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deutschen Bodens und eine Rückkehr zu napoleonischen Gedanken wäre das, was uns namentlich von süddeutschen Deputirten, Ihren Gesinnungsgenossen, in Aussicht gestellt wird.

Darum, ich wiederhole es, werden Sie mit sammt Ihrem Consistorium, als Generalstab gebildet, selbst wenn Sie der Moltke wären, der dasselbe leiten sollte, schmachvoll unterliegen. Der Gegensaß, um den es sich hier handelt in dem Begriff von Freiheit, ist zugleich vielfach ein Gegensatz zwischen norddeutscher und süddeutscher Auffassung. Die Freiheitsgedanken in französischer Fälschung haben namentlich ihren Sitz in Süddeutschland. Darum können wir uns nicht wundern, daß die Deputirten von dort diese Freiheit durch Zwang im Reichstage vertreten. Die Freiheit in deutscher Auffassung, die Freiheit im Sinne persönlicher und corporativer gesezlicher Unabhängigkeit und freier Selbstbestimmung, die Freiheit im Sinne der rechten Duldung anderer Ansichten, im Rahmen eines Gesezes, das sich selbst auf das Nothwendigste beschränkt, hat dagegen ihre stärkste Vertretung in Norddeutschland. Diese Gruppirung ist freilich nicht durchschlagend, sondern nur im Allgemeinen richtig. Eine Frucht dieses wahren Freiheitsgedankens sind die Bestimmungen der preußischen Verfassung, welche nach der Trennung und Glaubensspaltung allein wahren Frieden gewähren können. Im Deutschen Reichstag mußten diese verschiedenen Auffassungen von Freiheit, die französische und die deutsche, die falsche und die wahre, auf einander treffen und sie werden noch länger mit einander ringen. Das aber ist die große Aufgabe des deutschen Volkes, dem wahren, auf Selbstständigkeit gegründeten Freiheitsgedanken wieder zum Siege zu verhelfen, und das deutsche Volk wird sich schließlich nicht für die Fälschungen der französischen Freiheit, wie sie uns vorzugsweise süddeutsche Deputirte zubringen wollen und wie sie in den süddeutschen Kammern so lange Zeit ausschließlich geherrscht hat, sondern für die Wahrheit der deutschen Freiheit entscheiden.

Ob aber Ihr landesherrliches Kirchenregiment mit Consistorium und Generalstab oder ob die katholische Kirchenverfassung Willkürherrschaft ist, darüber werde ich mit Ihnen nicht streiten. Das ist Geschmacksache. Jedenfalls räume ich Ihnen mit Ihren Gesinnungsgenossen auch das volle Recht ein, sich durch einen landesherrlichen Generalstab in religiösen Angelegenheiten lenken und leiten zu lassen.

An die Redaction der „Germania')."

238.

Mainz, 30. Juni 1871.

Bei einer Rückkehr von einer amtlichen Reise finde ich von verschiedenen Seiten den Wunsch ausgesprochen, daß ich das Schreiben des Cardinals Antonelli vom 5. Juni bezüglich seiner Aeußerung über die Centrumsfraction im Reichstage seinem Wortlaute nach veröffentlichen möge. Ich nehme keinen Anstand, demselben zu entsprechen.

"

Veranlaßt wurde ich, den Cardinal Antonelli um Auskunft über seine angebliche Mißbilligung der Haltung der Centrumsfraction zu bitten, durch das Schreiben des Reichstagsabgeordneten Grafen Franfenberg an seine Wähler vom 17. Mai, worin es heißt: Cardinal Antonelli hat Gelegenheit ergriffen, um seine Mißbilligung des Vorgehens der Centrumspartei im Deutschen Reichstage auszudrücken. Dem Ausspruche des berühmten Ministers Sr. Heiligkeit habe ich natürlich nichts hinzuzufügen." Bis dahin hatte ich geglaubt, die Gerüchte von einer Mißbilligung der Centrumsfraction von Seiten des Cardinals An= tonelli ignoriren zu sollen. Sie trugen zu offenbar den Stempel innerer Unwahrscheinlichkeit, um Beachtung zu verdienen. Die Behauptung des Grafen Frankenberg veränderte aber die Sachlage. So sonderbar es auch Jedermann vorkommen mußte, daß ein Mann, der sich nicht gescheut hatte, soeben im Reichstage eine die Würde des päpstlichen Stuhles auf das Tiefste verleßende Aeußerung zu thun, sich jezt auf den Ausspruch des berühmten Ministers Sr. Heiligkeit" berufen konnte, so mußte doch seine Behauptung die öffentliche Meinung irre führen. Auf meine deßfallsige Anfrage erhielt ich dann folgendes Schreiben vom 5. Juni:

„Aus Ihrem Schreiben vom 28. Mai d. J. habe ich ersehen, daß durch die Gegner der Kirche in deutschen Zeitungen verbreitet wurde, es sei die Handlungsweise der katholischen Fraction im Deutschen Reichstage von mir „getadelt" worden. Daß dies geschehen, hat mich nicht wenig betrübt. Damit Sie aber deutlich und klar erkennen, wie die Sache sich zugetragen hat, will ich Ihnen mittheilen, daß ich auf Grund von Zeitungsnachrichten, welche im Allgemeinen berichteten, es sei von einigen Katholiken im Reichstage der Antrag eingebracht worden, sich der Angelegenheiten des Apostolischen Stuhles anzunehmen, in einer Unterredung

1) Jahrgang 1871 Nr. 146.

mit dem baierischen Gesandten und zeitweiligen Geschäftsträger des Deutschen Reiches geäußert habe, ich erachte die Absicht, den Reichstag zu einer Meinungsäußerung über eine zum Schuße der weltlichen Herrschaft der Kirche zu beschließende Intervention zu veranlassen, nur für verfrüht. Es hätten dieselben nämlich dieser Absicht Folge gegeben bei Berathung der auf die kaiserliche Thronrede zu gebenden Antwort. Hieraus läßt sich ermessen, daß ich in jener Unterredung durchaus nicht das Bestreben der katholischen Abgeordneten getadelt habe, das Wohl der Kirche zu fördern und die Rechte des Heiligen Stuhles zu schüßen, indem es durchaus nicht zweifelhaft sein kann, daß dieselben mitten unter den Versuchen, welche man gemacht hat, sie einzuschüchtern, jede geeignete Gelegenheit ergreifen würden, ihrer Gewissenspflicht zu genügen, wozu die Wahrung und die Vertheidigung der Religion und der Rechte ihres Oberhauptes gehört."

„Indem ich 2c.“

Aus vorstehendem Briefe geht unzweifelhaft hervor,

1) daß Cardinal Antonelli nicht die Absicht hatte, in jenem Gespräche einen „Tadel" über die Handlungsweise der katholischen Abgeordneten überhaupt auszusprechen, und daß die Zeitungsnachrichten, welche dies behaupteten, ihn mit Schmerz erfüllten;

2) daß der Cardinal über die Absichten der katholischen Abgeordneten nur aus allgemeinen Zeitungsnachrichten Kenntniß hatte;

3) daß er lediglich auf diese Zeitungsnachrichten hin sich gesprächsweise geäußert hat, ein Antrag beim Reichstage, sich für eine Intervention zu Gunsten der weltlichen Herrschaft des Papstes auszusprechen, scheine ihm in dem fraglichen Augenblicke nicht zeitgemäß;

4) daß der Cardinal sich in dem Irrthum zu befinden scheint, als ob etwas Aehnliches bei der Adreßdebatte von katholischen Abgeordneten beantragt worden sei, was eben in keiner Weise geschehen ist; und

5) daß abgesehen davon, der Cardinal so weit davon entfernt war, eine Geltendmachung der Interessen der Religion und des päpstlichen Stuhles zu tadeln, daß er sie vielmehr für eine Gewissenspflicht" erklärt.

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Es bedarf hiernach keiner weiteren Ausführung, daß es völlig un gerechtfertigt ist, jene Aeußerung des Cardinals Antonelli in dem Gespräche mit dem Grafen Tauffkirchen in dem Sinne einer Mißbilligung des Verhaltens der Centrumsfraction zu deuten. Was Cardinal Antonelli nicht eigentlich tadelte, sondern lediglich als verfrüht" bezeich nete, hat die Centrumsfraction absolut nicht gethan. Keines ihrer Mit

glieder hat den Versuch gemacht, den Reichstag zu einer Meinungsäußerung für eine Intervention zu Gunsten der weltlichen Herrschaft des Papstes zu veranlassen. Was dagegen Antonelli als selbstverständliche Gewissenspflicht aller Katholiken im Reichstage bezeichnet hat, wovon sie sich durch keine Art Einschüchterung abhalten lassen dürfen, ganz das hat die Centrumsfraction gethan. Sie befindet und befand sich also in vollkom= mener Uebereinstimmung mit der Anschauungsweise des Cardinals Antonelli.

