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EINLEITUNG

Das römische Lager der republikanischen Zeit, das Polybios im sechsten Buch beschrieben hat, spiegelt die Zusammensetzung des damaligen römischen Heeres deutlich wieder. In diesem steht neben der römischen Legion, in der nur die nach dem Census ausgehobenen römischen Bürger dienen, die Ala der latinischen und italischen Bundesgenossen (socii), die von den Römern nach langwierigen Kämpfen zur Heeresfolge gezwungen worden waren. Dazu treten in der Epoche der Welteroberung gelegentlich mehr oder minder freiwillige Hilfskontingente (auxilia) ausländischer Fürsten und Völker, die jedoch weder regelmäßig gestellt werden noch einen großen Platz im Lager beanspruchen.

So waren die Heere zusammengesetzt, mit denen Rom Karthago und die hellenistischen Monarchien niederwarf. Aber wie sie selbst bereits das Produkt einer langen Entwicklung waren, so vollzog sich auch jetzt eine allmähliche Veränderung ihres inneren Aufbaues, die auf die äußere Organisation nicht ohne Folgen bleiben konnte. Besonders zwei Momente waren hier von Bedeutung.

Die beginnende soziale Zersetzung griff auch auf das Heer über. War schon durch den hannibalischen Krieg die Landbevölkerung Italiens schwer heimgesucht, so dezimierten jetzt die fortwährenden Eroberungskriege erst recht den italischen Bauernstand wie den römischen, der den Kern der Legionen und Alen ausmachte. Um die Heere zu füllen, mußte man auch ärmere Bevölkerungsklassen heranziehen, die bisher vom Dienst frei waren; schon zur Zeit des Polybios war der unterste Census der zu Lande Wehrpflichtigen von 11000 auf 4000 As gesunken (Pol. VI 19, 2). Anderseits konnte man nicht mehr bei der bisherigen Regel der jährlichen Aushebung und Entlassung des ganzen Heeres bleiben, seit der Krieg in entlegenen Gegenden geführt wurde, die nur durch überseeischen Transport erreichbar waren; die dort verwendeten Mannschaften mußten deshalb oft mehrere Jahre hindurch bei Fischer: Das römische Lager

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der Fahne bleiben. Dieses Anwachsen der faktischen Dienstzeit führte zu den ersten Ansätzen stehender Heere, zunächst in den spanischen Provinzen, deren Behauptung viel Mühe machte (Appian. Iber. 78, dazu Mommsen, Röm. Gesch. IIs S. 107).

Ferner steigerte das rasche Emporsteigen zur Weltherrschaft das Selbstbewußtsein des herrschenden Standes; geblendet von dem Glanz ihrer kriegerischen Erfolge, versäumte es die römische Aristokratie, den drohenden inneren Gefahren Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wie sie das wachsende soziale Elend durch rechtzeitige Reformen zu lindern unterließ, so vernachlässigte sie auch die Waffe, der sie ihre großen Siege verdankte, das Heer, auf dem der Schutz des Staates nach innen und außen beruhte. Schon im Krieg gegen Perseus zeigten sich hier bedenkliche Symptome des Verfalls; aber ein Feldherr alten Schlags wie Ämilius Paulus hielt wieder straffe Disziplin. Die spanischen Feldzüge der folgenden Jahrzehnte enthüllten das fortschreitende Sinken der Kriegstüchtigkeit und Disziplin, besonders im Kampf gegen Numantia. Hier hat bekanntlich der jüngere Scipio die militärische Zucht wiederhergestellt. Auch sonst ist sein spanisches Kommando in militärischer Hinsicht bemerkenswert. Zum Schutz gegen das verwilderte Heer umgab Scipio seine Person mit einer „cohors amicorum“, dem Vorbild der ,,cohors praetoria", die seitdem die Leibgarde des Feldherrn bildete. Beim Aufbruch nach Spanien sah er als erster von einer Aushebung nach dem Census ab und nahm nur freiwillige Kontingente von verbündeten Städten und Fürsten als neue Mannschaft mit (Appian. Iber. 84). Aber eine durchgreifende Reform des ganzen Heerwesens hat er nicht unternommen. Die alten Schäden dauerten fort, und die beginnende demokratische Opposition gegen das Senatsregiment konnte es wagen, auch die Armee durch Vergünstigungen für sich zu gewinnen. Tiberius Gracchus soll bereits die Zahl der gesetzlichen Dienstjahre herabgesetzt haben (Plut. Tib. Gracchus c. 16); in der Tat war eine neue Regelung der Dienstzeit erforderlich, je mehr der Dienst stehend wurde. Darauf bezog sich auch die lex militaris des jüngeren Gracchus; sie verbot, jemand vor Vollendung des 17. Lebensjahres auszuheben. Dies war zwar bisher schon die gesetzliche Grenze gewesen, mag aber aus Not oder Willkür häufig überschritten worden sein. Der steigenden Verarmung der militärpflichtigen Bevölkerung trug Gaius Gracchus dadurch Rechnung, daß er dem gemeinen Soldat kostenlose Bekleidung auf Staatskosten ohne Soldabzug verschaffte (Plut. Gaius Gracchus c. 5). Mit dieser Bestimmung war der Forderung eines bestimmten Census für den Wehrpflichtigen der Boden entzogen.

