Immagini della pagina
PDF
ePub

calatis comitiis und in procinctu), auf den Anfang der Provokation und auf die Vornahme eines Angriffskrieges hinzuweisen, Akte, die ohne das komitiale Einvernehmen der Rechtmäßigkeit ermangeln. Schon hinsichtlich der ursprünglichsten römischen Verfassung kann man deshalb mit MOMMSEN1 sagen, daß es die Bürgergemeinde war, an welcher der Begriff der Souveränität haftete.2

Die Revolution des Jahres 510-509 und die republikanische Ausgestaltung der Verfassung trifft das Verdienst, die Stellung der Volksversammlung als Subjekts der Staatsgewalt wie als Staatsorgans aufs schärfste pointiert und herausgearbeitet zu haben. Leitender Gesichtspunkt bleibt fortan das Prinzip: Die Volksversammlung ist die Quelle aller Gewalt und zwar vornehmlich der Amtsgewalt; Magistrat ist nur, wer aus den Händen des versammelten populus sein Mandat erhält;3 die Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Mandatars ist ein Angriff auf die Majestät des populus. Freilich ist nunmehr der populus im

TACITUS, hist. I, 15: Si te privatus lege curiata apud pontifices, ut moris est, adoptarem.

[ocr errors]

Die Testamentserrichtung steht mit der Adoption im Zusammenhange. Das hat SCHULIN, Das griechische Testament S. 51, 52, überzeugend nachgewiesen. Die Form ist, wie bei der Adoption, ein wahrscheinlich unter Vornahme von Opfern stattfindender Solennitätsakt vor dem versammelten Volke, ohne Unterschied, ob es daheim ist — calatis comitiis - oder vor dem Feinde steht in procinctu. Die Streitfrage, ob das Volk nur Zeuge des erbrechtlichen Aktes ist oder aktiv durch Erteilung der Genehmigung mitzuwirken hat (KARLOWA-MOMMSEN), gehört nicht hierher. Jedenfalls äußert sich auch hier die Souveränität der Gemeinde darin, daß der vorzunehmende Akt durch die aktive oder nur passive Mitwirkung der Vollbürger sanktioniert oder doch wenigstens durch ihre unanfechtbare Zeugenschaft höchstinstanzlich als öffentlich erfolgt deklariert wird.

1 Geschichte I S. 79 ff.

2 Die Einzelheiten können hier nicht gegeben werden; den unwiderleglichen Nachweis der heute nicht mehr bestrittenen Souveränitätsqualität der römischen Komitien auch für die Königszeit hat MOMMSEN (Gesch. I und Staatsr. III, 1) geführt.

* DIONYS V, 19: ἄρχοντα μηδένα εἶναι Ρωμαίων, ὃς ἂν μὴ παρὰ τοῦ δήμου λάβῃ τὴν ἀρχήν, θάνατον ἐπιτιθεὶς ζημίαν ἐάν τις παρὰ ταῦτα ποιῇ·

4 CICERO, de invent. II, 17, 53: Majestatem minuere est de dignitate

Sinne des Subjekts der Staatsgewalt nicht mehr die alte, den Adelsstand verkörpernde Kurienversammlung, vielmehr haben wir darunter seit dem erfolgreichen Kampfe des gesamten Plebejats um die Erlangung der politischen Gleichberechtigung die Centurienversammlung zu verstehen. In ihr erblicken wir fortan das souveräne römische Volk, an dem nach der Lehre der römischen Staatsrechtswissenschaft die,,majestas" haftet. Die Steigerung der Gemeindesouveränität nun erhellt am auffälligsten, wenn man die Kompetenzen des republikanischen populus durchgeht; sie rechtfertigen die obige Auffassung durchaus.

§ 18.

II. Die Kompetenz des populus.

1. Satzungskompetenz.

Nach drei Richtungen 2 läßt die römische Verfassung die Volksversammlung in Aktion treten: Einmal da, wo ihr ureigenstes Recht, das der Gesetzgebung, in Frage steht; sodann auf dem Gebiete der Beamtenwahl und endlich als Bürgerschaftsgericht. Die beiden letzten Kompetenzen sind eine Folge des Satzungsrechtes der Gemeinde, des Fundamentes der Verfassung überhaupt. Die Souveränität des populus zeigt sich deshalb, wie schon in der Königszeit, am deutlichsten in seiner Tätigkeit als Gesetzgebungsfaktor. In dieser Beziehung kann man vielleicht von einer „praesumtio pro populo" sprechen: Jede den Staat betreffende Angelegenheit bedarf, sofern sie nicht der Kompetenz eines Magistrats, ordentlichen oder außerordentlichen, ausdrücklich

aut amplitudine aut potestate populi aut eorum, quibus populus potestatem dedit, aliquid derogare.

1 Die comitia tributa sowie die concilia plebis sind hier mit einzubegreifen. Vgl. MÜNSCHER S. 5: Majestatem vero imperii ... non obtinebat populus Romanus, nisi ad comitia rite vocatus, quorum duo erant genera etc.

