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verrückbar und fest die Bausteine für dieses großartigste Weltengebäude fügte:,,Trotz der wandelnden Formen steht es fest, so lange es eine römische Gemeinde gibt, daß der Beamte unbedingt befiehlt, daß der Rat der Alten die höchste Autorität im Staate ist und daß jede Ausnahmebestimmung der Sanktionierung des Souveräns bedarf, d. h. der Volksgemeinde!“1

Das typische Merkmal der römischen Staatsformen, die bis zur Vollendung gesteigerte Einheit der inneren Gestaltung ist uns der Majestätsgedanke. Ihm begegnen wir im Sakralrecht und im Völkerrecht, im Staats- und im Strafrecht gleichermaßen.

Die Äußerungsformen dieser gewaltigen Idee, ihre Gewandung und ihren kernigen Inhalt darzulegen, das soll den Gegenstand dieser Abhandlung bilden.2

1 MOMMSEN, Röm. Gesch. I S. 81.

2 Hinsichtlich der Anlage sei folgendes bemerkt: Die Zurückführung des gesamten römischen Verfassungslebens auf eine einheitliche fundamentale Idee ist ein zur Aufgabe gestellter Stoff, der einer scharf umrissenen Abgrenzung ermangelt. Die Tendenz der Arbeit ist, eher weiter zu gehen, als durch Beschränkung des zu behandelnden Gebietes den freien Blick zu beeinträchtigen. Handelt es sich doch nicht um die Führung eines mathematischen Beweises, sondern vielmehr um die systematische Induktion eines staatsrechtlichen Axioms. Deshalb sind die sakralrechtlichen und namentlich die völkerrechtlichen Erörterungen, ohne natürlich erschöpfend zu sein, mit größerer Ausführlichkeit gepflegt worden. Sie sowohl, wie die sakralrechtlichen Darlegungen sind jedoch nur Teile eines Ganzen, des,,Staatsrechts" im weitesten Sinne, wie ja eine Trennung, die hier aus Gründen der Einteilung geboten erschien, dem römischen Recht Gewalt antut; es ist ein durchaus einheitliches Recht und will als solches behandelt sein. Daher rechtfertigt sich denn die Verwendung des Wortes ,,Staatsrecht" im Thema der Arbeit.

Die Quellenbelege waren nicht als toter Ballast und Beweismaterial gedacht, sondern als lebendige Unterstützung und als bestes Mittel zum Verständnis des Textes. Sie sind deshalb meist ausführlicher niedergelegt worden, als es der Umfang dieser Schrift eigentlich gestattet. Bisweilen allerdings wird der Leser nicht umhin können, die zitierte Stelle im Zusammenhange, im Originale nachzuprüfen. Dort endlich, wo die römischen Rechtsverhältnisse nur mittelbar zur Erhärtung unserer Behauptungen herangezogen sind, haben wir von ausgiebigem Quellennachweis (so namentlich im völkerrechtlichen Teil) Abstand nehmen zu dürfen geglaubt.

Erster Teil.

Die majestas im Staatsrecht.

Erstes Kapitel.

§ 2.

Das Wort majestas.

„Es ist eine hoffnungslose Aufgabe," sagt MOMMSEN,1„,bei einem Worte wie «sacrosanctus», das recht dazu geschaffen ist, sich da einzustellen, wo Begriffe fehlen, unklarem Gerede ein Ziel zu setzen." Das gilt mit nicht geringerem Recht von dem Worte,,majestas". Es ist niemals ernstlich versucht worden, weder in den Zeiten der Republik, noch später, zur Zeit der Blüte des Cäsarentums, die Vokabel „majestas", deren Ehrfurcht gebietender Klang nur zu leicht über die wahre innere Bedeutung hinwegzutäuschen vermochte, in die festbegrenzten Formen juristischer Formulierung umzugießen.

3

Die Untersuchung hat ihren Ausgang zu nehmen von der Etymologie der Vokabel,,majestas". Wir verstehen unter „,majestas" den Zustand des „,majorem esse" 2 und die durch diesen Zustand geschaffene Überlegenheit vor anderen, wie „potestas" den Zustand des „,potiorem esse" zum Ausdruck bringt. MOMMSEN 5 betont ausdrücklich, „majestas“ bezeichne die Höherstellung, die von dem Geringeren Rücksicht heischende Überordnung; nicht etwa die höhere Macht, vielmehr das größere Ansehen. Freilich

1 Staatsrecht II, 1 S. 290 Anm. 2.

4

2 Schon SCHMALZ sagt II, c. 3 S. 39: Denn so wie bei sichtbaren Dingen die Substantiven das Urwort zu sein pflegen, von dem etwa Adjektiven abstammen, so ist bei nicht sinnlichen Gegenständen gemeinhin das Adjektiv Urwort und das Substantiv abgestammt.

3 Wörtlich: Der Zustand des Größer seins; ,,majestas a magnitudine dicta" PAUL. Diac. MÜLLER S. 136, s. REIN S. 504; desgl. Festus v. majestas. 4 MOMMSEN, Strafr. S. 538 Anm. 2; KNITSCHKY S. 35; WEISKE S. 33 ff. a. a. O.

