, weshalb eine zusammenhangslose Betrachtung beider ein wirklich gründliches Verstehen ernsthaft in Frage stellt. Das römische Strafrecht wird ohne lebendige Korrespondenz mit dem fundamentalen Staatsrecht unverständlich bleiben. Dem hat MOMMSEN in richtiger Erkenntnis bei der Abfassung seines Strafrechts Rechnung getragen. Er sagt daselbst Vorwort S. VII „Ich hätte nicht gewagt, diese Aufgabe zu unternehmen, wenn ich mich nicht dahei auf mein römisches Staatsrecht hätte stützen können, und ich darf diese Arbeit, obwohl sie in der Methode abweicht und nicht mit Diocletian abschließt, sondern mit Justinian, als ergänzende Fortsetzung jenes Werkes bezeichnen."

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2 Es kann sich daher im folgenden nicht darum handeln, eine erschöpfende Darstellung von den Anwendungsfällen, der genauen historischen Entwickelung, den zahllosen Streitfragen und Zweifelspunkten zu geben. Berücksichtigung kann nur finden, was für die Begriffsvorstellung der Römer von entscheidender Bedeutung geworden ist. Der Gang der Untersuchung ist ein historischer, da das ,,crimen majestatis" seinem Wesen nach nur richtig erfaßt werden kann bei der steten Vergegenwärtigung der jeweiligen Struktur der Staatsform. Gerade die einschlägigen strafrechtlichen Bestimmungen sind in ihrer Entstehung und Veränderung bedingt durch die sich logisch entwickelnden Formen des römischen Staatswesens.

POLLACK, Majestätsgedanke.

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zu stellen haben; es wird einleuchten, daß ihre Beantwortung für die reale Äußerung der Idee von grundlegender Bedeutung sein muß.

Neuntes Kapitel.

§ 28.
Die perduellio.

Daß der Ausgangspunkt der Geschichte der Strafe zusammenfällt mit dem Ursprunge der Geschichte der Menschheit überhaupt, ist eine nunmehr unleugbar bewiesene Tatsache. Mit Recht sagt man, daß wir „nicht fehlen, wenn wir gerade das Strafrecht als die erste und ursprüngliche Schicht in der Entwickelungsgeschichte des Rechts auffassen, das Unrecht als den Hebel des Rechts wie der Sittlichkeit betrachten". Auch das römische Strafrecht liefert unwiderleglich den Nachweis für die Richtigkeit dieser Behauptung.

1

Man führt, und zwar nicht mit Unrecht, die „perduellio" und das „parricidium" als diejenigen beiden Verbrechensbegriffe an, die so alt sind wie das Gemeinwesen überhaupt und allgemein der Ausdruck für die älteste Formulierung staatlichen Strafrechts. Um nun den Kern sogleich herauszuschälen, behaupten wir, daß die „perduellio" die erste weltlich-bürgerliche Fixierung der sakralen Majestätsidee ist. 2 Bereits oben ist eingehend dargetan worden, wie die Idee der ,,majestas deorum" die sakralen Vorstellungen der Römer durchzieht und nicht zum geringsten der,,Hebel" jeder staatlichen Satzung überhaupt geworden ist. Wir knüpfen, ohne die gefundenen Resultate hier zu rekapitulieren, an das dort Gesagte an. Man wird sich erinnern, daß der Begriff des „imperium" in der Form der hausherrlichen ,potestas" bis in die ältesten Zeiten der römischen Urperiode hinauf zu verfolgen ist, daß er einer der wenigen, vielleicht der

1 LISZT, Strafrecht S. 4; ebenso System. Rechtswissenschaft S. 195. Siehe ferner MOMMSEN, Strafrecht S. 4ff.; LEist S. 286 ff.; Bernhöft § 7 usw. 2 Daß auch das ,,parricidium" sakraler Wurzel ist, und daß es mit der „majestas patris“ in engem Konnex steht, ist bekannt; es ist aber in den folgenden Erörterungen, die lediglich das Verhältnis von „,perduellio“ und ,,crimen majestatis" berühren, auszuscheiden.

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