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Ursache für die Entstehung jener religiös-ethischen Überzeugung, auf deren Basis sich die italischen Gemeinden zu gemeinsamem Verkehr und zur Verwirklichung gleicher Lebensinteressen gefunden haben. Die wichtigsten Momente des kriegsrechtlichen Verfahrens1 seien kurz berührt.

Ausführungen mögen hier genügen; sie werden im Zusammenhange mit dem oben S. 39 Anm. 2 Gesagten das Vorhandensein einer religiös-ethischen Überzeugung erweisen, die die italischen Gemeinwesen zu einer Kulturgemeinschaft vereinte, nicht anders wie das Christentum die zivilisierten europäischen Staaten. Wie hätten auch sonst allgemein anerkannte Grundsätze über Unverletzlichkeit der Gesandten, Unverbrüchlichkeit der Verträge, über das im Kriege zu beobachtende Verfahren u. dgl. m. entstehen können; ohne das Bewußtsein der Übereinstimmung bestimmter Ideenkreise, und ohne die durch die Identität der Kulte und Gemeinwesen als reiner Sakralgenossenschaften bedingte Vorstellung von einem inneren Zusammenhange der civitates untereinander wäre es niemals möglich gewesen, präzis diejenigen Rechtsformen für die hier in Betracht kommenden Gebilde zu schaffen, wie wir sie bei den italischen Volksstämmen schon so frühzeitig finden. Deshalb kann man nicht einfach die Existenz völkerrechtlicher Erscheinungen des klassischen Altertums hinwegleugnen mit der Begründung, ein Völkerrecht könne sich nicht entwickeln, so lange der Staatsfremde als Feind, als Ungläubiger oder als Barbar gilt (s. v. LISZT, Völkerr. S. 15). Das ist eine einseitige Betrachtung; man darf sich nicht auf den Standpunkt des heutigen, modernen europäischen Völkerrechts stellen; für dieses allerdings bietet das Völkerrecht des Altertums, wie RIVIER (S. 17) mit Recht bemerkt, vorwiegend (nicht ausschließlich!) ein geschichtliches und rechtsvergleichendes Interesse. Wenn er (S. 18) sagt, daß dem so achtbaren römischen Völkerrechte noch das Bewußtsein einer natürlichen außervertragsmäßigen Gemeinschaft unter den Völkern fehle, welches nur vom Christentum eingegeben werden konnte, so ist das nicht richtig. Dieses Bewußtsein war, natürlich in ganz modifizierter Weise, sehr wohl vorhanden, und das von Pompon in 1. 5 § 2 Dig. XLIX, 15 wiedergegebene Prinzip, entsprungen rein praktisch politischen Bedürfnissen, widerstreitet dem nicht. — Im übrigen vgl. den Text.

1 Daß der Krieg kein Willkürakt, sondern rechtlichen Normen unterworfen ist, die gleichwertig wie die jura pacis zu beobachten sind, ist den Römern ein schon ganz natürlicher Gedanke. Von den zahllosen Quellenstellen, die den sine justa causa und formlos begonnenen Krieg als rechtswidriges Tun betrachten, seien außer den noch im folgenden zu berücksichtigenden Belegen angeführt: LIVIUS III, 25, 3: is... justo ac pio bello persequabatur; III, 25, 6: legati . . . venerunt questum injurias et ex eo foedere res repetitum; III, 25, 8: haec ,,sacrata quercus et quidquid eorum est, audiant foedus a vobis ruptum nostrisque et nunc querellis ad

Zunächst war es ein schon bedeutender Fortschritt, daß man in genauer Formulierung bindende Normen über den Kriegsanlaß und die Kriegsindiktion aufstellte und allseitig anerkannte. Gewiß war, wie in den Zeiten der durch den rohen Instinkt bedingten zügellosen Eroberungs- und Plünderungssucht der wilden Horden, das unmittelbare Ziel des Krieges auch jetzt noch der Erwerb; aber man stand doch bereits auf dem sittlich hohen Punkte, daß er ein gerechtfertigter sein mußte. Dies war er aber nur dann, wenn der Krieg selbst mit göttlichem Willen begonnen und unter göttlicher Zustimmung geführt wurde; der so

