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soll Hilfe geleistet werden mit gesamter Hand und gleichmäßig verteilt werden, was gewonnen ist im gemeinschaftlichen Kriege!1 Eine Bundessatzung mit Regeln über das Bundesfest und mit einer Aufzählung der Berechtigungen und Verpflichtungen der Glieder hat existiert. Unter diesen ist, was naturgemäß in dem Charakter des Bundes als einer Waffen- und Wehrgenossenschaft liegt, als wichtigste zu nennen die Stellung von Kontingenten zwecks Formierung eines Bundesheeres unter der Führung des Vorortes, also Roms. Die Erledigung der Bundesangelegenheiten erfolgte alljährlich, vermutlich im Anschluß an das Latiar auf dem Albanerberg; Bestimmungen über die Repräsentation und Stimmverteilung haben zweifellos nicht gefehlt. Das Schweigen der römischen Annalisten hierüber wie über die genauere staatsrechtliche Struktur des Bundes überhaupt beweist nichts, wenn man bedenkt, daß sie selbst von diesen Dingen schwerlich Kunde gehabt haben. Vielleicht hat auch hier das rege Streben der Römer, nicht als Bundesglied, sondern als herrschender Gau zu gelten, die römischen Logographen erfolgreich getäuscht. Daß die einzelnen Gemeinden an ihrer Souveränität in keiner Weise Einbuße erlitten, ist bereits hervorgehoben worden. Weiterhin bildete das Bundesgebiet die gleiche Basis für alle zu gleichmäßiger Ausübung des Rechtes, des Handels und Verkehrs; behielt auch jede Gemeinde formell das ihr typische Recht, so war doch die Tendenz zur Nivellierung und Assimilierung nach Form und Inhalt unverkennbar. Materiell fallen die Rechtsnormen der einzelnen Gemeinden im weitesten Umfange zusammen; es gilt gleiches Recht für alle". Das läßt sich nachweisen insbesondere für das Privatrecht, das Sakral

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1 MOMMSEN, Gesch. I S. 101.

2 MOMMSEN, Staatsr. III, 1 S. 614 Anm. 3.

Nur für die Zeit der Feriae Latinae galt Fehdeverbot.

4 Man kann hier also technisch von sogen. „allgemeinem Recht" reden. 5 So waren vor allem die Sätze über den Erwerb, Verlust und Wiedergewinn des ,,status libertatis" die gleichen, weshalb ja nach den XII T. die „venditio“ zu erfolgen hatte „trans Tiberim" (ins Ausland), d. h. außerhalb des Bereichs der vereinigten Eidgenossenschaften. Desgleichen war die Verkehrsgemeinschaft eine allgemeine; die Sätze über ,,commercium",

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recht, das Prozeßrecht insofern, als Prozesse zwischen Latinern und Römern vor dem Bürgergericht zur Entscheidung gebracht werden, im Gegensatze zu den Rechtsstreitigkeiten mit den Peregrinen, die vor ein besonderes Ziviltribunal zu bringen sind.

Am charakteristischsten vielleicht kommt diese Gleichheit, und das ist ein bedeutsamer völkerrechtlicher Zug, in den Bestimmungen zum Ausdruck, die ganz ähnlicher Natur sind, wie sie Artikel 3 der deutschen Reichsverfassung enthält, und die wir kurz begreifen als „gemeinsames Indigenat". Es handelt sich hier um die Herstellung eines in den wichtigsten Lebensverhältnissen einheitlichen Rechtszustandes für alle Reichsangehörigen mit der Wirkung, daß der Angehörige (Untertan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als Inländer zu behandeln ist. Damit fällt für das Reichsgebiet der Unterschied zwischen Inland und Ausland fort. Ganz ebenso beim Latinerbunde! „Ausland" sind hier die Peregrinengemeinden, dort die außerdeutschen Staaten. Der Vergleich läßt sich im einzelnen scharf durchführen. Artikel 3 der Verfassungsurkunde des Deutschen Reiches stellt als besondere Wirkungen des Indigenats fest: die Zulassung 1. zu festem Wohnsitz; 2. zu öffentlichen Ämtern; 3. zu Erwerbung von Grundstücken; 4. zu Erlangung des Staatsbürgerrechts, und zwar zwar unter denselben Voraussetzungen, wie sie der Einheimische genießt. Dieselben Prinzipien gelten im Latinerbunde.

