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zumal wenn wir uns der großen Unterschiede erinnern, die in der Zusammensetzung der Heere schon zwischen Polybios und Hygin vorhanden sind. Auch das Zeugnis des Festus (p. 223: praetoria porta in castris appellatur, qua exercitus in proelium educitur) beweist nur, daß die porta praetoria an der dem Feind zugewandten Front lag.}

Über den Übergang aus der Lagerordnung in die Marschformation wissen wir nichts Näheres. Da die Zelte abgebrochen, das Lager nach dem dritten Signal, wenn sich alles in Bewegung setzte, wieder ein freier Platz war, so fehlte es nicht an Raum zum Aufmarschieren und Ordnen (Pol. VI 40, 1-3). Wurde zur Schlacht ausmarschiert, so blieben natürlich die Zelte stehen, aber die Lagergassen, das Intervallum1) und vor allem die via principalis boten Platz genug zum Sammeln. So gut wie heutzutage beim Militär erst „angetreten" und im größeren Verband „gesammelt" wird, bevor man zum Gefecht entfaltet, ebensogut haben auch die Römer erst gesammelt, bevor sie zur Schlacht auszogen. An Wall und Graben besaßen sie treffliche Deckungen, um sich ungestört ordnen zu können. Als dem Consul P. Licinius Crassus i. J. 171 v. Chr. in Thessalien das unerwartete Nahen des Perseus gemeldet wird, intra vallum peditum acie iustructa et ipse equitatum omnem cum levi armatura emisit, pro vallo instructi sunt (XLII 58, 11). Ebenso läßt ein Annalist IX 13, 1 den Consul Q. Publilius Philo im sog. zweiten Samniterkrieg (i. J. 320 v. Chr.) vor der Schlacht seine Leute ad praetorium zusammenrufen und von da aus in die Schlacht ziehen. I. J. 214 v. Chr, hat der Proconsul Ti. Sempronius Gracchus den von ihm geführten zwei Legionen, die meist aus Sklaven bestehen, mit Ermächtigung des Senats die Freiheit versprochen: postero die ubi signa coeperunt canere, primi omnium (volones) parati instructique ad praetorium conveniunt. Sole orto Gracchus in aciem copias educit... (XXIV 15, 1). Hier ist nicht einmal von einer Anrede ein Wort gesagt. Nach diesen Stellen können wir es als ziemlich sicher betrachten, daß vor der Schlacht das Heer vor dem Prätorium, d. h. auf der via principalis sammelte. Bei Ausfällen lassen die Annalisten fast stets das Heer im Lager selbst zur acies aufgestellt werden (instruitur), wie z. B. IX 37, 7/8; XXXVI 38,2; XL31,7; XL 48, 3; XLI 26, 3.

Für den Beginn des Marsches läßt sich nichts so deutlich feststellen. Der Ausdruck,,agmen e castris explicare" (II 59, 7; XXX 5, 3) oder ,,ordines explicare" besagt nichts darüber, ob vorher schon im Lager gesammelt worden war; nach Analogie der Vorgänge vor der Schlacht

1) Das Intervallum diente nach Polybios VI 31, 12 ausdrücklich dem Einund Ausmarsch.