2 Auch hier kann nur auf die grundlegenden Elemente hingewiesen werden. Da es darauf ankommt, aus dem Geiste der großzügigen Machtposition des Volkes seine majestas abzuleiten, kann die Darstellung von Einzelheiten das Gesamtbild nur trüben. Vgl. zum Folgenden namentlich MOMMSEN, Staatsr. III 1, S. 325 ff.

zugewiesen ist, zur rechtsgültigen Behandlung der Mitwirkung der Komitien, der Entscheidung durch die Volksversammlung, bei der aus eigener Machtvollkommenheit alles Recht ruht. Soweit es sich lediglich um ihre Satzungskompetenz handelt, verdienen folgende Punkte besondere Erwähnung.1

I. Verleihung und Entziehung des Bürgerrechts. Daß das Recht, den Umfang der Vollbürgergemeinde zu bestimmen, ausschließlich dieser zusteht, ist nur natürlich. Sie vindiziert sich dieses Majestätsrecht schon vom Gesichtspunkte der sakralgenossenschaftlichen Einheit aus; die,,majestas deorum" spielt hier ursprünglich mit hinein; der Götteraustausch, der überall im Leben seine Spuren hinterläßt, hat die Rezeption fremder Elemente vermittelt. Zur Zeit, da die sakrale Vorstellung verblaßt, steht die Frage nach dem rechtlichen Bestande des Staates, des populus, obenan; seiner schrankenlosen Willkür, seinem Gutdünken bleibt daher die Erweiterung und Ausdehnung der Gemeinde durch Aufnahme neuer Glieder überlassen. Er hat denn auch von diesem Rechte weitgehenden Gebrauch gemacht."

1

1 Die nun folgende Aufzählung schließt sich eng an MOMMSEN a. a. 0. S. 328 ff. an.

Die Mannigfaltigkeit der Formen des Bürgerrechtserwerbes ist überraschend. Uns interessieren in Kürze nur diejenigen, bei denen das souveräne Volk mitwirkt. Während der Zeit der Geschlechtergemeinde konnte natürlich nur das Geschlechtsbürgerrecht, der Patriziat, erworben werden, und zwar in der Weise, daß entweder ganze Geschlechter oder nur Einzelpersonen in den Verband aufgenommen wurden. Der Akt selbst erfordert ein Zusammenwirken des obersten Staatsorgans, des Königs, mit dem in Kurien versammelten populus. Der einzelne Fremde wird im Wege der Arrogation (s. o.), der testamentarischen Adoption oder der,restitutio in integrum" des Geschlechtsrechtes teilhaftig. Plebejische Geschlechter können während dieser Epoche überhaupt nicht rezipiert werden. Mit der Zurückdrängung der Kuriatkomitien schwindet die Einverleibung neuer patrizischer Geschlechter, das souveräne Volk, das allein das Bürgerrecht vergeben kann, ist nunmehr in den Centuriatkomitien formiert; jetzt ist Verleihung des Bürgerrechts stets Verleihung der Plebität, und zwar Personalverleihung. Die Zustimmung erfolgt seitens der Centuriat- oder Tributkomitien; meist aber durch Plebiszit. Späterhin kommt die Übung auf, beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Verleihung mittelbar durch einen Magistrat vorzunehmen; dieser erhält das Verleihungsrecht des populus delegiert.

II. Verleihung und Entziehung des Stimmrechts. Dieses Recht ergibt sich aus dem sub I. Gesagten; das Stimmrecht ist ja ein Ausschnitt aus dem Bürgerrecht. Der

Hieraus sind namentlich die koloniale und feldherrliche Verleihung entsprungen (vgl. bezüglich der letzteren namentlich CICERO, pro Balbo VIII, 19, wo ausdrücklich betont wird, daß das Volk, nicht der Feldherr die Sanktion erteilt, „,ut cives Romani sint"). Noch andere zahlreiche Formen Arrogation eines Plebejers durch einen Patrizier oder Plebejer, Singularprivileg,,,transitio ad plebem" (In dem bekannten Falle des Übertritts des P. Clodius im Jahre 60 v. Chr. scheint es an einem Plebiszit nicht gefehlt zu haben, MOмMSEN a. a. O. S. 137 Anm. 5), Munizipalverleihung — gehören hierher. Erst unter dem Prinzipat verliert das souveräne Volk allmählich die Kompetenz der Bürgerrechtsverleihung.