1

sint et mox armis, cum deorum hominumque simul violata jura exequemur"; V, 27, 6: sunt et belli sicut pacis jura, justeque ea non minus quam fortiter didicimus gerere; XXX, 16, 9: tamen cum victoriam prope in manibus habeat, pacem non abnuere, ut omnes gentes sciant populum Romanum et suscipere juste bella et finire; XLV, 22, 5: certe quidem vos estis Romani, qui ideo felicia bella vestra esse, quia justa sunt, prae vobis fertis; nec tam exitu eorum, quod vindicatis, quam principiis, quod non sine causa suscipiatis, gloriamini. Der nicht gehörig angesagte Krieg war „latrocinium“. LIVIUS XXXVIII, 45, 4ff. (namentlich 7): Cum ibi nullam belli causam inveniret. . . circumegisse exercitum ad Gallograecos . . . Quid eorum, Cn. Manli, factum est, ut istud publicum populi Romani bellum et non tuum privatum latrocinium ducamus?

1 Die Theorie vom Kriegerwerbe folgte aus dem sakralen Kriegsgange als einem rechtlichen Verfahren. Sie ist ein weiterer Beweis für die Auffassung, daß der Krieg Rechtsverhältnisse schaffe. Die Rechtsgültigkeit des Erwerbes sieht man ursprünglich im ,,capere propitiis diis", weshalb man auf das „justum piumque esse" des Krieges so großen Wert legt (s. die oben S. 41 Anm. 2 zitierte Stelle des GAIUS). Gewährt der Gott den Sieg, so verleiht er damit das imperium über den Besiegten, das Eigentumsrecht an dem eroberten Lande und die Befugnis zum Verkaufe der erbeuteten Sachen. So schafft der gerechte Krieg einen Besitzstand optimo jure, der auch einen privatrechtlichen Titel in sich birgt. Dies gilt noch in den spätesten Zeiten; der Glaube an anthropomorphe Götter konnte schwinden, aber die Vorstellung, daß das im „bellum justum" Erworbene rechtsgültig Eigentum verschaffe, mußte auch unter der Herrschaft des weltlich-bürgerlichen Rechtes lebendig bleiben. Nur war jetzt die Motivierung zu modifizieren; man fand sie noch in den Zeiten der klassischen Jurisprudenz gegeben in der Lehre von der in der Kriegsinstitution zum Ausdruck gelangenden naturalis ratio. Näheres gehört nicht hierher. Siehe zu dem Ganzen LEIST § 59, S. 451 ff.

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errungene Sieg galt als Gabe der Götter. 1 Ihr Schutz nun ist dem versagt, der eigenmächtig den status quo verletzt, und indem die Gottheit zur rächenden Führerin der verletzten Gemeinde wird, kämpft diese den gerechten Kampf, das ,,justum piumque bellum" gegen den Friedensbrecher: Friedensbruch das ist die generelle Idee ist die justa causa belli;2 das Verbot des „ov v àdixov" eine Norm des interpopularen Rechts." Man kann, will man überhaupt generell disponieren, vier Fälle scheiden, in denen ein rechtsamer casus belli gegeben ist: 1. Bruch des durch die „,fides" geschaffenen Friedenszustandes.1

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1 Das ist eine allgemein gräcoitalische Anschauung, die schon von HOMER an zahlreichen Beispielen exemplifiziert wird; für die Italiker gilt dasselbe. Die gleiche Auffassung waltet bei den Altindern ob, LEIST S. 432ff.

2 So läßt LIVIUS I, 24, 7 ff. den pater patratus bei Abschluß des foedus zwischen Albanern und Römern also sprechen: . . . populus Romanum prior non deficiet, si prior defexit puplico consilio dolo malo, tam tu, ille Diespiter, populum Romanum sic ferito, ut ego hunc porcum Ebenso Ilias III, 98:

φρονέω δὲ διακρινθήμεναι ἤδη

Αργείους καὶ Τρῶας, ἐπεὶ κακὰ πολλὰ πέποσθε
εἵνεκ ̓ ἐμῆς ἔριδος καὶ Ἀλεξάνδρου ἕνεκ ἀρχῆς.