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dürfte es aber wahrscheinlich sein. Wie aus der Marschordnung in die Lagerordnung übergegangen wurde, ist nirgends gesagt. Polybios erzählt nur, die Lagervermessung und Lagerordnung seien so klar und gewohnt, daß die Römer in das erst abgesteckte Lager wie in eine wohlbekannte Stadt einmarschieren: καὶ γὰρ ἐκεῖ διακλίναντες ἀπὸ τῶν πυλῶν εὐθέως ἕκαστοι προάγουσι καὶ παραγίνονται πρὸς τὰς ἰδίας οἰκήσεις ἀδιαπτώτως διὰ τὸ καθόλου καὶ κατὰ μέρος γινώσκειν ποῦ τῆς πόλεώς ἐστιν αὐτοῖς ἡ κατάλυσις (Pol. VI 41, 11). So müssen die Römer auch im Lager sofort in die ihnen zugewiesenen, abgesteckten Gassen einmarschiert sein. Warum es, wie Oxé (S. 77) meint, jedesmal einer doppelten Hakenschwenkung jedes Treffens der hastati usw. bedurft haben soll, ist durchaus nicht einzusehen. Gesetzt, die Manipel marschierten, mit dem ersten beginnend, durch die abgesteckte porta decumana ein, so schwenkte der erste Manipel, an seinem Lagerplatz angelangt, nach diesem ab, die übrigen marschierten weiter, der zweite an der Spitze. Dieser wieder schwenkte an seinem Lagerplatz ab, der dritte am folgenden, usf. So könnte man sich den Einmarsch erklären. Aber es steht nirgends, zu welchem Tor man einmarschierte; das mußte sich ganz aus der Richtung ergeben, aus der man herkam. Die Lagerordnung ergab sich aus den Bedürfnissen der Lagerung selbst; zusammengehörige Truppen legte man aneinander, wie das schwere Fußvolk, die Legionen und Alen, dagegen den Kommandant und die Kriegskasse unter die Elite. Keinesfalls darf man der Marschordnung zuliebe dem poly bianischen Lager Gewalt antun.

Noch weniger darf man, wie Oxé und Stolle es tun, auf Grund annalistischer Stellen des Livius in Polybios hineinlegen, was nicht in ihm steht. Dazu haben jene oben erwähnten Erzählungen des Livius Anlaß gegeben, die die porta decumana an der Rückseite des Lagers erscheinen lassen. Nach ihnen dringen die einbrechenden Feinde direkt vom Hintertor aus ins Quästorium ein und töten den Quästor (X 32, 7 und XXXIV 47). Mit der polybianischen Lagerbeschreibung ist das unvereinbar, da nach ihr das Quästorium zur Seite des Prätoriums liegt und von der porta decumana durch Reiter und Fußvolk der extraordinarii getrennt ist. Wie sich der Widerspruch lösen läßt, soll das folgende Kapitel zeigen.

4. PLÄTZE UND STRASSEN

Der Hauptplatz des Lagers ist das praetorium, auf dem das gleichbenannte Feldherrnzelt steht. Bereits Nissen hat darauf aufmerksam gemacht (Templum S. 45), daß Polybios zwischen der oxyvỳ tov átqa

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τηγοῦ und der περίστασις τοῦ στρατηγίου unterscheide. Die von ihm mitgeteilten Maße beziehen sich demnach nur auf den Platz (40000 Quadratfuß). Ebenso müssen wir im römischen Sprachgebrauch unterscheiden zwischen praetorium als Platz und praetorium als Zelt des Kommandierenden. Wenn bei Livius im Histrerkrieg d. J. 178 v. Chr. die ins römische Lager eindringenden Feinde einen zurückgelassenen Tribunen mit seinen drei signa in praetorio instruentem überraschen, so kann damit nur der Platz gemeint sein (XLI 2, 9). Als i. J. 218 v. Chr. der Consul Ti. Sempronius Longus zu seinem am Ticinus geschlagenen und verwundeten, jetzt an der Trebia lagernden Kollegen P. Scipio gestoßen war, verlangte sein Ehrgeiz nach kriegerischen Lorbeeren; nicht nur suchte er seinen widerstrebenden Kollegen aufzustacheln, sondern er redete auch in praetorio prope contionabundus (XXI 53, 6). Demnach fand er auf dem freien Platz vor dem Feldherrnzelt Zuhörer genug für seine kampflustigen Reden, so daß eine der contio ähnliche Versammlung sich bildete.