1. Es besteht zugunsten sämtlicher Angehöriger des Bundes freies Niederlassungsrecht in unbeschränktem Maße, während Peregrinen nach Ermessen der zuständigen Behörden jederzeit aus dem Bundesgebiet ausgewiesen werden können. Also derselbe negative Gedanke kommt hier zum Ausdruck, wie in der Reichsverfassung: Bundesangehörige fremder Glieder sollen nicht schlechter gestellt sein, als die eigenen Angehörigen. Weiterhin

Adoption, über „patria potestas" und ,,mancipatio", auch Testamentsrecht u. a. m. deckten sich.

1 Gleiches Ritual bestand z. B. für die Form der Einholung der Auspizien in der römischen und in den latinischen Gemeinden im Gegensatz zu den ausländischen.

aber liegt darin die Anerkennung des Grundsatzes der Freizügigkeit, von dessen Wohltaten noch in später Zeit die nicht latinischen Bundesgenossen ausgeschlossen sind. Ja man knüpfte ursprünglich an den Domizilwechsel noch die positive Wirkung des ipso-jureErwerbes der Staatsangehörigkeit des Niederlassungsortes; in dieser Beziehung ging also das „exilium" des latinischen Bundesrechts über die Normierung des heutigen Reichsrechts hinaus. Späterhin allerdings blaßte der ipso-jure-Erwerb der Staatsangehörigkeit zu einem fakultativen Rechte des sich Niederlassenden, zur Freizügigkeit schlechthin ab. Ein Bundesbürgerrecht erkannte man ebenso wenig an, wie die Reichsverfassung ein Reichsbürgerrecht anerkennt.1

2. Die Zulassung latinischer Gemeindeangehöriger zu den öffentlichen Ämtern einer anderen zum Bunde gehörigen Gemeinde war die notwendige Konsequenz vom Prinzip des ipsojure-Erwerbes des Bürgerrechts. Auch hier ging man weiter als im heutigen Rechte, man gewährte den Bürgern einer auswärtigen Stadt schon als solchen Stimmrecht in den Komitien jeder anderen Latinerstadt. Diese gleichmäßige Ausübung des wichtigsten staatsbürgerlichen und politischen Rechtes muß wundern, wenn man bedenkt, daß die Auffassung von der Wahrung der Souveränität und staatlichen Selbstbestimmung der einzelnen Gemeinden dauernd herrschte.

3. Die Bodeneigentumsgemeinschaft folgte schon damals wie heute aus der privatrechtlichen Gleichstellung der Bundesangehörigen. So erwirbt der Latiner rite das quiritarische Grundstückseigentum in Rom, wie der Römer das jeweilig typisch latinische in der Latinerstadt. Der Ausgleich bei Vornahme dieses für die Zeit des Latinerbundes wohl wichtigsten privatrechtlichen Aktes hat am wesentlichsten zu der regen Ausgestaltung der Verkehrs- und Handelsgemeinschaft der Bundesglieder beigetragen.

4. Die Erlangung des Gemeindebürgerrechtes ergibt sich bereits aus dem unter Nr. 1 über den Wohnsitz Gesagten.

1 Erst in der Kaiserzeit änderten sich diese Grundsätze.

So bildet der Latinerbund in organischer Entwickelung ein geschlossenes Ganzes, von dem sich allerdings schwer sagen läßt, in welche Kategorie der von der modernen Wissenschaft anerkannten Staatenverbindungen es einzureihen wäre. Am meisten ähnelt der Latinerbund dem Staatenbunde als einem vertragsmäßigen Staatenverbande des Völkerrechts, und als solcher wird er allgemein aufgefaßt. Hinsichtlich der allgemeinen Struktur und der Grundzüge ist dem sicherlich beizustimmen; in den Einzelheiten jedoch differieren die Gebilde merklich. MOMMSEN1 hält noch am ehesten die Heranziehung des Hansabundes für gegeben; doch wird auch hier ein Vergleich nur mit großer Vorsicht durchgeführt werden können. Die Eigenart, man kann sagen Einzigartigkeit unseres Völkerbundes liegt ja im letzten Grunde in der besonderen Stellung des Vorortes Rom, das in seinen hegemonialen Bestrebungen die Politik des Aufsaugens der einzelnen latinischen Stadtstaaten erfolgreich übt und so die Existenz eines dauernden, starren Staatengebildes unmöglich macht. Darum ist auch das Rechtsverhältnis der einzelnen Bundesglieder zueinander kein fundamentales, stabiles, sondern variables, in unausgesetztem Flusse befindliches bis zu dem Augenblicke, da sie in der Hauptgemeinde aufgehen. Über den Inhalt der Vormachtstellung Roms ist hier nicht zu sprechen; sie hat lediglich rechtsgeschichtlich-staatsrechtlichen, nicht völkerrechtlichen Wert.2