Ferner 351:

Ζεῦ ἄνα, δὸς τίσασθαι ὅ με πρότερος κάκ' ἔοργεν.

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etc.

3 Das sind die alle okzidentalen Völker umspannenden Rechtsgedanken. Von den Griechen sagt ScHÖMANN, Griech. Altert. II, 4, 8: ,Welche Veranlassungen den beiden größten Kriegen, dem thebanischen und dem troischen, nach der Sage zugrunde liegen, ist bekannt. Bei beiden redet aber die Sage auch schon von einem völkerrechtlichen Verfahren: Sowohl nach Theben wie nach Troja waren Gesandtschaften geschickt worden, um Abstelluug der Beschwerden, Genugtuung und Ersatz zu fordern, und nur weil das abgeschlagen worden, hatte man zu den Waffen gegriffen. Derselbe völkerrechtliche Grundsatz wurde dann auch in der geschichtlichen Zeit regelmäßig befolgt: Es galt für Unrecht, Krieg zu beginnen, bevor man den Versuch gemacht hatte, sich auf friedlichem Wege mit dem Gegner auseinanderzusetzen War der Krieg beschlossen, so galt als Grundsatz des Völkerrechts, daß man die Feindseligkeiten nicht ohne vorherige Ankündigung begann."

....

Über die internationalen Friedens verträge s. weiter unten. Aus der großen Anzahl der hier anzuführenden Quellenstellen (s. LEIST S. 443) sei hingewiesen auf LIVIUS VIII, 39: Minime id mirum esse, si impio bello et contra foedus suscepto, infestioribus merito deis quam hominibus, nihil

2. Unterstützung gemeinsamer Feinde und injuria gegenüber den socii populi Romani.1

3. Inkursion und Depopulation. 2

4. Läsion der legati.

Liegt nun einer dieser Fälle vor, so spielt sich das eigentliche Verfahren der Indiktion in der Weise ab, daß der Gegner zunächst formell zur Sühnung des zugefügten Unrechts aufgefordert wird. Das ist das sogenannte ,,res repetere", das von den Fetiales vorgenommen wird. Die subtile Art der Ausgestaltung des jus fetiale" ist bewundernswert, es ist die Quelle der ,,aequitas belli"; 5 modernes Recht hätte hier nichts Durchdachteres schaffen können. Schon in den ältesten Zeiten hochbedeutsam, bestehend aus 20 Mitgliedern, ist das Fetialkollegium die Institution der civitas Romana zur Ausübung spezifisch völkerrechtlicher Funktionen." Im wesentlichen war ihre Auf

prospere agerent: expiandum id bellum magna mercede luendumque esse; und VII, 31, wo der sakrale Charakter des jus gentium betont wird: utilitate fides antiquior arma deos priusquam homines violatura, adversus Samnites vobis negamus; legatos, sicut fas jusque est, ad socios atque amicos precatum mittemus, ne qua vobis vis fiat.

1 Stellen s. bei LEIST S. 444.

2 Das war namentlich in den ältesten Zeiten der Hauptanlaß zur Ansage des gottgefälligen Verteidigungskrieges. Näheres bei LEIST S. 442. 3 Darüber ist unten ausführlicher zu handeln.

4 Zahlreiches Belegmaterial ist übersichtlich bei LEIST S. 447 ff. zusammengestellt. S. auch OSENBRÜGGEN S. 28. Der eigentliche Zweck des „res repetere" war seinem Wesen nach dasselbe, was wir im modernen Recht unter der friedlichen Beilegung von Streitigkeiten durch Vereinbarung der streitenden Mächte (etwa Vergleich, Verzicht, Anerkennung) verstehen; es soll der Ausbruch des Krieges noch in letzter Stunde verhindert werden durch alleinige Vermittelung der beteiligten Staaten. Der ganze Vorgang zeigt einen ausgesprochen rechtlichen Charakter; BErnhöft S. 221.