5

• Das ist rein etymologisch zutreffend; aber schon KNITSCHKY

a. a. O.

hat, wie gezeigt werden wird, recht, wenn er die ,,majestas", übertragen

aus den Elementen des Wortes ist dies nicht zu folgern. Es ist von vornherein darauf hinzuweisen, daß man eine Vorstellung von dem Wesen des Majestätsbegriffs, wenn es einen solchen überhaupt gibt, nur aus den bestimmten Wendungen erhalten kann, in denen ,,majestas" gebraucht wird, aus den Verbindungen, die der bloßen Vokabel in ihrer Nacktheit ist,,majestas" nichts anderes erst das charakteristische Gepräge verleihen. Schon daraus ist ersichtlich, daß wir uns unter ,,majestas" nicht etwas Starres, Unveränderliches zu denken haben;1 die Mannigfaltigkeit der Verbindungen bedingt im Vorstellungskreise der Römer auch eine Verschiedenheit des Begriffes selbst.

Solche Verbindungen2 nun sind:

1. „majestas deorum" (,,templi“).

2.,,majestas populi Romani" (Romani nominis).

4

auf den Staat, mit der Machtstellung identifiziert, welche die Staatsgewalt nach innen wie nach außen tatsächlich besitzt.

1 WEISKE S. 35.

2 Es können an dieser Stelle aus der übergroßen Zahl nur die wichtigsten zusammengestellt werden. Vgl. zu dem Ganzen: DIRKSEN, Manuale, S. 560/1.

...

3 LIVIUS I, 53, 3: Concepit animo eam amplitudinem Jovis templi, quae digna . . . ipsius etiam loci majestate esset; XXII, 3, 4: Consul ferox ab consulatu priori et non modo legum aut patrum majestatis, sed ne deorum quidem satis metuens. CICERO, de div., I, 38, 82: Si sunt di neque ante declarant hominibus, quae futura sint aut non censent esse suae majestatis praesignificare hominibus, quae sunt futura .; neque hoc alienum ducunt majestate sua (nihil est enim beneficentia praestantius) etc.; de nat. deor. II, 30, 77: At et ignorantia rerum aliena naturae deorum est, et sustinendi muneris propter imbecillitatem difficultas minime cadit in majestatem deorum. QUINCTILIAN III, 7, 7 (Inst. orat.): Verum in deis generaliter primum majestatem ipsius eorum naturae venerabimur, deinde . MACROB. Sat. I, 12, 18: Sed Piso uxorem Vulcani Majestam

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non Majam dicit vocari. OVID, Met. II, 847:

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Ferner: 1. 32 § 4 Dig. IV, 8; 1. 1 pr. Cod. I, 1.

4 CICERO, orat. part. XXX, 105: Majestas est in imperii atque in nominis populi Romani dignitate, .; de or. II, 39, 164: Si majestas est

3. Die besonders staatsrechtlich zu beachtende Wendung: ,,majestatem populi Romani comiter conservanto".1

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amplitudo ac dignitas civitatis, . . .; Philipp. I, 9, 21: qui majestatem populi Romani minuerit ...! Philipp. III, 5, 13: Tantus autem est consensus municipiorum coloniarumque provinciae Galliae, ut omnes ad auctoritatem huius ordinis majestatemque populi Romani defendendam conspirasse videantur. (Man achte hier auf die strenge Gegenüberstellung von ,,majestas populi" und ,,auctoritas senatus". Ähnlich auch CICERO, de leg. III, 12, 27, wo,,potestas" = ,,majestas" gesetzt und der „,auctoritas“ gegenüber gestellt wird. Identifiziert werden die Begriffe bei LIVIUS IV, 2, 4: Reminiscerentur quam majestatem senatus ipsi a patribus accepissent .; XXII, 3, 4 s. o. S. 4 Anm. 3. FLOR. I, 5: Hic et senatus majestatem numero ampliavit. PLINIUS, ep. VIII, 6, 4: Erat enim contra majestatem senatus, si ferreis praetorius uteretur. VOP.: Prob. XI, 3: Atque utinam id etiam Florianus exspectare voluisset, nec velut hereditarium sibi vendicasset imperium, vel illum, vel alium quempiam majestas vestra fecisset.) Ferner CICERO, de inv. II, 17, 53: Majestatem minuere est de dignitate aut amplitudine aut potestate populi aut eorum, quibus populus potestatem dedit, aliquid derogare; Pro Rab. perd. VII, 20: Fit senatus consultum, ut operam darent, ut imperium populi Romani majestasque conservaretur; Ad Her. II, 12, 17: Cum definitione utemur, primum adferemus brevem vocabuli definitionem, hoc modo:,,Majestatem is minuit, qui ea tollit, ex quibus rebus civitatis amplitudo constat... magistratus, suffragia . . ., qui amplitudinem civitatis detrimento afficit. QUINCTILIAN VII, 3, 35: Majestas est in imperio atque in omni populi Romani dignitate. - CAESAR, bell. Gallic. VII, 17: Nulla tamen vox est ab iis audita populi Romani majestate indigna; bell. Alex. c. 34. LIVIUS XXVI, 31, 1:,,Non a deo inquit majestatis populi Romani imperiique huius oblitus sum, ut .; II, 7, 7: . . . confessionemque factam populi, quam consulis majestatem vimque majorem esse; II, 48, 8: Auctores sumus tutam ibi majestatem Romani nominis fore. Ferner siehe 1. 7 § 1 Dig. XLIX, 15; l. 1 § 1 Dig. XXXXVIII, 4; 1. 3 eod.; 1. 8 eod.; 1. 11 eod.