Vielfach läßt es sich nicht genau entscheiden, ob der Platz oder das Feldherrnzelt gemeint ist. Als in einem Etruskerkrieg d. J. 480 v. Chr. das römische Lager während der Schlacht überfallen wird, weichen die als Besatzung zurückgelassenen Triarier conglobati ad praetorium zurück und erneuern hier den Kampf (II 47, 5). Es war Ehrensache, das Feldherrnzelt zu schützen: das ist wohl der Anlaß dieser natürlich erfundenen Szene; dazu müssen sich die Triarier aber auf dem Platz des praetorium aufstellen. Im Äquerlager auf dem Algidus erhalten nach der annalistischen Erzählung III 25, 7 i. J. 459 v. Chr. römische Gesandte auf ihre Forderungen die höhnische Antwort, sie sollten sich an die dastehende Eiche wenden: quercus, ingens arbor, praetorio imminebat, cuius umbra opaca sedes erat. Das ist im Freien, also auf dem Platz gesprochen. Ahnlich berichtet Livius, zweifellos nach annalistischer Quelle, vor dem Gefecht am Ticinus, es habe sich im römischen Lager ein Bienenschwarm in arbore praetorio imminente gezeigt (XXI 46, 2). Wenn V 27,2 der faliskische Schulmeister die Knaben seiner Brotherren im römischen Lager in praetorium ad Camillum führt (394 v. Chr.), wenn VIII 7, 12 der junge Manlius mit der in verbotenem Kampf eroberten Beute in castra atque inde ad praetorium ad patrem (d. h. zum Consul T. Manlius Torquatus i. J. 340 v. Chr.) tendit, so haben die betreffenden Erzähler wohl eher an das Feldherrnzelt als an den zugehörigen Platz gedacht.

Welche von den beiden Bedeutungen die ursprüngliche ist, kann nicht festgestellt werden. Doch ist durchaus wahrscheinlich, daß der

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=

Lage und

Platz nach dem Zelt benannt ist, nach der Wohnung des kommandierenden Beamten, der in ältester Zeit bekanntlich Prätor hieß. Wenn wir daher etwas zu „praetorium" ergänzen sollen, so kann es nur „tabernaculum" sein.1) Ohne diese Ergänzung konnte praetorium leicht auch vom Platz gesagt werden. Es ist vollkommen aus der Luft gegriffen und widerspricht aller Wahrscheinlichkeit, wenn Stolle die Bedeutung von praetorium Platz erklären will durch ein zu ergänzendes forum(S. 65. S. 89/90 ff.) und es auf den eigentlichen Lagermarktplatz bezieht, der neben der лɛíótaóis tov ótqatnyíov liegt (vgl. Stolles Plan I). Stolle scheint sich das ganze Quadrat von 200 Fuß Seitenlänge als „praetorium tabernaculum" von einem Zelt ausgefüllt zu denken. Dagegen liegt in Stolles,,einfachem Lager" dieses „praetorium forum" vor dem „praetorium tabernaculum". Das ist eine Unmöglichkeit; es ist undenkbar, daß direkt vor dem Hauptquartier der Lagermarkt sich befindet.) Das praetorium vor dem Feldherrnzelt hatte ganz anderen Zwecken zu dienen und durfte als Hauptquartier auch bequemen Raum beanspruchen (vgl. dazu Nissen, Novaesium, Bonn. Jahrbb. 111/112, (1904) S. 50/51). Die ursprüngliche Bedeutung,,Wohnung des Prätors" blieb stets an dem Wort haften, so daß ein forum gar nicht dazu ergänzt werden kann; vgl. praetorium als Wohnung des Provinzialstatthalters bei Cicero in Verrem IV 65; V 92 und als Bezeichnung des Quartiers, des Amtshauses eines jeden Beamten in der späteren Literatur (s. A. 1).

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Zum praetorium gelangt VII 36, 8/9 ein zurückkehrender Tribun mit seiner Abteilung,,per media castra". Nach der Vorstellung des Erzählers scheint das praetorium die gleiche Lage zu haben wie das Riesenzelt, das i. J. 293 v. Chr. im samnitischen Lager errichtet wird: mediis fere castris locus est consaeptus cratibus pluteisque et linteis contectus, patens ducentos maxime pedes in omnes pariter partes (X 38, 5). Es ist nicht gesagt, ob der Platz quadratisch oder kreisrund ist. Aber es leuchtet ohne weiteres ein, daß die annalistische Vorlage des Livius