Die Entziehung der Zivität ist eine im wesentlichen der Verleihung analoge Erscheinung. Auch sie beruht auf einem Akt der souveränen Volksversammlung, allerdings mit dem Unterschiede, daß die Entziehung in den meisten Fällen, nämlich überall da, wo der Verlust des Geschlechtsbürgerrechtes die selbstverständliche Folge des Übertritts des Römers in einen fremden Gemeindeverband war, als ein besonderer Akt nicht würde in Erscheinung getreten sein. Die staatsrechtliche „,capitis deminutio“, die eintritt, wenn der römische Bürger in einer ausländischen Gemeinde unfrei, Schutzbefohlener oder Bürger wird, bedarf daher keines speziellen Volksschlusses. Ein solcher wird vielmehr nur dort die souveräne Gewalt des populus erkennen lassen, wo jemand, ohne der römischen oder einer fremden Gemeinde anzugehören, auf römischem Staatsboden als Nichtrömer zu verweilen berechtigt ist und Freiheit und Rechtsschutz behält. Die Anweisung einer Rechtsstellung dieser Art charakterisiert sich als Strafakt. Beispiele hierfür bilden diejenigen,,dediticii“, die durch Gemeindebefehl weder für unfrei oder für halbfrei, noch für selbständige Staaten oder rezipierte römische Geschlechter deklariert sind; ferner diejenigen Gemeinden, denen die Komitien das Bürgerrecht zur Strafe entziehen (z. B. Capua, 210 v. Chr. und die Etruskergemeinden im Jahre 81 v. Chr.: CICERO, de dom 30, 79: popolus Romanus L. Sulla dictatore ferente comitiis centuriatis municipiis civitatem ademit). Sodann denke man noch an die lex Aelia Sentia des Jahres 4 n. Chr., wo es heißt (GAIUS I, 13): . . . ut qui servi a dominis poenae nomine vincti sint . . . et postea vel ab eodem domino vel ab alio manumissi, ejusdem conditionis liberi fiant, cujus conditionis sunt peregrini dediticii. Für all diese Fälle ist die ausschließliche Kompetenz der Komitien ausdrücklich hervorgehoben, insbesondere kann hier der Senat aus eigener Machtvollkommenheit keine Entscheidungen treffen. LIVIUS XXVI, 33, 10: Per senatum agi de Campanis, qui cives Romani sunt, injussu populi non video posse, idque et apud majores nostros in Satricanis factum esse, cum defecissent, ut M. Antistius tribunus plebis prius rogationem ferret, scis

Censor darf injussu populi" niemanden auf der Liste streichen. 1

III. Ämterorganisation.

Sie ist, gleichgültig ob Verwaltungs-, Militär- oder Priesterbehörden gemeint sind, in vollem Umfang Reservatrecht der Gemeinde. Diese kreiert und annulliert die Magistrate, verleiht und entzieht Titel und Insignien nach freiem Ermessen. Sie bestimmt den Umfang der Amtsgewalt generell oder speziell, bezeichnet die Person, die mit ihr ausgestattet werden soll. Daß der für die republikanische Verfassung Roms charakteristische Grundsatz der Annuität der Magistratur gleichzeitig der Beweis ist für den Sieg der Gemeindesouveränität im Kampfe mit der Lebenslänglichkeitsidee des Königtums, wird im Abschnitt über die ,,majestas magistratus" darzutun sein. Erst das Wiederaufleben der Vorstellung von den Ämtern auf Lebenszeit und ihre praktische Verwirklichung beginnt allmählich, aber stetig die Gemeindesouveränität zu untergraben. Das lehrt der Prinzipat. Soweit endlich durch Volksschluß die Kompetenz des Magistrats festgelegt ist, findet der an sich unbeschränkbare Wille des Volkes an ihr die konstitutionelle Schranke. In Ausübung der ihm gewährten Befugnisse ist der Beamte unbeengt, und daß der populus

ceretque plebs, uti senatui de Satricanis sententiae dicendae jus esset, itaque censeo cum tribunis plebis agendum esse, ut eorum unus pluresve rogationem ferant ad plebem, qua nobis statuendi de Campanis jus fiat. Ferner XXXIV, 1 i. Vbdg. m. 6: ex hoc plebiscito senatus consultus. . Campanos omnis ... liberos esse jusserunt, ita ut nemo eorum civis Romanus aut Latini nominis esset. Eine Besonderheit ist, daß für die Entziehung des Bürgerrechts an sich nur die Centuriatkomitien zuständig sind. So XII T.: de capite civis Romani nisi per maximum comitatum ne ferunto i. Vbdg. m. CICERO, pro Sestio XXXIV, 73: de capite non modo ferri, se ne judicari quidem posse nisi comitiis centuriatis. Doch scheint sie auch auf Grund der berühmten lex Hortensia durch Plebiszit angeordnet worden zu sein (s. die Stellen bei Livius XXVI, 33 und 34). Die Tributkomitien ermangeln jedenfalls der Kompetenz.

1 LIVIUS XLV, 15: Negabat Claudius suffragii lationem injussu populi censorem cuiquam homini nedum ordini universo adimere posse: neque enim, si tribu movere posset, quod sit nihil aliud quam mutare jubere tribum, ideo omnibus quinque et triginta tribubus emovere posse, id est civitatem libertatemque eripere, non ubi censeatur finire, sed censu excludere.

« IndietroContinua »