5 CICERO, de off. I, 11, 36: Ac belli quidem aequitas sanctissime fetiali populi Romani jure perscripta est.

Es kann hier nur das Wesentlichste Berücksichtigung finden. Man vgl. zu dem Ganzen KARLOWA I S. 281 ff.; BERNHÖFT S. 218; MÜLLER-JOCHMUS S. 154 ff.; OSENBRÜGGEN S. 19; PAULY III S. 466; MARQUARDT III S. 415, wo die gesamte einschlägige Literatur angegeben ist. Über die Entstehung des,,collegium fetialium" s. LIVIUS I, 32; PLUTARCH, Numa XII; DIONYS II, 72. Spielt vielleicht auch hier die oben erörterte Frage des Austausches

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gabe eine zweifache.1 Einmal bestand sie darin, die ordentlichen Magistrate in den Angelegenheiten der auswärtigen Politik jus belli ac pacis durch ihre Rechtsbelehrung zu unterstützen; 2 sodann aber eignete ihnen Gesandtencharakter, insofern als sie den Sakralakt des „,res repetere" vorzunehmen hatten. 3 Dies war die eigentliche Domäne dieses eigenartigen sachverständigen Priesterkollegiums. Unter Anrufen der Götter, der feindlichen Grenzen und der das jus gentium beherrschenden göttlichen Satzungen konstatiert der Fetiale, daß gerechter Anlaß zum Kriege vorliege und das bellum ein „justum piumque"

der Marsgottheit hinein, so daß das Fetialenkollegium als eine Korporation der kombinierten Priesterkollegien der Palatin- und Quirinalgemeinde zu denken ist? Die etymologische Ableitung ist ungewiß: VARRO (V, 86) von fides; SERVIUS in Aeneid. (I, 62; IV, 242 etc.) von foedus; ENNIUS von fidus (= foedus?); FESTUS (v. fetiales p. 91 THEWREWK S. 65): fetiales a ferendo dicti: apud hos enim belli pacisque faciendae jus est; MÜLLER-J. S. 158: fetialis, fecialis, foecialis a fando sive faciendo (NIEUPORT, de ritib. Rom. p. 219).

1 VARRO, de ling. lat. V, 86 bei BRUNS, pars post. S. 54: Fetiales quod fidei publicae inter populos praeerant: nam per hos fiebat, ut justum conciperetur bellum, et ubi desitum, ut foedere fides pacis constitueretur. Ex his mittebantur, antequam conciperetur, qui res repeterent, et per hos etiam nunc fit foedus, quod ,,fidus" ENNIUS scribit dictum. NONIUS V. fetiales bei BRUNS, pars post. S. 66: Itaque bella et tarde et magna diligentia suscipiebant, quod bellum nullum nisi pium putabant geri oportere; priusquam indicerent bellum is, a quibus injurias factas sciebant, fetiales legatos res repetitum mittebant quattuor, quos oratores vocabant.

2 LIVIUS XXXI, 8, 3: ... consultique fetiales ab consule Sulpicio, bellum quod indiceretur regi Philippo, utrum ... an... XXXVI, 3, 7: consul deinde M'. Acilius ex senatus consulto ad collegium fetialium rettulit, ipsine

... an

...

etc.

3 Damit hing naturgemäß noch eine Reihe von Tätigkeiten zusammen, die ebenfalls zur Kompetenz der fetiales gehörten. So vor allem die Kriegsansage, von der unten zu sprechen ist; ferner die Geltendmachung der vom populus Romanus zur Bedingung gestellten Forderungen durch den princeps fetialium, den,,pater patratus" (pater patratus ad jus jurandum patrandum i. e. sanciendum fit foedus. LEIST S. 228): LIVIUS I, 32, 7: peragit deinde postulata; VIII, 14, 5, 6: ... ut eius, qui cis Tiberim deprehensus esset, usque ad mille passum clarigatio esset ...; die Untersuchung angeblicher Völkerrechtsverletzungen; so insbesondere, wenn der Krieg,,sine justa causa“ begonnen oder ,,non rite" indiziert war (s. KARLOWA a. a. O.); die Dedition

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