Wenn aber der Kardinal Antonelli fich einigermaßen über die Intentionen der Centrumsfraction im Irrthum befand, so ist er deßhalb wahrlich wohl zu entschuldigen. Fürst Bismarck hat ja in seinem Schreiben vom 19. Juni an den Grafen Frankenberg, welches die schmerzlichste Sensation im katholischen Deutschland hervorrufen muß, keinen Anstand genommen, auszusprechen, daß der parlamentarische Einfluß der Fraction des Centrums thatsächlich in derselben Richtung in's Gewicht gefallen sei, wie die parlamentarische Thätigkeit der Elemente, welche die von Sr. Heiligkeit dem Papste mit Sympathie begrüßte Herstellung des Deutschen Reiches principiell anfechten und negiren, und daß er sogar die Gesandtschaft des Deutschen Reiches in Rom beauftragt habe, sich zu überzeugen, ob die Haltung dieser Partei, welche sich selbst als den speciellen Vertheidiger des römischen Stuhles bezeichnet, den Intentionen Sr. Heiligkeit entspreche. Da ist es freilich nicht zu wundern, wenn es in dem Schreiben weiter heißt, daß der Cardinal-Staatssecretär dem Grafen Tauffkirchen darüber keinen Zweifel gelassen habe, daß die Haltung der Partei an der höchsten geistlichen Stelle der katholischen Kirche nicht gebilligt werde. Wenn der Gesandte des Deutschen Reichs im Auftrage des Reichskanzlers Fürst Bismarck dem Cardinal Antonelli erklären mußte, es existire im Reichstag eine Partei, größtentheils aus Katholiken gebildet, deren Thätigkeit mit dem Wirken jener Männer zusammenfalle, welche die Herstellung des Deutschen Reichs principiell anfechten und negiren, so mußte der Cardinal die Haltung einer solchen Partei mißbilligen.

Eine solche Partei würde auch ich nicht nur mißbilligen, ich würde sie verabscheuen und verachten. Ich weise aber mit tiefster Entrüstung die Anschuldigung zurück, welche der deutsche Gesandte im Auftrage des Reichskanzlers Fürsten Bismarck nach Inhalt seines Schreibens an den Grafen Frankenberg vom 19. Juni dem Cardinal Antonelli in officieller Weise hat mittheilen lassen.

Wir sind ähnliche Vorwürfe von einer überaus feindlichen Tagespresse einigermaßen gewöhnt; daß sie aber jezt sogar von einer Stelle

erfolgen, die hoch über diesen Regionen der Parteileidenschaften stehen sollte, muß uns mit schmerzlichem Erstaunen erfüllen.

Solche Erfahrungen werden uns aber nicht abhalten, auf die Zukunft zu vertrauen und an dem großen Werke der Einigung Deutschlands ruhig fortzuarbeiten. Es wird schon von selbst die Zeit kommen, wo sich ein billigeres Urtheil über die Bestrebung jener Männer Bahn brechen wird, welche nie die Principien der Wahrheit und Gerechtigkeit für den scheinbaren Nugen augenblicklicher Erfolge aufgeben können.

An Professor Dr. Phillips in Wien.

239.

Odstadt bei Friedberg, 18. Juli 1871.

Ihr liebes geehrtes Schreiben vom 9. Juli habe ich auf einer Vifitationsreise in der Wetterau erhalten. Diese Reisen mit ihren Anstrengungen machen meine Hand noch ungeschickter und zitternder zum Schreiben, wie sie schon an sich ist; Sie müssen mir daher verzeihen, wenn ich mich einer andern zur Antwort bediene.

Daß Sie bei der zweiten Auflage Ihres Lehrbuches des Kirchenrechts wieder an mich gedacht haben 1), erfüllt mich mit der größten und herzlichsten Dankbarkeit. Es ist mir das ein theuerer Beweis Ihrer fortdauernden Freundschaft, auf die ich einen überaus großen Werth lege. Als Beweis, wie aufrichtig ich diese Freundschaft erwiedere, darf ich wohl bei dieser Gelegenheit es Ihnen aussprechen, daß ich seit meinem Aufenthalte in München Ihrer und Ihrer lieben Frau im Gebete gedacht habe. Ich fürchte freilich, daß mein Gebet selbst keinen großen Werth hat; es beweist aber wenigstens, mit welcher Liebe ich an den Verkehr in Ihrem Hause zurückdenke.

Gott Dank, verehrtester Herr Hofrath, daß Sie wieder wohl sind. Wenn der Arzt es für gut hält, sollten Sie es nicht versäumen eine Badekur zu gebrauchen.

Ich habe aller Hoffnung entsagt, daß Gott der so hilfsbedürftigen Welt durch einen christlichen Fürsten helfen werde. Dagegen liegt es mir immer in dem Sinne, daß eine Zeit kommen müsse, wo Gott der Welt einen Papst schickt, der es versteht, alle göttlichen Kräfte in der Kirche anzuregen. Nichts finde ich tiefer im Grunde meiner Seele, als daß auf diesem Wege wunderbar Großes geschehen könnte.

1) Der Verfasser hat das Buch dem sel. Bischof in dankbarem Andenken

an viele gemeinsam verlebte Tage" gewidmet.

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