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Die Kriegstüchtigkeit des Heeres war dadurch keineswegs gehoben. Im Gegenteil, im numidischen Krieg mußte Quintus Metellus die erschlaffte Diszipin durch strengen Dienst wiederherstellen. Als sich die Armee auch gegen die Cimbern wenig rühmlich bewährte, erstand ihr aus ihren eigenen Reihen in Gaius Marius ein grundlegender Reorganisator. Schon als er zum iugurthinischen Krieg rüstete, brach er endgültig mit dem System der Aushebung nach dem Census, ließ jeden Freiwilligen zu und nahm die bisher vom Kriegsdienst im Landheer ausgeschlossenen Proletarier auf (uti cuiusque lubido erat, capite censos plerosque Sallust Iug. c. 86, 2). Dadurch eröffnete er den verarmten unteren Schichten die Möglichkeit, durch den Eintritt in den besoldeten Kriegsdienst sich eine Existenz zu gründen. Er wurde freilich auch damit zum Schöpfer der geworbenen Söldnerheere, die sich dem Feldherrn verpflichteten, der am meisten Vorteile versprach. Nun fielen auch die Unterschiede weg, die Alter und Vermögen bisher in der Legion gebildet hatten. Von jetzt ab gab es in der Bewaffnung keine Verschiedenheiten mehr. Die auf 6000 Mann erhöhte Legion besteht nur noch gleichmäßig aus Schwerbewaffneten, mögen sie hastati, principes oder triarii heißen, und wird, wahrscheinlich auch von Marius, in zehn Kohorten eingeteilt, die jetzt die taktischen Einheiten bilden. Damit verschwinden die bisherigen Leichtbewaffneten der Legion, die velites. Das konnte um so eher geschehen, als die in wachsender Zahl zum römischen Heer tretenden fremden Hilfsvölker, die auxilia, großenteils aus leichten Truppen bestanden. Schon als i. J. 216 v. Chr. König Hieron von Syrakus den Römern ein Kontingent Bogenschützen und Schleuderer schickte, konnte er sich auf Präzedenzfälle berufen: milite atque equite scire nisi Romano Latinique nominis non uti populum Romanum; levium armorum auxilia etiam externa vidisse in castris Romanis... (Liv. XXII 37, 7). Das gleiche geschah mit der Legionsreiterei. Sie war von jeher nur eine Art Offiziersdienst für die vornehme Jugend Roms; da sich aber die Begüterten immer mehr dem Kriegsdienst zu entziehen wußten, ging sie schließlich ganz ein, und der Bedarf an Kavallerie wurde durch Auxiliarreiter gedeckt, die besonders Numidien schon lange stellte.

Ein weiteres Ereignis von einschneidender Bedeutung für die Zusammensetzung des Heeres war der Bundesgenossenkrieg. Durch die lex Iulia v. J. 90 v. Chr. und die lex Plautia Papiria v. J. 89 v. Chr. wurde allen Italikern der Eintritt in die römische Bürgerschaft freigegeben; somit konnten sie von jetzt ab in den römischen Legionen dienen, und ihre eigenen Alen kommen in Wegfall. In der Folgezeit besteht das

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römische Heer nur noch aus zwei großen Gruppen: Legionen der römischen Bürger und Kohorten und Alen der Auxilien. Die Bezeichnung Ala geht über auf die Abteilungen der Auxilienreiterei.

Durch die Reform des Marius war das Heer aufs neue erstarkt und wurde allmählich zum entscheidenden Faktor in den großen Revolutionskämpfen der folgenden Epoche. Das Wiedererwachen des militärischen Geistes zeigte sich darin, daß man jetzt die Gesetze aufhob, quibus militiae stipendia minuebantur (Ascon. in Cornel. 60), d. h. wohl jene gracchischen Gesetze über die Verkürzung der Dienstzeit, und die früheren Bestimmungen darüber neu festlegte. Früher war der Bürger während der felddienstpflichtigen Zeit vom 17. bis zum 46. Lebensjahr zu einer bestimmten Anzahl von Feldzügen, 10 bei der Reiterei, 16 oder in bedrängten Zeiten 20 Jahre zu Fuß, verpflichtet gewesen, die einander nicht direkt zu folgen brauchten. Die unaufhörlichen Kriege in den spanischen Provinzen zwangen zum Bruch mit dem alten System der jährlichen Aushebung und Entlassung; man behielt die Mannschaften dort sechs Jahre bei der Fahne (Appian. Iber. 78). Mit der Heranziehung der Proletarier zum Kriegsdienst und den damit verbundenen Anfängen des Söldnertums war aber auch die Notwendigkeit einer weiteren Ausdehnung der ununterbrochenen Dienstzeit gegeben. Dies kam wir wissen nicht wann in der Weise zustande, daß sich der in das Heer Eintretende zum ununterbrochenen Dienst bei der Fahne für 16 Jahre verpflichtete. Damit war die Grundlage für ein stehendes Heer fertig. Seit dieser Zeit wurde der Soldatenstand ein Beruf für die niederen Schichten des Volkes. Freilich wuchs auch durch die fortwährenden Kriege die Macht der Soldateska, und seit Sulla mußte der Feldherr daran denken, die Veteranen des Heeres, durch das er emporgekommen war, zu versorgen. Dafür bildete in den Händen ehrgeiziger Generale die Masse der ihnen ergebenen Söldner eine furchtbare Waffe, und sie ist es gewesen, die der morschen Republik den Untergang brachte und die Hauptsütze der neuen Monarchie war. Als nach den langen Wirren der cäsarischen Bürgerkriege und der Kämpfe des zweiten Triumvirats Oktavian Alleinherrscher blieb, entsagte er zwar seinen außerordentlichen Machtv llkommenheiten und ließ die republikanischen Institutionen unangetastet. Aber seine trotz alledem überragende Machtstellung beruhte auf seiner siegreichen Armee, die er kraft seines Imperiums auch weiterhin befehligte. Er hat sie recht eigentlich als stehende Reichsarmee zum Schutz der Grenzen organisiert und unter anderem die Dienstzeit im Feldheer auf 20 Jahre festgesetzt. Aber das von Marius gelegte Fundament hat auch er nicht wesentlich geändert.

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