1) Festus p. 223 M: Praetoria porta in castris appellatur, qua exercitus in proelium educitur, quia initio praetores erant et hi bella administrabant, quorum tabernaculum quoque dicebatur praetorium. Ps.-Ascon. in Verr. II 1 p. 168 (Orelli): Veteres omnem magistratum, cui pareret exercitus, praetorem appellaverunt, unde et praetorium tabernaculum eius. Schol. Cic. Bob. in or. pro Planc. p. 272 (Orelli) za quaestorium: hospitium quaestoris significans . . . Nunc autem omnia, in quibus variae dignitatis praesides habitent, praetoria nominantur. Über die Bedeutung des Wortes in Inschriften hat Mommsen, Hermes XXXV (1900) S. 437 ff. gehandelt. 2) Stolle S. 65: „Praetorium bedeutet sowohl ‚Feldherrnzelt' (pr. sc. tabernaculum) als auch den freien Platz, auf dem es steht, genauer den eigentlichen Lagermarktplatz (pr. sc. forum)."

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diese Schilderung nach Analogie des römischen praetorium entwarf; denn dieses war nach Polybios VI 27, 2 ein quadratischer Platz mit der Seitenlänge von 200 Fuß. Es handelt sich hier um eine natürlich erfundene Geschichte zur Erklärung des Ausdrucks „legio linteata", deshalb ist auch das Riesenzelt als ein Phantasieprodukt des zugrunde liegenden Annalisten zu betrachten und keineswegs das römische Feldherrnzelt ebenfalls so groß zu denken, daß es den ganzen Platz bedeckte. Die Lage ungefähr in der Lagermitte" braucht noch keine Abweichung vom polybianischen Schema zu bedeuten, obwohl das oroαtýylov bei Polybios keineswegs in der Mitte liegt. Als freilich später die pars postica des Lagers die römischen Legionen aufnahm und dadurch bedeutend vergrößert wurde, rückte das praetorium mehr in die Mitte des ganzen Lagerplans. Das ist der Fall im Legionslager von Novaesium, das unter Tiberius angelegt wurde1); deutlich verlangt es so Josephus: μέσας μὲν τὰς τῶν ἡγεμόνων σκηνὰς τίθενται, μεσαίτατον δὲ τούτων τὸ ótoatýɣiov vač пaqañλýólov (b. J. III 5, 2). Indessen sagt Livius noch nichts Bestimmtes über eine solche Änderung aus.

Wenn XXVIII 14, 10 Hasdrubal bei einem unerwartet frühen Angriff des P. Scipio auf seine Vorposten ex tabernaculo eilt und die Vorgänge vor dem Lager beobachtet, so ist offenbar sein Zelt ähnlich gelegen gedacht wie das römische praetorium; denn dieses lag nach Polybios (VI 27, 1) an einem zur Übersicht besonders geeigneten Platz. Hasdrubal lagerte nach c. 12, 15 super campos patentes, nach Pol. XI 20, 1 πρὸς ταῖς ὑπωρείαις; daraus würde sich ein solcher Fernblick schon erklären. Aber jenes Hervortreten Hasdrubals aus dem Zelt steht nicht in dem erhaltenen Bericht des Polybios, muß also aus der annalistischen Tradition stammen; die Stelle sagt demnach für die römische Anschauung aus.)

1) Novaesium, Bonn. Jahrbb. 111/112 (1904) S. 51: „Mathematisch betrachtet trifft der Mittelpunkt des Lagers in die hinteren Räume" des Prätoriums (Nissen).

2) Wohl aber entspricht der polybianischen Beschreibung die Erzählung Plutarchs über die Vorgänge vor der Schlacht bei Pydna (Ämil. Paul. 17/18). Während vormittags das Heer in Schlachtordnung aufgestellt wird, лαoñye tov χρόνον (Amilius Paulus) ἐν τῇ σκηνῇ καθεζόμενος ἀναπεπταμένῃ πρὸς τὸ πεδίον καὶ τὴν στρατοπεδείαν τῶν πολεμίων. Hier beobachtet der Feldherr die Vorpostengefechte am Fluß am Nachmittag (πɛì dɛílŋv), und erst als die von beiden Seiten vorgehenden Verstärkungen die Heere in Bewegung und die Schlacht in Gang bringen, ἐκ τῆς σκηνῆς προῆλθε und geht ermunternd die Front der Manipel ab. Zweifellos lag hier das Prätorium an einem sorgfältig ausgewählten Platz, den Worten des Polybios VI 27, 1 entsprechend.

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