1 Staatsrecht III, 1 S. 608.

2 Es ist nicht zu verkennen, daß Rom von Anfang an eine Zwitterstellung insofern eingenommen hat, als es nicht nur als Bundesglied innerhalb des Bundes, sondern auch als Sonderstaat neben dem Bunde ein Einzelstaat gegenüber einem Staatenbunde stand. Es mag sein, daß dieser letztgenannten Position Roms in dem Schauspiel seiner politischen Machtentfaltung die Hauptrolle zugeteilt gewesen ist. Völkerrechtlich fällt sie nicht sonderlich ins Gewicht, weshalb man sich auch hüten muß, von einer römisch-latinischen Föderation lediglich in dem Sinne zu sprechen, als ob sich der Einzelstaat mit den Samtstaaten völkerrechtlich zusammengeschlossen hätte. Das hieße, nur eine Farbe des bunten Gemäldes erkennen und seinen Gesamteindruck trüben.

§ 12.

2. Der italische Städtebund und die autonomen

Untertanen.

Das zweite völkerrechtlich wichtige Staatengebilde der frührömischen Geschichte ist der italische Städtebund; dabei ist der Bundesstellung Roms und der autonomiebegabten Untertanen überhaupt zu gedenken. Grundlage für die folgende Erörterung bilden die einzelnen geschichtlichen Etappen in der Entwickelung Roms von der zentralen Hegemonialstellung im Latinerbunde an bis zur Konstituierung Italiens als römischen Territorialstaates.1 Während dieser Epoche ist zwar das Verhältnis Roms zu den latinischen, wie auch außerlatinischen italischen Gemeinden ein keineswegs stabiles gewesen, es hat sich geändert je nach den politischen Erfolgen der kämpfenden Parteien. Aber seine auswärtigen Beziehungen sind doch alle von dem einen großen Gedanken eingegeben und in diesem Sinne auch ausgestaltet worden, eine allumfassende italische Militärgemeinschaft mit dem Zentrum in Rom zu schaffen. Die Verwirklichung dieser Idee ist das geeinigte Italien im Ausgange des 2. Jahrhunderts v. Chr.; dessen völkerrechtliche Stellung ist zu deuten.

Der Latinerbund war ein staatenbundähnliches Gebilde auf der Grundlage gleicher Nationalität, gleicher religiös-ethischer Überzeugung der Glieder. Das Italien des 2. Jahrhunderts v. Chr. dagegen ist eine militärisch organisierte Wehrgenossenschaft der italischen Stadtstaaten und Gemeinden unter der protektoratsähnlichen Führung Roms. Der Eintritt in diese Militärgemeinschaft bedeutet in Wahrheit die,,deditio in fidem"; der Form

1 Die Kenntnis der einzelnen Phasen in der Entwickelung des lokalen Stadtstaates zum Territorialstaat wird vorausgesetzt. Zum Verständnis des Textes seien im Anschluß an MOмMSEN (Gesch. I, Kap. 5) die entscheidenden Momente in Kürze gestreift: Erschütterung der Hegemonie Roms und Sieg am Regillersee Neubegründung (foedus Cassianum) 493; Bund mit den Hernikern 486; Auflösung des Latinerbundes 383; Erneuerung des Bundes 358; Schließung der latinischen Eidgenossenschaft 384; Samnitenkriege; Latiner und Campaner gegen Rom 340; Auflösung des latinischen Bundes; Koalition der Italiker gegen Rom; Rom in Mittelitalien; Rom und Pyrrhus; Unterwerfung Unteritaliens; Italien römischer Staat.

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