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...

1 LIVIUS XXXVIII, 11, 1: „conditiones pacis fuerunt autem hae": „Imperium majestatemque populi Romani gens Aetolorum conservato sive dolo malo!" CICERO, Pro Balbo XVI, 35: Adjunctum illud etiam est, quod non est in omnibus foederibus:,,majestatem populi Romani comiter conservanto". Id habet hanc vim, ut sint illi in foedere inferiores... cum alterius populi majestas conservari jubetur, de altero siletur, certe ille populus in superiore conditione causaque ponitur, cuius majestas foederis sanctione defenditur. Pro Rab. perd. VII, 20: s. o. S. 4 Anm. 4. – 1. 7, § 1 Dig. XLIX, 15: Liber autem populus est is, qui nullius alterius populi potestati est subjectus; sive is foederatus est item, sive aequo foedere in amicitiam venit, sive foedere comprehensum est, ut is populus alterius

4.,,majestas patris" (s. paterna).1

5. „majestas magistratus, imperii, consulis, praetoris, tribunicia" etc. 2

6.,,majestas principis" (Caesaris).3

populi majestatem comiter conservaret. hoc enim adjicitur, ut intellegatur alterum populum superiorem esse, non ut intellegatur alterum non esse liberum: et quemadmodum clientes nostros intellegimus liberos esse, etiamsi neque auctoritate neque dignitate neque viri boni nobis praesunt, sic eos, qui majestatem nostram comiter conservare debent, liberos esse intellegendum est u. a. m.

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...

quan

1 VELL. PAT. I, 10, 3: Ex iis duos natu majores, unum P. Scipioni P. Africani filio nihil ex paterna majestate praeter speciem nominis vigoremque eloquentiae retinenti etc. LIVIUS IV, 45, 8:,,Quando nec ordinis huius ulla“, inquit, „nec rei publicae est verecundia, patria majestas altercationem istam dirimet: filius meus extra sortem urbi praeerit . . .!"; VIII, 7, 8 und 15: oblitus itaque imperii consulumque edicti . doque . . . tu . . . neque imperium consulare neque majestatem patriam veritus adversus edictum nostrum extra ordinem in hostem pugnasti . . .“. Man achte hier auf die teilweise Identifizierung (§ 8) und Gegenüberstellung (§ 15) von,,imperium" und ,,majestas". QUINCT., declam. 376: Interim noli mihi patriam majestatein opponere. VAL. MAX. VII, 7, 5: movit profecto Pisonem patria majestas, donum vitae, beneficium educationis etc. 2 LIVIUS II, 57, 3: Ab Appio petitur, ut tantum consularem majestatem esse vellet, quanta esse in concordi civitate posset; IV, 14, 2: . . . quod bellum repens aut dictatoriam majestatem quaesisset...; II, 55, 9: huic tantae tempestati cum se consules obtulissent, facile experti sunt, parum tutam majestatem, sine viribus esse; II, 7, 7, s. o. S. 5 Anm. 4 zu S. 4. CICERO in Pis. XI, 24: Magnum nomen est, magna species, magna dignitas, magna majestas consulis; Phil. XIII, 9, 20: neque consulis designati majestas a parricidio deterreret . . Siehe ferner: In Anton. XIII, 9; in Verrem II, 1, 33; ad fam. XV, 5 u. XII, 15, 2 (s. u.). Quin etiam speciem libertatis quantam induxit, magistratibus et majestate pristina et potestate.

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...

quid adversus summi imperii majestatem ausi 1. 9, Dig. II, 1; Asconius in Corn. etc. etc.

SUETON, Tib. 30: conservatis senatui ac LIVIUS XXVIII, 27, 12:

sitis. 1. 11, Dig. I, 1;

3 SUETON, August. 25: ... ambitiosius id existimans, quam aut ratio militaris, aut temporum quies, aut sua domusque suae majestas postularet; Vesp. 7: Auctoritas et quasi majestas quaedam ut scilicet inopinato et adhuc novo principi deerat; haec quoque accessit etc.; Domit. 12: Satis erat, objici qualecunque factum dictumve adversus majestatem principis. HORAZ, Epist. II, 1 v. 258:

... sed neque parvum

Carmen majestas recipit tua,

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